Titel: | Ueber Kamine und Oefen zur Zimmerheizung; von Dr. Neil Arnott zu London. |
Fundstelle: | Band 134, Jahrgang 1854, Nr. XII., S. 27 |
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XII.
Ueber Kamine und Oefen zur Zimmerheizung; von Dr.
Neil Arnott zu
London.Diese Abhandlung steht im Zusammenhange mit der im polytechn. Journal Bd. CXXXIII S. 194 von demselben
Verfasser mitgetheilten A. d. Red.
Aus dem Civil Engineer and Architect's Journal, August
1854, S. 289.
Mit einer Abbildung auf Tab. I.
Arnott, über die Stellung der Kamine und Oefen zur
Zimmerheizung.
In der neuesten Zeit hat man in England angefangen die Feuerroste bei den (als
Zimmeröfen dienenden) Kaminen weit niedriger zu legen, als dieß früher der Fall war.
Die Gründe welche man zu Gunsten dieser Abänderung angibt, sind, daß ein niedriges
Feuer besser brennt (oder aus derselben Brennmaterialmenge mehr Wärme entwickelt)
als ein höheres, und daß überdieß ein niedriges Feuer, weil es dem Fußboden näher
ist, denselben besser erwärmt, wodurch der große Nachtheil kalter Füße vermieden
wird. Nun sind aber diese beiden Annahmen bloße Täuschungen und beruhen auf falschen
Begriffen über die Wärme, insbesondere über die strahlende Wärme.
Bekanntlich verbreiten sich die Licht- und die Wärmestrahlen radienartig,
indem sie in gerader Linie von dem Brennpunkt aus gehen; wenn man z.B. eine Lampe in
die Mitte eines Zimmers stellt, so strömt sie Licht und Wärme nach fast allen
Richtungen gleichartig aus. Es ist auch eine allgemein bekannte Thatsache, daß wenn
man an der einen Seite einer Lampe einen undurchsichtigen Spiegel anbringt, er nicht
nur alle auf ihn fallenden Strahlen auffängt und dadurch auch die Hälfte des von der
Lampe verbreiteten Lichts, sondern daß er diese Strahlen überdieß zurückwirft oder
reflectirt und zwar in entgegengesetzter Richtung, so daß in dieser die Beleuchtung
fast verdoppelt wird.
Jedermann wird auch schon beobachtet haben, daß wenn ein Feuer oder eine rothglühende
Metallmasse in einen freien Raum gebracht wird, sie ihre Wärme sowie ihr Licht
ziemlich gleichförmig in allen Richtungen ausstrahlt; nur wenige Personen werden
aber ihre Beobachtungen so weit erstrecken, um selbst zu entdecken, daß wenn die
Oberfläche irgend einer Substanz, z.B. eines feuerfesten Ziegelsteins, welche sich
dem Durchgang der Wärme stark widersetzt, nahe an ein Feuer gebracht wird, sie nicht
allein die darauf fallenden Wärmestrahlen auffängt, sondern daß sie überdieß,
nachdem sie diese Strahlen absorbirt und dadurch sich erwärmt hat, ja zuweilen
selbst rothglühend geworden ist, alsdann den größern Theil der Wärme zurückstrahlt,
gleichsam als wenn mehr Brennmaterial zum Feuer gekommen wäre, wodurch die fühlbare
Wärme in den betreffenden Richtungen fast verdoppelt wird.
Eben so wenig werden die meisten Leute durch eigene Beobachtung auf die Thatsache
geleitet, daß von der in einem gewöhnlichen (als Zimmerofen dienenden) Kamin, durch
die Verbrennung hervorgebrachten. Wärme, ein Theil – etwas mehr als die
Hälfte – gleich dem Licht, durch die Strahlung, in dem offenen Raum, ringsum,
verbreitet wird, während das Uebrige, durch Berührung und Leitung, der Luft welche
die Verbrennung unterhält, sowie dem Material der Feuerstelle mitgetheilt wird.
Daher ist es bei einem Kamin die strahlende Wärme fast allein, welche das Zimmer
erwärmt, während sich die übrige mit der verbrannten Luft oder dem Rauch verbindet
und in die Esse zieht.
Endlich wissen viele Personen nicht, daß die Wärmestrahlen, welche durch reine oder
durchsichtige Luft dringen, diese Luft durchaus nicht erwärmen, daß im Gegentheil
nur die festen und undurchsichtigen Körper erwärmt werden, welche die Strahlen
auffangen, und daß daher die Luft eines Zimmers nur durch die zweite Hand erwärmt
wird, nämlich durch Berührung mit den festen Wänden und Möbeln, welche die
Wärmestrahlen aufgefangen haben und dadurch zuerst selbst erwärmt wurden. Es ist
eine analoge Thatsache, daß die Sonnenstrahlen, welche sowohl Licht als Wärme auf
die Erde bringen, die heißesten Thäler und Ebenen der Erde erwärmen, nachdem sie
durch die obern Schichten der Atmosphäre gedrungen sind, deren Temperatur stets weit
unter dem Gefrierpunkte ist. (Letzteres beweist die Thatsache, daß alle Hochgebirge,
selbst unter dem Aequator, mit ewigem Schnee bedeckt sind, und daß je höher die
Gebirgsspitzen, je näher der Sonne, um so kälter sie sind; bekanntlich müssen auch
die Luftschiffer, wenn sie in hohe Regionen aufsteigen, sich gegen das Erfrieren
durch eine sehr warme Kleidung schützen.) Eine analoge Thatsache ist auch die, daß
mit kaltem Wasser oder selbst mit Eis gefüllte Glaskugeln in den Sonnenstrahlen als Brenngläser benutzt
werden können.
