Titel: | Notiz über die elektrolytische Gewinnung der Erd- und Alkalimetalle; von Dr. R. Bunsen. |
Fundstelle: | Band 133, Jahrgang 1854, Nr. LXII., S. 273 |
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LXII.
Notiz über die elektrolytische Gewinnung der
Erd- und Alkalimetalle; von Dr. R. Bunsen.
Aus Poggendorff's Annalen der Physik und Chemie, 1854,
Nr. 8.
Bunsen, über die elektrolytische Gewinnung der Erd- und
Alkalimetalle.
Ich habe in einer früheren Abhandlung die Methode beschrieben, durch welche man auf
elektrolytischem Wege das von Wöhler zuerst dargestellte
Magnesium in größeren grammschweren regulinischen Massen erhalten kann,Die vom Hrn. Verfasser angewandte Methode zur Darstellung des Magnesiums
(beschrieben in den Ann. d. Chem. und Pharm., Bd. LXXXII S. 137) ist
folgende:Chlormagnesium, nach Liebig's Vorschrift durch
Glühen eines Wohl getrockneten Gemenges von salzsaurer Bittererde und
Salmiak sorgfältig bereitet, wird in einem Porzellantiegel geschmolzen, der
durch eine nicht ganz bis zum Boden hinabgehende Porzellanwand in zwei
Zellen getheilt, und durch einen zweimal durchbohrten Porzellandeckel
verschlossen ist. Durch die Löcher des Deckels gehen die aus Bunsen'scher
Kohle zurecht gefeilten Pole der galvanischen Batterie (etwa von zehn
Kohlenzink Elementen) in die schmelzende Salzmasse der beiden Zellen hinab,
in deren einen sich das Chlor entwickelt, und in der anderen das Magnesium
abscheidet. Da dieß Metall specifisch leichter als die fließende Salzmasse
ist, sich also an die Oberfläche begeben und daselbst verbrennen würde, so
haben die Kohlenpole eine etwas gekrümmte Gestalt und auf ihrer concaven
Seite sägenförmige Einschnitte, in welchen sich dann das Magnesium
ansammelt.Das so dargestellte Magnesium, von dem man in kurzer Zeit leicht mehrere
Gramme erhalten kann, ist silberweiß und glänzend, und, obwohl in frischem
Bruche bald großblättrig krystallinisch, bald feinkörnig, doch etwa so
dehnbar wie Zink in gewöhnlicher Temperatur (das durch Kalium reducirte ist
dehnbarer), so daß es sich leicht feilen, bohren, sägen und etwas
plattschlagen läßt. Es besitzt Kalkspathhärte und bei 5° C. das spec.
Gewicht 1,7430. In gewöhnlicher Temperatur bleibt es an trockener Luft
unverändert, an feuchter überzieht es sich bald mit einer Magnesiaschicht.
Erhitzt, verbrennt es an der Luft mit sehr intensivem Licht zu Magnesia. In
der Rothglühhitze schmilzt es.Das Magnesium zersetzt reines kaltes Wasser nur langsam, säurehaltiges aber
sehr schnell. Auf wässerige Salzsäure geschüttet, entzündet es sich auf
Augenblicke. Von concentrirter Schwefelsäure wird es nur schwierig gelöst,
von einem Gemenge aus Schwefelsäure und concentrirter Salpetersäure in der
Kälte gar nicht angegriffen. In Chlorgas erwärmt, verbrennt es, in Bromgas
ebenfalls, aber schwierig, in Schwefeldampf und Joddampf wiederum sehr
lebhaft.P. und mir die weitere Mittheilung über die Anwendung dieser Methode zur
Darstellung der Erdmetalle am Schlusse meiner Abhandlung vorbehalten. Obwohl Hr. Deville sich seitdem mit demselben Gegenstande und
namentlich mit der Bereitung des von Wöhler entdeckten
Aluminiums im Großen beschäftigt hat, scheint mir dessen ungeachtet eine kurze
Mittheilung des Verfahrens nicht überflüssig, durch welches man nach der von mir
angegebenen Methode das Aluminium in größeren regulinischen Massen und zwar leichter noch als
das Magnesium gewinnen kann, wenn man sich zur Reduction eines der bekannten
Doppelchlorüre des Aluminiums bedient, welche die zur Elektrolyse nöthige
Schmelzbarkeit zeigen.
