Titel: | Ueber die Anstrengung und den daraus folgenden Bruch der Metalle; vom Ingenieur F. Braithwaite in London. |
Fundstelle: | Band 133, Jahrgang 1854, Nr. XXIX., S. 102 |
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XXIX.
Ueber die Anstrengung und den daraus folgenden
Bruch der Metalle; vom Ingenieur F.
Braithwaite in London.
Aus dem London Journal of arts, Juni 1854, S.
455.
Braithwaite, über die Anstrengung und den daraus folgenden Bruch
der Metalle.
Manche Unfälle, deren Ursachen als dunkel angegeben worden
sind, haben die Aufmerksamkeit des Verfassers erregt; er hat die Umstände von jedem
dieser Unfälle, die Beschaffenheit der gebrochenen Metalle untersucht, und ist zu
der Folgerung gelangt, daß sie einer progressiv einwirkenden zerstörenden Ursache,
die man Anstrengung (fatigue) der Metalle nennen kann,
zugeschrieben werden muß.
Wenn sich Metall in einem Zustande der Ruhe befindet, so kann es einen sehr
bedeutenden Druck aushalten, wie dieß z.B. bei einem eisernen Balken der Fall ist,
welcher von der aufliegenden Belastung nur die gewöhnliche Biegung erleidet; ein
solcher Balken erträgt den Druck ohne Bruch so lange als seine Lage nicht gestört
wird, und wenn eine sehr bedeutende verhältnißmäßige Belastung nicht zu oft
wiederholt wird; kommt aber ein solcher Fall vor, so wird die Anordnung der
kleinsten Theilchen des Metalles gestört und das Metall bricht endlich. Dieß kann
auch dann eintreten, wenn ein stark belastetes Eisen plötzliche Stöße erleidet; und
solche können auch dann entstehen, wenn der Balken plötzlich entlastet wird.
Es lassen sich verschiedene Beispiele von Unfällen dieser Art anführen; z.B. der
eines Bottichs in einer Londoner Brauerei, welcher mehrere Jahre auf gußeisernen
Balken gestanden hatte, die aber plötzlich, ohne irgend eine scheinbare Ursache,
zerbrachen und mehrere Arbeiter tödteten und verwundeten. In diesem Fall konnte
nachgewiesen werden, daß die Balken von Anfang an nicht stark genug waren, um die
Last tragen zu können, und daß die abwechselnde Belastung, indem der Bottich bald
ganz, bald halb gefüllt und dann ganz leer war, eine fortwährend wiederkehrende
Durchbiegung veranlaßte; dadurch, und weil die Balken stets ihre vorige natürliche
Lage wieder einzunehmen suchten, wurde die Textur des Metalles gestört und theilweis
zerstört, so daß natürlich ein Bruch erfolgen mußte.
Auch manche andere Beispiele derselben Art sind bekannt; es ist z.B. nachgewiesen,
daß die wiederholten Biegungen der Röhrenplatte einer Locomotive, welche von der
Wirkung der Kolben herrührte, die mechanische Ursache von Brüchen war; ferner, daß
die Belastung und die Erschütterungen der Stangen an denen die Aschenkasten der
Locomotiven hängen, schon sehr bedeutende Nachtheile veranlaßten, deren Verhütung
sehr wesentlich ist.
Der Verfasser ist der Meinung, daß wenn den eisernen Balken die zweckmäßigen
Dimensionen gegeben und die gehörige Belastung nicht über schritten wird, die
Möglichkeiten der Unfälle fern bleiben; daß aber jede wiederholte Biegung, mag sie
nun unterbrochen oder immerwährend stattfinden, in welchem letzteren Falle sie eine
permanente Durchbiegung bewirkt, Gefahr veranlaßt, ist ausgemacht. Man muß daher
mangelhafte Stücke, welche durch fleißige und genaue Untersuchung erkannt sind,
sofort auswechseln, mögen sie nun als Balken oder Träger, oder als Maschinentheile
angewendet werden. Dadurch werden Unfälle vermieden und es wird ein größeres Vertrauen auf
Baue und Construction von Eisen herbeigeführt.