Nach Vorausschickung dieser Erklärungen werden die beiden erwähnten Irrthümer
bezüglich der niedrigen Feuer sogleich einleuchtend:
1) Die Annahme, daß wenn das Brennmaterial auf einem niedrigen Rost verbrennt, es
mehr Wärme entwickle, entstand, weil man nicht bedachte, daß wenn man die Hand über
ein so niedriges Feuer hält, dieselbe nicht nur die strahlende Wärme von dem Feuer
selbst, sondern auch die von dem nahe darunter befindlichen Herde ausgestrahlte
Wärme fühlt, so daß es scheint, die Wärmemenge sey eine absolut größere; dieser
zweite Theil der Wärme würde aber, wenn der Rost hoch liegt, abwärts und auswärts
nach dem entfernteren Fußboden ausstrahlen und denselben erwärmen.
2) Die Behauptung, daß das Feuer, wenn es dem Boden näher ist, denselben mehr
erwärmen müsse, ist Folge eines ganz unrichtigen Schlusses, wornach Herd und
Fußboden, wenn sie in einer Ebene liegen, von gleicher Kategorie seyn sollen. Die
Wahrheit ist aber, daß in einem solchen Falle derjenige Theil des Herdes, welcher
sich innerhalb des Gitters oder der Kaminstülpe befindet, fast alle abwärts gehenden
Strahlen aufnimmt, der Fußboden aber fast keine, so wie, wenn man ein Licht in einer
mäßigen Entfernung vor einen Spiegel hält, dasselbe seine Wärme auf ihm ziemlich
gleichförmig verbreitet, hingegen den Spiegel sehr heiß macht und sogar zum Springen
bringt, wenn man es zu nahe an einen Theil desselben hält, indem alsdann die übrigen
Theile kalt bleiben.
Ein Feuer auf einem niedrigen Herde verhält sich zu dem Fußboden wie die auf-
oder untergehende Sonne zu der Oberfläche eines Feldes; die Strahlen schießen fast
alle von der Oberfläche empor und die wenigen welche sich ihr nähern, gehen unter
einem sehr schiefen Winkel oder parallel mit ihr, ohne sie zu berühren, und theilen
ihr daher auch keine Wärme mit.
Fig. 16 dient
zur Erläuterung dieser Thatsachen. c bezeichnet die
Feuerstelle oder den Mittelpunkt der Strahlung, von welchem aus die Strahlen in dem
ganzen freien Raum divergiren. a, c ist die Wand, worin
der Rost des Kamins (Ofens) angebracht ist und welche keine von den directen
Strahlen (des Feuers auf dem Herde) aufnehmen kann, wie dieß auch nahezu der Fall
mit dem Fußboden ist. a, b ist die Decke des Zimmers;
b, d die dem Feuer gegenüberstehende Wand; c, d der Fußboden, mit welchem der Herd fast gleich
liegt. Wäre dieser Fußboden gar nicht vorhanden, so würden die Wärmestrahlen eben so
reichlich nach unten
gehen, wie nach oben; allein der Herdstein am Boden c, d
fängt zuerst alle untern Strahlen auf und reflectirt sie alsdann nach der Decke; er
erwärmt den Boden daher nicht, sondern diese Erwärmung erfolgt von der Decke aus
durch secundäre Strahlung. g, h bezeichnet einen
Fußboden in mäßiger Entfernung unter dem Feuer; wir sehen, daß viel von dessen Hitze
auf den Boden ausgestrahlt wird und denselben in einem gewissen Umkreise
erwärmt.
Direct lassen sich die besprochenen Thatsachen auf die Art beweisen, daß man
Thermometer auf den Boden eines Zimmers mit einem niedrig liegenden Feuerherd und
auf denjenigen eines zweiten mit einem höher, d.h. 15 bis 16 Zoll über dem Boden
angebrachten, legt. Ein in zwei solchen Zimmern gemachter Versuch, wobei die
Thermometer in beiden Zimmern, auf einem Pianoforte, 4 Fuß über dem Boden,
62° F. zeigten, ergab die Temperatur auf dem Boden des Zimmers mit sehr
niedrigem Herde zu 56° F., und auf dem Boden des Zimmers mit höher liegendem
Herde zu 73° F.
Wie man sieht, müssen niedrig liegende Kamine kalte Füße veranlassen, und es können
dabei nur diejenigen Personen warme Füße bekommen, welche dicht am Feuer sitzen und
die Füße aus Gitter stellen.
Ein zur Täuschung beitragender Umstand ist der, daß wenn die Kaminbrust oder
Kaminöffnung auch niedrig angebracht ist, die Schicht der stagnirenden warmen Luft
in dem Zimmer ebenfalls einen tiefern Standpunkt einnimmt, als wenn die Kaminöffnung
höher ist, und bei dieser Anordnung kann ein Zimmer, ausgenommen in der Nähe des
Fußbodens, wärmer als vorher seyn. Der Vortheil dieser Anordnung verschwindet aber
häufig dadurch wieder, daß man die Kaminöffnung zu weit läßt, wobei unter derselben
ein starker kalter Zug entsteht. Bei dem im polytechn. Journal Bd. CXXXIII S. 197 von mir beschriebenen
rauchverbrennenden Rost ist die Kaminöffnung niedrig, das Feuer liegt aber hoch und
die Ventilation mittelst der Klappe an der Zimmerdecke ist stets eine
vollkommene.