Titel: | Verfahren schwefelsaures Chinin zu bereiten, welches sich E. Herring, Fabrikant chemischer Producte zu Southwark, Grafschaft Surrey, am 28. Juli 1853 patentiren ließ. |
Fundstelle: | Band 132, Jahrgang 1854, Nr. LX., S. 212 |
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LX.
Verfahren schwefelsaures Chinin zu bereiten,
welches sich E. Herring,
Fabrikant chemischer Producte zu Southwark, Grafschaft Surrey, am 28. Juli 1853 patentiren ließ.
Aus dem Repertory of Patent-Inventions, April 1854,
S. 360.
Herring's Verfahren schwefelsaures Chinin zu bereiten.
Der Patentträger beabsichtigt durch sein Verfahren das Chinin als schwefelsaures Salz
aus der Chinarinde vollständig auszuziehen, ohne dazu Alkohol anzuwenden.
Man kocht die gepulverte Rinde mit einer Auflösung von Aetznatron, welches ihr den
extractiven und gummigen Farbstoff entzieht. Nach genügendem Auskochen wird die
Rinde ausgepreßt und dann in einen Bottich gebracht, worin man sie mit kaltem Wasser
gut rührt, welche Operation man wiederholt, bis aller Farbstoff ausgezogen ist.
Dann schreitet man zu anderen Kochungen, wie folgt. Zuerst wird die auf angegebene
Weise entfärbte Rinde mit Schwefelsäure und Wasser (in dem gewöhnlichen Verhältniß)
gekocht, wobei man sie durch mechanische Mittel beständig umrührt; die heiße
Auflösung von schwefelsaurem Chinin gießt man, wie gewöhnlich, in eine
Abdampfpfanne. Die zurückbleibende Rinde wird nun ein zweites Mal mit sehr schwacher
Schwefelsäure gekocht, und die Flüssigkeit wie vorher abgegossen. Die Rinde kann
dann ein drittes Mal oder noch öfter mit schwacher Schwefelsäure gekocht werden, die
Flüssigkeit wird aber immer weniger schwefelsaures Chinin aufnehmen. Man benutzt
daher die beim dritten etc. Auskochen erhaltene Flüssigkeit in der Folge zum
Auskochen von entfärbter frischer Rinde. Der erste und zweite saure Absud werden
vermischt und bei einer Temperatur von 39° Reaumur in einem großen Wasserbad
bis zur hinreichenden Concentration abgedampft; nach dem Erkalten filtrirt man sie,
um den flockigen Farbstoff abzusondern, welchen dieselben absetzen, der dann mit
verdünnter Schwefelsäure bis zur Erschöpfung behandelt werden kann. Die filtrirte
kalte Auflösung (vom abgedampften ersten und zweiten Absud), nebst dem Waschwasser
des flockigen Farbstoffs, versetzt man mit Aetznatron in Ueberschuß; das gefällte
Alkaloid läßt man auf Leinwand abtropfen, wascht es aus und preßt es. Dieser
Niederschlag wird dann bei gelinder Wärme mit verdünnter Schwefelsäure behandelt,
wobei unreines schwefelsaures Chinin, Chinindin und Cinchonin entstehen, welche zu
einer dicken Masse krystallisiren; dieselbe wird nach dem Erkalten gepreßt,
ausgewaschen und wieder gepreßt. Die so erhaltenen gepreßten Kuchen werden zunächst
in einem großen Quantum Wasser aufgelöst und wie gewöhnlich zum Krystallisiren
gebracht. Die erhaltenen Krystalle sind das ungebleichte
schwefelsaure Chinin.
Um dieses schwefelsaure Chinin zu bleichen, kocht man seine Auflösung mit der
nöthigen Quantität reiner Thierkohle und dampft sie dann ab; die erhaltenen
Krystalle läßt man auf Leinwand abtropfen und trocknet sie bei niederer Temperatur;
sie sind schneeweiß.
Verarbeitung der alkalischen Flüssigkeit vom Auskochen der
Chinarinde mit Aetznatron.
Die blutrothe Flüssigkeit vom Auskochen der Chinarinde mit Aetznatron wird mit
überschüssiger Salzsäure gemischt, damit die vom Alkali ausgezogenen Alkaloide in
Auflösung bleiben. Diese Flüssigkeit wird abgedampft und dann filtrirt, um eine
Quantität Farbstoff abzusondern; die filtrirte Lösung fällt man mit Kalkhydrat in
Ueberschuß; es bleiben nun salzsaurer Kalk und salzsaures Natron in der Auflösung,
wogegen die Alkaloide nebst dem freien Kalk den Niederschlag bilden, welcher
ausgewaschen, filtrirt, gepreßt, getrocknet und gepulvert wird. Der kalkhaltige
Niederschlag wird nun mit Benzol, Terpenthinöl oder einem sonstigen Lösungsmittel der Alkaloide
behandelt, welches den Kalk nicht auflöst. Die erhaltenen Tincturen werden dann
folgendermaßen verarbeitet:
Man vermischt die Tinctur mit kalter verdünnter Schwefelsäure und Wasser, und rührt
gut um, wo sich dann das Benzol, Terpenthinöl etc. obenauf begibt, während sich das
saure Wasser unter ihm befindet; letzteres, welches dem Benzol etc. die Alkaloide
entzogen hat, wird mit einem Heber in ein Gefäß abgezogen und dann mit Aetznatron
gefällt; auf diese Weise erhält man die rohen Alkaloide ohne Anwendung von Wärme.
Darin besteht der Vortheil meines Verfahrens, weil die Krystalle nicht so amorph
werden, wie bei dem gewöhnlichen Verfahren mit Alkohol; wenn man nämlich den
kalkhaltigen Niederschlag mit Alkohol behandelt, so muß man die weingeistige Lösung
der Destillation unterziehen und die dabei angewandte Wärme macht die Alkaloide mehr
amorph. Die nach meiner Methode erhaltenen rohen Alkaloide werden bei gelinder Wärme
mit verdünnter Schwefelsäure behandelt, worauf man die schwefelsauren Salze
krystallisiren läßt. Die Krystallmasse wird dann gepreßt, ausgewaschen, wieder
gepreßt, und wenigstens zweimal umkrystallisirt, um ganz reines schwefelsaures
Chinin zu erhalten.