Titel: | Bemerkungen über das vom Ingenieur Kind erfundene Verfahren beim Abbohren weiter Bohrlöcher, oder beim Absinken von Schächten. |
Fundstelle: | Band 134, Jahrgang 1854, Nr. XXV., S. 83 |
Download: | XML |
XXV.
Bemerkungen über das vom Ingenieur Kind erfundene Verfahren beim
Abbohren weiter Bohrlöcher, oder beim Absinken von Schächten.
Auszug aus einem im December 1853 eingereichten
amtlichen Bericht des k. belgischen Bergingenieurs Hrn. Chaudron zu Brüssel, in den Annales des Travaux publics de la
Belgique, Tome XII p. 327.
Kind's Verfahren beim Abbohren weiter Bohrlöcher oder beim Absinken
von Schächten.
Das von dem sächsischen Ingenieur Hrn. Kind erfundene Verfahren hat besonders eine Erleichterung des
Schachtabsinkens in losem Sande und im sogenannten schwimmenden Gebirge zum Zweck,
Verhältnisse wie sie beim belgischen Steinkohlenbergbau häufig vorkommen.
Der Name des Erfinders ist allen Bergleuten bekannt;Durch seine Verbesserungen an den Erdbohrern, beschrieben im polytechn.
Journal, 1845, Bd. XCVIII S. 166. A. d. Red. die Geschicklichkeit, von welcher er Beweise bei den Bohrarbeiten die er in
verschiedenen Gegenden Europa's ausführte, abgelegt hat, verschaffte ihm den
Beinamen „Napoleon der Bohrmeister.“
Schon im Jahre 1848 faßte Hr. Kind die Idee, auf das Absinken weiter Schächte das verbesserte
Bohrverfahren anzuwenden, womit er schon weite und tiefe Bohrlöcher ausgeführt
hatte.Man sehe den Bericht über die von ihm zu Mondorf bei Luxemburg ausgeführte
Bohrung, im polytechn. Journal Bd. C S.
365. A. d. Red.
Kurze Zeit darauf ging der Erfinder ausans Werk, jedoch hat man bis jetzt noch nicht zu der Ueberzeugung gelangen
können, daß das neue Verfahren in jedem schwimmenden Gebirge angewendet werden
könne. Man wird einsehen, daß derartige Arbeiten bedeutende Geldmittel beanspruchen,
so daß mehrere
gleichzeitige Versuche an verschiedenen Punkten nicht Wohl ausführbar sind.
Seit zwei oder drei Jahren hat Hr. Kind alle seine Mittel darauf verwendet, um die zur Ausrichtung und
zum Abbau des Steinkohlengebirges zu Schoenecken bei
Stiring-lez-Forbach im französischen Moseldepartement, erforderlichen
Schächte abzubohren. Aller Wahrscheinlichkeit nach werden diese Arbeiten im Jahre
1854 vollendet seyn.
Das Kind'sche Verfahren ist sehr einfach, allein es wird
in der Praxis noch lange Zeit die ganz besondere Sorgfalt seines Erfinders in
Anspruch nehmen. Man braucht nur das Journal der zu Stiring ausgeführten Bohrungen
durchzusehen, um sich zu überzeugen, daß das Genie des Directors allein die
Schwierigkeiten und die Unfälle aller Art überwinden konnte, welche seit den ersten
Versuchen vorkamen.
Es ist daher zu wünschen, daß unsere Bergingenieure und unsere Bergbautreibenden ihre
Bemühungen mit denen des Hrn. Kind vereinigen, um die Versuche zu erleichtern und mit ihm dahin zu
streben, die Einführung eines Verfahrens allgemeiner zu machen, dessen Erfolg einen
ungeheuren Einfluß auf die Zukunft des belgischen Bergbaues haben kann.
Wir bedauern, daß wir für jetzt keine specielle Beschreibung des zu Stiring
angewendeten Verfahrens, der in den verschiedenen Fällen benutzten Werkzeuge, so wie
der dadurch veranlaßten Kosten, geben können. Die Furcht, den Rechten des Erfinders
zu nahe zu treten, beschränkt uns auf allgemeine Angaben. Es werden täglich
Verbesserungen bei den Apparaten und Manipulationen eingeführt, und wenn dieselben
durch eine unzeitige Bekanntmachung beschrieben würden, so könnte der Erfinder die
Früchte seiner unermüdlichen Arbeiten verlieren.
