Titel: | Beschreibung einer locomobilen Dampfmaschine zur Wasserhebung und Förderung; von Rudolph Sauer, k. k. Kunstmeister zu Mähr. Osterau. |
Fundstelle: | Band 134, Jahrgang 1854, Nr. XXVI., S. 92 |
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XXVI.
Beschreibung einer locomobilen Dampfmaschine zur
Wasserhebung und Förderung; von Rudolph Sauer, k. k. Kunstmeister zu Mähr. Osterau.
Aus der österreichischen Zeitschrift für Berg- und
Hüttenwesen, 1854, Nr. 39.
Ueber eine locomobile Dampfmaschine zur Wasserhebung und
Förderung.
Diese Maschine, welche längere Zeit im k. k. polytechnischen Institut zu Wien
ausgestellt war, gelangte kürzlich auf den k. k. Kohlengruben zu Jaroczyn im Krakauer Gebiete zur
Aufstellung. Sie wurde in der Cockerill'schen
Maschinenfabrik zu Seraing in Belgien gebaut und sieht in der Hauptsache einer
gewöhnlichen Locomotive im kleineren Maaßstabe ähnlich; sie hat eine Stärke von
sechs Pferdekräften und arbeitet ohne Expansion mit vier Atmosphären effectiver
Dampfspannung. Der cylindrische Kessel ist 3,23 Met. = 10' 2 1/2' Wien. Maaß lang
und hat 1,06 Met. = 4,0 Fuß Durchmesser; er sitzt auf einem viereckigen Rahmen von
zwei Längs- und zwei Querhölzern aus 7/10'' starkem Eichenholze, auf welchen
Rahmen er mittelst sechs an den Kessel angenieteten Pratzen aufgeschraubt und
befestigt ist. Dieser Rahmen ruht seinerseits auf den vier Rädern, welche die ganze
Maschine tragen, und zwar ist die 3'' im Quadrat starke Achse der Hinterräder
unmittelbar, jene der Vorderräder aber mittelst vier Bügel an den Rahmen befestigt.
Die Räder haben 5'' breite Felgen, und sind mit 1'' starken Reifen beschlagen; die
hintern Räder haben 52, die vordern 25'' Durchmesser. An der Achse der Vorderräder
ist die Deichselstange angebracht, und mittelst einer nußartigen Schale nach den
Seiten beweglich gemacht.
Der Feuerkasten befindet sich vorne im Kessel und zwar 4'' vom Boden desselben
entfernt, er ist gleichfalls cylindrisch und hat 1,48 Met. = 4' 81/4'' Länge und
0,70 Met. = 26 1/2'' Durchmesser; er enthält den Rost von 33'' Länge und 26 1/2''
Breite = 6,1 Quadratfuß Fläche nebst einer 3'' breiten, aus feuerfesten Ziegeln
hergestellten Feuerbrücke, und hinter derselben einen Aschensammelkasten von 12''
Breite, welch letzterer vom Aschenfall aus gereinigt werden kann. Der Rost ist vorne
an der Feuerthür 13'' von der Kesselwand entfernt und hat auf seiner Länge einen
Fall von 2 3/4'' nach rückwärts.
Die Feuerröhren, 54 an der Zahl, sind von Schmiedeisen; sie haben zwischen den
Rohrplatten 1,20 Met. 3' 9 1/2'' Länge und 0,045 Met. 1 3/4'' inneren Durchmesser;
die Gesammtfeuerfläche beträgt 13 Quadatmeter = 130 Quadratfuß, sonach kommen auf 1
Pferdekraft 21,7 Quadratfuß Feuerfläche. Der Rauchlasten ist 19 1/2'' lang, die Esse
von 13 1/2'' lichtem Durchmesser, hat 9' Höhe und ist in einer Höhe von 2' über dem
Kessel getheilt und mit Scharnier und Schrauben verbunden, um sie beim Transport
abnehmen oder bloß umlegen zu können.
