Titel: | Ueber die Reinigung der Schwefelsäure von der Salpetersäure, salpetrigen Säure, Untersalpetersäure und der arsenigen Säure; von Dr. Julius Löwe. |
Fundstelle: | Band 132, Jahrgang 1854, Nr. LVIII., S. 205 |
Download: | XML |
LVIII.
Ueber die Reinigung der Schwefelsäure von der
Salpetersäure, salpetrigen Säure, Untersalpetersäure und der arsenigen Säure; von Dr.
Julius Löwe.Aus dem Jahresbericht des physikalischen Vereins zu Frankfurt a. M. für
1852–1853.
Löwe, über die Reinigung der Schwefelsäure von der Salpetersäure
etc.
Da die Schwefelsäure in Folge ihrer Bereitung verschiedene Verunreinigungen enthält,
unter welchen sich als die störendsten die einzelnen Oxydationsstufen des
Stickstoffs nebst der arsenigen Säure zu manchem Gebrauche zu erkennen geben, so
sind schon mehrere Methoden in Vorschlag gebracht worden, um genanntes Hydrat von
denselben zu befreien. Pelouze bringt zur Entfernung der
Untersalpetersäure das schwefelsaure Ammoniak in Anwendung, welches Salz sich mit
dem genannten Oxyde des Stickstoffs beim Erwärmen auf 160° C. zu Wasser und
Stickstoffgas umsetzt; ein Verfahren, das bei Reinigung der Säure im Großen viele
Vorzüge vereinigt. Barruel kocht 21 Theile derselben mit
einem Theil Schwefel und erhält das Gemisch mehrere Stunden in einer Temperatur von
160–200° C., bis sich schweflige Säure zu entwickeln beginnt; und Wackenroder schlägt vor, die concentrirte Säure mit
Papier oder Zucker zu erhitzen. Durch die beiden letzten Methoden, die ohnedieß viel
Zeit erfordern, wird jedoch die Schwefelsäure leicht durch einen Gehalt von
schwefliger Säure aufs Neue verunreinigt, vorausgesetzt, daß das Erhitzen bis zur
vollständigen Austreibung des Gases nicht anhaltend fortgesetzt wird. Außerdem färbt
sich die Schwefelsäure namentlich durch die Verkohlung zuletzt genannter organischer
Stoffe leicht braun, und sie verlangt aus diesem Grunde alsdann ein andauerndes
Erwärmen, um wieder farblos zu erscheinen. In dieser Beziehung fand ich aus
Versuchen die reine entwässerte Oxalsäure für vortheilhafter, besonders wo es sich
um die Reinigung kleiner Mengen handelt, wie solche bei qualitativen oder
quantitativen Arbeiten, z.B. zur Darstellung einer chlorfreien Salzsäure, eines
reinen Wasserstoffgases oder zur Bereitung der Indigolösung vorkommen, und zwar gilt
dieses für die englische Schwefelsäure, wie für das Vitriolöl, indem das letztere in
neuerer Zeit ebenfalls mit den Oxyden des Stickstoffs verunreinigt angetroffen wird,
theils daher, daß man zur Darstellung desselben in manchen Fabriken wasserfreie
Schwefelsäure in vorgeschlagene englische Schwefelsäure leitet, oder den Eisenvitriol,
statt wie sonst durch Aussetzen der Luft, nun auf Kosten des Sauerstoffs von beim
Glühen beigemischtem Salpeter oxydirt. Da die Oxalsäure bei mäßigem Erwärmen mit
concentrirter Schwefelsäure durch Verlust ihres Hydratwassers ohne Schwärzung gerade
auf in Kohlensäure und Kohlenoxydgas zerfällt, so reducirt das zuletzt genannte
indifferente Oxyd des Kohlenstoffs die einzelnen Verbindungen des Stickstoffs,
welche durch ihre leichte Abgabe von Sauerstoff charakterisirt sind, und oxydirt
sich ebenfalls zu Kohlensäure unter gleichzeitigem Entweichen von Stickoxydgas.
Man erhitzt zu diesem Zwecke die concentrirte Schwefelsäure bis auf ungefähr
110° C., bei welcher Temperatur das Zerfallen der Oxalsäure rasch und
vollständig erfolgt, und setzt alsdann die letztere im trockenen Zustande in kleinen
Antheilen so lange hinzu, als die Schwefelsäure noch einen Stich ins Gelbliche zeigt
und ein kaltes Pröbchen derselben mit einer concentrirten Eisenvitriollösung sich
nicht mehr rosenroth färbt. Eine auf diese Weise behandelte Säure ist frei von
schwefliger Säure, und ein geringer Ueberschuß von genanntem Zersetzungsmittel wird
nie eine Verunreinigung bewirken, indem es gleichfalls zerfällt, was bei den
obenerwähnten Methoden mehr oder weniger nicht zu umgehen ist.
