Titel: | Ueber essigsaure und andere Verbindungen der Thonerde; von Walther Crum zu Glasgow. |
Fundstelle: | Band 133, Jahrgang 1854, Nr. XXXV., S. 121 |
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XXXV.
Ueber essigsaure und andere Verbindungen der
Thonerde; von Walther Crum
zu Glasgow.
Aus den Annalen der Chemie und Pharmacie, Februar 1854, S.
156.
Crum, über essigsaure und andere Verbindungen der
Thonerde.
Das Salz, von welchem bei der Darstellung der meisten in dieser Abhandlung
beschriebenen Verbindungen ausgegangen wurde, ist das schwefelsaure Thonerdesalz Al₂ O₃, 3SO₃, welches jetzt in dem nördlichen Theil von
England unter der Handelsbezeichnung „concentrirter Alaun“ in
großen Mengen bereitet wird. Es wird durch directe Einwirkung von Schwefelsäure auf
Thon gebildet, und wenn es bis zu einem gewissen Grade gereinigt ist, eingedampft
und in Form von Kuchen in den Handel gebracht.
Die hauptsächlichste Verunreinigung dieses Handelsartikels ist Kalialaun. Zur
Abscheidung des letztern läßt sich die Unlöslichkeit desselben in einer gesättigten
Lösung der schwefelsauren Thonerde benutzen. Käuflicher „concentrirter
Alaun“ wurde in einer Quantität siedenden Wassers gelöst, welche bei
niedriger Temperatur nicht Alles aufgelöst halten konnte; bei dem Erkalten schied
sich ein Theil der schwefelsauren Thonerde und fast aller vorhandene Kalialaun ab
und wurde mittelst Filtriren durch Baumwollenzeug von der Flüssigkeit getrennt. Das
Filtrat wurde abgedampft und bei dem Abkühlen schied sich die schwefelsaure Thonerde
in körnigschwammigen Massen aus. Diese wurden durch Ablaufenlassen und starkes
Auspressen zwischen dicken Schichten Baumwollenzeug möglichst von der Mutterlauge
befreit, dann in siedendem Wasser aufgelöst, wiederum zum Krystallisiren gebracht
und ausgepreßt.
So wurde ein Salz erhalten, das kaum noch Spuren von der arsenigen Säure und dem Kali
enthielt, welche das Rohmaterial verunreinigt hatten, nebst etwas Eisen und
Chlornatrium. Dieses Salz hat die Zusammensetzung Al₂ O₃, 3 SO₃
+ 18 HO, welche zuerst von Boussingault 1825 einer
haarförmigen Substanz beigelegt wurde, die sich in dem schwarzen Thonschiefer der
Anden in Columbia, nahe bei Bogota, findet. Er fand nachher dieselbe Substanz an dem
Vulkan von Pasto (im nördlichen Quito), wo sie durch die Einwirkung der schwefligen
Dämpfe auf den Thonschiefer gebildet wird. Sie kommt hier in solcher Menge vor, daß
die Einwohner von Pasto in den Stand gesetzt sind, sie für den Bedarf der ganzen
Umgegend darzustellen. Sie lösen sie in Wasser auf, dampfen die Lösung zur Trockne ein und formen
den Rückstand in kugelige Massen, wie Kampher, die vollkommen frei von Eisen
sind.
Dieselbe Substanz bildet sich in der Nachbarschaft aus einem Schwefelkies führenden
Thonschiefer, in welchem Falle sie mit schwefelsaurem Eisen vermischt oder verbunden
ist.
Die Menge
des „concentrirten Alauns,“ welche jetzt jährlich
inNewcastle und Sowerby-Bridge dargestellt wird, beträgt nach
dendurch Hrn. Wilson von Hurlet mir
mitgetheilten Angaben
1,500 Tonnen
die des krystallisirten Alauns
(hauptsächlich Ammoniakalauns) in
England
13,200 „
die desselben in Schottland
4,200
„
–––––––––––––
zusammen wird in Großbritannien
bereitet
18,900 „
Nach einer Schätzung des Hrn. Wilson wird etwa ein Viertel
dieser Quantität in den Kattundruckereien verbraucht, und mehr oder weniger
vollständig in essigsaure Thonerde verwandelt. Es existirt wohl kaum ein anderes
Beispiel, daß eine so wichtige und im Gewerbswesen in so ausgedehntem Maaßstab
angewendete Substanz, wie die essigsaure Thonerde, so wenig die Aufmerksamkeit der
Chemiker auf sich gezogen hat.
Unlösliche essigsaure Salze der Thonerde.
I. Unlösliche zweifach-essigsaure Thonerde mit 5 At.
Wasser. – Ein essigsaures Thonerdesalz wurde gebildet durch Mischung
concentrirter Lösungen von schwefelsaurer Thonerde (die in der eben angegebenen
Weise gereinigt war) und essigsaurem Bleioxyd. Die Lösungen wurden langsam in ein
mit kaltem Wasser umgebenes Gefäß zusammengegossen und darin umgerührt, um die
Temperatur der Mischung niedrig zu halten. Das Filtrat wurde mit Schwefelwasserstoff
behandelt, um das Blei des gelöst gebliebenen schwefelsauren Bleioxyds auszufällen,
und dann mit essigsaurem Baryt, um die Schwefelsäure niederzuschlagen.
Die concentrirteste Lösung, welche auf diese Art erhalten wurde, enthielt etwa 5
Procent Thonerde.
Wird eine solche Lösung (oder auch eine solche, die nur 4 Procent Thonerde enthält)
ruhig bei 15 bis 21° C. stehen gelassen, so beginnt sie nach 4 bis 5 Tagen,
ohne daß sie erheblich an Durchsichtigkeit verliert, an der Wandung des Gefäßes eine
Kruste abzusetzen, deren Dicke allmählich zunimmt. Läßt man nach dem Ausgießen der
Flüssigkeit die Kruste trocknen, so löst sie sich leicht in harten porzellanartigen
Platten von dem Gefäße
ab. Läßt man die Flüssigkeit nicht ganz ruhig stehen, so trübt sie sich nach einigen
Tagen, und die dann gebildete Kruste ist leichter zerreiblich. Bei niedriger
Temperatur bleibt die Lösung viel länger unverändert. Wird das Salz zum Rothglühen
erhitzt, so schwärzt es sich durch die Zersetzung eines Theils der darin enthaltenen
Essigsäure, und verändert dann nur sehr schwach die Farbe von befeuchtetem
Lackmuspapier, zum Beweis, daß es nur wenig Alkali enthält. Bei der Prüfung der
Lösung in Salpetersäure mit salpetersaurem Silberoxyd ergab sich eine Spur Chlor;
auch enthielt es etwas Eisen. Von diesen Verunreinigungen wurde es auf die weiter
unten angegebene Weise gereinigt.
