Titel: | Der Gaspuddelbetrieb zu Ilsenburg am Harz. |
Fundstelle: | Band 132, Jahrgang 1854, Nr. LXXX., S. 272 |
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LXXX.
Der Gaspuddelbetrieb zu Ilsenburg am
Harz.
Der Gaspuddelbetrieb zu Ilsenburg am Harz.
Wir theilten bereits im polytechn. Journal Bd.
CXXXI S. 153 eine kurze Notiz über diesen Gegenstand mit, und lassen hier
nähere Bemerkungen darüber folgen. – Das neu erbaute Puddelwerk auf dieser,
am Nordrande des Harzes im schönen Ilsethal gelegenen Hütte, Besitz des Reichsgrafen
von Stolberg-Wernigerode, enthält einen
Puddel- und einen Schweißofen, welche mit einer langen Wand an einander
gebaut sind, und hinter denselben liegen vier Gasgeneratoren, von denen je zwei mit
einem Ofen communiciren. Die aus beiden Oefen abziehenden Gase werden zur Heizung
eines Kessels für einen Dampfhammer und zur Heizung zweier Torftrockenkammern
benutzt. – Die Luppenstücke werden in dem Schweißofen und in zwei doppelten
Siegen'schen Schweißöfen, die mit Steinkohlen von Obernkirchen im Schaumburgischen
gefeuert werden, erwärmt. Drei Schwanzhämmer von verschiedenem Gewicht, die ihre
Bewegung von der Welle eines 23 Fuß hohen oberschlägigen Rades erhalten, über welche
Riemen mit Spannwellen, um den Gang eines jeden Hammers reguliren zu können, gehen,
dienen zum Ausrecken der Luppenstücke oder Schirbel. Von der Wasserradswelle aus
wird auch ein Luppenquetscher, so wie ein Ventilator, der den Verbrennungswind für
die Gasöfen und Schweißfeuer liefert, betrieben. Eine verticale Schwamkrug'sche Turbine treibt durch
Riemenscheibenübertragung ein Luppenwalzwerk zur Darstellung der Rohschienen.
Der Puddelofenherd ist mit Wasserkühlung versehen, 5 1/2
Fuß lang und 4 1/2 Fuß breit; die Feuerbrücke ist 2 1/2
Fuß breit und das Gewölbe über derselben 2 3/4 Fuß hoch; der Fuchs ist 14 Zoll breit
und 10 Zoll hoch; der Wassercanal hat 2 Zoll Wandstärke, 6 Zoll Breite und 7 Zoll
Höhe. Der Gassammelraum hinter der Feuerbrücke communicirt mit den Generatoren und
aus demselben treten die Gase über die Feuerbrücke in den Ofen ein, vermengen sich
aber auf jener mit dem Verbrennungswinde, der von dem Ventilator erzeugt, in einem
mit dem Fuchs verbundenen Apparat bis auf 400° C. erhitzt und dann durch 9
Düsen in den Ofen geführt wird. – Die Gasgeneratoren haben zweierlei
Schachte, diese sind entweder rund oder quadratisch und beiderlei entsprechen dem
Zweck; sie arbeiten mit natürlichem Luftzuge, haben Roste von 2 1/2 Fuß im Quadrat.
Der Verbrennungsraum von dem Querschnitte des Rostes ist
9 Fuß hoch; über ihm liegt die 1 Fuß hohe, sich nach oben bis zu 3 1/2 Fuß
erweiternde Rast. Der Schacht ist bis zum Gascanale 3 1/2 Fuß hoch und verengt sich
von da ab wieder zu 2 Fuß; der Gascanal ist 1 1/2 Fuß breit und hoch. Das Besetzen
des Gasgenerators geschieht durch einen 1 1/2 Fuß weiten und 7 3/4 Fuß hohen Füllcylinder, der oben mit einem Deckel und 3 Fuß tiefer
mit einem Schieber versehen ist, so daß beim Füllen nicht Luft in den Generator
dringen kann.
