Titel: Beschreibung einer neuen selbsthätigen Spannvorrichtung (Tempel) für Kraftstühle und für die mit einem Regulator versehenen Handwebstühle; von Karl Karmarsch.
Fundstelle: Band 133, Jahrgang 1854, Nr. LXXXI., S. 346
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LXXXI. Beschreibung einer neuen selbsthätigen Spannvorrichtung (Tempel) für Kraftstühle und für die mit einem Regulator versehenen Handwebstühle; von Karl Karmarsch. Aus den Mittheilungen des hannover'schen Gewerbevereins, 1854, H. 2. Mit Abbildungen auf Tab. V. Selbstthätige Spannvorrichtung für Kraftstühle. Die durch Elementarkraft getriebenen Webstühle sind gegenwärtig allgemein mit einem selbsthätigen Spannapparate (selfacting temple) versehen, welcher die Stelle des sonst üblichen Spannstocks (der Sperr-Ruthe) vertritt und vor diesem den wesentlichen Vorzug hat, daß kein Fortrücken oder Weitersetzen nöthig ist. Handstühle gestatten die Anbringung solcher Vorrichtungen nur in dem Falle, wo sie mit einem Regulator versehen sind, welcher das Gewebe nach Maaßgabe seiner Entstehung stetig und ohne Zuthun des Arbeiters aufbäumt. Die neuerlich wohl am meisten angewendete, mit allerlei Modificationen des Details vorkommende Art des selbstthätigen Spannapparats ist folgende: Zu jeder Seite des Gewebes vorderhalb der Lade befindet sich eine messingene Scheibe von etwa 1 1/2 Zoll Durchmesser, deren Rand nach Art eines Spornrädchens ringsum mit kurzen scharfen, in das Sahlband einstechenden Spitzen besetzt ist. Diese zwei in unwandelbarem Abstande von einander befindlichen Scheiben gestatten das Fortschreiten des zwischen ihnen liegenden Gewebes, ohne jemals in dessen Anspannung nachzulassen, weil sie bei ihrer von selbst entstehenden langsamen Umdrehung stets mit neuen Spitzen zum Eingriff kommen, also die Leiste des Stoffes nicht fahren lassen. Sie sind jedoch mit dem Fehler behaftet, welcher auch dem alten Spannstocke der Handweber vorzuwerfen ist: daß sie das Sahlband auf sehr unangenehme Weise durchstechen und hierdurch öfters wesentlich beschädigen. In neuester Zeit hat man eine Spannvorrichtung erfunden, welche von der eben angezeigten gänzlich abweicht, sich durch Einfachheit wie durch sichere Wirkung auszeichnet, und die Sahlbänder auf das Vollkommenste schont, da sie weder Löcher hineinsticht, noch dieselben mittelst eines zangenartigen Apparats einklemmt. In schweizerischen Fabriken wird diese Vorrichtung beim Weben der Musseline und anderer Baumwollenzeuge mit entschiedenem Vortheile gebraucht. Die Zeichnungen auf Tafel V sind in wirklicher Größe nach einem Exemplare angefertigt, welches ich durch Hrn. Regierungsrath v. Steinbeis zu Stuttgart auf kurze Zeit zur Ansicht erhalten hatte. Fig. 1 zeigt die obere Ansicht des Apparates, wie er an der linken Seite des Gewebes angebracht ist; Fig. 2 die obere Ansicht des an der rechten Seite befindlichen Apparates. Beide stimmen, die verschiedene Lage einiger Theile abgerechnet, so völlig mit einander überein, daß dieselbe Beschreibung auf diesen wie auf jenen paßt. Deßhalb schien es auch genügend, nur von einem (dem in Fig. 2 dargestellten) noch andere Ansichten beizufügen, nämlich Fig. 3 die Seitenansicht und Fig. 4 die von vorn, d.h. vom Brustbaume aus, genommene Endansicht. Die viereckige Eisenblechplatte a, b, c, d enthält vier versenkte Löcher f, f, f, f mittelst welcher sie in horizontaler Lage am Stuhlgestelle (zwischen Brustbaum und Lade, jedoch so nahe an dieser