Zur Bestimmung der in einem solchen Salz enthaltenen Menge Thonerde genügt es,
dasselbe in einem Platintiegel mit rectificirter starker Schwefelsäure zu
befeuchten, die überschüssige Säure über einer Weingeistlampe zu verdampfen und den
Rückstand eine halbe Stunde lang in einem Ofen weiß zu glühen. Durch die
Schwefelsäure wird die Essigsäure ausgetrieben und damit die Beimengung von Kohle
vermieden. Die Entweichung des Wassers wird auch auf diese Art befördert, und das
rückständige Pulver – welches ohne Anwendung von Schwefelsäure beim Glühen so
fein ausfällt, daß ein Verlust an demselben durch Verstäuben kaum zu vermeiden ist
– ist cohärenter.
Ich versuchte zuerst, den Gehalt an Essigsäure alkalimetrisch zu bestimmen, indem ich
Kalialaun von bekannter Reinheit als Mittel zur Vergleichung der Resultate wählte.
Die Substanz wurde während des Zusatzes von Alkali (Natron) in Wasser bei der
Siedehitze erhalten, und die Färbungen von Lackmuspapier genau verglichen; es schien
zuerst, als ob Röthung des Lackmuspapiers eintrete, so lange ein Theil des Salzes
unzersetzt geblieben sey. Aber bei öfterer Wiederholung der Versuche fand sich, daß
wenigstens 5 Procent des unlöslichen Salzes noch nicht durch das Alkali zersetzt
waren, wenn keine Spur von saurer Reaction mehr wahrzunehmen war, und daß diese
Methode nicht einmal bis auf 3 bis 4 Procent genaue Resultate gab. Doch ließ sich
diese Methode im Laufe der vorliegenden Untersuchung mit Nutzen bei der Prüfung von
Thonerdelösungen anwenden, für welche genauere Resultate erhalten wurden, als für
die unlöslichen Salze.
33,24 Grains der Substanz, welche erst an der Luft, dann gepulvert während 20 Stunden
bei 38° C. getrocknet worden war, wurden mit 80 Grains rectificirter
Schwefelsäure in einem Platintiegel befeuchtet und wie oben angegeben geglüht. Der
Rückstand wog 8,64 Grains; nach dem Behandeln desselben mit Wasser gab die filtrirte
Flüssigkeit keine Spur von Schwefelsäure, und der Rückstand war reine Thonerde; dieses Resultat
entspricht 25,99 Procent Thonerde. – Bei einem andern Versuch ließen 32,64
Grains Substanz, welche vier Stunden lang bei 38° C. getrocknet worden war,
8,4 Grains Thonerde, entsprechend 25,74 Procent. Das mittlere Resultat ist 25,86
Proc. Thonerde.
Bei der Verbrennung mit Kupferoxyd gaben 2,985 Grains 5,526 engl. Kubikzoll trockenes
Kohlensäuregas, = 2,612 Grains, entsprechend 50,69 Procent Essigsäure. Ein anderer
Versuch ergab den Gehalt an Essigsäure = 50,58 Procent. Das Mittel ist 50,63
Procent.
Unter der Voraussetzung, das Fehlende sey Wasser, entspricht die Zusammensetzung der
Formel Al₂ O₃, 2 A + 5 HO.
Berechnet.
Gefunden.
Essigsäure
51,41
50,63
Thonerde
25,91
25,86
Wasser
22,68
23,51
––––––––––––––––
100,00
100,00.
II. Unlösliche zweifach-essigsaure Thonerde mit 2 At.
Wasser. – Wird die im Vorhergehenden erwähnte concentrirte Lösung
von essigsaurer Thonerde erhitzt, so trübt sie sich rasch unter Ausscheidung eines
schweren weißen Pulvers, welches sich schnell absetzt. Bei 38° C. wird im
Lauf einiger Tage eine beträchtliche Menge dieses Pulvers abgeschieden, aber die
ganze Menge des aufgelösten Salzes wird bei 71° in 2 bis 3 Stunden, und in
viel kürzerer Zeit bei der Siedehitze ausgefällt, und in der Flüssigkeit bleibt
außer Essigsäure nur eine Spur von Thonerde, die sich eben noch durch kohlensaures
Natron nachweisen läßt.
Der Niederschlag sieht im feuchten Zustand krystallinisch und glänzend aus, und
scheint unter dem Mikroskop betrachtet aus kleinen ovalen Partikelchen von
gleichförmiger Größe zu bestehen. Er zerfällt beim Trocknen zu einem feinen Pulver,
und bleibt dann mit Wasser gemischt lange Zeit darin suspendirt. Durch Behandlung
mit siedendem Wasser wird er nicht frei von Chlornatrium, von welchem er etwa 0,1
Proc. enthält. Zur Beseitigung dieser Verunreinigung löst man die Substanz in der
Wärme in 2 Aequivalenten rectificirter Schwefelsäure, die mit ihrem dreifachen
Gewicht Wasser verdünnt ist. Die Lösung wird mittelst basisch-essigsauren
Bleioxyds zersetzt:
Al₂ O₃, 2 Ā + 2 SO₃ + 2 Pb O,
Ā = Al₂ O₃, 3 Ā + 2 (Pb O, SO₃)
und das Filtrat wie oben angegeben von Blei und Schwefelsaure
befreit. Wird diese Flüssigkeit erhitzt, so erhält man einen Niederschlag, in
welchem sich keine Spur von Alkali oder Chlor nachweisen läßt.
Ein Theil der Substanz, die bei Siedehitze niedergeschlagen und während 24 Stunden
bei 38° C. getrocknet worden war, gab 29,83 Procent Thonerde; ein anderer Theil gab
nach 48stündigem Trocknen 30,54 Proc. Thonerde. Die Verbrennung mit Kupferoxyd wies
bei einem Versuch mit bei 38° getrocknetem Salz 59,87, bei einem andern
58,88, im Mittel 59,37 Proc. Essigsäure nach. Die Zusammensetzung entspricht somit
der Formel Al₂ O₃, 2 Ā + 2 HO:
Berechnet.
Gefunden.
Essigsäure
59,51
59,37
Thonerde
29,99
30,18
Wasser
10,50
10,45
––––––––––––––––
100,00
100,00.
Zahlreiche Präparate dieses Salzes stellte ich dar durch Fällung von Lösungen von
verschiedener Concentration bei verschiedenen Temperaturen unterhalb des Siedepunkts
des Wassers, und bestimmte die Menge der darin enthaltenen Essigsäure und Thonerde.
