Titel: | Ueber das kieselsaure Natron als Befestigungsmittel der Thonerde- und Eisenbeizen auf Zeugen; von Dr. Bolley. |
Fundstelle: | Band 134, Jahrgang 1854, Nr. XLVI., S. 143 |
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XLVI.
Ueber das kieselsaure Natron als
Befestigungsmittel der Thonerde- und Eisenbeizen auf Zeugen; von Dr. Bolley.
Aus dessen Schweizerischem Gewerbeblatt, Mai 1854, S.
130.
Ueber das kieselsaure Natron als Kuhkothsalz für Zeuge.
Wer die Geschichte des Zeugdrucks nur mit einigermaßen aufmerksamem Blick verfolgt
hat, weiß wie sehr sich Fabrikanten und Chemiker bemüht haben, die räthselhafte
Wirkung des Kuhkoths als Befestigungsmittel für Beizen zu enthüllen. Es ist eine
ganze Reihe von Hypothesen darüber vorhanden, welchem Bestandtheil des Kuhkoths
diese Wirkung zuzuschreiben sey. Muß man auch gestehen, daß unsere Einsicht in den
verwickelten Proceß weder durch ein Abstellen auf die Kuhkothsäure (Runge's), noch das Bubilin (Morin's), noch die albuminosen Substanzen (nach Camille Koechlin) wesentlich gefördert wurde, so haben doch die
Studien über diesen Gegenstand zu praktischen Versuchen hingeleitet, die zum Theil
wenigstens, mit ganz gutem Erfolg gekrönt waren. Man versuchte die Kuhkothbäder zu
ersehen durch Kleie, durch phosphorsauren Natronkalk (sel
à bouse), arsensauren Kalikalk, doppelt-kohlensaure Alkalien,
und Ammoniakdämpfe. Wohl hat keines dieser Mittel den Kuhkoth völlig und in allen
Anwendungen ersetzt, woran vielleicht nur das rechte Treffen der
Quantitätsverhältnisse Schuld trägt, was aber möglicherweise auch darin liegt, daß
alle eine viel einfachere Zusammensetzung und daher einseitigere Wirkung haben als
der Kuhkoth; es sind jedoch immerhin einzelne Anwendungen geblieben, die der rationelle Fabrikant als
Bereicherung der ihm zu Gebot stehenden Hülfsmittel anerkennt.
In die Reihe der Hülfsmittel die bestimmt sind den Proceß des Kuhkothen wenigstens
theilweise zu ersparen, welche selbst bessere Resultate geben als das Kuhkothen für
sich allein, gehört auch das kieselsaure Natron.
Es ist uns nicht bekannt, wem das Verdienst gebührt, dieses Präparat in die Industrie
des Zeugdrucks eingeführt zu haben; die erste Kunde darüber erhielten wir vor
einigen Monaten in Frankreich aus dem Munde eines Mannes der im Fach des Zeugdrucks
als Autorität gilt. Später fanden wir dasselbe in England in sehr häufiger
Anwendung.
Die Art der Anwendung ist folgende: die mit Rothbeize oder mit Eisenbeize bedruckten
Stücke werden wie gewöhnlich etwa drei Tage ausgehängt. Dann werden sie durch den,
sonst zum Kuhkothen dienenden Rollenkasten gelassen, der mit einer Auflösung von
kieselsaurem Natron gefüllt ist. Die Concentration der Flüssigkeit ist die, daß auf
je 100 Gallons Wasser vier Pfund der trockenen Substanz gelöst werden, also
Viertausendtel vom Gewichte des Wassers an kieselsaurem Natron. Der Rollenkasten
faßt etwa 1000 Gallons Flüssigkeit und die Bewegung der Stücke erfolgt mit der
Geschwindigkeit, daß jedes Stück (von 28 Yards) ungefähr eine Minute in der
Flüssigkeit verweilt. Nach dem Passiren durch diese Lösung werden die Stücke
gewaschen.
Nun erfolgt noch ein Kuhkothbad in der Farbkufe, mit etwa 10 Stücken je
zusammengebunden, gerade so wie das zweite Kuhkothen beim Roth- oder
Violettfärben vorgenommen wird. Die mit dem kieselsauren Natron erreichten Vortheile
liegen nicht sowohl in der Ersparniß eines der beiden Kuhkothbäder, als in der
Thatsache, daß die Farben von der vollständiger haftenden Beize viel stärker
angezogen, und die Färbung weit satter wird.