Was zunächst das zu den Versuchen erforderliche Chloraluminium anbelangt, so läßt
sich dasselbe nach folgender Methode leicht pfundweise bereiten:
Die durch Glühen des Ammoniacal-Alauns oder der jetzt im Handel verbreiteten
schwefelsauren Thonerde oder die nach Liebig's Verfahren
aus Alaun und Chlorbaryum bereitete mit der entsprechenden Menge Kohle gemischte
Thonerde wird in einen etwa 1 1/2 bis 2 Liter fassenden gewöhnlichen weithalsigen
Kolben gefüllt, der mit einem dicken Beschlage von Lehm
und Hammerschlag versehen und so in einen geräumigen Ofen gelegt ist, daß der Hals
aus der mit Lehm vermauerten Ofenthür 3 bis 5 Zoll in horizontaler Lage hervorragt.
Ueber diesen Hals wird der Hals eines zweiten ähnlichen Glaskolbens gesteckt, so daß
das Ganze zwei mit ihren Hälsen ohne Lutirung verbundene horizontal liegende Kolben
bildet, von denen der eine im Ofen zur Erzeugung und Sublimation des
Chloraluminiums, der andere außerhalb des Ofens zur Aufnahme des sublimirten
Chloraluminiums dient. Um das Chlor in die Thonerdemischung leiten zu können, ist
der als Vorlage dienende Kolben am Mittelpunkte seiner Bodenwölbung im Alignement
mit der horizontal liegenden Achse der beiden auf einander steckenden Hälse
vermittelst der dreieckig geschliffenen, mit Terpenthinöl benetzt erhaltenen Spitze
einer gewöhnlichen Feile durchbohrt und die Durchbohrung mit einer in Terpenthinöl
getauchten Korkfeile so viel erweitert, daß man dadurch ein weites Chlorzuleitungsrohr von schwerschmelzbarem Glase – am besten
ein gewöhnliches Verbrennungsrohr – durch beide Hälse hindurch bis in die
Thonerdemischung einführen kann. Die Darstellung des Chloraluminiums in dieser
Vorrichtung bietet keine Schwierigkeiten dar. Man erhitzt zuerst den Kolben im Ofen
bis zur schwachen Rothgluth und leitet darauf einen mit
Wasser gewaschenen wohlgetrockneten Chlorstrom in die Mischung. Die Bildung und
Sublimation des Chloraluminiums geht leicht und vollständig von statten, so daß man
in wenigen Stunden leicht ein halbes Pfund Chloraluminium in der Vorlage sammeln
kann.Es ist kaum nöthig zu bemerken, daß sich auch andere Chorüre wie Chlorpelop
etc. auf diesem Wege am leichtesten in größerer Menge darstellen lassen.
Wird die so erhaltene Chlorverbindung mit geschmolzenem pulverisirtem Kochsalz zu
gleichen Atomen in einer Digerirflasche erwärmt, so erhält man das bekannte weit
unter 200° C. schmelzbare Chloraluminium-Natrium, aus dem das
Aluminium mittelst der in meiner Arbeit über das Magnesium angegebenen Methode
reducirt werden kann. Da sich das Metall bei niederer Temperatur pulverförmig
ausscheidet, so trägt man während der Elektrolyse allmählich so viel pulverisirtes
geschmolzenes Kochsalz in die Mischung ein, daß man die Temperatur endlich beinahe
zum Schmelzpunkt des Silbers steigern kann. Nach beendigtem Versuche findet man in
der erkalteten Chlorverbindung das Metall in großen regulinischen Kugeln, die man
durch Eintragen in weißglühend geschmolzenes Kochsalz, in dem sie untersinken, zu
einem Regulus zusammenschmelzen kann, der sich leicht zu quadratzollgroßen Blechen
aushämmern läßt. Nur das regulinische Aluminium besitzt die von Deville angegebenen Eigenschaften, das pulverförmige
dagegen zersetzt das Wasser ganz wie es von Wöhler bei
dem durch Kalium reducirten Product beobachtet worden. Es möchte daher wohl kein
Grund vorliegen, der es rechtfertigte, das von Wöhler
zuerst dargestellte Metall für ein unreines Product auszugeben.
Ueber die Darstellung des Natriums, Calciums etc., mit der Hr. Dr. Matthießen aus London gegenwärtig hier
beschäftigt ist, dürfen wir bald einer interessanten Mittheilung entgegensehen. Die
großen Schwierigkeiten, welche der elektrolytischen Gewinnung dieser Metalle
entgegenstehen, sind von diesem eifrigen jungen Chemiker zum Theil schon glücklich
überwunden. Es ist Hrn. Matthießen bereits gelungen, das
Natrium über der Spirituslampe mittelst eines aus nur vier
Kohlenzink-Elementen erzeugten Stromes zu reduciren, und zwar in erheblich
großen Stücken, die sich zu quadratliniengroßen Blechen unter Steinöl ausplatten
lassen. Die Reduction gelingt so leicht, daß sie in der Folge zu den einfachsten
Collegienversuchen gehören wird.
Heidelberg, den 9. Juli 1854.