Titel: | Kornreinigungs-Maschine mit Stoß, zur Zerstörung des Kornwurms; von Hrn. Ch. Herpin in Metz. |
Fundstelle: | Band 134, Jahrgang 1854, Nr. XXXVI., S. 111 |
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XXXVI.
Kornreinigungs-Maschine mit Stoß, zur
Zerstörung des Kornwurms; von Hrn. Ch. Herpin in Metz.
Aus Armengaud's Génie industriel, August 1854, S.
57.
Mit Abbildungen auf Tab.
II.
Herpin's Kornreinigungs-Maschine mit Stoß.
Wir wollen hier das Verfahren des Hrn. Herpin zur Zerstörung des im Inneren der Getreidekörner lebend
vorhandenen Kornwurms mittheilen, und zuvörderst einige geschichtliche Bemerkungen
über die Bemühungen, welche man auf die Zerstörung der dem Getreide schädlichen
Insecten verwendet hat,
darnach die mit großer Geschwindigkeit betriebene Reinigungsmaschine beschreiben,
welche der Erfinder zu diesem Zweck anwendet.
Bekanntlich ist der Kornwurm ein Insect, dessen Raupe im Innern der Getreidekörner
lebt. Die Motte desselben legt ihre Eier an die Getreidekörner.
Die junge Raupe, welche mit starken Kiefern versehen ist, macht eine fast unmerkliche
Oeffnung in die Hülse der Körner, in der Rinne derselben, dringt ein, und verzehrt
sie nach und nach, so daß nach einigen Wochen von dem Korn nichts übrig ist als die
leere Hülse, welche nur Kleie gibt.
Das von der Hülse selbst geschützte Insect, auf welches keine äußere Einwirkung
stattfinden kann, setzt seine Verheerungen um so mehr ungestört fort, da kein
äußeres Zeichen den Landwirth von dem Vorhandenseyn dieses furchtbaren Feindes
benachrichtigt, als etwa die sich von selbst in dem Getreidehaufen entwickelnde
außerordentliche Wärme und die fortschreitende Gewichtsverminderung der Körner.
Das Getreide verliert 10, 20 und selbst 50 Procent von dem Gewicht, welches es nach
der Ernte und vor seinem Aufschütten hatte; die mehlige Substanz, welche es
enthielt, ist mehr oder weniger verschwunden und durch die Excremente, die Haut und
die übrigen Reste des Insects ersetzt; die Körner sind mehr oder weniger leer, so
daß zuweilen nur die Hülse übrig bleibt.
Dieß ist aber noch nicht Alles. Ehe das Insect den Getreidehaufen verläßt, setzt es
in demselben eine zahlreiche Nachkommenschaft ab, welche die Verheerungen von Neuem
beginnt. – Ein einziges Weibchen des Kornwurms kann im Verlauf eines Sommers
mehr als sechstausend von diesen Insecten liefern.
Der Kornwurm greift das Getreide auf dem Halm, im Felde selbst an; die Verheerungen
des Insects dauern aber auch auf den Kornböden und in den Scheunen fort und zwar der
Art, daß wenn das Ausdreschen und das Vermahlen verzögert wird, man drei Viertel der
Ernte und darüber verlieren kann.
Das mit Getreide, welches vom Kornwurm angegriffen ist, gebackene Brod enthält, wenn
das Mehl nicht gut gebeutelt worden ist, Reste und Excremente der Insecten und hat
einen unangenehmen und widrigen Geschmack. Der Genuß solchen Brodes, ja selbst das
Ausdreschen und Reinigen des Kornwürmer enthaltenden Getreides können schwere
Krankheiten veranlassen.
In Frankreich beobachtete man den Kornwurm zuerst im J. 1750 und er zeigte sich
später zu verschiedenen Zeiten und in verschiedenen Departements.