Wir beschränken uns in den folgenden Bemerkungen darauf, die Schwierigkeiten
hervorzuheben, welche im Allgemeinen das Schachtabteufen in gewissen Theilen
Belgiens darbietet, dann eine kurze Beschreibung des Kind'schen Verfahrens, so wie eine Uebersicht der bis jetzt zu seiner
Ausführung gemachten Versuche zu geben.
Schwierigkeiten des Schachtabteufens im schwimmenden
Gebirge.
Bekanntlich ist der größte Theil der Steinkohlen-Concessionen der Provinz
Hennegau, besonders deren im Couchant von Mons und im Centrum, mit sogenannten morts-terrains überlagert, deren Durchsinkung
beim Schachtabteufen große Schwierigkeiten darbietet. Zu Mons und namentlich in dem
Theil des Steinkohlenreviers Flénu, bestehen diese
morts-terrains der Kreideformation angehörig),
aus schwimmenden Mergeln, welche eine Mächtigkeit von 100 bis 150 Metern haben und
sehr viel Wasser enthalten.
Wenn man in den meisten Fällen einen erfolgreichen Kampf mit diesem Element geführt
hat, so ist dieß stets nur mit großen Kosten möglich gewesen.
So hat z.B. die Steinkohlengesellschaft von dem Couchant des FIénu fast drei
Millionen Francs verausgabt, um an einem Punkt des Kohlenbeckens, wo die Mächtigkeit
des Mergels etwa 130 Meter betrug, das Flötz mit einem Schacht auszurichten. Der
Wasserzufluß war dort der Art, daß man zu seiner Gewältigung während des Abteufens
drei Dampfmaschinen von zusammen 500 Pferdekräften anwenden mußte.
In dem Felde des Centrums bietet die Durchsinkung der mortsterrains noch größere Schwierigkeiten dar, als im Couchant von Mons;
das Steinkohlengebirge ist dort von schwimmendem Sande bedeckt, dessen Mächtigkeit
nach Süden zu, wo jetzt fast der ganze Bergbau stattfindet, steigt.
Wenn man den schwimmenden Sand in einer gewissen Teufe trifft, so reichen die
bekannten Mittel zur Ueberwindung der Schwierigkeiten nicht mehr aus. Es wurden sehr
viele fruchtlose Versuche gemacht, um Gebirge von dieser Beschaffenheit zu
durchsinken, und es ist unseres Wissens bis jetzt nur eine bedeutende derartige
Arbeit gelungen, nämlich diejenige, welche von der Steinkohlen-Gesellschaft
von Strépy-Braquegnies im J. 1847 unternommen wurde.
Nachdem man länger als zehn Jahre hindurch wiederholt und an verschiedenen Punkten
der Concession das Durchsenken des hangenden schwimmenden Sandes versucht hatte, kam
ein Schachtbetrieb in einem Lager desselben zu Stande, der eine Mächtigkeit von etwa
22 Metern hatte. Die Arbeit wurde mit Hülfe der verdichteten Luft ausgeführt, welche
schon im Becken der Loire von dem französischen Ingenieur Triger zu demselben Zweck angewendet worden
war.Polytechn. Journal Bd. XCVIII S. 171
und Bd. XCIX S. 199. A. d. Red.
Die Entdeckung dieses neuen Mittels beim Schachtabteufen machte anfänglich großes
Aufsehen in der technischen Welt; offenbar kann aber die verdichtete Luft nicht
benutzt werden, wenn sich das schwimmende Lager in einer bedeutenden Teufe unter dem
Wasserniveau findet, d.h. in mehr als 30 Metern. Man begreift, daß wenn unsere
Organe nur mit großen
Beschwerden einen Druck von drei bis vier Atmosphären auszuhalten vermögen, es
offenbar unmöglich seyn muß in einem Raum zu arbeiten, in welchem das Gas über diese
Gränze hinaus verdichtet wäre. Uebrigens ist die Arbeit in der verdichteten Luft
selbst dann nicht ohne Gefahr, wenn sie unter vier Atmosphären bleibt. Wir haben die
zu Strepy gemachten Versuche Tag für Tag verfolgt und können die Versicherung geben,
daß es unmöglich gewesen seyn würde unter diesen Verhältnissen den Schachtbetrieb
lange fortzuführen.