Außer den hier benannten Verunreinigungen ist es noch die arsenige Säure, welche der
im Handel vorkommenden Schwefelsäure in wechselnden Mengen oft beigemischt ist.
Bekanntlich stammt dieselbe von arsenhaltigem Schwefel oder arsenhaltigen Kiesen.
Die Quantität, in welcher sie gelöst in derselben vorkommt, ist durchaus nicht so
beträchtlich, wie man wohl allgemein geneigt ist anzunehmen, indem mich darüber
angestellte Versuche überzeugt haben, daß eine concentrirte Schwefelsäure sie noch
viel träger aufnimmt, als eine verdünnte, und schon für letztere ist das
Lösungsverhältniß ein geringes. So schnell nun die Reinigung der Schwefelsäure von
den einzelnen Stickstoffverbindungen auszuführen ist, so umständlich und mühsam war
bis jetzt die Entfernung des Arsens aus derselben. Eine Verdünnung der Säure mit
Wasser, ein mehrstündiges Durchleiten von Schwefelwasserstoffgas, eine Filtration
von dem gebildeten Arsensupersulphür und in manchen Fällen ein andauerndes
Eindampfen bis zu einer bestimmten Concentration, sind sicherlich Operationen,
welche nicht allein Stunden, sondern oft Tage für sich in Anspruch nehmen, und
dennoch waren dieselben nicht zu umgehen, sobald es sich um die Nachweisung geringer
Mengen von Arsen in gerichtlichen Fällen, oder um die Darstellung eines reinen
Wasserstoffgases, einer arsenfreien Salzsäure und vieler anderer chemischen
Präparate handelte, zu welchen die Schwefelsäure so vielfache Benutzung findet. Ich
habe beobachtet, daß man weit schneller eine arsenfreie Schwefelsäure erhält, wenn man dieselbe in
einer flachen Schale an einem Orte erhitzt, woselbst für Luftabzug gesorgt ist, und
unter stetem Umrühren mit einem Glasstabe geringe Mengen feingeriebenen, trockenen
Kochsalzes einträgt. Es entbinden sich dabei starke Dämpfe von salzsaurem Gase, von
denen sich ein Theil mit der vorhandenen arsenigen Säure zu Wasser und
Arsensuperchlorür umsetzt (AsO₃ + 3 ClH = As Cl₃+ 3 HO), welche
letztere Verbindung des Arsens vermöge ihrer großen Flüchtigkeit in gelinder Wärme
sich leicht von der Schwefelsäure trennen läßt. Außerdem setzt man das Erhitzen noch
einige Zeit fort, um auch die letzten Antheile des der Schwefelsäure adhärirenden
salzsauren Gases auszutreiben. Da das Arsensuperchlorür im Contact mit Wasser sich
wieder in arsenige Säure und Salzsäure umsetzt, so wird es nur gelingen, aus einer
concentrirten Schwefelsäure das Arsen vollständig als Chlorverbindung zu
verflüchtigen. Eine im Handel bezogene concentrirte Schwefelsäure, welche sich mit
geringen Mengen von Arsen verunreinigt zu erkennen gab, in einer tubulirten Retorte
auf diese Weise behandelt, zeigte sich nach dem Verdünnen mit Wasser, längerem
Durchleiten von Hydrothionsäure und nach dem Verjagen eines Ueberschusses des
letzten Gases in gelinder Wärme und mehrstündigem Stehen frei von jeder Spur
Schwefelarseniks, während in dem vorgeschlagenen Wasser der Vorlage beim Einleiten
von Schwefelwasserstoffgas sich sogleich leichte Flöckchen von gelbem
Arsensupersulphür bildeten. Der geringe Verlust von freier Schwefelsäure, welcher
durch die Erzeugung von schwefelsaurem Natron bei obigem Processe eintritt (NaCl +
SO₃HO = NaO, SO₃ + ClH), steht sicher in keinem Verhältnisse zu der
leichten Ausführung und der dadurch gewonnenen Zeit, und die Anwesenheit so
unbedeutender Mengen dieses Salzes kann um so weniger als eine Verunreinigung der
Säure angesehen werden, indem dasselbe bei den meisten Umsetzungen, zu welchen die
Schwefelsäure Anwendung findet, ganz außer Betracht kommt. Eine genaue Angabe des
Gewichtsverhältnisses von dem hinzuzusetzenden Kochsalze kann freilich hier nicht
beansprucht werden, da die Mengen des in der Säure auftretenden Arsens variabel sind
und in diesem speciellen Fall erst durch einen besonderen Versuch quantitativ zu
ermitteln wären. Durch die Behandlung eines mit Wasser verdünnten Pröbchens der
Säure im Marsh'schen Apparate ist auch im
entgegengesetzten Fall ein Anhaltspunkt gegeben.