Titel: Ueber das Löthfutter; von Hrn. Mechaniker E. Landsberg.
Fundstelle: Band 133, Jahrgang 1854, Nr. III., S. 6
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III. Ueber das Löthfutter; von Hrn. Mechaniker E. Landsberg. Aus den Mittheilungen des hannoverschen Gewerbe-Vereins, 1854, Heft 1. Mit Abbildungen auf Tab. I. Landsberg, über das Löthfutter. Die Schnelligkeit und Vollkommenheit, mit welcher ein Arbeiter eine Arbeit ausführen wird, hängt wesentlich von der Methode, von der Art den Gegenstand anzugreifen, ab. In den meisten Handwerken, wo ganz ähnliche Arbeiten stets wiederkehren, wenigstens dieselben Manipulationen nöthig sind, um aus den rohen Stoffen das Fabricat zu erzeugen, haben sich feste Regeln gebildet, nach welchen dieselben den allmählichen Bildungsproceß durchlaufen; diese Regeln sind oft so fest, daß sie sich forterben, ohne die Frage aufkommen zu lassen, ob nicht andere Mittel schneller und besser zum Ziele führen. Wo Form und Beschaffenheit der zu bearbeitenden Gegenstände verschieden sind, wird auch demgemäß die Bearbeitung verschieden seyn müssen, der Arbeiter wird vortheilhafter bald nach dem einen, bald nach dem andern Wege greifen; und es ist ja bekannt, daß der intelligente Arbeiter dieselbe Arbeit das zweitemal schneller verrichtet als das erstemal, nicht weil er schneller arbeitet, sondern weil ihn die erste Bearbeitung einen schnellern Weg finden lehrte. Es ist daher nicht uninteressant, wenn sich für dieselbe Classe von Arbeiten verschiedene Arbeitswege finden lassen, zu vergleichen, welcher Weg der vortheilhaftere, welcher sich für diese Form und Eigenheit des Arbeitsstücks besser eignet, welcher für eine andere. Wenden wir diese Bemerkungen auf die Methode an, wie der Metallarbeiter, namentlich der Mechaniker, ein Arbeitsstück auf der Drehbank zu befestigen sucht, so müssen wir zuerst unterscheiden, ob ein Drehen zwischen zwei Spitzen (oder Punkten) oder ein Drehen in freier Luft stattfinden soll. Bei dem Drehen zwischen Spitzen kann kaum von einer weitern Befestigung gegen die Spindel der Drehbank die Rede seyn; die Spindel hält hier nicht das Arbeitsstück, sondern stützt es nur und vermittelt die drehende Bewegung. Da hier ferner die Länge der Spindel ganz überflüssig, und durch Vermittelung der Bewegung zugleich ein großer Theil der Fehler der Lager und Spindel übertragen wird, so muß man sich nur wundern, wie so wenig Drehbänke die Einrichtung haben, ohne Schwierigkeit zwischen todten Punkten oder Spitzen drehen zu können. Anders verhält es sich beim Drehen in der Luft, wo die constante Lage des Arbeitsstückes gesichert werden soll ohne Hülfe des Reitstocks, oder wo der Reitstock doch nur dienen soll als weiterer Stützpunkt für die schon anderweitig gesicherte Lage. Diesen Zweck zu erreichen, bedient man sich in sehr vielen Werkstätten fast ausschließlich der Holzfutter. Je nach Form und Größe des Arbeitsstücks wendet man das bloße Auf- und Einfuttern ohne weiteres Bindemittel an, oder man benutzt zur weitern Befestigung Kitte, Klammern und Schrauben etc. Das Drehen in der Luft hat manche Vortheile vor dem Drehen zwischen Spitzen, namentlich was die Schnelligkeit der Arbeitsförderung anlangt; die leichtere Zugänglichkeit des Arbeitsstückes macht das öftere Ausspannen aus der Drehbank unnöthig, das Einpassen von Zapfen kann leicht geschehen, Gewinde aller Art lassen sich schneller anschneiden etc.; daher hat in neuern Zeiten eine Methode allgemeinen Eingang gefunden, die manche der Arbeiten, die früher zwischen Spitzen gedreht wurden, in Futtern zu drehen gestattet. Ich meine das Einspannen im Klemmfutter, dessen Vortheil der Arbeiter wohl zu schätzen weiß. Der Gebrauch des Klemmfutters war aber immer ein beschränkter, so lange das Klemmfutter nur angewendet werden konnte auf Anfertigung kleiner Schrauben, Stifte etc. aus Drahtenden, oder auf Arbeitsstücke, die zufällig einen entsprechenden Zapfenansatz hatten. Durch den Gebrauch der Löthfutter wird die Anwendung aber verallgemeinert: es sollen gerade solche Gegenstände eingespannt werden, die man sonst mit Holzfuttern drehen mußte, und wieder gerade solche, wo das Holzfutter nicht mit dem größten Vortheil angewandt werden kann. Die Unvollkommenheiten der Holzfutter sind bekannt genug, besonders wenn nicht sehr harte und gleichmäßige Holzarten zu Gebote stehen, wie dieß in Deutschland gewöhnlich der Fall ist. Die Engländer wenden meistens die härtesten Holzarten, namentlich Pockholz an, auch sind dort Messingfutter mehr in Gebrauch. Man kann kaum auf kurze Zeit für die gesicherte Lage des Arbeitsstückes garantiren (da das Holz so sehr allen äußern Einflüssen unterworfen), um