Titel: | Das von den HHrn. Büttner und Möring in Dresden erfundene Imprägnirungsverfahren für Eisenbahnschwellen. |
Fundstelle: | Band 134, Jahrgang 1854, Nr. XC., S. 333 |
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XC.
Das von den HHrn. Büttner und Möring in Dresden erfundene Imprägnirungsverfahren für Eisenbahnschwellen.Aus dem kürzlich erschienenen Werke: „Die Technik des Eisenbahnbetriebes in
Bezug auf die Sicherheit desselben. Von M. M. Freiherrn v. Weber, k. s.
Eisenbahndirector etc.
Büttner's und Möring's Imprägnirungsverfahren für
Eisenbahnschwellen.
Die besseren Imprägnirungsmethoden, deren man sich seit einiger Zeit bedient hat, um
die Eisenbahnschwellen mit Metallsalzauflösungen zu durchdringen, theilen sich
wesentlich in zweierlei Verfahren, indem man entweder:
1) kostspielige pneumatische Apparate anwendet, wobei mittelst kräftiger, durch eine
Dampfmaschine in Bewegung gesetzter Luftpumpen das Holz möglichst luftleer gemacht
wird, um dadurch eine schnelle Aufsaugung der zutretenden Metallsalzauflösung zu
bewirken, wobei man noch außerdem das Eindringen der Lösung durch hydraulische
Pressen zu fördern sucht, oder
2) die zu imprägnirenden Hölzer ganz einfach in eine Metallfalzlösung legt und sie in
ihr eben so lange liegen läßt, bis man glaubt annehmen zu dürfen, daß sie genügend
von der conservirenden Lösung durchdrungen sind.
Sehr zu empfehlen ist ein von den HHrn. Büttner und Möring in Dresden erfundenes Imprägnirungsverfahren, welches die
Vorzüge der beiden obengenannten Methoden, die Gründlichkeit der einen und die
Wohlfeilheit der andern in sich vereinigt, dabei aber noch den Vortheil großer
Schnelligkeit hat. Die Methode ist auf mehreren sächsischen Staatsbahnen, in
Oesterreich etc. in Anwendung und in mehreren Ländern patentirt.
Dieselbe besteht in der Hauptsache darin, daß die zu einer schnellen und möglichst
vollständigen Imprägnirung nothwendige Luftleere in den Hölzern nicht von den unter
1) genannten mechanischen Kräften verlangt, sondern das ganze Imprägnirungsgeschäft
einzig und allein den Temperaturkräften dadurch überwiesen wird, daß die Schwellen
in einer beliebigen Metallsalzauflösung circa eine
Stunde lang gekocht und dann von
derselben bedeckt, bis auf ungefähr 40 Gr. R. ungestört wieder abgekühlt werden.
Der physikalisch-chemische Vorgang ist dabei folgender:
Durch die Erhitzung der Hölzer bis über 80 Gr. R. werden nicht bloß die in denselben
befindlichen Gase, sondern auch die Extractivstoffe, welche als wesentliche Factoren
in Bezug auf die Destruction des Holzes bekannt sind, entfernt, und es macht sich
bis zur beendeten Kochung das Entweichen der ersteren durch ein fortwährendes
Aufsteigen großer Luftblasen, die Ausführung der anderen aber durch eine auf der
Lösung schwimmende, schleimige Substanz, in welcher schon durch den Geruch die
Pflanzensaftbestandtheile zu erkennen sind, bemerkbar. Bei der eintretenden
Abkühlung aber wollen die Hölzer die zuvor abgegebene Luft wieder in sich aufnehmen,
sind aber genöthigt, da sie von allen Seiten mit der conservirenden Lösung umgeben
sind, statt der ersteren die letztere in sich aufzusaugen.
Die Aufsaugung der Lösung geht gleich nach eingestellter Kochung in den hohen
Hitzegraden deßhalb sehr rasch vor sich, weil die atmosphärische Luft einen
gewaltigen Druck zunächst auf die ihr gebotene Oberfläche der Metallsalzlösung
ausübt, wodurch das Eindringen derselben in die luftleeren Räume des Holzes
wesentlich gefördert wird.
Daß der heiße Weg zur Imprägnation der Schwellen jeder kalten Conservirungsmethode
entschieden vorzuziehen ist, geht schon aus dem Gesetze hervor, daß alle
organisch-chemischen Verbindungen auf diesem Wege sicherer erlangt werden,
andererseits aber wird auch dem Uebelstande begegnet, daß eine Auswaschung des
aufgenommenen Metallsalzes, welches durch anhaltenden Regen bei der kalten
Imprägnation vielfach nachgewiesen worden ist, hierbei nicht vorkommen kann.
Zugleich wird aber auch durch die Kochhitze und durch die die Schwellen
durchströmenden Wasserdämpfe ein Gerinnen des die Fäulniß hervorrufenden
Eiweißstoffes zu Stande gebracht, welches wahrscheinlich, auch ohne Hinzutreten des
Metallsalzes, schon an und für sich dem Holze eine conservirende Eigenschaft
verleihen kann, weil, wie schon gesagt, die Fäulniß einzig und allein den
Pflanzensaftbestandtheilen zuzuschreiben ist, während die Pflanzenfasern im reinsten
Zustande nicht allein den Einflüssen der Witterung hartnäckig widerstehen, sondern
auch selbst kaum von den schärfsten Reagentien angegriffen und entmischt werden
können.
