Titel: | Ueber die getrockneten Kaffeeblätter von Sumatra, welche in jener Gegend als Surrogat für Thee und Kaffeebohnen benutzt werden; von John Stenhouse. |
Fundstelle: | Band 132, Jahrgang 1854, Nr. XXXIX., S. 149 |
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XXXIX.
Ueber die getrockneten Kaffeeblätter von Sumatra,
welche in jener Gegend als Surrogat für Thee und Kaffeebohnen benutzt werden; von
John
Stenhouse.
Im Auszug aus dem Philosophical Magazine, Januar 1854, S.
21.
Stenhouse, über die getrockneten Kaffeeblätter von
Sumatra.
Ich erhielt neulich von Hrn. Daniel Hanbury ein Quantum
getrockneter Kaffeeblätter von Sumatra. Die Probe war von dunkelbrauner Farbe und
bestund aus den Blättern des Kaffeebaums, die mit Bruchstücken der Stiele untermengt
waren. Die Blätter waren auf ziemlich rohe Weise sehr stark geröstet worden und
hatten davon einen schwach brenzlichen Geruch angenommen. Sie glichen in dieser
Beziehung sehr dem Paraguay-Thee, den Blättern und Zweigen von Ilex paraguayensis, welcher einem ähnlichen Verfahren
unterworfen wird. Mit siedendem Wasser aufgegossen, gaben diese Kaffeeblätter ein
dunkelbraunes Infusum, welches in Geschmack und Geruch dem Aufgusse eines Gemenges
von Kaffee und Thee sehr
ähnlich war; mit Milch und Zucker versetzt gab dasselbe ein recht leidliches Getränk
ab, und da die gerösteten Kaffeeblätter wohlfeiler als zu 2 Pence das Pfund in
Europa eingeführt werden können, so dürften die ärmeren Classen ein sehr brauchbares
Surrogat für Thee und Kaffee in denselben finden. Durch Anwendung einer niedrigeren
Temperatur beim Trocknen der Kaffeeblätter würde nach meiner Ansicht der Geschmack
des damit bereiteten Getränks sehr gewinnen.
Die Kaffeeblätter enthalten, wie sich voraussehen ließ, die zwei charakteristischen
Bestandtheile der Kaffeebohne, nämlich Theïn oder Caffeïn und
Kaffeesäure. In dieser Beziehung unterscheiden sich die Kaffeeblätter wesentlich von
Cichorien oder deren Surrogaten, wie geröstete Rüben, Mangelwurzel, Möhren etc., in
welchen gebräuchlichen Kaffeesurrogaten keine Spur von den genannten Bestandtheilen
enthalten ist.
Das Caffeïn wurde aus den Kaffeeblättern auf gewöhnliche Weise dargestellt und
in beinahe farblosen Krystallen erhalten. Der Caffeïmgehalt der Blätter ergab
sich in zwei Analysen zu 1,15 und 1,25 Procent, und der Stickstoffgehalt der
getrockneten Blätter (nach Will's Verfahren bestimmt) zu
2,118 und 2,165 Proc.
Nun hat sich als Resultat zahlreicher Versuche von Th. Graham etc. herausgestellt, daß der Kaffee nur 0,8 bis 1 Proc. und der
Thee 2 Proc. Caffeïn oder Theïn enthält. Und der Stickstoffgehalt der
Kaffeebohnen beträgt 2 1/2 bis 3 Proc.
Bei einer neuerdings vorgenommenen Untersuchung fand ich in gutem schwarzem Thee 2,13
Proc. und in einer andern schwarzen Sorte von den Theepflanzungen der ostindischen
Compagnie zu Temaon (am Himalaya) 1,97 Proc. Theïn. Letzterer gab 3,5 Proc.
Stickstoff.
Der Paraguay-Thee enthält, wie ich mich schon vor mehreren Jahren überzeugte,
ebenfalls Theïn. In der jüngsten Zeit erhielt ich aus demselben bei zwei
Analysen 1,1 und 1,23 Proc. Theïn. Sein Stickstoffgehalt wurde zu 1,51 und
1,70 Proc. gefunden.
Aus diesen Resultaten geht hervor, daß die getrockneten Kaffeeblätter etwas
reichhaltiger an Theïn sind als die Kaffeebohnen, und nahezu ebensoviel von
diesem Bestandtheil enthalten, als Paraguay-Thee.
Durch das starke Rösten der Kaffeeblätter war gewiß ein Theil ihres Theïns
verloren gegangen, und ich glaube, daß sie bei nur mäßiger Wärme getrocknet, 1 1/2
Proc. Theïn enthalten würden.
Auch die Kaffeesäure ist im Blatt der Kaffeepflanze in größerer Menge enthalten als
in der Bohne. Die Kaffeesäure ist keine Gerbsäure, wie einige behaupten. Ihre
vorzüglichste Eigenthümlichkeit ist, daß sie analog der Chinasäure bei Behandlung
mit Schwefelsäure und Manganhyperoxyd Chinon gibt, welches durch seine Flüchtigkeit und seinen
eigenthümlichen stechenden, dem des Chlors ähnlichen Geruch, leicht zu erkennen
ist.
Um den Werth der Kaffeeblätter (als Material für Getränk) im Vergleich mit dem der
Kaffeebohnen einigermaßen schätzen zu können, bestimmte ich den Gehalt derselben an
solchen Substanzen, die in siedendem Wasser löslich sind. Die Kaffeeblätter gaben
von solchen 38,8 Proc. ab, während die gerösteten Kaffeebohnen 29,1 Proc. abgaben,
wornach also die Blätter den Bohnen vorzuziehen wären. Sowohl an Theïn als an
Kaffeesäure, den beiden charakteristischen Bestandtheilen des Kaffees, ist der
Gehalt der Blätter größer. In anderer Hinsicht sind jedoch diese beiden
Pflanzentheile wesentlich verschieden. Die Kaffeeblätter enthalten etwas Gerbestoff,
und kaum etwas Zucker oder Fett, während die Kaffeebohnen etwa 12 Proc. Fett und 8
Proc. Rohrzucker enthalten.
Nach meinem Geschmack hat eine Infusion der Kaffeeblätter viel mehr Aehnlichkeit mit
einem Thee-Aufguß, als mit einem Decoct der Kaffeebohnen; so daß die
Kaffeeblätter, sollten sie in europäischen Ländern je in Gebrauch kommen, eher ein
Surrogat für den Thee als für den Kaffee abgeben würden.