Es bleibt daher das Schachtabteufen in dem Hangenden schwimmenden Gebirge ein
kostspieliges und oft gar nicht zu überwindendes Hinderniß für den
Steinkohlenbergbau im Hennegau. Viele Concessionen dieser Reviere konnten gar nicht
in Abbau genommen werden, da die bekannten Mittel zur Ausrichtung der Kohlenstoße
nicht ausreichten. Der Oberflächenraum des Steinkohlengebirges in der Provinz
beträgt 78000 Hektaren, während die jetzt im Betriebe stehenden Gruben nicht mehr
als höchstens 12000 Hektaren umfassen, von denen ein bedeutender Theil ebenfalls
unzugänglich ist und zwar nur wegen der Beschaffenheit des hangenden Gebirges.
Es erleidet keinen Zweifel, daß wenn das Abteufen der Schächte durch ein wohlfeileres
Mittel bewirkt werden könnte, die Concessionen im nördlichen Theil des Borinage und
die von Havré, Thieu, Maurage und Péronnes im Centrum, in Abbau
genommen werden könnten. Die vier letztern haben allein ein Feld von 8000 Hektaren.
Auch würde ein solches Mittel für die jetzt im Betriebe stehenden Gruben ein großer
Vortheil seyn, und zwar sowohl für die im Flénu, als im Centrum.
Das Kind'sche Verfahren hat nun den Zweck, die
Schwierigkeiten mit denen man bis jetzt vergebens gekämpft hat und besonders die
Kosten wesentlich zu vermindern, welche durch die Arbeiten, von denen wir reden,
veranlaßt worden. Dasselbe würde nämlich das Abteufen ohne Wassergewältigung
gestatten; dadurch würde es möglich werden, die morts-terrains in jeder Teufe und mit jeden noch so starken
Wasserzuflüssen vorzunehmen.
Eine Erfindung, welche solche Resultate verspricht, muß Epoche in den Annalen des
Bergwerksbetriebes machen.
Darstellung des Kind'schen Systems.
Das Erfindungspatent des Hrn. Kind umfaßt eine Reihe von Werkzeugen, als Meißel, Löffel,
Fanginstrumente u.s.w., mit deren Hülfe man die weiten Schächte abbohrt und zwar
mittelst eines ähnlichen Verfahrens wie beim Niederbringen gewöhnlicher
Bohrlöcher.
Die Form und die Verbesserung der Apparate, welche durch starke Motoren in Betrieb
gesetzt werden, bilden den wesentlichsten Theil des neuen Systems.
Das Patent umfaßt auch eine eigenthümlich construirte Cuvelirung zur Bekleidung der
Schachtwände. Es sind dieß Cylinder aus Holzstücken bestehend, welche aufrecht
stehen und so zusammengefügt sind, daß sie in der Breitenrichtung Gewölbsteine
bilden. Die in diese Stellung gebrachten Stücke widerstehen dem Druck besser und
können eine geringere Dicke haben.
Endlich umfaßt das Patent auch eine neue Methode des hydraulischen Verschlusses, der
darin besteht, daß ein Raum zwischen der Cuvelirung und den Schachtstößen mit einem
Cement ausgefüllt wird, so daß nach der Erhärtung dieses Mantels die Cuvelirung
dicht wird, d.h. daß der Schacht gänzlich von den Wassern abgeschlossen wird, welche
das Gebirge, den er durchsunken hat, führt.