Hr. Herpin hat seit 20 Jahren
nicht aufgehört auf diesen wichtigen Gegenstand Behörden und Ackerbaugesellschaften
aufmerksam zu machen. Im J. 1836 schrieb er an die
Central-Ackerbau-Gesellschaft:
„Die Gesellschaft wird nicht ohne tiefen Schmerz die Berichte lesen,
welche ihr über die von dem Kornwurm verursachten Verheerungen eingesendet
worden sind. Ein Uebel, dessen Wirkungen so schrecklich sind, welches, wo es
auftritt, Hungersnoth und Epidemien veranlassen kann, verdient im höchsten Grade
die Aufmerksamkeit der Centralgesellschaft für Ackerbau, und muß dieselbe
veranlassen, bei der Regierung darauf zu dringen, daß dieselbe kräftig
einschreitet, um die Fortschritte desselben zu hemmen. Die Gesellschaft muß auch
genaue Untersuchungen anstellen lassen und auf Mittel bedacht seyn, das Insect
zu zerstören, welches so fürchterliche Verheerungen angerichtet hat und später
in Gegenden, wo es noch nicht war, eben solche anrichten wird.“
Im J. 1849 sandte der Minister für Landwirthschaft Hrn. Guérin-Méneville nach den
Departements (des Allier etc.), wo der Kornwurm verheerend aufgetreten war, um die
Naturgeschichte dieses Insects, die Phasen seines Lebens, seine Gewohnheiten etc.
genau zu studiren.
Die Sendung des Hrn. Guérin versprach die besten Resultate, leider war er aber
nicht mit den Mitteln zur Fortsetzung der Versuche versehen.
Die Central- und die Departemental-Gesellschaften für Landwirthschaft
setzten ihrerseits Preise aus auf Mittel zur Verhinderung oder Unterbrechung der
Verheerungen des Kornwurms.
Endlich ertheilte die Akademie der Wissenschaften (zu Paris) neuerlich (1854) Preise
für verschiedene Verfahrungsarten zur Zerstörung des KornwurmsMan sehe den Bericht im polytechn. Journal Bd. CXXXI S. 394. Dingler's polyt. Journal Bd. CXXXIV. H. 2., und einen solchen erhielt auch Hr. Herpin, welcher vor 12 Jahren zuerst darauf
verfiel, den Stoß zur Vertilgung der schädlichen Insecten anzuwenden. Hr. Herpin sagt über dieses Verfahren in
den Abhandlungen der Central-Ackerbau-Gesellschaft vom Jahre 1842
folgendes:
„Ich glaube ein sehr leichtes und sehr wohlfeiles Verfahren zur Zerstörung
des Kornwurms in seinen verschiedenen Zuständen entdeckt zu haben. Dasselbe
besteht in einem, den Putzmühlen ähnlichen mechanischen Stößer oder Rührer,
welcher mit Flügeln von Holz oder Eisen versehen ist, die sich mit der großen
Geschwindigkeit von 600 Umgängen in der Minute bewegen. Die Stöße und
Erschütterungen, welche das Getreide, indem es durch diese Maschine geht, erleidet, sind so
lebhaft und vielfach, daß die Eier zerbrochen oder von den Getreidekörnern
abgelöst werden, daß das Insect im Innern der Körner getödtet
wird....“
Die Untersuchungen, welche Hr. Herpin seit einer Reihe von Jahren über den Kornwurm angestellt hat,
haben ihn zu wichtigen Resultaten geführt, die er in verschiedenen Abhandlungen
entwickelte; es sind im Wesentlichen folgende:
1) Wenn Getreide, welches den Kornwurm enthält und eine Temperatur von + 40°
E. (32° Reaumur) hat, in luftdicht verschlossene Gefäße, selbst in Fässer
gethan wird, so beginnt es seine Wärme nach und nach zu verlieren; die Insecten
werden erstickt und sterben nach wenigen Tagen.
2) Das Ersticken durch Luftmangel, durch Wärme, durch irrespirable oder schädliche
Gase, ist eines der bequemsten und wohlfeilsten Mittel zur Zerstörung des
Kornwurms.