Fragen wir uns um den innern Zusammenhang, vermöge dessen das kieselsaure Natron die
Kuhkothbrühe ersetzen kann, so werden wir zuerst aufmerksam, daß kieselsaures Alkali
wirklich ein Bestandtheil des Kuhkoths ist. Nach Rogers
beträgt der Gehalt frischer Kuhexcremente an trockenen Bestandtheilen 17 1/2
Procent. In diesen sind etwa 15 Proc. unverbrennlicher Theile oder Asche enthalten,
das beträgt 2 6/10 Procent Asche vom Gewicht der frischen Excremente. Unter diesen
mineralischen unverbrennlichen Bestandtheilen beträgt die Kieselsäure mehr als die
Hälfte des Gewichts,
nämlich 62 1/2 Proc. Zwar ist ein großer Theil der Kieselsäure als unlöslich in den
Excrementen enthalten, die Menge löslicher Kieselsäure ist aber auch nicht gering.
Vom ganzen Aschengehalt lösen sich etwa 38 Proc., und unter diesen löslichen Stoffen
beträgt die Kieselsäure 12 Proc., das Kali und Natron zusammen 10 Proc. Hat man,
geleitet von der Ueberlegung, daß Phosphorsäure, Natron und Kalkerde Bestandtheile
des Kuhkoths seyen, diese als Surrogat einzuführen gesucht, so lag für das
kieselsaure Natron der Gedanke ebenso nahe, es könne ein wirksamer Bestandtheil des
Kuhkoths für unsern Zweck seyn. Camille Köchlin hat
gefunden, daß die Bestandtheile der Beizen sich zum Theil in der Kuhkothbrühe die
zum Befestigen gedient hat, wiederfinden, und zwar, daß die Alaunerde auch im
löslichen Theil derselben enthalten sey. Wir halten diese Wahrnehmung in Betreff der
Alaunerde für entscheidender als in Betreff des Eisens, weil Alaunerde im Kuhkoth
sonst fehlt, während Eisen darin enthalten ist. Es muß daraus gefolgert werden, daß
ein Theil der Thonbeize von der Kuhkothbrühe aufgelöst werde und sich darin in
Lösung zu erhalten vermöge. Wie das zugehe, was das Lösungsmittel sey, warum das
gelöste Alaunerdesalz nicht von den Salzen im Kuhkoth gefällt werde, alles das
bleibt bis jetzt noch unentschieden. Auf der andern Seite ist aber bekannt, daß
Alaunerdesalze, selbst alkalische Lösungen der Thonerde, und sogar der
phosphorsauren Thonerde, durch Zusatz von kieselsaurem Natron zersetzt werden und
unlösliche Niederschläge von kieselsaurer Thonerde bilden. Wir sind, wenn wir alle
diese Erfahrungen zusammenfassen, nicht mehr weit von der Folgerung entfernt, daß
durch das kieselsaure Natron die Beize in einen unlöslichen Zustand gebracht werde,
in welchem sie bei dem Kuhkothen völlig unangreifbar bleibe.
Das in England käuflich zu habende kieselsaure Natron ist eine bernsteingelbe,
durchsichtige, ziemlich schwere, an der Luft allmählich weißlich anlaufende, in
kochendem Wasser zu einer alkalisch reagirenden Flüssigkeit sich lösende Masse. Die
Lösung wird sehr befördert durch einige Tropfen Aetznatron.
Der Gehalt desselben an Kieselsäure beträgt, im Mittel mehrerer Analysen die wir
damit anstellten, 68 bis 69 Proc. Es zeigt, wenn es gepulvert einige Zeit an
feuchter Luft gelegen, beim Erhitzen einen unbedeutenden Wassergehalt, der dem
frischen ungepulverten Präparat nicht eigenthümlich ist.
Es kann vielleicht einigen Lesern von Nutzen seyn, wenn wir anführen daß dieses
chemische Präparat in Manchester bei den Droguisten gekauft per Pfd. 2 2/3 Pence kostet.Bei der Anwendung des kieselsauren Kalis oder Natrons als Kuhkothsalz, welche
zuerst im J. 1852 in England in Gebrauch kam. fließen die Fabrikanten auf
Schwierigkeiten, weil das von ihnen bezogene Product häufig freies
caustisches Alkali enthielt, wo es dann die Thonerde aus der Beize für
Krapproth etc. auflöste. Higgin brachte daher den
kieselsauren Kalk, durch Zersetzung von kieselsaurem Alkali mit salzsaurem
Kalk bereitet, als verläßliches Kuhkothsalz in Vorschlag (polytechn. Journal
Bd. CXXXII S 213). Durch
Anwendung eines ganz gesättigten Kali- oder
Natron-Wasserglases, wie es deutsche chemische Fabriken liefern, wird
der Zweck jedoch vollständig erreicht: um ganz sicher zu gehen, braucht man
nur die Auflösung des Wasserglases, welche man durch mehrstündiges Kochen
desselben mit Wasser erhielt, solange mit verdünnter Schwefelsäure oder
Salzsäure zu versetzen, bis ein bleibender Niederschlag von Kieselerde
entsteht. A. d. Red.