Titel: | Holly's Ausströmungs-Ventil für Locomotiven. |
Fundstelle: | Band 134, Jahrgang 1854, Nr. XXX., S. 98 |
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XXX.
Holly's
Ausströmungs-Ventil für Locomotiven.
Aus dem Practical Mechanic's Journal, August 1854, S.
101.
Mit einer Abbildung auf Tab. II.
Holly's Ausströmungs-Ventil für Locomotiven.
Hr. Holly, Ingenieur in der
Maschinenfabrik von Corliss und Comp. zu Providence in den Vereinigten Staaten, hat an den Locomotiven ein
Ausströmungs-Ventil angebracht, welches sich, gleich einem Sicherheitsventil,
an jedem Ende beider Cylinder öffnet. Ein solches Ventil hat große Vortheile gegen
den gewöhnlichen Hahn, indem es sich, wie das gewöhnliche Ausströmungs-Ventil
bei den Marine-Dampfmaschinen, im Fall eines außerordentlichen Drucks, der
aus irgend einer Ursache entstanden ist, von selbst öffnet. Fig. 18 stellt ein mit
solchen Ventilen versehenes Cylinderpaar dar. Am tiefsten Punkt jedes Cylinders A, wo gewöhnlich der Hahn vorhanden ist, ist ein Ventil
B in einem cylindrischen Ventilsitz angebracht,
welches sich nach außen öffnet. In ihren Sitzen werden diese Ventile mittelst einer
Feder C erhalten, die dem gewöhnlichen Dampfdruck in den
Cylindern hinlänglichen Widerstand leistet. Die Wirkung der Feder kann durch einen
Keil D gesteigert oder vermindert werden; es ist nämlich
der Keil durch zweckmäßige Gelenke mit einem Hebel verbunden, der sich zur Hand des
Locomotivführers befindet. Wird der Keil so zurückgezogen, daß der Druck der Feder
demjenigen des Dampfs auf die Ventile nicht Widerstand leisten kann, so wird der
Dampf bei jedem Kolbenzuge hindurchblasen, gerade wie dieß der Fall ist, wenn die
gewöhnlichen Cylinderhähne geöffnet sind. Wird dagegen der Keil hineingedrückt, so
übersteigt der Druck der Feder denjenigen des Dampfs bedeutend, daher die Ventile
geschlossen bleiben und der Dampf nicht entweichen kann. Man sieht demnach, daß der
Verschluß und die Oeffnung der Ventile sehr leicht bewirkt werden kann, und
letzteres ist besonders dann nothwendig, wenn der Dampf Wasser mit sich gerissen
hat, oder wenn ein außerordentlicher Druck stattfindet. Ein zwar selten vorkommendes
Ereigniß beim
Locomotivenbetrieb, ist das Zerspringen eines Cylinders oder Cylinderdeckels in
Folge übermäßigen Drucks, der von einem sorglosen Verschluß des Regulators bei
Umkehrung der Ventilbewegung herrührt, während sich die Maschine noch mit einer
bedeutenden Geschwindigkeit bewegt; in einem solchen Fall würde nun das vorliegende
Ventil die Cylinder sofort von Dampf oder vielmehr von zusammengepreßter Luft
befreien. Wenn eine Locomotive bei voller Geschwindigkeit plötzlich umgesteuert,
d.h. in eine entgegengesetzte Richtung des Ganges gebracht wird, so fährt sie doch
noch eine längere oder kürzere Zeit fort, sich in der angenommenen Richtung zu
bewegen, während welcher Zeit der Dampfdruck auf die Kolben die Räder auf den
Schienen in die entgegengesetzte Richtung zu bringen sucht; wenn sich die Räder nach
rückwärts drehen, so ist die einzige Wirkung, eine Abnutzung derselben und der
Schienen; wenn dagegen die Räder auf den Schienen nicht gleiten, sondern in einer
der Ventilbewegung entgegengesetzten Richtung sich drehen, so wird jeder Cylinder
eine doppeltwirkende Druckpumpe, welche die atmosphärische Luft durch das Blasrohr
einsaugt und sie in den Kessel pumpt. Das Gesagte wird hinreichen, um Jedermann von
dem ungeheuren Druck zu überzeugen, welcher sich in den Ventilkästen und deren
Umgebung anhäuft, wenn der Regulator unter solchen Verhältnissen geschlossen
ist.