Titel: | Neue Versuche über die Anwendung der Elektricität zur Entzündung der Minen; von Hrn. G. Verdú. |
Fundstelle: | Band 133, Jahrgang 1854, Nr. XXXIII., S. 116 |
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XXXIII.
Neue Versuche über die Anwendung der Elektricität
zur Entzündung der Minen; von Hrn. G.
Verdú.
Aus den Comptes rendus, Juni 1854, Nr.
23.
Verdú, über Anwendung der Elektricität zur Entzündung der
Minen.
In der Denkschrift, welche ich der Akademie im Monat April vergangenen Jahres
einreichte, habe ich die Resultate meiner ersten Versuche über diesen Gegenstand,
die ich zu la Villette anstellte, mitgetheilt.
Während ich mich in meinem Vaterland (Spanien) befand, bot sich mir Gelegenheit dar,
auf dem Uebungsplatz des Geniecorps zu Guadalarara neue Versuche im großen Maßstabe
anzustellen, welche zum Zweck hatten, durch Thatsachen die leichte und für den Krieg
geeignete Anwendbarkeit des in Rede stehenden Verfahrens in allen möglichen Fällen
der Vertheidigung festzustellen.
Bei diesen Versuchen, welche in den Monaten November und December des letzten Jahres
stattfanden, habe ich mehrere, theils gesonderte, theils gleichzeitige Explosionen
von zwei Oefen, auf eine Entfernung von 3500 Metern, mit einem einzigen isolirten
Draht erlangt, welcher in gerader Linie gespannt war, indem ich mich, wie zu meinen
ersten Versuchen, eines einzigen Bunsen'schen Elementes
in Verbindung mit dem Ruhmkorff'schen
Inductions-Apparat bediente.
Ich habe auch Zünder nach Art der englischen, sogenannten Statham'schenDie Anfertigung derselben ist im polytechn. Journal Bd. CXXXII S. 350 beschrieben., angewendet, die ich aber insoweit abänderte, als ich Knallquecksilber unter
ihren Satz brachte.
Bevor ich diesen Satz anwendete, mußte ich mehrere Proben machen, um den Grad der
Empfänglichkeit verschiedener Substanzen für die Wirkung des aus dem
Inductions-Apparat kommenden elektrischen Funkens kennen zu lernen. Ich
versuchte der Reihe nach das Mehlpulver und das gewöhnliche Pulver, die
Schießbaumwolle, Gemenge von Schwefel und chlorsaurem Kali, das Knallquecksilber
u.s.w. Unter diesen Sätzen habe ich das Knallquecksilber wegen seiner großen
Empfänglichkeit als den vorzüglichsten befunden. Ich habe mich daher desselben
bedient, um Minenzünder anzufertigen und durch dieses Mittel gleichzeitige
Explosionen zu erlangen, zuerst in Paris bei den Vorversuchen, und später in unserer
Genie-Schule, wo mir größere Mittel zu Gebote standen, um sehr umfängliche
Versuche anzustellen.
Das Verfahren, welches ich stets anwendete, um gleichzeitige Explosionen mit einem
einzigen Draht zu bewirken, besteht einfach darin, in einem einzigen Leiter, welcher
einerseits mit dem Erdboden und andererseits mit dem Pol des Apparates in Verbindung
steht, eben so viele Unterbrechungen herzustellen, als Oefen gesprengt werden
sollen. Der entgegengesetzte Pol des inducirten Stromes war während aller Versuche
in beständiger Verbindung mit dem Erdboden. Indem man nun in diese Unterbrechungen
des Leiters mittelst vorher angefertigter Zünder eine Substanz einschaltet, welche
für die Einwirkung des aus dem Inductions-Apparat kommenden Funkens
außerordentlich empfindlich ist, kann man die gleichzeitige Explosion einer großen Anzahl
von Oefen bewirken und auf sehr große Entfernungen operiren. Ich habe bis jetzt mit
diesem Apparate sechs gleichzeitige Explosionen auf je 300 Meter Entfernung erlangt;
über diese Gränze bin ich noch nicht hinausgegangen.