Diese Präparate enthielten Essigsäure und Thonerde in demselben Verhältniß, aber
verschiedene Mengen Wasser, zwischen 3 und 5 Aeq. Die zwei im Vorhergehenden
beschriebenen Salze, deren eines bei 15°, das andere bei Siedehitze
ausgeschieden wurde, gaben nahezu constante Resultate.
Wird eine Lösung von dreifach-essigsaurer Thonerde, die schwächer ist als die
oben besprochene, z.B. eine, welche nur 3 Proc. Thonerde enthält, erhitzt, so bildet
sich gleichfalls das unlösliche zweifach essigsaure Salz, aber in diesem Falle
bleibt nicht nur Essigsäure, sondern auch eine erhebliche Menge essigsaure Thonerde
in Lösung. Lösungen, welche 2 Proc. Thonerde enthalten, werden beim Kochen gefällt,
wenn sie schon einige Wochen gestanden haben, aber nicht, wenn sie frisch bereitet
sind. Aus diesen Versuchen geht hervor, daß die Gegenwart freier Essigsäure auf
irgend eine Art die Bildung der unlöslichen zweifach-essigsauren Thonerde in
einer Lösung des dreifach-essigsauren Salzes begünstigt. In Uebereinstimmung
hiermit wurde gefunden, daß eine Lösung von dreifach-essigsaurem Salz, welche
3/4 Proc. Thonerde enthielt und durch Kochen nicht gefällt werden konnte, letztere
Eigenschaft erhielt, wenn man ihr so viel Essigsäure zusetzte, daß sie ebensoviel
davon wie eine Lösung des dreifachessigsauren Salzes mit 4 Proc. Thonerde
enthielt.
In welcher Weise das zweifach-essigsaure Salz abgeschieden worden seyn mag,
ist es ungemein unlöslich in kaltem und in heißem Wasser, und auch in Essigsäure.
Wird Ein Theil desselben während 1 1/2 Stunden mit 200 Theilen siedenden Wassers
behandelt, so löst es sich auf; und die Lösung enthält lösliche
zweifach-essigsaure Thonerde, Essigsäure und das Thonerdehydrat mit 2 At.
Wasser, welches weiter unten beschrieben werden wird.
Es löst sich in 2 Aequivalenten Schwefelsäure oder Salzsäure oder Salpetersäure,
indem sich zweifach-saure Thonerdesalze bilden und die 2 Aequivalente
Essigsäure frei werden. ES löst sich in der Hitze auch in concentrirter Lösung von
dreifach-schwefelsaurer Thonerde, wobei sich zweifachschwefelsaure Thonerde
bildet und Essigsäure frei wird:
2 (Al₂ O₃, 3 SO₃) + Al₂ O₃,
2Ā = 3 (Al₂ O₃, 2 SO₃) + 2 Ā.
Diese Flüssigkeit wird durch Zusatz von Wasser nicht gefällt, wie das
zweifach-schwefelsaure Salz für sich, und muß also nach dem Zusatz von Wasser
dreifach-schwefelsaure Thonerde und zweifach-essigsaure Thonerde, 2
(Al₂ O₃, 3 SO₃) + Al₂ O₃, 2 Ā
enthalten.
Eine Lösung von Kalialaun löste unter denselben Umständen das
zweifach-essigsaure Salz, aber als die Erhitzung noch einige Zeit fortgesetzt
wurde, entstand wiederum ein Niederschlag, welcher nach einer qualitativen Analyse
das Salz KO, SO₅ + 3 (Al₂ O₃, SO₃) zu seyn schien, das
sich beim Kochen von Thonerdehydrat mit Alaun bildet. Dieselbe Substanz findet sich
natürlich, als Alaunstein, bei la Tolfa, dem Sitz der berühmten Fabrik von römischem
Alaun in der Nähe von Civita Vecchia; darin sind nach Collet-Descotils enthalten:
KO, SO₃ + 3 (Al₂ O₃, SO₃) + 9 HO.
Lösliche essigsaure Salze der Thonerde.
Lösliche zweifach-essigsaure Thonerde, Al₂
O₃, 2 Ā + 4HO. – Ungeachtet eine concentrirte Lösung der
dreifach-essigsauren Thonerde eine große Neigung hat, unlösliches Salz
abzusetzen, läßt sie sich doch unter gewissen Vorsichtsmaßregeln zu einer in Wasser
löslichen trockenen Substanz eindampfen. Zu diesem Ende muß sie in sehr dünnen
Schichten über eine Fläche von Glas oder Porzellan ausgebreitet und einer 38°
C. nicht übersteigenden Temperatur ausgesetzt werden; da die Flüssigkeit, wie Wasser
auf einer fettigen Oberfläche, stets in Tropfen zusammenläuft, muß man sie mit einer
dünnen Platin- oder Silberklinge anhaltend ausbreiten. Werden diese
Vorsichtsmaßregeln vernachlässigt, so erhält man ein Gemenge von unlöslichem und
löslichem essigsaurem Salz.
Das lösliche Salz erhält man auf diese Art in Blättchen, welche befeuchtet das
Ansehen von Gummi haben und beim Auflösen in Wasser keinen Rückstand lassen.
Behufs der Analyse wurde dieses Salz gepulvert und 24 Stunden lang an der Luft bei
38° getrocknet. Mittelst der zuerst versuchten alkalimetrischen Methode
wurden darin 54,8 Proc. Essigsäure gefunden; die genauere Bestimmungsweise
mittelst Kupferoxyd ergab 55,82 Proc. Der Thonerdegehalt wurde = 26,4 Proc.
bestimmt. Die Zusammensetzung dieses Salzes scheint im Wesentlichen zu seyn:
Al₂ O₃, 2 Ā + 4 HO, nach welcher Formel sich auf 26,40 Thonerde
berechnen:
Berechnet.
Gefunden.
Essigsäure
52,38
55,82
Thonerde
26,40
26,40
Wasser
18,49
17,78
–––––––––––––––
97,27
100,00.
Die Lösung, aus welcher dieses Salz erhalten wurde, war ein dreifachessigsaures Salz
und enthielt auf 26,40 Thonerde 78,58 Essigsäure. Bei dem vorsichtigen Eindampfen
war somit nahezu ein Drittheil der Essigsäure aus der Lösung weggegangen. Der
Ueberschuß von 3,44 Procent Essigsäure, welchen der Versuch in dem gebildeten
zweifach-essigsauren Salze mehr ergab als der Theorie entspricht, erschien
mir als von anhängender freier Säure herrührend. Zur Beseitigung dieses
Ueberschusses wurde ein Theil des Salzes im Wasserbad erhitzt und dann mit Wasser
behandelt. Es blieb hierbei eine erhebliche Menge unlöslicher Substanz zurück, und
die Lösung ergab nach dem Eindampfen zur Trockne bei gelinder Wärme ein lösliches
essigsaures Salz, welches 49,55 Proc. Essigsäure und 32,47 Proc. Thonerde enthielt,
somit in der Zusammensetzung einem anderthalbfach-essigsauren Salze
entsprach. Doch kann ich diese Zusammensetzung nur als die eines zufällig gebildeten
Gemenges betrachten, denn jede Wiederholung dieser Darstellungsmethode gab ein
anderes Resultat, und der Gehalt des Products an Säure wechselte, je nachdem die
Hitze stärker oder länger eingewirkt hatte.