Der Betrieb des Gaspuddelofens weicht von den gewöhnlichen
Puddelöfen nicht wesentlich ab. – Jede Charge besteht aus 300 bis 400 Pfd.
halbirtem Roheisen von dem Ilsenburger Hohofen, und ist in 1 1/2 bis 2 Stunden
fertig gezängt. Man puddelt ohne weitere Zuschläge, unter Schlacken und möglichst
heiß, weil sonst aus dem etwas schwefelhaltigen Roheisen kein gutes Stabeisen
hergestellt werden kann.
Das bei dem Gaspuddeln angewendete Brennmaterial besteht
aus drei verschiedenen Torfsorten (schwarzem, braunem und Moostorf) von dem Brockenfelde, aus
Tannäpfeln, aus Tannenrinden und sonstigen Holzabfällen. Der Torf wird durch die
entweichende Ofenwärme gedörrt; die Tannenäpfel nimmt man, wegen ihres bedeutenden
Harz- und daher Kohlenwasserstoffgehaltes, sehr gern, da sie sehr
vortheilhaft auf die Temperaturerhöhung des Ofens einwirken; sie werden an der Sonne
getrocknet. – Um stark hitzende Gase aus diesen Brennmaterialien zu erhalten,
ist die erste Bedingung, daß sie vor der Anwendung gehörig getrocknet sind; sobald
dieß der Fall ist, kann mit ihnen jede Temperatur erreicht werden, welche nur
möglich ist.
Die bis jetzt zu Ilsenburg erlangten Betriebsresultate
sind folgende: Das Ausbringen im Puddelofen betrug 85,2 Proc. und zu 1 Ctr.
Puddeleisen wurden für 11 Sgr. 8,7 Pf. Brennmaterialien verbraucht. – Das
Puddeleisen wird alsdann theils in den Gasschweißofen, theils in den Schweißfeuern
mit Steinkohlen, weiter zu Stabeisen verarbeitet, wodurch noch durchschnittlich 10
Procent Abbrand erfolgt. Zu 1 Ctr. Stabeisen sind daher erforderlich:
zum Puddeln
12 Sgr.
3 Pf.
zum Schweißen
11 „
3 „
––––––––––––
Summa
23 Sgr.
6 Pf.
Bei der frühern Frischarbeit zu Ilsenburg wurden zu 1 Ctr. Stabeisen an Holzkohlen
für 1 Rthlr. 29 Sgr. 9 Pf. verbraucht, so daß jetzt an jedem Ctr. 1 Rthlr. 6 Sgr. 3
Pf. erspart werden. – Will man am Harz mit Steinkohlen puddeln, so kostet
dieß, nach den zu Thale gemachten Erfahrungen, mehr als 1 Rthlr. – Es geht
aus diesem Vergleiche entschieden hervor, daß die indirecte Benutzung der
Brennmaterialien ökonomisch die vortheilhafteste ist.
Referent fügt hinzu, daß auf der königl. hannoverschen Rothhütte am Harz ebenfalls
mit Torfgasen gepuddelt wird, daß Hr. Thoma zu Heinrichs
auch sehr gute Resultate mit denselben erlangt hat. Auf diese Weise läßt sich denn
mit Torf, der an so vielen Punkten in Deutschland vorkommt, sehr vortheilhaft
Stabeisen bereiten. Jedoch gehört von Seiten der Hüttenbesitzer und Beamten große
Energie dazu, um die mit dem Gashüttenbetriebe verbundenen praktischen
Schwierigkeiten zu heben, deren wesentlichste in dem Umstande liegt, daß sehr geübte
und intelligente Arbeiter dazu gehören und an manchen Orten ein neuer Betrieb an der
Empirie und dem bösen Willen der Arbeiter scheitert. Viele Arbeiter gehen von der
einmal gelernten Arbeitsmethode nur mit Widerstreben ab, sehen sie als heiliges
Erbtheil ihrer Vorfahren an und treten jeder Neuerung mit Trotz entgegen.
H.