Titel: | Ueber zwei neue Wasserhebungs-Dampfmaschinen für die Wasserwerke zu Birmingham; von Hrn. W. S. Garland. |
Fundstelle: | Band 134, Jahrgang 1854, Nr. III., S. 4 |
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III.
Ueber zwei neue
Wasserhebungs-Dampfmaschinen für die Wasserwerke zu Birmingham; von Hrn.
W. S.
Garland.
Aus Armengaud's Génie industriel, August 1854, S.
109.
Garland, über zwei neue Wasserhebungs-Dampfmaschinen für die
Wasserwerke zu Birmingham.
Diese Maschinen wurden von den HHrn. James Watt und Comp. zu Soho (bei Birmingham) erbaut, und verdienen
weniger wegen ihrer Einrichtung, welche nichts wesentlich Neues darbietet, als wegen
ihrer Größe und trefflichen Ausführung bekannt zu werden.
Die fraglichen Wasserwerke wurden im Jahre 1830 gegründet. Zu jener Zeit hatte die
Compagnie zwei Dampfmaschinen mit Cylindern von 1,548 Meter Durchmesser und 2,438
Meter Kolbenlauf errichtet, welche zwei Pumpen von 0,457 und 0,507 Meter
Durchmesser, mit 1,828 und 2,438 Meter Hub in Betrieb setzten. Diese Maschinen
genügten bis zum J. 1850, wo der Bedarf an Wasser so groß wurde, daß die Compagnie
sich entschloß, ihre Werke mit zwei neuen Dampfmaschinen von großer Kraft zu
versehen.
Die Cylinder dieser neuen Dampfmaschinen haben 1,829 Met. Durchmesser und 3,048 Met.
Kolbenlauf; sie betreiben eine Pumpe von 0,584 Meter Durchmesser, und ebenfalls
3,048 Met. Hub, unter einer Wasserbelastung von 76,807 Met., welche mit den
Krümmungen in der Hauptleitung und mit den Reibungen einen Gesammtwiderstand von
86,865 Met. repräsentiren kann; oder eine Belastung auf den massiven Pumpenkolben
von 8,686 Kilogr. per Quadratcentimeter oder von 0,815
Kilogr. auf den Dampfkolben. Die Belastung des massiven Kolbens der Pumpe zur
Ueberwindung des Gewichts auf der Luftpumpe, der Reibungen der Maschine, und zur
Unterhaltung einer Geschwindigkeit von zehn Zügen in der Minute, beträgt fast 26
Tonnen, ist also gleich 9,946 Kilogr. auf den Quadratcentimeter des massiven
Kolbens, und 0,933 Kil. auf den Dampfkolben. Die Kraft einer jeden von diesen
Maschinen, bei zehnmaligem Wechsel in der Minute, beträgt daher 180 Dampfpferde, und
die Gesammtkraft, worüber die Gesellschaft disponirt, um die Stadt Birmingham mit
Wasser zu versehen, beläuft sich auf 530 Dampfpferde.
Die Cylinder haben Mäntel von Filz, welche außerhalb mit Holz belegt sind, um die
Ausstrahlung der Wärme zu verhindern; der Cylinderdeckel und die
Dampfzuführungsröhre sind ebenfalls überzogen.
Das Dampf-, das Gleichgewichts- und das Entlerungs-Ventil haben
respective Durchmesser von 0,330, 0,381 und 0,459 Meter; sie sind nach dem System
der doppelsitzigen Ventile eingerichtet, wodurch in der Hauptsache der Druck
vermieden wird, welchem die gewöhnlichen Kegelventile unterworfen sind. Das
Dampfregulirventil hat eine einfache conische Form und wird mittelst einer Schraube
und eines Rades mit Griffen bewegt und gestellt.
Die Belastung dieser Maschinen ist je nach dem Brutto-Wasserstande im obern
Reservoir verschieden, sowie auch die Reibung des Wassers auf seinem Durchgange;
zuweilen trifft es sich, daß das Wasser schneller abläuft, als die Maschinen es
liefern können, die Geschwindigkeit des Wassers nimmt nach dem starken Abfluß daher
ab, und mit ihr der Widerstand.
Um alle Unfälle zu vermeiden, welche durch einen plötzlichen schnelleren Gang der
Maschine in Folge der Verminderung des Widerstandes veranlaßt werden könnten, hat
man zwischen der obern und untern Dampfvertheilungsöffnung, und in der Röhre welche
mit dem obern und untern Theil des Cylinders in Verbindung steht, ein Drosselventil
angebracht, dessen Oeffnung man durch eine Schraube und ein Rad mit Griffen
reguliren kann. Verengt man den Durchgang, so stellt man das Gleichgewicht des
Drucks zwischen dem obern und untern Theil des Cylinders während der Zeit wo der
massive Kolben abwärts geht, langsamer her. Dieses Ventil leistet bei solchen
Maschinen einen sehr großen Dienst, und kann sogar den Kolben am Deckel des
Cylinders aufgehängt erhalten.
Die Oeffnung des Dampf-, des Einlaß- und des Luftschöpf-Ventils
wird durch einen Katarakt regulirt, und die Geschwindigkeit der Maschine steht unter
der Controle des Heizers. Das Gleichgewichtsventil wird durch Vorfälle in
Quadrantenform geöffnet, und seine Oeffnung hängt von dem Verschluß des
Schöpfventils ab. Das erstere öffnet sich, wenn sich das zweite verschließt, und der
Verschluß wird auf gewöhnliche Weise durch ein Excentricum bewirkt, welches auf den
Schlüsselhebel eines Hahns wirkt.