Die zweifach-essigsaure Thonerde kann man sofort in Lösung darstellen, und da
sich diese Verbindung am besten zur Bereitung des trockenen löslichen
zweifach-essigsauren Salzes und anderer Verbindungen eignet, will ich die
Darstellungsweise der ersteren etwas genauer beschreiben. Man löst 24 Theile
gefällter zweifach-essigsaurer Thonerde in 15 Theilen rectificirter
Schwefelsäure und 40 Theilen Wasser, verdünnt noch mit 80 Theilen Wasser und setzt
zur Ausfällung der Schwefelsäure etwa 44 Thle. kohlensaures Bleioxyd zu:
Al₂ O₃, 2 Ā + 2 SO₃ + 2 (Pb O,
CO₂) = Al₂ O₃, 2 Ā + 2 (Pb O, SO₃) + 2
CO₃.
Man filtrirt die Flüssigkeit, leitet Schwefelwasserstoff durch das Filtrat bis zur
vollständigen Ausfällung des Bleies, und setzt dann essigsauren Baryt zu, so lange
er noch mit der Schwefelsäure einen Niederschlag gibt, welche in dem gelöst gebliebenen
schwefelsauren Bleioxyd enthalten war. Durch halbstündiges Umrühren in einem offenen
Gefäße läßt sich die Flüssigkeit vom überschüssigen Schwefelwasserstoff befreien und
nun filtriren, ohne daß ein späteres Milchigwerden des Filtrats zu befürchten
wäre.
So wird eine Lösung von zweifach-essigsaurer Thonerde erhalten, die etwa 5
Proc. Thonerde enthält, nebst einer Spur Eisen. Die letzten Spuren dieses Metalls,
welches sich in allen Lösungen und in den beiden unlöslichen
zweifach-essigsauren Salzen fand, wegzuschaffen, zeigte lange Zeit große
Schwierigkeiten; Spuren desselben fanden sich selbst in dem durch eine zweite
Fällung von allen anderen Verunreinigungen befreiten zweifach-essigsauren
Salz. Zuletzt beobachtete ich, daß eine Lösung von zweifach-essigsaurer
Thonerde, die etwa 5 Proc. der letztem enthält und somit concentrirt genug ist, um
nach einiger Zeit eine Kruste des unlöslichen Salzes abzuscheiden, mit den ersten
hierbei sich absetzenden Portionen der Kruste den Eisengehalt ausscheidet, so daß
eine von Eisen freie Lösung zurückbleibt. Die dreifach-essigsaure Thonerde
scheidet unter denselben Umständen den Gehalt an Eisen nicht aus, und dieß
verschiedene Verhalten beruht wohl darauf, daß das zweifach-essigsaure
Eisenoxyd leichter zersetzbar ist als das dreifach-essigsaure.
In dünner Schichte auf einer Glasfläche ausgebreitet, verdampft diese Lösung bei 16
bis 38°, ohne, so wie das dreifach-essigsaure Salz, in große Tropfen
zusammenzulaufen und ohne eine solche Neigung zu haben in das unlösliche
zweifach-essigsaure Salz überzugehen. Die Schuppen, welche sich beim
Eintrocknen der Lösung bilden, sind durchsichtig und löslich in Wasser. Die
Verbrennung mit Kupferoxyd und die Bestimmung des Thonerdegehalts durch Glühen
ergaben in dem trocknen Salz 55,21 Procent Essigsäure und 31,31 Thonerde, aber nach
alkalimetrischen Bestimmungen war in der Lösung dieselbe Menge Thonerde mit 59,13
Essigsäure vereinigt gewesen, so daß mehr als 4 Procent Essigsäure bei dem Abdampfen
bei 38° C. entwichen waren.
Noch einige andere erfolglose Versuche brachten mich zu dem Schluß, daß der einzige
Weg zur Darstellung des trocknen zweifach-essigsauren Salzes in reinerem, den
atomistischen Verhältnissen nahe kommenden Zustand in dem unbefriedigenden Verfahren
bestehe, eine Mischung der Lösungen von zweifach-essigsaurem Salz mit freier
Essigsäure oder dreifachessigsaurem Salz in solchen Verhältnissen, wie sie die
Erfahrung als zweckentspechend kennen lehrt, an der Luft einzudampfen.
Hinsichtlich der Frage, welche von den löslichen Verbindungen der Essigsäure mit
Thonerde als eine in bestimmten Proportionen zu betrachten sey, wurde bereits
angegeben, daß bei hinlänglich raschem Eindampfen einer Lösung von
dreifach-essigsaurem Salz bei einer so niedrigen Temperatur, daß sich kein
unlösliches Salz bildet, ein Rückstand bleibt, dessen Zusammensetzung der des
zweifach-essigsauren Salzes nahezu entspricht. Ich will noch hinzufügen, daß
die Lösung des dreifach-essigsauren Salzes schon in der Kälte Essigsäure
abgibt, wie wenn der dritte Theil der Essigsäure darin frei wäre. Bei Anstellung
eines Versuches mit zwei Auflösungen von essigsaurem Bleioxyd, deren eine mittelst
Schwefelsäure und die andere (dreimal so concentrirte) mittelst
dreifach-schwefelsaurer Thonerde zersetzt wurde, ergab sich, daß die letztere
Flüssigkeit einen beträchtlich stärkeren Geruch nach Essigsäure ausstieß, als die
erstere, in welcher freie Säure bestimmt enthalten war. Es läßt sich deßhalb
bezweifeln, ob eine der dreifach-schwefelsauren Thonerde correspondirende
Verbindung der Essigsäure mit Thonerde besteht. Die Lösung des
zweifach-essigsauren Salzes riecht bei gewöhnlicher Temperatur nicht nach
Essigsäure.
Lösliches Thonerdehydrat, Al₂ O₃ + 2
HO.
Hydrat aus dem löslichen zweifach-essigsauren
Salze. – Bei andauernder Einwirkung der Hitze auf eine schwache
Lösung von zweifach-essigsaurer Thonerde geht eine fortwährende Scheidung der
Bestandtheile des Salzes vor sich, obgleich keine Säure entweicht und keine Thonerde
ausgefällt wird. Die Eigenschaften der Thonerde werden zu derselben Zeit wesentlich
abgeändert.