Die eben beschriebene Methode schien mir vor derjenigen mit Nebenströmen den Vorzug
zu haben; letztere ist weder so einfach, noch in der Praxis so leicht
ausführbar.
Indem man bloß vier oder fünf elektrische Drähte anwendet, kann man eine große Anzahl
von Oefen, z.B. 20 oder 30, zu gleicher Zeit explodiren lassen. Folgendes Verfahren
habe ich auf dem Uebungsplatz zu Guadalarara befolgt.
Angenommen, es seyen zwanzig Oefen oder Flatterminen in fünf Gruppen getheilt, welche
Gruppen beliebig von einander getrennt seyn können; so setzt man die fünf Zünder
jeder Ofengruppe durch einen einzigen Draht mit einander in Verbindung, dessen eines
Ende in den Boden gesteckt ist, während das andere sich am Apparat befindet. Indem
man nun den Pol des Inductionsstromes mit jedem der vier freien Enden, welche man
zusammen in der Hand hält, nach einander berührt, was in weniger als einer Secunde
geschehen kann, erhält man zwanzig (fast) gleichzeitige Explosionen auf sehr
beträchtliche Entfernungen, z.B. auf 500 Meter.
Ich habe bis jetzt noch keine Gränzen für die Entfernungen der Explosionen gefunden,
ja nicht einmal für die Anzahl der Oefen, die man gleichzeitig sprengen kann.
Die Gleichzeitigkeit der Explosionen war so vollkommen, daß man nur einen einzigen
Knall hörte, sobald man die verschiedenen Garben von Erde und Steinen sah, welche
die fast eine Meile (3500 Meter) entfernten Oefen emporgeschleudert hatten. Dasselbe
fand bei drei Oefen statt, welche 300 Meter von einander und 400 Meter vom Apparat
entfernt waren. Man begreift jedoch leicht, daß dieser Erfolg aufhören muß, wenn die
Entfernung vom Apparate bei jedem Ofen eine ziemlich verschiedene ist.
Bei einer anderen Versuchsreihe habe ich diese Mittel zur Herstellung eines Systems
von Vertheidigungsöfen mit zwei Etagen benutzt. Diese Oefen wurden am Boden der
Schächte unter den verschiedenen Strichen des vermeintlichen Angriffsterrains und
der Apparat am ausspringenden Winkel einer Lunette des Forts San Francisco
aufgestellt. Die auf einander folgenden und combinirten Explosionen begannen bei der
ersten Parallele, 700 Meter vom Apparat, und endigten am Fuße des Glacis. Alle
nöthigen Arbeiten wurden mit einer großen Geschwindigkeit (in fünf Tagen) von einer
Mineurabtheilung zu Stande gebracht. Dieses Resultat verdankt man der Einfachheit
des Systems.
Im Verlaufe dieser Versuche hat man über 100 Oefen vorgerichtet, und das Feuer hat
nicht ein einzigesmal versagt.
Ich habe nun nur noch eine Bemerkung über die Anwendung des Knallquecksilbers zu
machen. Nachdem man das Ende der Zünder in eine kleine Röhre gesteckt hat, die an
dem einen Ende mit Gutta-percha verschlossen ist (welche man dazu am Feuer
ein wenig erweichte), und nachdem man diese kleine Büchse mit Pulver gefüllt und
hermetisch verschlossen hat, kann man die Zünder ohne alle Gefahr transportiren und
handhaben. Um mich davon zu versichern, habe ich sie gegen Steine geworfen und
allerhand Erschütterungen ausgesetzt, ohne daß mir der geringste Unfall zustieß. Die
Elasticität der Gutta-percha-Hülle schützt daß Knallquecksilber.
Das Laden der Oefen, wozu man über 1000 Kilogr. Pulver verbrauchte, geschah durch die
Mineure mit Anwendung so vorgerichteter Zünder, ohne irgend einen Unfall.