Titel: | Dampfkessel von eigenthümlicher Form, bei der Schifffahrt auf dem Erie-See gebräuchlich; beschrieben von Hrn. Thomas Drew Nelson. |
Fundstelle: | Band 133, Jahrgang 1854, Nr. XCVI., S. 411 |
Download: | XML |
XCVI.
Dampfkessel von eigenthümlicher Form, bei der
Schifffahrt auf dem Erie-See gebräuchlich; beschrieben von Hrn. Thomas Drew Nelson.
Aus dem Civil Engineer and Architect's Journal, Juli 1854,
S. 266.
Mit einer Abbildung auf Tab. VI.
Amerikanischer Schiffs-Dampfkessel.
Auf den Dampfschiffen der nordamerikanischen Landseen findet man zuweilen eine
Kesselform, welche an einzelnen Orten verschieden, am bezeichnendsten aber
„Bienenkorb-Kessel“ (bee-hive boiler) genannt wird. Fig. 5 ist ein senkrechter
Durchschnitt durch den Kessel und den Wassermantel, womit die größeren Exemplare
immer versehen sind, und welcher wirklich als ein Theil des Kessels betrachtet
werden kann. Der eigentliche Kessel besteht aus zwei übereinander befindlichen
Theilen, mit den erforderlichen Verbindungsstücken, um eine freie Circulation ihres
Inhalts zu gestatten. Eine Verbindung wird durch ein kupfernes Rohr hergestellt,
welches von dem obersten Punkt des Mantels bis zur Basis der Hauptschale führt, auf
welche stets das vollkommen erhitzte Wasser und etwas Dampf hinabströmen. Diese
Röhre ist das einzige Communicationsmittel. Das auf der Abbildung nicht dargestellte
Ablaßventil ist an dem unteren Rande des Mantels angebracht, und obgleich die
Schiffe selten mit
unabhängigen Speisepumpen versehen sind, so macht es doch die Einrichtung praktisch
gewiß, daß der Mantel stets fast ganz mit Wasser gefüllt bleibt. Vier Verbindungen
a, a sind an gleich weit von einander entfernten
Punkten in der horizontalen Ebene angebracht. Die Verbindungen b, b sind zwei an Zahl und dienen dazu, den Strom von
Dampf und stark erhitztem Wasser von dem untern in den obern Mantel zu bringen,
während die unteren und zahlreichern Durchgänge, wenigstens in gewissen Fällen,
einen Strom in der entgegengesetzten Richtung zulassen. In allen Fällen setzt sich
jedoch der Niederschlag am Boden des unteren Mantels ab, wo, so wie an dem untern
Rande der äußern Theile, er sehr leicht weggeschafft werden kann. Mit dem süßen und
reinen Wasser der Seen haben diese Kessel sämmtlich einen guten Erfolg gehabt, und
obgleich sie schwierig zu repariren sind, hat sich doch die Erfahrung von wenigen
Jahren günstig für sie ausgesprochen, sie sind gewissermaßen populär geworden und
dürften daher eine weitere Verbreitung erlangen.
Der Kessel auf dem Schleppdampfschiffe Troy, welchen die
Abbildung darstellt, ist jetzt über drei Jahre im Betriebe, ohne daß irgend eine
Reparatur erforderlich gewesen wäre.
Die meisten Kessel dieser Art wurden von Hrn. Parmalee,
Kesselfabrikant zu Cleveland, sehr gut ausgeführt; ihre Heizoberfläche ist etwas
wirksamer, als eine gleich große bei Kesseln von gewöhnlicher Form, du eine größere
Verdampfung erfolgt. Der Kessel des Troy hat ungefähr 700
Quadratfuß Feuerfläche und 31 1/2 Quadratfuß Rostfläche. Er liefert sehr trockenen
Dampf von 80 Pfd. Druck über dem atmosphärischen für einen Cylinder von 3 1/2 Fuß
Kolbenschub und 28 Zoll Durchmesser, welcher 55 Kolbenschube in der Minute macht und
bei 5/8 des Schubes abgesperrt wird, während das Drosselventil stets weit geöffnet
ist.