3) Um die Verheerungen des Kornwurms aufzuhalten, muß man das Getreide, welches von
demselben angegriffen ist, so bald als möglich
ausdreschen, die Körner vermahlen und das Mehl beuteln.
4) Stöße, hervorgebracht mittelst der Flügel einer Putzmühle, welche mit großer
Geschwindigkeit umgehen, können den Kornwurm sogleich tödten, selbst im Innern der
Körner.
Beschreibung der Reinigungs-Maschine zum Zerbrechen der
Insecten (Tarare brise-insectes).
Dieser Apparat, in Fig. 3 im Verticaldurchschnitt, senkrecht auf die Achse dargestellt,
besteht in einem Rade I) mit Schaufeln d, welches in
einer blechernen Trommel eingeschlossen ist und sich mit einer
Peripherie-Geschwindigkeit von 800 bis 1200 Meter in der Minute (selbst mit
einer noch größern) umdreht.
Das in einen Rumpf, dessen Oeffnung regulirt werden kann, aufgeschüttete Getreide
fällt in das Innere des Apparats, wo es von den Radschaufeln stark geschlagen wird,
wobei die Insecten selbst im Innern der sie schützenden Körner getödtet werden.
Die Radwelle kann vertical oder horizontal seyn. Der Erfinder gibt der letztern
Einrichtung den Vorzug, und sie ist daher in Fig. 3 abgebildet.
Wenn die Welle eine horizontale ist, so sind in der Nähe ihrer Enden sechs oder acht
Arme D von Flacheisen angebracht, welche auf die Kante
gestellt und durch zwei Reifen von 2 Centimeter breitem Eisen verbunden sind; letztere sind
ebenfalls auf die Kante gestellt, so daß sie Kränze bilden, an denen die Schaufeln
d befestigt werden können.
Die Schaufeln haben nur eine geringe Tiefe (von bloß 6 bis 10 Millimeter) und
bestehen aus Rundeisen. Sie bilden mit den Armen gewissermaßen einen durchbrochenen
Rahmen, um den Widerstand der Luft und eine unnütze Ventilation zu vermeiden. Die
Länge der Schaufeln, d.h. die Breite des Rades, beträgt 50 bis 60 Centimeter.
Da die Peripherie-Geschwindigkeit der Schaufeln 800 bis 900 Meter beträgt, so
macht die Welle ungefähr 36 Umgänge in der Minute; jedoch ist es nothwendig, diese
Geschwindigkeit nach Belieben, je nach der Beschaffenheit des Getreides, durch eine
schnellere oder langsamere Drehung der Welle steigern oder vermindern zu können.
Das Rad D ist von einer blechernen Trommel umgeben, die
nach zwei Seiten hin, in horizontaler Richtung geöffnet werden kann; zwischen diesem
Mantel und den Radschaufeln ist ein Raum von nur 5 bis 6 Millimetern vorhanden.
Das Getreide wird in den Rumpf oder Trichter A
eingeschüttet, von wo aus es, um sich in die Trommel zu begeben, zwischen eine sich
drehende Bürste B gelangt, die sich in der Minute etwa
100mal gegen feste Bürsten C dreht, welche man der
Walzenbürste B mit Hülfe der Schraube c mehr oder weniger nähern kann. Diese Bürsten haben den
Zweck, die Insecteneier von den Körnern zu entfernen.
Von den Bürsten B, C fallen die Getreidekörner durch
einen geneigten Canal in eine Oeffnung, welche an der Peripherie der Trommel b angebracht ist, an der Seite wo die Schaufeln in die Höhe gehen.
Das in die Trommel gelangende Getreide wird beim Durchgange von den Schaufeln
geschlagen und heftig von unten nach oben gegen den
Mantel der Trommel geworfen, welche Schläge wiederholt werden, und endlich wird es
mittelst des untern und tangentiellen Canals E aus der
Trommel herausgeworfen.