Eine so weit verdünnte Lösung von zweifach-essigsaurer Thonerde, daß sie nicht
mehr als 1 Theil Thonerde auf 200 Theile Wasser enthielt, wurde in einem
verschlossenen Gefäß bis an den Hals des letztern in siebendes Wasser eingetaucht
und darin während zehn Tagen und Nächten ununterbrochen gelassen. Sie hatte nun den
adstringirenden Alaungeschmack fast gänzlich verloren und dafür den nach Essigsäure
angenommen. Die Flüssigkeit wurde nun in ein weites flaches Gefäß gebracht, worin
sie auf einer gleichmäßigen Tiefe von einem Viertel-Zoll gehalten wurde, und
als sie darin so stark erhitzt wurde, daß sie lebhaft auf der ganzen Oberfläche
kochte, entwich die Essigsäure in Zeit von etwa anderthalb Stunden, so daß die
Flüssigkeit nicht länger auf Lackmuspapier reagirte. Bei dieser Operation darf die
Flüssigkeit nicht mehr als 1 Theil Thonerde auf 400 Theile Wasser enthalten, und der
bei dem Verdampfen eintretende Verlust an Wasser muß stetig ersetzt werden.
Die so erhaltene Flüssigkeit ist fast ebenso durchsichtig und klar, wie sie vor dem
Austreiben der Säure war. Bei längerem Kochen und namentlich wenn sie
concentrirter wird, nimmt sie immer mehr gummiartige Consistenz an, welche
Eigenschaft ihr durch Zusatz von Essigsäure wieder theilweise genommen werden kann.
Sie ist gänzlich geschmacklos.
Mischt man 1 Grain Schwefelsäure (SO₃) in 1000 Grains Wasser mit 8000 Grains
der Lösung, welche 20 Grains Thonerde enthalten, so verwandelt sich das Ganze in
eine feste durchsichtige Gallerte. Durch Auspressen in einem Beutel läßt sich der
flüssige Theil dieser Gallerte leicht von dem festen trennen, dessen Volum im
comprimirten Zustand nur 1/60 bis 1/70 von dem Volum der Gallerte beträgt. Bei der
Untersuchung fand sich, daß der feste Theil des Coagulums fast alle Schwefelsäure
enthielt, durch welche es hervorgebracht worden war, etwa 1 Aequivalent
Schwefelsäure auf 15 Thonerde.
1 Atomgewicht Citronsäure (dreibasische Säure) coagulirt ebenso wirksam wie 3
Atomgewichte Schwefelsäure, und 1 Atomgewicht Weinsäure (zweibasische Säure) ebenso
wirksam wie 2 Atomgewichte Schwefelsäure. Zwei Atomgewichte Oxalsäure sind nöthig,
um dieselbe Wirkung wie 1 Atomgewicht Schwefelsäure auszurichten. Von Salzsäure und
Salpetersäure müssen nicht weniger als 300 Aequivalente angewendet werden, damit die
Wirkung der von Einem Aequivalent Schwefelsäure gleich sey.
Von den andern Säuren, welche untersucht wurden, zeigen die Chromsäure,
Molybdänsäure, Traubensäure, Korksäure, Salicylsäure, Benzoësäure,
Gallussäure, Milchsäure, Zimmtsäure, Buttersäure, Valeriansäure,
Kohlenstickstoffsäure, Kamphersäure, Harnsäure, Meconsäure, Comensäure und
Hemipinsäure coagulirende Wirkung, aber die Intensität derselben wurde nicht genauer
ermittelt.
Essigsäure, Ameisensäure, Borsäure, arsenige Säure und Cyanursäure wirken, wenigstens
wenn nur mäßig cencentrirt, nicht coagulirend ein, und von den Opiumsäuren, welche
prüfen zu können Prof. Anderson mich in den Stand setzte,
zeigen die Pyromeconsäure und die Opiansäure nicht coagulirende Wirkung.
1 Grain Kali in 1000 Grains Wasser coagulirt 9000 Grains der Lösung, was etwa das
Verhältniß von 1 Aequivalent Kali auf 20 Thonerde gibt. Die Mischung reagirt schwach
alkalisch. Natron, Ammoniak und Kalk wirken gleich kräftig. Das durch sie
hervorgebrachte Coagulum wird bei Sättigung des Alkalis mit Essigsäure oder
Salzsäure theilweise wieder aufgelöst. Die hierbei entstehenden Salze machen die
Lösung etwas ölig.
Eine siedende Lösung von Kali oder Natron löst das Coagulum und verwandelt es
zugleich in die gewöhnliche Modification der Thonerde, welche bei der Sättigung des Alkalis
mit einer Säure als das gewöhnliche Hydrat mit 3 Atomen Wasser ausgeschieden
wird.
Concentrirte Schwefelsäure löst gleichfalls den festen Theil des Coagulums, auch nach
dem Trocknen, auf, namentlich beim Erhitzen. Starke Salzsäure bewirkt beim Kochen
dasselbe, obgleich schwieriger, und es entstehen hierbei das gewöhnliche
schwefelsaure und salzsaure Salz der Thonerde.
Große Mengen von essigsauren Salzen können der Thonerdelösung zugesetzt werden, bevor
Coagulation eintritt.Bei der Bereitung der zweifach-essigsauren Thonerde, welche zur
Darstellung des löslichen Hydrats dienen soll, ist es deßhalb besser, einen
Ueberschuß von essigsaurem Baryt anzuwenden, als die geringste Spur von
Schwefelsäure in der Flüssigkeit zu lassen. Als der feste Theil des durch eine concentrirte Lösung von essigsaurem
Natron hervorgebrachten Coagulums von diesem Salz durch Auspressen befreit worden
war, löste er sich in reinem Wasser wieder auf, und die Lösung wurde durch Zusatz
einer neuen Menge dieses Salzes wiederum coagulirt. Ein Versuch mit essigsaurem Kalk
ergab dasselbe Resultat.
Auch die salpetersauren Salze und die Chlorsalze bringen das Coagulum nur sehr
schwierig hervor.
Lösungen der schwefelsauren Salze von Natron, Magnesia und Kalk bringen das
Coaguliren eben so rasch hervor, wie eine Flüssigkeit, welche dieselbe Menge
Schwefelsäure im freien Zustande enthält. Bei der Untersuchung eines solchen
Gemenges fand sich auch wieder die Schwefelsäure im festen Theile des Coagulums, und
die Mischung reagirte neutral.
Ein kleiner Theelöffel von der Flüssigkeit wird in den Mund genommen sogleich fest,
durch die Wirkung des Speichels.