letztern, als deren Vorwärtsbewegung beim Anschlagen gestattet) festgeschraubt wird. Man bemerkt an derselben ferner noch die rechteckige Oeffnung e, e und den von der untern Fläche vorspringenden eingenieteten Lappen g, worin ein glattes rundes Loch. Der zweite Haupttheil besteht aus einem Paar Messingplatten von bogenförmiger Gestalt, welche einander vollständig decken, so daß man in Fig. 1 und 2 nur die obere i, k, l, m sehen kann, wogegen bei k', m' in Fig. 3 und l' m' in Fig. 4 die untere ebenfalls sich zeigt. Die concave Seite i, l dieser Doppelplatte ist der Kante des Gewebes zugewendet. Zwei eiserne Schrauben n, n verbinden die obere und die untere Platte fest mit einander; zwei kleinere dergleichen, o, o gehen nur durch Gewindelöcher der obern Platte und stützen sich auf die Innenfläche der untern, so daß sie die Platten vermöge deren Biegsamkeit und Federkraft ein wenig von einander entfernen oder wieder einander nähern, je nachdem man o, o in geringem Maaße tiefer einschraubt oder nach oben zurückzieht. In die Unterplatte k', l', m' ist ein eiserner Lappen p eingenietet, welcher ein Loch mit Schraubengewinden enthält; hierzu paßt das Gewinde der eisernen Schraube r, r, welche 24 Gänge auf 1 Zoll Länge zählt und mit ihrem Kopfe t, s aus dem Ganzen geschmiedet ist. Wenn die Doppelplatte auf das Blech a, b, c, d gelegt wird, so tritt ihr Lappen p durch eine Oeffnung e, e, das Loch desselben steht jenem des Lappens g gegenüber, und durch diese beiden Löcher wird die Schraube r eingeführt, welche mit t den unbeweglichen Lappen g berührt. Hiernach ist ohne Weiteres ersichtlich, daß man durch Umdrehen der Schraube die Stellung der messingenen Doppelplatte verändern und genau nach der Breite des Gewebes reguliren kann. Zunächst verdient die noch nicht völlig erklärte Beschaffenheit der messingenen Doppelplatte Aufmerksamkeit, s. Fig. 4. Jede der Platten l, m und l', m' ist auf der innern Fläche und in der Nähe des concav gekrümmten Randes i, I so ausgefurcht, daß eine etwas geräumige Höhlung u, z entsteht, welche durch den schmalen Spalt zwischen l und l' nach außen hin sich öffnet. Eben dieser Spalt nun wird vermöge der Adjustirung der Schrauben o erweitert oder verengert und muß jederzeit der Dicke des Gewebes so angepaßt seyn, daß letzteres darin weder eingeklemmt wird noch merklichen Spielraum hat. In der Kante oder Leiste ist ein einzelner dicker Faden mit geschert, und dieser kommt dicht hinter den Spalt zu liegen, wie man ihn bei u angezeigt findet, während in dem hohlen Raume die Leiste u, z von dem dicken Faden u bis an den äußersten Rand z bequem Platz findet. Man wird dieß leichter verstehen, wenn man einen Blick auf Fig. 1 und 2 wirft, wo die einfache punktirte Linie zz den Rand des Stoffes, die doppelte uu aber den dicken Kettenfaden bedeutet. Letzterer empfängt vermöge der Querspannung des Gewebes ein Bestreben, durch den Spalt der Doppelplatte herauszuschlüpfen, kann aber dieß nicht thun, weil für ihn der Spalt zu eng ist. Daher hält die gedachte Spannung stets in gleichem Maaße an, und demungeachtet kann das mittelst des Regulators vom Brustbaume oder Zeugbaume stetig angezogene Gewebe ohne Hinderniß in seiner Längenrichtung – von A, B nach A', B' fortschreiten. Es ergibt sich aus dem Gesagten von selbst, daß die Platte i, k, I, m oberhalb, dagegen k', l', m' und a, b, c, d unterhalb des Gewebes liegt.

Tafeln

Tafel Tab.
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Tab. V