Titel: | Das Biegen des Schiffbauholzes. |
Fundstelle: | Band 134, Jahrgang 1854, Nr. VI., S. 17 |
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VI.
Das Biegen des Schiffbauholzes.
Aus dem Practical Mechanic's Journal, Juli 1854, S.
90.
Mit einer Abbildung auf Tab. I.
Das Biegen des Schiffbauholzes.
Zu Green Point bei New-York hat eine Gesellschaft ein großartiges
Etablissement zum Biegen des Schiffbauholzes begründet. Der Erfolg des Verfahrens
hängt offenbar von der Lösung folgender drei Fragen ab: Hat gebogenes Holz die
gehörige Stärke? Behält es seine Form? Ist es eben so dauerhaft als im natürlichen
Zustande? Schwaches Holz, wenn es gut gedämpft worden ist, kann bekanntlich bis zu
jedem Grade gebogen werden; die vorliegenden Versuchsresultate der Gesellschaft
beweisen die Ausführbarkeit des Biegens starker Stücke
mittelst derselben Methode genügend. Da krumme Hölzer im Allgemeinen nicht häufig
wachsen, so verdient das zur künstlichen Herstellung derselben dienliche Verfahren
alle Beachtung.
Wenn eine biegende Kraft auf irgend ein Material ausgeübt wird, so werden dadurch die
Theilchen auf einer Seite zusammengedrückt, auf der andern aber von einander
getrennt, während in der Mitte eine Linie bleibt, welche man die neutrale Achse
nennt. In der Wirklichkeit befindet sich aber in diesem neutralen Zustande (d.h. von
der biegenden Kraft nicht afficirt) nicht eine einzige, sondern eine Reihe von
Linien, welche alle Fasern bis zu einer gewissen Entfernung von der Oberfläche
umfaßt; die Lage dieser Linie ist stets etwas unbestimmt, nämlich nach der
Beschaffenheit des Materials verschieden. Die nicht in dem betreffenden Blatt
liegenden Theilchen werden bei den gewöhnlichen Biegungsmethoden nothwendig
zusammengepreßt oder ausgedehnt. Bei dem vorliegenden Verfahren wird hingegen das
Material einem starken Druck auf die Enden unterzogen und dieser Druck dauert durch
den ganzen Proceß fort; dabei liegt die neutrale Achse auf der äußern Oberfläche
oder noch außerhalb derselben. Die ganze zwischen den Theilchen stattfindende
Veränderung besteht in einem Zusammendrängen derselben, wodurch auf mechanischem
Wege die Dichtigkeit vergrößert wird, während wahrscheinlich indirect auch die
Dauerhaftigkeit des Holzes eine größere wird, in Folge des Austreibens der Luft und
des Gerinnens der eiweißartigen Bestandtheile seines Saftes.
Was nun die Permanenz der so erzeugten Form des Holzes betrifft, so sind bis jetzt
noch nicht so viele und so sorgfältige Versuche angestellt worden, als bei der
großen Wichtigkeit des Gegenstandes wünschenswerth wären. Es dürfte, wie
Sachverständige überzeugt sind, mit Hülfe dieses Verfahrens möglich seyn, ganze
Rippen aus einem einzigen Stück herzustellen, bei denen dann eine spätere
stufenweise Ausbiegung zur Geraden sehr nachtheilig seyn würde. Nun soll aber die
Erfahrung bewiesen haben, daß das mittelst des neuen Verfahrens gebogene Holz
durchaus kein Bestreben hat wieder gerade zu werden (ausgenommen in dem Augenblick
wo es die Presse verläßt und dann auch nur in einem geringen Grade); sondern im
Gegentheil neigt es sich nach öfters wiederholtem Befeuchten und Trocknen, wie
Versuche ergaben, zu einer noch stärkeren Krümmung; diese Nachkrümmung ist jedoch so
gering, daß sie unberücksichtigt bleiben kann.
Die größere Härte des gebogenen Holzes auf der concaven oder hohlen Seite, läßt sich
sehr leicht mit dem einfachsten Werkzeug nachweisen. Angestellte Biegungsversuche
ergaben ungefähr dieselbe Festigkeit auf der convexen Fläche wie bei einem nicht
gebogenen Stück, während dieselbe auf der innern und dichtem Seite der Stücke
bedeutend zunahm, wie Fig. 37 zeigt. Zu Gunsten
der künstlichen Biegung spricht auch der Umstand, daß natürlich gebogenes Holz
gewöhnlich fehlerhaft ist.