Ein solcher Kessel von diesen Dimensionen kostet jetzt 2250 Dollars. Je nach der Form
und den Dimensionen eines solchen Kessels kann der Wasserstand ein sehr
verschiedener seyn, ohne daß irgend ein Theil des Kessels der directen Einwirkung
des Feuers ausgesetzt wird; auch gestattet, was bei aufrecht stehenden Kesseln
selten der Fall ist, die große, ununterbrochene Wasseroberfläche eine ziemlich gute
Trennung des Dampfs von dem Wasser. Der Dampf wird nahe am Scheitel des obern
Mantels aufgefangen, und die Röhre ist abwärts gebogen und tritt seitwärts aus, wie
die punktirte Linie zeigt.
Bei der gewöhnlichen Feuerung mit hartem Holz und bei natürlichem Luftzug erhielt man
nachstehende Resultate auf verschiedenen Dampfschiffen, während die Dampferzeugung
stets eine reichliche war, der Dampfdruck 68 bis 80 Pfund betrug und das
Drosselventil nie gebraucht wurde.
Der Niagara hat eine Feueroberfläche von 575 Quadratfuß,
eine Rostoberfläche von 28,3, einen Cylinder mit 3 1/2 F. Kolbenschub und 22 Zoll
Durchmesser, welcher 58 Kolbenschube in der Minute macht, mit Dampfabsperrung bei
5/8 des Schubes. – Die Forest Queen:
Feueroberoberfläche 537 Quadratfuß, Cylinder mit 3 1/2 F. Kolbenschub und 28 1/8
Zoll Durchmesser, 56 Wechsel oder Kurbelumdrehungen, Dampfabsperrung bei 1/2.
– Der Westmoreland, ein 200 Fuß langes Schiff,
Feueroberfläche 710, Rostoberfläche 44 Quadratfuß, Cylinder mit 3 1/2 Fuß
Kolbenschub und 28 Zoll Durchmesser, macht 58 Umdrehungen, der Dampf wird bei 5/8
abgesperrt. – Prairie State, Michigan und Ogdensburgh haben jeder 700 Fuß Heizoberfläche und 38 1/2
Rostoberfläche, Cylinder von 3 1/2 Fuß Kolbenschub und 22 Zoll Durchmesser; die
Kurbeln machen, bei Belastung der Fahrzeuge, 54 bis 60 Umgänge; die Dampfabsperrung
findet bei respective 1/2, 5/8 und 1/2 des Kolbenschubs statt.
Der Brennmaterialverbrauch in den Oefen dieser Kessel, welche in den amtlichen
Berichten der Inspectoren „conisch-senkrechte“ genannt
werden, sind folgende: – Niagara 3/4 Klafter (cord) Holz per Stunde; Forest Queen 7/8 Klafter; Westmoreland 1 Klafter; Boston 3/4 Klafter; Prairie State 1 Klafter; Michigan 3/4 Klafter; Ogdensburgh 3/4
Klafter.
Auf den Gewässern des Criesees fahren nun wenigstens 11 Schiffe mit Kesseln dieser
Art. Die Wasserräume derselben rings um die Oefen haben eine gleichförmige Stärke
von 4 Zoll. Die Wassermäntel sind an den obern Theilen 2 Zoll weit, unten aber oft
enger. Die Blechstärke beim eigentlichen Kessel beträgt 5/8, die beim Mantel 1/4
Zoll, und alle 5 1/2 Zoll ist ein Stehbolzen vorhanden.
Wasserböden können wohl ohne alle Schwierigkeit angebracht werden, sind aber erst
wenig in Gebrauch; der Boden ist meistens bloß eine Wasserpfanne, die auf flachen
Stäben von etwa 2 Zoll im Quadrat steht. Ein solcher Boden schützt den Kiel zwar
nicht so direct, er gewählt aber freien Zugang zum Wasser, wenn sich Unfälle
ereignen, und man kann auch einen entstandenen Brand weit eher erkennen, als bei
einem Ziegelsteinboden. Die äußere Weite der gewöhnlich benutzten Kessel beträgt 4
1/2 bis 7 1/3 Fuß, bei einer senkrechten Höhe von 10 bis 17 Fuß.