Die bei höherer Temperatur digerirte Thonerdelösung, aus welcher die Essigsäure noch
nicht durch Kochen ausgetrieben worden, erfordert zum Coaguliren etwa das Doppelte
an Schwefelsäure, als die gekochte Lösung.
Eine der charakteristischen Eigenschaften der durch Digeriren veränderten Lösung von
essigsaurer Thonerde ist der Umstand, daß sie nicht mehr als Beizmittel wirken kann.
Das gewöhnliche essigsaure Salz bildet bekanntlich mit einem Quercitron-Absud
einen gelben undurchsichtigen Niederschlag. Die hinlänglich lange digerirte Lösung
des Salzes wird durch einen solchen Absud nur coagulirt, während die Farbe des
letzteren nur wenig verändert wird und das Coagulum durchsichtig ist. Dasselbe tritt
ein bei Anwendung der Abkochungen von Campecheholz, Brasilienholz u.a.
Ein Theil der Lösung von Thonerdehydrat wurde bei der Siedehitze des Wassers zur
Trockne eingedampft. Es wurde dann gepulvert, nochmals bei derselben Temperatur
getrocknet, dann, wie oben angegeben, mit Schwefelsäure befeuchtet und zum
Weißglühen erhitzt. Es verlor 25,67 Proc. seines Gewichts.
Hydrat aus dem unlöslichen zweifach-essigsauren
Salz. – Es wurde bereits oben erwähnt, daß das gefällte
zweifachessigsaure Salz bei ein- bis zweistündigem Zusammenbringen mit der
200fachen Menge kochenden Wassers in das lösliche zweifach-essigsaure Salz
übergeht. Es muß während dieser Zeit beständig umgerührt werden. Aus der so
hervorgebrachten Lösung läßt sich, wie aus der ursprünglichen, das vorstehend
beschriebene eigenthümliche Hydrat mit 2 At. Wasser darstellen. 30- bis
36stündiges Digeriren reicht hin, diese Umwandlung hervorzubringen, denn nach dieser
Zeit schmeckt die Flüssigkeit nicht mehr alaunartig, und ihr Vermögen, auf Zusatz
von Säuren zu coaguliren, nimmt nicht weiter zu.
6,93 Grains dieses Hydrats, welches in der Hitze von Wasserdampf getrocknet worden
war, wurden mit Schwefelsäure befeuchtet, die dann allmählich mittelst einer
Spirituslampe ausgetrieben wurde, und der Rückstand hinterließ nach 40minutigem
Weißglühen 5,20 Grains Thonerde, wornach das Hydrat 75,03 Proc. Thonerde und 24,97
Proc. Wasser enthielt. Das Mittel aus diesem und dem im Vorhergehenden angeführten
Versuch ergibt für die Zusammensetzung des Hydrats:
Thonerde
74,68
Wasser
25,32
––––––
100,00.
Die Formel Al₂ O₃, 2 HO verlangt:
Thonerde
74,06
Wasser
25,94
––––––
100,00.
Essigsaures Eisenoxyd.
Die Analogie zwischen den Thonerdesalzen und den Eisenoxydsalzen veranlaßte mich zu
der Untersuchung, ob nicht auch allotropische Modificationen von essigsaurem
Eisenoxyd existiren, welche denen der essigsauren Thonerde correspondiren.
Eine mit einem halben Aequivalent Schwefelsäure versetzte Lösung von schwefelsaurem
Eisenoxydul wurde mit starker Salpetersäure behandelt, und das so erhaltene
dreifach-schwefelsaure Eisenoxyd durch Zersetzung mit
einfach-essigsaurem Bleioxyd in dreifach-essigsaures Eisenoxyd
verwandelt. Auch ein zweifach-essigsaures Salz wurde dargestellt durch
Zersetzung mittelst mm Mischung von essigsaurem und kohlensaurem Bleioxyd. Beide so
erhaltene Lösungen besaßen die intensiv rothe Farbe, welche dem essigsauren
Eisenoxyd eigenthümlich ist.
Das dreifach-essigsaure Eisenoxyd ist sowohl in concentrirterer als in
verdünnterer Lösung der Zersetzung in der Kälte nur wenig unterworfen. Bei dem
Kochen scheidet sich Eisenoxydhydrat ab, aber die Zersetzung geht nur theilweise vor
sich und das ausgeschiedene Hydrat läßt sich nur schwierig sammeln.
Das zweifach-essigsaure Salz scheidet schon in der Kälte Oxyd aus, und bei der
Hitze des siedenden Wassers tritt vollständige Zerlegung ein. Tiefgefärbtes
Eisenoxydhydrat scheidet sich reichlich und rasch ab, und alle Essigsäure bleibt in
der nun vollkommen farblosen Flüssigkeit. Allotropische Modificationen von
essigsaurem Eisenoxyd, die denen der essigsauren Thonerde correspondiren, scheinen
somit nicht zu existiren.
Zweifach-basische schwefelsaure Thonerde, 2
Al₂ O₃, SO₃ + 10 HO.
Bekanntlich entsteht bei dem Kochen der dreifach-essigsauren Thonerde mit
schwefelsaurem Kali ein gallertartiger Niederschlag, welcher sich bei dem Erkalten
der Flüssigkeit wieder auflöst. Hr. Köchlin-Schouch
Polytechn. Journal, 1828, Bd. XXX S. 30. erkannte denselben als basisch-schwefelsaure Thonerde.
Wird Alaun, in seinem sechsfachen Gewicht Wasser gelöst, mit drei Aequivalenten
essigsauren Bleioxyds behandelt – mit einer solchen Menge, daß zwar die
dreifach-schwefelsaure Thonerde, aber nicht das schwefelsaure Kali zersetzt
wird – so findet sich eine große Menge (74 Proc.) des schwefelsauren Kalis
zusammen mit dem bei der Zersetzung gebildeten schwefelsauren Bleioxyd
niedergeschlagen. Einer so dargestellten Flüssigkeit wurde dieser Verlust an
schwefelsaurem Kali durch Zusatz dieses Salzes ersetzt und ein Gemische von KO,
SO₃, mit Al₂ O₃, 3 Ā dargestellt. Diese Lösung, so weit
verdünnt, daß sie etwa 0,3 Procent Thonerde enthielt, wurde erwärmt. Bei etwa
32° C. begann sich der gallertartige Niederschlag zu bilden, und nach
zweistündigem Kochen, wo kaum noch eine Spur von Thonerde in der Lösung war, wurde
durch Baumwollenzeug filtrirt, welches bis zu dem Durchlaufen der Flüssigkeit in
einem mit Dampf
geheizten Raume warm gehalten wurde. Der gesammelte Niederschlag wurde zwischen
dicken Schichten von gebleichtem Baumwollenzeug ausgepreßt und so allmählich in den
Zustand eines steifen Thons gebracht, dessen Volum nur den 40sten Theil des Volums
der ursprünglichen Lösung betrug. Er wurde dann in solche Portionen getheilt, welche
mit eben so viel Wasser, als in der ursprünglichen Lösung enthalten gewesen war, in
Flaschen geschüttelt und gut vermischt werden konnten; die Mischung wurde wie vorher
filtrirt, fast bei Siedehitze, und der Filterrückstand zwischen Baumwollenzeug
ausgepreßt; nach nochmaliger Wiederholung dieses Verfahrens war der Niederschlag von
jeder Beimischung einer löslichen Substanz befreit.