Nach einer 1 1/2 Stunde lang fortgesetzten Kochung findet eine vollständige
Durchhitzung der zu imprägnirenden Schwellen statt, und durch diese wird
gleichzeitig die höchste Luftleere in denselben erreicht, welche die größte
Aufsaugung, nämlich 1 1/4 Kubikfuß = 62 Pfund Metallsalzlösung pro Schwelle von 3,5 Kubikfuß Inhalt, zur Folge hat. Es
ist durch vielfache
Versuche nachgewiesen worden, daß diese Aufsaugung als das Maximum anzusehen ist,
und sie läßt sich nicht noch weiter steigern, auch wenn man die Kochung mehrere
Stunden lang erhalten wollte.
Man kann jedoch von der Ansicht ausgehen, daß ein Kubikfuß Lösung = 50 Pfund für eine
Schwelle von Kiefernholz vollständig ausreichend sey dieselbe zu conserviren, und
diese Aufsaugung wird schon nach einstündiger Kochung und nach 6–7 stündiger
Abkühlung erreicht, so daß erforderlichen Falls, bei einer ununterbrochenen Arbeit,
binnen 24 Stunden in demselben Apparate zweimal imprägnirt werden kann.
Diese angeführten Thatsachen dürften daher die Behauptung rechtfertigen, daß diese
einfache Imprägnirungsmethode die unter 1) und 2) genannten Verfahren, Hölzer zu
conserviren, weit hinter sich läßt, und schwerlich dürfte sich ein anderer Weg
auffinden lassen, nach welchem eine Eisenbahnschwelle dasselbe Quantum
Metallsalzlösung aufnimmt, wie dieß hier durch eine freiwillige in keiner Weise
unterstützte Aufsaugung bewirkt wird.
Die an der königl. sächsischen Staatsbahn verwendeten Apparate bestehen in der
Hauptsache aus einem Dampfkessel von 10 Pferdekraft, welcher eine Dampfspannung von
zwei Atmosphären unterhält. Zu jedem Apparat gehören vier Stück Siedebottiche von
Kiefernholz, 11 1/2 Fuß hoch und 8 Fuß weit. Die Wasserdämpfe werden durch ein
zollweites Rohr vom Kessel bis in den Boden des Siedebottichs geführt und treten
durch ein quer über dem Boden liegendes, mit kleinen Löchern versehenes Rohr von
gleicher Weite in den Siedebottich ein. Nachdem nun die Bahnschwellen in lothrechter
Stellung mit dem stärkeren Stammende nach unten eingesetzt worden sind, um der
Metalllösung Gelegenheit zu geben, in denselben in gleicher Weise aufsteigen zu
können, wie die Aufsteigung des Pflanzensaftes beim stehenden Baume in der Natur vor
sich geht, wird ein starker hölzerner, mit einigen Oeffnungen versehener Deckel
aufgesetzt, dieser durch vier Stützen gegen die zwei auf der obern Kante des
Siedebottichs befestigten Riegel abgestreift, sodann die Metallsalzlösung und
schließlich die Wasserdämpfe zugelassen, worauf binnen zwei Stunden eine
vollständige Kochung der Lösung erfolgt. Hierbei ist darauf Rücksicht zu nehmen, daß
bis zur erreichten Kochung das Volumen der Lösung sich ziemlich genau um 1/5 durch
Condensation der zuströmenden Wasserdämpfe vergrößert hat, und daß jedem
Siedebottich eine diesem Fünftheil entsprechende größere Menge Metallsalz zugesetzt
werden muß, um die durch das hinzugekommene Condensationswasser geschwächte Lösung
zu verstärken. Die Lösung soll in der Schwelle 1/2 Procent Metallsalz enthalten.
Ein solcher Siedebottich nimmt 40 Stück Schwellen auf und werden daher in den
erwähnten Apparaten 160 Schwellen von vier Arbeitern bei einem regelmäßigen Betriebe
binnen 24 Stunden imprägnirt.
Was das Imprägnirungsmaterial selbst anlangt, so hat auch hierin, so wie in manchen
anderen technischen Fragen noch keins derselben den Preis der allgemeinen
Anerkennung davon getragen und sich in durchgreifender Weise Eingang verschafft. Man
bedient sich jetzt zumeist an deutschen Eisenbahnen des Kupfervitriols nur deßhalb,
weil eben die ältesten Erfahrungen sich günstig dafür aussprechen, obgleich das
Zinkchlorid von anderen Seiten, z.B. von England her, empfohlen wird, nicht bloß
weil es gegen Kupfervitriol um 2/3 des Werthes billiger herzustellen ist, sondern
weil dasselbe vorzugsweise vor allen anderen Metallsalzen die entschieden größte
Adhäsion zur Pflanzenfaser besitzt, und weil keine andere Imprägnation mit irgend
einer Metallsalzlösung in so vollständiger und inniger Weise herzustellen ist, wie
sie durch das Zinkchlorid erreicht wird.