Beim Durchsinken wasserreicher Schichten beginnt Hr. Kind damit, den Schacht auf dieselbe Weise
abzuteufen, als bei einer gewöhnlichen Bohrung, und folglich ohne die Wasser zu
Sumpfe zu halten. Wenn man nun die verlangte Teufe unter dem schwimmenden Gebirge
erreicht hat, so senkt man eine hölzerne Cuvelirung, welche die oben angegebene
Construction hat; dieselbe läßt zwischen sich und den Schachtstößen einen 0,15 bis
0,20 Meter (6 bis 8 Zoll) weiten, leeren Raum, den man auf seine ganze Höhe mit
Wassermörtel ausfüllt und sobald dieser gehörig festgestampfte Mörtel hinreichend
fest geworden ist, wird die geringe Wassermenge, welche sich im Schacht befindet,
herausgepumpt, so daß man zum Tiefsten gelangen kann. Man setzt alsdann den
Schachtbetrieb in dem trockenen Gebirge auf gewöhnliche Weise fort, wenn man es
nicht vorzieht, das weitere Abteufen mit dem Bohrer zu bewirken.
Die Schlußarbeit, d.h. die Einbringung des Wassermörtels, erfordert große Sorgfalt
und die Anwendung geeigneter Werkzeuge.
In sehr bröckeligem und sehr beweglichem Gebirge ist eine vorläufige Verröhrung
nothwendig, um das Hereingehen der Schachtstöße beim ersten Theil der Arbeit zu
verhindern. Jedoch stehen die meisten, selbst schwimmenden Gebirge, im Wasser sehr
gut.
Wenn das Kind'sche Schachtbetriebs-System, wovon
wir jetzt einen Begriff zu geben gesucht haben, in allen schwimmenden Gebirgen
angewendet werden kann, wie der Erfinder behauptet, so würde es einst möglich seyn,
die Bergleute gegen die stets mühseligen und ungesunden, oft auch sehr gefährlichen
Arbeiten zu schützen, welche der Schachtbetrieb in den erwähnten Gebirgen mit sich
bringt. Man könnte alsdann diese Arbeiten schneller und wohlfeiler ausführen.
Es würde endlich auch möglich seyn, schwimmenden Sand zu durchsinken, was man stets
als ein unüberwindliches Hinderniß angesehen hat, besonders über eine gewisse Tiefe
hinaus.
Was uns betrifft, so müssen wir gestehen, daß eine ganz specielle Untersuchung des
Verfahrens und der Apparate, deren man sich dabei bedient, uns gar nicht an der
Möglichkeit des Erfolgs zweifeln läßt. Vielleicht werden noch einige Verbesserungen
gemacht werden müssen; unvorhergesehene Schwierigkeiten werden auch die ersten
Versuche, unter noch nicht dagewesenen Umständen, scheitern lassen; mit Ausdauer
verfolgt, werden sie jedoch zu einem guten Ende geführt werden, wie es mit andern
der Fall gewesen ist.
Die mit dem Kind'schen Verfahren angestellten
Versuche.
Wir haben schon bemerkt, daß der erste Versuch mit dem Kind'schen System im Jahre 1848 angestellt wurde. Der Erfinder unternahm
zuvörderst die Abbohrung eines Bohrlochs oder Schachtes von 0,65 Meter (26 Zoll)
Durchmesser, welches im Verhältniß zu den Durchmessern der gewöhnlichen Bohrungen
schon bedeutend war.
Die Arbeit begann am 18. December 1848 und am 8. August 1849 hatte sie eine Tiefe von
269 Meter erreicht, nachdem sehr verschiedenartige, meistens sehr harte Gebirgsarten
durchbohrt worden waren. Der Gebirgsdurchschnitt war folgender:
Rother Vogesen-Sandstein
76,89
Met.
Steinkohlen-Sandstein und
Schieferthon
121,88
„
Quarziger rother Sandstein (sehr
hart)
19,33
„
Grauer Schiefer und
Steinkohlenflötze
21,25
„
–––––––––––
269,47
Meter.
So hatte denn in acht Monaten die Bohrarbeit mit Einschluß der nothwendigen und bei
solchem Betrieb ganz unvermeidlichen Unterbrechungen eine Tiefe von fast 270 Meter
erreicht, und man hatte daher täglich im Durchschnitt 1,50 Meter abgebohrt.