Ein Theil desselben gab nach dem Auflösen in Salpetersäure und Filtriren mit
salpetersaurem Baryt eine reichliche Fällung. Als der Niederschlag bis zum
Weißglühen erhitzt und der Rückstand gepulvert und mit Wasser ausgekocht wurde,
ergab das Filtrat nicht mehr eine Fällung mit salpetersaurem Baryt, und mit
Lackmuspapier keine oder nur eine zweifelhafte Andeutung auf Alkali; zum Beweis, daß
die Schwefelsäure bei dem ersten Versuch mit Thonerde und nicht mit Kali verbunden
gewesen war. Auf Zusatz von Schwefelsäure entwickelte die Substanz nicht den Geruch
nach Essigsäure, und bei dem Verbrennen derselben mit Kupferoxyd bildete sich nicht
mehr Kohlensäure, als auf Rechnung der paar Baumwollenfasern zu schreiben war, die
in der Flüssigkeit unterschieden werden konnten. Die Substanz trocknete zu einer
harten, weißlichen, halb-durchsichtigen, leicht pulverisirbaren Masse
ein.
Behufs der Analyse wurden 33,93 Grains bei 38° C. getrockneter Substanz in
Salzsäure gelöst, und die Lösung wurde bei Siedehitze genau durch 15,25 Grains
Chlorbaryum zersetzt.Durch Anwendung erhöhter Temperatur wird die möglichst genaue Auffindung des
Punktes der vollständigen Zersetzung wesentlich erleichtert, namentlich da
dann das Filter sofort klare Flüssigkeit, um von Zeit zu Zeit zu prüfen,
liefert.Bei der Anwendung von salpetersaurem Baryt zur Zersetzung eines
schwefelsauren Salzes wird nach Mitscherlich's
Beobachtung ein Theil des salpetersauren Salzes mit dem schwefelsauren Salze
niedergerissen. Diese Fehlerquelle, welche bei Zersetzung in der Kälte den
Schwefelsäuregehalt bis zu 5 Proc. irrig ausfallen lassen kann, wird
gänzlich dadurch umgangen, daß man die Zersetzung bei der Siedehitze vor
sich gehen läßt.Doch ist auch bei Siedehitze die Zersetzung eines schwefelsauren Salzes durch
ein Barytsalz nur dann vollständig, wenn ein beträchtlicher Ueberschuß des
letztern vorhanden ist, und ebenso im umgekehrten Fall. Der Punkt; der in
dem vorliegenden Fall aufzusuchen war, ist der, bei welchem ein gleich
starker Niederschlag auf Zusatz jedes der beiden Salze entsteht. Hiernach waren darin 5,867 Grains oder 17,29 Proc. Schwefelsäure enthalten.
19,715 Grains der Substanz wurden nach dem Mischen mit 16 Grains Schwefelsäure in
einem Platintiegel
erst über der Spirituslampe erhitzt und dann einer Weißglühhitze ausgesetzt; es
blieben 8,51 Grains Rückstand = 43,16 Proc. Thonerde. Ein anderer Versuch gab 42,94
Proc.; das Mittel ist 43,05. Die Zusammensetzung ist somit:
Gefunden.
Berechnet.
Schwefelsäure
17,29
SO₃
17,18
Thonerde
43,05
2 Al₂ O₃
44,16
Wasser
39,66
10 HO
38,66
––––––
––––––
100,00.
100,00.
Wurde die mit Alaun und Bleizucker bereitete Flüssigkeit erhitzt, ehe die Ergänzung
des Gehalts an schwefelsaurem Kali statt hatte, so bildete sich ein nur sehr
schwacher Niederschlag. Auf Zusatz dieses Salzes trat die Bildung des Niederschlags
vollständig ein, aber derselbe war dann durchsichtiger und trocknete zu einer
bräunlichen hornartigen Masse ein. Doch ergab er bei der Analyse nahezu dieselbe
Zusammensetzung:
Schwefelsäure
17,23
Thonerde
43,51
Wasser
39,26
––––––
100,00.
Wird indeß die Lösung vor dem Zusatz von schwefelsaurem Kali zwei Stunden lang
gekocht, so scheint eine gewisse Menge Thonerde sich mit dem
basisch-schwefelsauren Salze auszuscheiden, denn die Analyse eines solchen
Niederschlags ergab:
Schwefelsäure
13,73 Proc.
Thonerde
50,71 Proc.
Das äußere Ansehen dieses Niederschlags war dasselbe wie das des vorhergehenden
Products. Im feuchten Zustand löst sich das basischschwefelsaure Salz in kalter
Essigsäure so gut wie in den Mineralsäuren. Es löst sich in 3 Atomen Schwefelsäure,
um 2 Atome des zweifachschwefelsauren Salzes zu bilden, welches bei Einwirkung von
Wasser zu dreifach-schwefelsaurer Thonerde und unlöslicher
einfach-schwefelsaurer Thonerde wird.
2 Al₂ O₃, SO₃ + 3 SO₃ = 2 (Al₂
O₃, 2 SO₃) = Al₂ O₃, SO₃ + Al₂ O₃,
3 SO₃.
Dieselbe Mischung von dreifach-essigsaurer Thonerde und schwefelsaurem Kali,
welche bei größerer Verdünnung in der Hitze basisch-schwefelsaure Thonerde
gibt, gibt im concentrirten Zustand beim Erhitzen einen Niederschlag von
zweifach-essigsaurer Thonerde. Doch bleibt der unlöslichen
zweifach-essigsauren Thonerde selbst nach längerem Waschen ein Gehalt an
schwefelsaurem Kali.
Niederschlag aus essigsaurer Thonerde durch
Chlornatrium.