Das Einlaßventil ist ebenfalls doppelsitzig, um die Belastung auf die Stange des
Schöpfventils so gering als möglich zu machen, indem man es von allem überflüssigen
Druck befreit; seine untere Fläche öffnet sich auf den Condensator.
Für den Fall, daß eine Röhre an der Hauptleitung zerspringt und folglich der
Widerstand auf den massiven Kolben plötzlich aufhört, hat man an der Hahnstange
einen Vorfall angebracht; derselbe tritt in Wirksamkeit, wenn die Maschine über die
Länge ihres Schubes beim gewöhnlichen Betriebe hinausgeht, indem er den Griff für das
Dampfventil senkt und so dasselbe verhindert sich zu öffnen.
Die Luftpumpe hat 0,863 Meter Durchmesser und 0,914 Meter Schub; der Condensator hat
denselben Inhalt. Der Kolben dieser Pumpe ist mit einem ringförmigen messingenen
Ventil versehen; die Evacuationsventile und die am Fuß befindlichen sind gewöhnliche
Klappenventile. Man erhält eine Leere von 0,685 bis 0,736 Met., je nach dem Zustand
der Atmosphäre. Der Condensator-Kasten besteht aus Gußeisen und wird durch
eine Kaltwasserpumpe von 0,343 Meter Durchmesser und 1,524 Meter Hub gespeist.
Die Speisepumpe hat 0,165 Meter Durchmesser und 0,762 Meter Hub; sie ist mit einem
Luftbehälter (Windkessel) versehen. Der massive Kolben der Hauptpumpe hat, wie
bemerkt, einen Durchmesser von 0,584 Met. und einen Schub, wie der Dampfkolben, von
3,048 Meter. Die Saug- und Steig-Ventile dieser Pumpe sind
doppelsitzig (Glocken- oder Kapsel-Ventile) und paarweis vorhanden, um
die Wirkung der Pumpe, im Fall eines Anhängens oder irgend einer Beschädigung,
sicherer zu machen. Diese Ventile bestehen aus Gußeisen und ihre Sitzflächen aus
einer Legirung von Zinn und Blei, welche in eine ausgedrehte schwalbenschwanzförmige
Vertiefung im Rande des gußeisernen Ventilsitzes eingegossen ist. Der
Wasserdurchgang durch die Ventile hat dieselbe Oberfläche wie der massive Kolben,
und sie heben sich um etwa 0,507 Met. Der Schlag oder Stoß bei ihrem Verschluß ist
kaum bemerkbar. Als diese Ventile nach einem sechsmonatlichen Betriebe
herausgenommen wurden, fand man die Sitzflächen in eben so gutem Zustande, als zu
der Zeit wo sie eingelegt worden waren.
Der Luftbehälter hat 2,133 Met. innern Durchmesser und 5,486 Met. Höhe, oder 4,571
Met. über der Verzweigung, welche in die Hauptleitung ausgießt. Er wird mittelst
einer besondern Pumpe von 0,152 Meter Durchmesser und 1,066 Met. Hub mit Luft
gefüllt. An der Saugröhre der Pumpe ist ein Lufthahn angebracht, um die zu liefernde
Luftmenge zu reguliren. Dieser Hahn braucht nur von Zeit zu Zeit geöffnet zu werden,
und wenn er gänzlich geschlossen ist, hebt die Pumpe bloß Wasser. Dieser
Luftbehälter (Windkessel) regulirt die Bewegung des Wassers in der Hauptleitung und
macht sie zu einer ununterbrochenen, daher ein geringeres Gewicht erforderlich ist,
um dem Niedergange des massiven Kolbens beim Rücklauf die erforderliche
Geschwindigkeit zu ertheilen. Am obern Theil dieses massiven Kolbens ist eine Büchse
angebracht, welche das nothwendige Gewicht enthält, um die Belastung oder den Widerstand zu überwinden;
dieses Gewicht beträgt, wie schon bemerkt, nebst demjenigen des Kolbens und seiner
Stange, 26 1/2 Tonnen.
An der ersten Vertheilungsröhre, in der Nähe des Windkessels, wurde ein
Auslaß- und Sicherheitsventil von 0,152 Met. Durchmesser angebracht, welches
mittelst eines Hebels mit einem etwas stärkeren Gewicht belastet wird als dem Druck
in der Hauptleitung entspricht, um zu verhindern, daß die Pumpe durch den zufälligen
Verschluß der Hähne oder der Vertheilungsschützen zwischen den Maschinen und der
Stadt, zu sehr belastet wird.
Der Balancier hat 9,143 Met. Länge; er besteht aus zwei Platten, von denen jede 0,076
Met. dick ist; seine Höhe in der Mitte beträgt 1,828 Met. und an den Enden 0,616
Met. Jedes Zapfenlager hat gußeiserne Sattel zwischen sich und ist auch mit
Balancierfedern von Fichtenholz (0,762 Met. hoch und 0,507 Met. breit) versehen.
Die Wassermenge, welche bei jedem Spiel einer der beiden Maschinen, in einer Minute,
gehoben wird, beträgt 817,8 Liter oder 8,17 Kubikmeter, und in der Stunde 490,687
Kubikmeter (dem Gewicht nach fast 491 Tonnen).
Der Dampfdruck beträgt 0,846 Kilogr. auf den Quadratcentimeter, und bei einem Drittel
des Kolbenlaufs wird der Dampf abgesperrt. Die Leistung dieser Maschinen hat man
noch nicht genau bestimmen können, weil man dabei nur leichte Staffordshirer
Steinkohlen verbrennt, deren Verdampfungsvermögen mit dem guter Waliser Kohlen bis
jetzt nicht verglichen ist; nach letztern wird bekanntlich allgemein in England die
Leistung der Wasserhaltungs-Dampfmaschinen bemessen.