Der Kessel hat oben ein Dampfreservoir in halbcylindrischer Form von 0,20 Met. = 7
1/2'' Durchmesser und 2,30 Met. = 7' 3'' Länge, auf welchem die beiden
Sicherheitsventile (ein offenes und ein geschlossenes, jedoch beide mit
Hebelbelastung), und der Schwimmer mit Alarmpfeife angebracht sind. Außer diesen
Montirungsstücken befinden sich am Kessel noch an der Vorderwand neben der Heizthüre
ein Wasserstands-Indicator mit zwei Probirhähnen und ein Manometer. Der ganze Kessel
und das oben erwähnte Dampfreservoir ist zur Verminderung der Abkühlung in einer
Entfernung von etwa 2'' mit einer schwachen Blechwand verkleidet. Vor der Heizthüre
ist für den Stand des Maschinenwärters eine Plattform von 3' 6'' Länge und der
Breite des Wagengestelles, aus gußeisernen Platten bestehend, hergestellt.
Der Dampfcylinder liegt hier seitwärts des Kessels, und zwar vom Stande des
Maschinenwärters links, unmittelbar vor dem hintern Rade, und ist sammt seiner
Führung auf einem Gestelle mittelst eiserner Lagerplatten befestigt, welches aus dem
einen Längsbalken des schon im Obigen erwähnten Holzrahmens, auf dem die ganze
Maschine steht, und einem diesem parallelen Balken, welche beide mehrere
Querverbindungen haben, besteht. Der Cylinder liegt horizontal, er hat 8'' 10'''
Durchmesser und 21 1/4'' Hublänge; der Dampf wird von dem auf dem Kessel
befindlichen Dampfreservoir mittelst eines kupfernen Dampfrohres unmittelbar zum
Dampfkasten des Cylinders geführt; die Regulirung und Absperrung des Zuflusses
erfolgt mittelst eines einfachen Hahnes, der vom Stande des Maschinenwärters aus
bewegt werden kann. Der abstoßende Dampf wird in den Kamin geleitet, hat jedoch
keine Vorrichtung zur Regulirung der Ausströmung. – Der Schieberkasten liegt
auf der vordern Seite des Cylinders, so daß die ganze Steuerung bequem von außen
zugänglich ist. Letztere geschieht mit doppeltem Excentrik und einem Kreissegmente,
an dessen obern und untern Ende die Excentrikstangen befestigt sind. Die
Verschiebung des Kreissegmentes behufs der Vor- und Rückwärtssteuerung bei
der Förderung erfolgt mittelst eines Hebelwerks, dessen Zugstange vom Stande des
Maschinenwärters auf die bei Locomotiven übliche Art bewegt wird. Die
Schwungradwelle liegt ganz vorne vor dem Rauchkasten des Kessels und läuft in zwei
Lagern, die auf den Längsbäumen des Wagengestells festgeschraubt sind. Das
Schwungrad, welches auf der dem Cylinder entgegengesetzten Seite auf der
Schwungradwelle aufgesetzt ist, und 1260 Pfunde wiegt, hat 1,99 Met. = 75 1/2''
Durchmesser und 6'' Breite; es dient zugleich als Riemenscheibe, und mittelst
derselben erfolgt die Uebertragung der Bewegung auf die Arbeitsmaschine. Im normalen
Gange macht die Schwungradwelle 50 Umgänge per
Minute.
Die Speisepumpe ist an dem Gestelle der Maschine auf der äußern Seite in etwas
liegender Stellung befestigt und wird durch eine kleine Kurbel in der Verlängerung
der Schwungradwelle bewegt; sie nimmt ihr Wasser aus einem cylindrischen blechernen
Reservoir, in welches nach Bedarf Dampf vom Abstoßrohr zur Erwärmung des Wassers
eingelassen werden kann.