Der Erfolg dieses ersten Unternehmens ermuthigte den Erfinder, er entwarf die Modelle
der zu einer Bohrung im größern Maaßstab erforderlichen Werkzeuge, indem er einen
weiten Schacht abzubohren beabsichtigte.
Zum Betrieb der Bohrung von 0,65 Meter Weite benutzte man eine Dampfmaschine von 10
bis 12 Pferdekräften, weil das Gewicht und die Handhabung der Bohrwerkzeuge von der
Art waren, daß Menschenkräfte nicht mehr ausreichten. Diese Maschine diente zu einem
doppelten Zweck: sie wurde zum Einlassen und Aufholen des Gestänges und der
Bohrwerkzeuge, und auch zum Abbohren benutzt. Zu dem Ende war auf der
Schwungradswelle ein Hebedaumen angebracht, welcher auf einen Schwengel wirkte, an
dem der Bohrer hing.
Wer die gewöhnliche Bohrarbeit kennt, weiß daß die Maschine abwechselnd die eine und
die andere Arbeit verrichten muß, und daß man nach jeder Bohroperation oder Hitze
die Wirkung des Motors mittelst einer Aus- und Einrückung verändern muß.
Man erkannte aber sehr bald, daß die auf diese Weise eingerichtete Maschine zur
Unternehmung der großen Arbeit unzureichend war, und man entschied sich daher dahin,
die Maschine von 12 Pferdekräften nur zum Anholen und Einlassen des Bohrgestänges zu
benutzen, und zum Abbohren eine zweite Maschine aufzustellen.
Es waren daher zwei verschiedene Motoren vorhanden, von denen der eine das
Bohrgestänge aus dem Bohrloch aufholte und es in dasselbe einließ, während die
zweite das Gestänge anhob, worauf es wieder niederfiel und stoßend wirkte. Das
Gewicht des bei so weiten Bohrlöchern angewendeten Bohrers beläuft sich auf 4 bis
5000 Kilogr. (80 bis 100 Centner).
Der weite Schachtbetrieb wurde am 9. August 1849 begonnen; die Arbeit bestand in der
Erweiterung der 0,65 Meter weiten Bohrung, um ihr einen Durchmesser von 4,15 Meter
(13 1/4 rheinl. Fuß) zu geben, d.h. eine Weite wie sie die größten Schächte
haben.
Der Erfolg übertraf die Erwartungen; am 2. Februar 1851 hatte der Schacht in einer
Teufe von 80,72 Meter das Steinkohlengebirge ausgerichtet und am 11. Julius
desselben Jahres hatte er eine Teufe von 110,53 Meter erreicht, wovon etwa 30 Meter
im Kohlensandstein. Unglücklicher Weise entschied man sich an diesem Punkte zur
Einstellung der Arbeit.
Die Berichte der Bergingenieure gestatteten die Annahme, daß das Steinkohlengebirge
einen Damm, d.h. eine wasserdichte Basis unter dem Vogesen-Sandstein bildet,
und man glaubte daher die Cuvelirung in diesem Lager aufsitzen lassen zu können, so
daß darunter noch ein Durchschnitt von mehr als 100 Metern blieb, welche die
kleinere Bohrung durchsunken hatte.
Eine Cuvelirung nach dem neuen System, von Eichenholz, von 3,50 Meter (11 Fuß 2 Zoll
rh.) innern Durchmesser, wurde in den Schacht eingesenkt. Der erste Cylinder wurde
am 6. August 1851 eingelassen und am 12. Oktober desselben Jahres war das Ganze
beendigt.
Am 20. October fing man an, den Raum zwischen der Cuvelirung und den Schachtstößen
mit Wassermörtel auszufüllen, was am 29. Dec. beendigt war.
Die Arbeit wurde mit aller Genauigkeit und mit der bekannten Sorgfalt des Hrn.
Kind ausgeführt, und man
gab sich der Erwartung eines sichern Erfolges hin.
Als man aber das im Schacht stehende Wasser gewältigen wollte, fand sich daß man
unter einem Stande von 45 Meter nicht Herr der Zuflüsse zu werden vermochte; die
Arbeit war daher gänzlich verfehlt.