so weniger, je mehr sich das Arbeitsstück beim Drehen erwärmt. Durch den Gebrauch des Löthfutters wird die Stabilität der Befestigung auf eine beliebige Zeit gesichert. Es wird nun weiter nichts erfordert, als daß man sich einige Löthfutter zurichtet, d.h. Zapfen von etwa 2 Zoll Länge und 4 bis 8 Linien stark, die am vordern Ende Scheiben tragen von entsprechenden Dimensionen, Fig. 19. Die Größe und Stärke der Scheibe muß etwas im Verhältniß stehen zu dem Arbeitsstück, damit sie nicht selbst beim Drehen im Wege ist; soll z.B. eine Schraube, Fig. 20, gedreht werden, so wird man die Scheibe kleiner wählen als den Kopf. Auf diese Scheibe wird der Gegenstand mit Zinnloth aufgelöthet. Das Löthen nimmt sehr wenig Zeit weg, da man es fast immer so einrichten kann, daß mehrere Gegenstände zu gleicher Zeit aufgelöthet werden. Ist der Gegenstand klein, so genügt ein bloßer Zapfen ohne Scheibe. – Das Klemmfutter muß die Eigenschaft besitzen, dem vorbereiteten Arbeitsstücke eine Bewegung nach allen Richtungen zu gestatten und dasselbe in jeder Lage innerhalb des Raumes des Klemmfutters festklemmen zu können; das Richten muß allein bedingt werden durch das aufgelöthete Arbeitsstück. Soll z.B. eine kurze Säule oder Büchse außen ab- und innen ausgedreht werden, so löthet man sie ungefähr in die Mitte der Scheibe, bringt das Ganze ins Klemmfutter und richtet es so, daß entweder das Aeußere oder Innere genauer läuft, je nachdem man außen oder innen schonen will; der Zapfen des Löthfutters wird daher oft eine excentrische und schiefe Lage im Klemmfutter einnehmen müssen. Es ist deßhalb nicht gleichgültig, welche Art von Klemmfutter man anwendet. Klemmfutter, die zur Aufnahme des Zapfens drei Backen enthalten, die sich in einen Conus legen und durch die Flantsche einer Schraube noch mehr hineingepreßt werden, wodurch dem eingespannten Zapfen stets eine centrische Lage ertheilt wird, kann man hier nicht gebrauchen. Die Klemmfutter (Fig. 21), wo drei oder vier Backen (a) innerhalb Führungen durch Schrauben (b) zum Mittelpunkt sich bewegen, eignen sich schon besser; doch lassen auch sie noch nicht ein freies allseitiges Richten zu. Beide Arten taugen viel mehr zum Einspannen von Draht, der der ganzen Länge nach zu Schrauben etc. verdreht werden soll, weil hier durch das Einklemmen kein Verdrücken der Oberfläche stattfindet. Für unsern Zweck ist am besten das einfache Klemmfutter, wo sechs Schrauben unmittelbar auf den Zapfen des Löthfutters wirken (Fig. 22). Die Schrauben sind so gestellt, daß drei die vordere (a, a, a), drei die hintere (b, b, b) Reihe bilden, und die hintere Reihe ist gegen die vordere um 60° verdreht. Das Verklemmen des Zapfens schadet hier nicht, da sie nur stets für denselben Zweck aufbewahrt werden. – Man hat das Arbeitsstück nun ganz frei vor sich, es geht für das Aufspannen weiter nichts verloren als ein Theil der hinterm Fläche. Man hat für die Solidität der Befestigung während der ganzen Dauer der Bearbeitung bestens gesorgt. In den Werkstätten, wo das Löthfutter eingeführt ist, ist es zu einer solchen Herrschaft gekommen, daß man es überall anwendet, wo es nur einigermaßen angeht; für Fälle wo die angegebenen Formen des Löthfutters nicht ausreichen, wählt man entsprechendere, z.B. für Libellenstöpsel (Fig. 23) etc. Größere Schrauben werden fast nur auf diese Weise gedreht, auf der Drehbank abgeschnitten, ebenso alle Fernrohrfassungen; das Aus- und Abdrehen der Fernrohrachsen, der Dreifüße für geodätische Instrumente etc. geschieht auf dem Löthfutter. Es versteht sich von selbst, daß man beim Löthfutter Reitstock und Lunette anwenden kann, nur muß in diesem Falle dafür gesorgt seyn, daß dieser zweite Befestigungspunkt genau in die Verlängerung der Spindelachse fällt, widrigenfalls ein Federn des Arbeitsstückes entstände, welches der Genauigkeit der Bearbeitung Abbruch thun würde. Man dreht auf diese Weise Mikrometerschrauben schneller als zwischen Spitzen und, sind Spindel und Lager gut, mit vollkommener Genauigkeit. In einer großen Menge von Fällen wird man diese Methode der Befestigung jeder andern vorziehen, was sowohl Genauigkeit als Schnelligkeit der Bearbeitung anlangt; es muß daher um so mehr wundern, wie in so manchen Werkstätten diese Methode ganz unbekannt ist, oder wenigstens keine Anwendung findet. In vielen Fällen ist es noch vortheilhafter den Gegenstand unmittelbar auf ein Messingfutter der Spindel aufzulöthen, doch kann dieß nur unter bestimmten, durch die Form des Arbeitsstückes bedingten Voraussetzungen geschehen, da hier ein nachheriges Nichten desselben nicht mehr statthaben kann.

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