Titel: | Supplementair-Ventil für Cornwalliser Dampfmaschinen; von Hrn. Birkinbine zu Philadelphia. |
Fundstelle: | Band 133, Jahrgang 1854, Nr. XIX., S. 84 |
Download: | XML |
XIX.
Supplementair-Ventil für Cornwalliser
Dampfmaschinen; von Hrn. Birkinbine zu Philadelphia.
Aus dem Civil Engineer and Architect's Journal, April
1854, S. 148.
Mit einer Abbildung auf Tab. II.
Birkinbine's Supplementair-Ventil für Cornwalliser
Dampfmaschinen.
Die hier zu beschreibende einfache Vorrichtung ist für die Cornwalliser Maschinen von
wesentlichem Nutzen; es kann auch gar nicht fehlen, daß diese Vorrichtung bei allen
derartigen Wasserhebungs-Maschinen für Bergwerke, Wasserwerke u.s.w.
eingeführt werden wird.
Die Cornwalliser Dampfmaschinen, so benannt, weil sie zuerst in den Cornischen
Kupfergruben angewendet wurden, sind einfach-wirkend, indem der Dampfdruck
nur auf eine Seite des Kolbens wirkt, dadurch den Pumpenkolben und die übrigen
Lasten hebt. Der zum Heben des Pumpenkolbens benutzte Dampf gelangt dann auf die
entgegengesetzte Seite des Dampfkolbens, und gleicht den Druck auf beide Seiten aus,
so daß der belastete Kolben niedergeht und das Wasser auf die erforderliche Höhe
drückt, indem ein Kolbenzug der Maschine vollendet wird. Der in dem Cylinder
enthaltene Dampf wird beim Beginn eines anderen Hubes des Pumpenkolbens durch die
Exhaustionsröhre dem Kondensator zugeführt.
Die verschiedenen Evolutionen der Maschine bewirken vier Ventile: 1) der Regulator,
durch welchen der Dampf anfangs zugelassen wird, und dessen Bewegungen bloß mit der
Hand regulirt werden; 2) das Dampfventil, durch welches der Dampf in den Cylinder
tritt; 3) das Gleichgewichts-Ventil, durch welches der Druck auf beide Seiten
des Kolbens ausgeglichen wird; und 4) das Exhaustions- oder
Auslaß-Ventil, durch welches der Dampf zu dem Condensator geführt wird. Diese
Ventile werden durch Knaggen an der Steuerstange bewegt, die sich gleichzeitig mit
dem Kolben in Verbindung mit belasteten Hebeln und mit dem sinnreichen und
wohlbekannten Katarakt hebt und senkt. Die Knaggen verschließen die Ventile, wogegen
das Oeffnen derselben durch die belasteten Hebel, deren Wirkung von dem Katarakt
abhängt, erfolgt. Jedes Ventil befindet sich in einem besonderen Gehäuse, welche unter
einander und mit dem Cylinder in Verbindung stehen.
Das erforderliche Dampfvolum wird zuerst durch das Regulir-Ventil in das
Dampfventil-Gehäuse gelassen; beim Oeffnen desselben durch den belasteten
Hebel, welcher mit dem Katarakt verbunden ist, gelangt der Dampf zu dem Cylinder,
wodurch der Pumpenkolben auf die erforderliche Höhe gehoben wird. In einem andern
Gehäuse, welches mit dem Canal in Verbindung steht, durch den der Dampf in den
Cylinder gelangte, liegt das Gleichgewichts-Ventil, bei dessen Hebung der
Dampf, nachdem er im Cylinder seine Wirkung gethan und den Pumpenkolben gehoben hat,
in den Raum C (Fig. 14) gelangt und
daraus durch eine Röhre zur entgegengesetzten Seite des Kolbens, so daß der
Pumpenkolben niedergehen kann. Der Raum C steht sowohl
mit dem Gehäuse des Auslaß-Ventils, als mit demjenigen des
Gleichgewichts-Ventils in Verbindung; jedoch bleibt das Auslaß-Ventil
so lange verschlossen, als das Gleichgewichts-Ventil offen ist, und es kommt
nicht eher wieder in Wirkung, als bis die Maschine einen neuen Hub beginnt. Fig. 14 ist
ein Durchschnitt von demjenigen Theil des Ventilgehäuses, welcher das
Gleichgewichts-Ventil enthält; er wird genügen, um mit der obigen kurzen
Erklärung den Apparat zu verdeutlichen.