Man machte nun unzählige Versuche, um den fehlerhaften Punkt zu erkennen, und fand,
daß die Mörtelschicht, welche das Schachttiefste bedeckte, gehoben worden war; auch
drang das Wasser in Menge aus dem alten Bohrloch von 0,65 Meter Weite, welches, wie
wir schon bemerkt haben, noch 100 Meter unter der Cuvelirung niederging.
Dieser Umstand, so wie mehrere andere, lassen nach Hrn. Kind gar keinen Zweifel über die Undichtheit des
Gebirges unter der Cuvelirung.
Der unglücklicherweise in Folge einer Reihe von Umständen, die ganz unabhängig von
dem befolgten Verfahren erscheinen, mißglückte Versuch, hatte der
Stiringer-Gesellschaft viel Zeit und viel Geld gekostet; man zweifelte jedoch
keinen Augenblick an der Möglichkeit des Gelingens und ging sogleich ausans Werk, um einen zweiten Schachtbetrieb zu beginnen.
Am 1. December 1852 war der Schacht Nr. 2 im Bohren begriffen. Man machte das
Bohrloch 1,30 Meter (4 1/6 Fuß) weit und erweiterte alsdann den Schacht bis auf 4,15
Meter.
Der Schacht Nr. 2 ist etwa 1000 Meter von demjenigen Nr. 1 entfernt, und von ihm aus
soll eine zweite Grube betrieben werden.
Obgleich die zu durchsinkenden Gebirgsschichten dieselben waren und dieselben
Schwierigkeiten darboten als beim Absinken des Schachts Nr. 1, so erfolgte doch
dieser zweite Betrieb weit schneller und fast ohne irgend einen Unfall. Man hatte
offenbar durch die beim ersten Bohren gemachten Erfahrungen viel gelernt.
Ein dritter, zur Wetterhaltung bestimmter Schacht, war jetzt (im Herbst 1853) im
Absinken begriffen; er ist 1,61 Meter (5 1/6 Fuß) weit, und sollte bei einer Teufe
von 200 Meter am Schluß des Jahres beendigt seyn.
Eine Frage der innern Verwaltung, auf die wir hier nicht weiter eingehen, hat die
Entscheidung veranlaßt, daß die Cuvelirung des Wetterschachtes vor der Vollendung
der Schächte Nr. 1 und 2 eingebracht werden soll.
Folgerungen.
Man kann aus dem Gesagten zu der Ueberzeugung gelangen, daß der erste Theil des Kind'schen Verfahrens, d.h. das Schachtbohren, wiederholt
und mit Erfolg angewendet worden ist. Die Betriebskosten waren weit geringer, als
bei dem gewöhnlichen Verfahren, und der Zeitraum, innerhalb dessen ein Schacht
niedergebracht werden konnte, war weit kürzer.
Der Erfinder zweifelt gar nicht, daß man jede derartige Arbeit mit fast sicherm
Erfolg, wenigstens in den Gebirgen wie sie gewöhnlich in Belgien vorkommen,
ausführen könnte. Es ist daher die Kind'sche Erfindung
jedenfalls für den Bergbau eine sehr wichtige.
Es gibt wirklich sehr viele Fälle, wo der Schachtbetrieb durch das neue Mittel,
unabhängig von der Cuvelirung und der Verdichtung mit Mörtel, große Vortheile
gewährt. Die Anlagekosten würden weit geringer und man würde nicht eher einer
starken Fördermaschine bedürfen, als bis man die Lagerstätte ausgerichtet und über
ihre Beschaffenheit und Ergiebigkeit einige Sicherheit erlangt hat.
Auch unter vielen andern Umständen könnte das Abteufen von Schächten ohne
Wassergewältigung bedeutende Dienste leisten, und eine größere Sicherheit und
Ersparnisse gegen das bis jetzt angewendete gewöhnliche Verfahren gewähren. Wir
wollen jedoch auf die Vortheile welche das Kind'sche
System in dieser Beziehung gewährt, nicht weiter eingehen; sein wahrer Zweck wird
unseres Erachtens nur dann erreicht werden, wenn die Cuvelirung und der hydraulische
Verschluß mittelst Wassermörtel vollständig gelungen sind.