Der obere Theil dieses Canals muß mittelst einer Klappe mit Scharnier geöffnet werden
können, um ihn, wenn es erforderlich ist, im Innern untersuchen und reinigen zu
können.
Gestattet es die Oertlichkeit, so werden die Körner 8 bis 12 Meter weit geschleudert,
und sie scheiden sich alsdann nach ihrer specifischen Schwere in mehrere Qualitäten.
Das am weitesten geworfene Getreide ist das beste.
Ist der vorhandene Platz nicht hinreichend, so verschließt man das Ende des Canals
E, und die Körner fallen durch eine Oeffnung unter
diesem Canal in ein
sich drehendes Sieb, welches nur den Staub und die zerbrochenen Getreidekörner
durchfallen läßt.
Hr. Herpin construirt seine
Maschinen von zwei verschiedenen Dimensionen. Bei der kleinsten beträgt der
Durchmesser des Schaufelrades 1 Meter, die Länge der Schaufeln 0,50 Meter. Solcher
Schaufeln sind 6 bis 8 vorhanden.
Der Erfinder nimmt an, daß die durch den Stoß der Schaufeln hervorgebrachte Wirkung,
die der Behandlung unterworfenen Getreidekörner 12 bis 15 Meter weit in der Luft
werfen kann. Um 1,5 Dekaliter oder 12 Kil. Getreide in der Minute zu reinigen, ist
eine Kraft von
(12 Kil. × 15 Met.)/60'' = 3 Kilogrammeter
erforderlich. Es kann daher ein Mensch die Maschine sehr leicht in Bewegung
setzen.
Bei der großen Maschine beträgt der Durchmesser des Schaufelrades 1,20 Met.; die
Länge der Schaufeln 0,75 Met. oder 1 Met.; ihre Anzahl beläuft sich auf 16 bis
20.
Diese Maschine wird durch einen Pferdegöpel oder sonstigen Motor in Bewegung
gesetzt.
Fig. 4 ist der
Verticaldurchschnitt einer solchen Reinigungs-Maschine mit senkrechter
Welle.
Durch die Mitte der ebenfalls senkrechten Trommel geht die Welle D. Letztere ist an ihrem obern Ende mit einer ebenen
Bürste versehen, welche aus zwei oder drei concentrischen Theilen besteht und die
sich in Berührung mit der festen Platte C dreht.
Die Körner des Trichters A gelangen mittelst eines Canals
a durch eine centrale Oeffnung, womit die Bürste B versehen ist, auf die Mitte des Plateaus C. Die durch die drehende Bewegung der Bürste B entwickelte Centrifugalkraft treibt die Körner, indem
sie dieselben reinigt, zu der Peripherie des Plateaus, von wo aus sie in den untern
Theil der Trommel fallen, wobei sie vor die Flügel f
gelangen, welche den von der Bürste abgelösten Staub durch den Canal F, der mit einem Sieb versehen ist, fortschaffen.
Die Welle D ist überdieß mit einer größeren oder
geringeren Anzahl von Armen d versehen, welche die
Getreidekörner auf dieselbe Weise schlagen, wie es die Schaufeln des ersten Apparats
thun.
Unter der Trommel ist ein geneigtes Sieb E angebracht,
welches mittelst eines an der Welle befestigten Daumens g eine schwingende oder schüttelnde Bewegung erhält.
Die Bewegung wird der Welle D durch die Triebrolle G mitgetheilt, welche an ihrem untern Ende angebracht
ist. Die Dimensionen der Apparate sind übrigens ganz gleichgültig, vorausgesetzt,
daß man die erforderliche Kraft und Geschwindigkeit anwenden kann.
In den Landwirthschaften welche Dreschmaschinen haben, kann man letztere zum Tobten
der Insecten verwenden, indem man ihre Bewegung nöthigenfalls abändert.