Alle Ventile sind doppelsitzig, d.h. sie haben statt eines, zwei conische Sitze; im
Princip sind sie den sogenannten Gleichgewichts-Ventilen der stationären und
Schiffs-Dampfmaschinen ähnlich. D ist das
Gleichgewichts-Ventil in dem Gehäuse A, welches
mit dem Canal vom Dampfventil zum Cylinder in Verbindung steht. Der Sitz des Ventils
D ist auf dem Boden des Gehäuses befestigt und hat
einen kreisrunden Kranz E, welcher über die Oeffnung
hinaufreicht. Dieser Kranz bildet den Sitz für das Supplementair-Ventil F, das an den obern Theil der Schraubenspindel G befestigt ist; letztere geht durch eine Stopfbüchse in
den Boden H und ist mit dem Winkelrade I versehen, welches sich auf dem Bügel J dreht; mittelst der Kurbel K, der Welle L und der gehörigen Winkelräder
wird das Winkelrad I umgedreht.
Der Zweck dieser Erfindung ist, den Durchgang des Dampfes durch das
Gleichgewichts-Ventil von der einen Seite des Kolbens zur andern, je nachdem
es die Umstände erfordern, mehr oder weniger zu unterbrechen und dadurch also den
Niedergang des Pumpenkolbens zu reguliren. Der Nutzen dieser Vorrichtung ist
einleuchtend; sie überhebt der Nothwendigkeit, das alte und langsame Verfahren
anzuwenden, wobei man schwere Gewichte hinzufügt und entfernt, während überdieß bei
einem Bruch oder sonstigen Unfall, den die Pumpen in der Grube erleiden können, die
Nachtheile plötzlicher
Stöße sich vermeiden lassen, indem man das Ventil so leicht adjustiren kann, um den
Niedergang des Pumpenkolbens zu reguliren.
Diese Vorrichtung läßt sich besonders bei denjenigen Cornwalliser Maschinen mit
großem Vortheil anwenden, welche Wasserwerke betreiben, hauptsächlich wenn eine
Ständerröhre oder ein Wasser-Balancier (standpipe) angewendet wird, um die nothwendige Wassermasse zu erhalten; in
diesem Fall ist nämlich die Schwankung des Wasserspiegels nothwendig eine plötzliche
und bedeutende, und veranlaßt eine gleiche Veränderung der Belastung der Maschine,
wodurch nicht nur deren Leistung unsicher, sondern auch sie selbst leicht beschädigt
wird. Ist der Wasserstand in der Röhre niedrig, so hat der Pumpenkolben das
Bestreben, mit einer gefährlichen Geschwindigkeit zu sinken, was sich aber
augenblicklich dadurch verhindern läßt, daß man die Kurbel K dreht, so daß das Supplementair-Ventil F in die Höhe geht, der Dampf also bei feinem Uebergange von der einen
Seite des Kolbens zu der andern aufgehalten wird, und der Pumpenkolben daher nur mit
einer gefahrlosen und stufenweisen Geschwindigkeit niedergehen kann. Ist dagegen der
Wasserstand hoch, so wird das Ventil F von seinem Sitz
entfernt und der Dampf kann frei durchströmen, da der Wasserstand für sich selbst
genügt, um einen leichten Niedergang des Kolbens zu bewirken.
Obgleich in der Abbildung der Apparat so eingerichtet ist, daß er mit der Hand
regulirt wird, so kann er doch mit der Maschine und namentlich mit dem
Wasser-Balancier in eine solche Verbindung gebracht werden, daß die
Regulirung von selbst erfolgt. Hr. Birkinbine will sein
Supplementair-Ventil an großen Maschinen anbringen, welche er jetzt für die
westlichen Wasserwerke Philadelphia's erbaut.