Das Gewicht der ganzen Maschine im demontirten Zustande, d.h. ohne Schwungrad, ohne
Kamin und ohne die kleineren Montirungsbestandtheile, wie selbe von Seraing nach
Javorzno transportirt wurde, beträgt 103 Centner; ganz zusammengestellt, jedoch ohne
Wasserfüllung des Kessels, ist das Gewicht 129 Cntr.; der Anschaffungspreis loco Seraing betrug 6000 Fr.
Bei ihrer Verwendung bleibt die Maschine auf den Rädern stehen, und wird bloß auf
einen planirten Boden, der mit einer Pfostendielung belegt ist, gestellt, und wenn
sie bezüglich der Arbeitsmaschine die richtige Stellung hat, werden die Räder
mittelst vorgeschobener und verklammerter Balken arretirt, so daß die Maschine keine
Bewegung nach vor- oder rückwärts annehmen kann. Sollte der Boden, auf den
man die Maschine stellen will, nicht die gehörige Festigkeit haben, so kann man eine
1 Fuß starke Lettenstauchung geben, und auf diese die Pfostendielung legen.
Beim Transport von einem Schachte zum andern kann, wenn es anders die Straßen oder
Wege erlauben, die ganze Maschine zusammengestellt bleiben, und höchstens das
Schwungrad abgenommen und der Kamin umgelegt werden. Es kann somit die ganze
Aufstellung an einem neuen Verwendungsorte in einem Tage beendet seyn, woraus sich
der Vortheil gegenüber den stabilen Dampfmaschinen für alle Gruben- und
insbesondere Kohlenbetriebe herausstellt, deren Förderung von einem Schachte aus nie
auf eine lange Zeitdauer sich erstreckt.
Das zu dieser Maschine gehörige gangbare Gezeuge wurde in der ehemaligen
Maschinenfabrik am Tabor bei Wien bestellt und angefertigt, und es erstreckt sich
auf einen completen Förder- und Wasserhebungsapparat. Von dem Schwungrade der
Maschine erfolgt die Uebertragung der Bewegung mittelst eines 5'' breiten Riemens
auf eine Zwischenwelle, welche in der Mitte eine Riemenscheibe von 60'' Durchmesser
und an dem einen Ende ein kleines Getriebrad von 14 1/2'' Durchmesser trägt, welch
letzteres zu beiden Seiten in zwei gleich große Stirnräder von 66'' Durchmesser
eingreift. Auf der Welle des einen dieser Räder sitzen die beiden Treibkörbe von 5'
Durchmesser, auf der Welle des zweiten Rades ist am andern Ende die Kurbel
angebracht, von welcher die Zugstange zu den beiden Kunstwinkeln geht. Die
Umsetzungsverhältnisse der Räder sind derart angeordnet, daß bei 50 Umgängen der
Schwungradwelle die Zwischenwelle 63 und die Förderkorb- sowohl, als auch die
Welle der Kunst 14 Umgänge per 1 Minute machen. Bei der
angegebenen Umdrehungszahl und dem Förderkorbdurchmesser von 5' beträgt die
Fördergeschwindigkeit des Seiles 3 1/2' per 1 Secunde. Der Hub der Kunstkurbel
und mithin auch der Hub der Pumpensätze ist 3', die Kunstwinkelarme haben 4'
Länge.
Für den Fall, als mit der Maschine bloß Wasser gehoben und nicht gefördert werden
soll, wird der Kurbelzapfen unmittelbar in einen dazu vorgerichteten Arm des
Stirnrades gesteckt, und für diesen Fall ist auch eine eigene kürzere Welle für die
Riemenscheibe beigegeben. Es versteht sich von selbst, daß das Fördern und
Wasserheben mit dieser Maschine nicht gleichzeitig, sondern nur abwechselnd
vorgenommen werden darf.
An ihrem gegenwärtigen Verwendungsorte ist jetzt die Maschine bloß zum Wasserheben
bestimmt, mit ganz besonderem Vortheile wird sie aber jederzeit bei der Förderung
wegen ihrer leichten Umsteuerung verwendet werden können.