Eine Lösung von dreifach-essigsaurer Thonerde wurde bereitet aus 1 Pfund
essigsaurem Bleioxyd in 10 Pfund Wasser und Zersetzung mittelst
dreifach-schwefelsaurer Thonerde. Nach der Reinigung der Flüssigkeit wurde
Kochsalz zugesetzt, im Verhältniß von 1 Aequivalent desselben auf 1 Aequivalent
dreifach-schwefelsaure Thonerde. Die Flüssigkeit wurde beim Erhitzen im
Wasserbade weiß gefärbt, durch die Abscheidung eines so feinen Pulvers, daß es fast
ganz mit der Flüssigkeit durch das Filter ging. Weder durch Erhitzen noch auf eine
andere Art konnte dem abgeholfen werden. Nach mehrwöchentlichem ruhigem Stehen wurde
die fast klar gewordene Flüssigkeit abgegossen, und der Niederschlag, dessen Volum
etwa 1/64 von dem der Flüssigkeit betrug, wieder mit dem elffachen Volum Wasser
gemischt. Im Lauf einiger Wochen hatte sich der Niederschlag wiederum am Boden des
Gefäßes ausgeschieden; er wurde wieder mit frischem Wasser gemischt, 4 Wochen später
wiederum von der Flüssigkeit getrennt und nun in einer Schale bei 38° C.
getrocknet.
Bei der Analyse ergab er folgende Resultate (ich gebe nicht das Detail der Versuche,
weil ich keine Formel für diese Substanz aufstellen kann, welche atomistischen
Verhältnissen entspräche):
Thonerde
44,66
Essigsäure
21,96
Salzsäure
5,51
Wasser
25,90
––––––
98,03
Chlornatrium
1,97
––––––
100,00.
Salpetersaures Kali bildet bei dem Erhitzen mit essigsaurer Thonerde einen
Niederschlag, welcher dem äußeren Ansehen nach dem durch Chlornatrium erzeugten
ähnlich ist, aber er wurde nicht genauer untersucht.
Schlußfolgerungen.
1) Die thonerdehaltige Lösung, welche durch Zersetzung von reiner
dreifach-schwefelsaurer Thonerde mittelst einfach-essigsauren
Bleioxyds erhalten wird, besteht, wie ich glaube, aus einer Mischung von
zweifachessigsaurer Thonerde und einem Aequivalent freier Essigsäure.
Dreifachessigsaure Thonerde scheint nicht als wahre chemische Verbindung zu
existiren.
2) Trägt man dafür Sorge,
daß diese thonerdehaltige Lösung bei niedriger Temperatur hinreichend rasch
eingedampft wird, so erhält man eine trockene Substanz, welche sich leicht und
vollständig in Wasser wieder löst. Diese ist zweifach-essigsaure Thonerde
(Al₂ O₃, 2 C₄ H₃ O₃ + 4 HO), in welcher die
Thonerde noch ihre gewöhnlichen Eigenschaften hat.
3) Wird die ersterwähnte thonerdehaltige Lösung so concentrirt, daß sie nicht weniger
als 4 bis 5 Proc. Thonerde enthält, einige Tage hindurch in der Kälte stehen
gelassen, so scheidet sich in Form einer weißen Kruste ein Salz aus, welches eine
allotropische, in Wasser unlösliche Modification der zweifach-essigsauren
Thonerde ist. Durch Erwärmung wird diese Umänderung der thonerdehaltigen Lösung
rascher bewirkt, und das neue essigsaure Salz schlägt sich dann in Form eines
körnigen Pulvers nieder. Bei der Siedehitze verliert die Flüssigkeit auf diese Art
in Zeit einer halben Stunde etwa den ganzen Thonerdegehalt, welcher sich mit zwei
Dritt theilen der Essigsäure niederschlägt, während Ein Dritttheil der Säure in der
Flüssigkeit bleibt.
4) Bei gleicher Behandlung der rothen essigsauren Salze von Eisenoxyd bilden sich
keine entsprechenden isomeren zweifach-essigsauren Salze. Bei dem Erhitzen
des zweifach-essigsauren Eisenoxyds tritt eine vollständige Trennung der
Säure und der Base ein. Auf die Leichtigkeit, mit welcher das
zweifach-essigsaure Salz sich selbst in der Kälte zersetzt, ließ sich ein
Verfahren begründen, die Lösung der zweifach-essigsauren Thonerde von Spuren
von Eisen zu befreien, welche in anderer Weise nicht davon zu trennen waren.
5) Die lösliche zweifach-essigsaure Thonerde wird durch Hitze zersetzt und
gibt ein neues merkwürdiges Product. Wird eine verdünnte Lösung dieses Salzes
während mehrerer Tage erhitzt, so scheint der ganze Gehalt an Essigsäure frei zu
werden und die Thonerde in eine allotropische Modification überzugehen, in welcher
sie, obgleich in Lösung bleibend, doch die Fähigkeit verliert, als Beizmittel zu
wirken oder in eine andere bestimmte Verbindung einzugehen. Wird die Essigsäure
durch Sieden ausgetrieben, so bleibt die Thonerde, in der abgeänderten Modification,
für sich in reinem Wasser gelöst. Doch ist sie in Essigsäure leichter löslich. Die
allotropische Modification der Thonerde hält, bei der Siedehitze des Wassers
getrocknet, 2 Aeq. Wasser zurück. Ihre Lösung wird mehr oder weniger stark durch die
Mineralsäuren und die meisten vegetabilischen Säuren und die Salze derselben
coagulirt, ferner durch die Alkalien und durch die Abkochungen von Farbehölzern. Das
Coagulum, welches durch die verschiedenen Säuren gebildet wird, wird durch einen
Ueberschuß derselben nicht wieder aufgelöst. Doch wird der feste Theil des Coagulums
bei länger dauernder
Einwirkung von concentrirter Schwefelsäure, namentlich beim Erhitzen, angegriffen,
und es bildet sich gewöhnliche schwefelsaure Thonerde. Auch kochende Kalilösung
wirkt auf die Länge darauf ein, unter Bildung von gewöhnlichem Thonerdehydrat. Das
Coagulum, welches die allotropische Modification der Thonerde mit den Abkochungen
von Farbehölzern gibt, hat die Farbe der letztern, aber es ist durchscheinend und
gänzlich verschieden von den dichten undurchsichtigen Lackfarben, welche gewöhnliche
Thonerde mit denselben Farbestoffen bildet.
6) Die unlösliche zweifach-essigsaure Thonerde wird bei dem Digeriren mit
einer großen Menge Wasser allmählich zu dem löslichen zweifachessigsauren Salz,
welches indeß zugleich theilweise zu freier Essigsäure und der allotropischen
Modification von Thonerdehydrat zerlegt wird.
7) Der Niederschlag, welcher durch Erhitzen einer gemischten Lösung von essigsaurer
Thonerde und schwefelsaurem Kali entsteht und in kalter Essigsäure löslich ist, ist
zweifach-basische schwefelsaure Thonerde.