Titel: | Ueber die Leuchtkraft der Paraffinkerzen im Vergleich mit den Kerzen aus anderen Materialien. |
Autor: | G. Karsten |
Fundstelle: | Band 134, Jahrgang 1854, Nr. CII., S. 366 |
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CII.
Ueber die Leuchtkraft der Paraffinkerzen im
Vergleich mit den Kerzen aus anderen Materialien.
Ueber die Leuchtkraft der Paraffinkerzen im Vergleich mit den
Kerzen aus anderen Materialien.
d
d₁
z
gr.
w
pr
w₁
Paraffinkerzen
(4 pro Pfd.)
24
1,000
4 1/2 Stde.
525
1,00
(30)
1,00
Spermacetikerzen
(6
„ „ )
22 1/8
0,922
deßgl.
540
0,8264
40
0,62
Wachskerzen
(4
„ „ )
16 1/2
0,6875
deßgl.
552
0,45
26
0,519
künstl. Wachskerz.
(5
„ „ )
23 5/8
0,964
deßgl.
642
0,76
21
1,086
gewöhnl. Stearink.
(4
„ „ )
22 1/8
0,922
deßgl.
822
0,543
16
1,018
Talgkerzen
(6
„ „ )
22 3/8
0,932
deßgl.
1020
0,45
10
1,35
d Entfernungen, in welchen die Lichtquellen gleich helle
Beleuchtung geben (Durchschnitt aus sechs Versuchsreihen).
d₁ relativ ausgedrücktes d.
i daraus folgende Intensität der Flamme.
z Brennzeit in Stunden.
gr. consumirtes Gewicht des Brennstoffes in Granen
Medicinal-Gew.
w Helligkeit bei gleicher verbrannter Gewichtsmenge des
Brennmaterials, ohne Rücksicht auf die Kosten: = (i .
z)/gr.
(w würde auch den verhältnißmäßigen
Preis ausdrücken, den die Brennstoffe haben dürften um gleichen Brennwerth w zu erhalten.)
pr. Preis für das Pfund Kerzen in Schilling Hamb.
Courant. (1 Schil. = 9 Pf. preuß.) nach den jetzigen Preisen.
NB. Die Kerzen jeder Art wurden von der besten
Qualität gewählt, daher die Preise wohl ein Maximum sind. Da aber das Gewicht eines
vollen Pfundes in der Regel nicht erreicht wird, so
würde der nominelle Pfundepreis noch zu erhöhen seyn. Eine Spermacetikerze, von der
6 aufs Pfund gehen sollen, wiegt im Durchschnitt 1130 Gran; es fehlen mithin fast 4
Loth am Pfunde, und die Spermacetikerzen sind also im Verhältniß zu vollgewichtigen
Kerzen noch um 12 1/2 Proc. theurer anzusetzen als unter pr angenommen ist. Bei Wachs- und
künstlichen Wachskerzen fehlten zwischen 2 und 3 Loth im Pfunde; beim Stearin 1 1/2 bis 2 Loth; beim
Talg variirt das Gewicht am meisten, zwischen vollem Gewicht und einem Deficit bis 5
und 5 1/2 Loth pro Pfund (bei 6 und auch bei 8 und 10
Kerzen auf das Pfund).
w ist nun der Brennwerth mit Berücksichtigung des
Preises, oder die Helligkeit bei gleichem Kostenaufwands = (i . z)/(gr . pr) = w/pr.
Hieraus ist zu schließen:
1) Unter den Luxuskerzen nimmt das Paraffin
den ersten Rang ein, da es den Spermaceti- und Wachskerzen
sowohl in w als noch mehr in w, überlegen ist. Die Preise von Paraffin, Spermaceti und Wachs müßten
ungefähr das Verhältniß 10 : 8 : 5 haben, wenn gleiche Helligkeit gleich viel
kosten sollte.
2) Die Paraffinkerzen haben einen größeren Brennwerth w als die besseren der gewöhnlichen Kerzen, aber
wegen der größeren Wohlfeilheit der letzteren kommt es auf den verhältnißmäßigen
Preis an; dieser darf sich, um die Paraffinkerzen noch ohne Schaden gegen
Stearin benutzen zu können, stellen: Paraffin: künstliches Wachslicht:
ordinärem Stearin = 100 : 76 : 54. Der oben unter pr. zu 30 Schill. pro Pfund Hierselbst
angenommene Verkaufspreis (15 Sgr. – 20 Schill. pro Pfund laco Fabrik; 4 Schill. Zoll,
bleibt 6 Schill, für Emballage, Transport und Verkaufsvortheil) wird jenes
Verhältniß ziemlich ausdrücken, indem die Brennwerthe w bei den Preisen von 30 Schill.: 21 Schill.: 16 Schill. fast gleich
sind (1 : 1,09 : 1,02), zum Vortheil der Paraffinkerzen aber der Umstand
eintritt, daß dieselben fast vollwichtig sindWie sie von A. Wiesmann und Comp. in Bonn
(Besitzer der Augustenhütte zu Beuel bei Bonn) geliefert werden., was die 9 resp. 2 Proc., welche die
Stearinkerzen billiger erscheinen, schon aufheben dürfte. Hiernach würden also
unter den angegebenen Preisverhältnissen die Paraffinkerzen selbst mit den
gewöhnlicheren Kerzen concurriren können.
3) Von allen Kerzen ist das Talglicht zwar das wohlfeilste,
indessen gegen die Paraffin- und guten Stearinlichte doch nicht in dem
Maaße wie meist geglaubt wird. Berücksichtigt man, namentlich bei alleren
Lichten, das größere Deficit am richtigen Gewicht, besonders aber das reichliche
Ablaufen, so möchten die 35 Proc. resp. 24 Proc.,
um welche Talg
wohlfeiler in w, erscheint als Paraffin oder
künstliches Wachs, illusorisch seyn.
Das Brennen von Kerzen, selbst der vorzüglichsten, ist stets kostbarer als das
Brennen von Oel in einer gut construirten Lampe. Da indessen in manchen Fällen die
Kerzen nicht durch Lampen ersetzt werden können, so werden die Betrachtungen über
den relativen Werth der verschiedenen Kerzenarten immer von Interesse seyn.
Die neuen Paraffinkerzen zeichnen sich durch ihr schönes Aeußere sogleich
vortheilhaft aus und können ihnen nie die Spermacetikerzen hierin zur Seite gesetzt
werden, welche weißer, aber nicht so durchscheinend sind wie die Paraffinkerzen. Bei
letzteren muß nur eine hier und da in einzelnen Kerzen vorkommende Ungleichmäßigkeit
der Masse (undurchsichtige Stellen in der durchscheinenden Substanz) vermieden
werden. Die Paraffinkerzen zeichnen sich ferner durch ein äußerst gleichmäßiges
Brennen aus, indem das Verhältniß der Stärke des Dochtes und der Consumtion des
Paraffins ganz vorzüglich zutrifft, so daß der brennende Docht sich stets ein
regelmäßiges Näpfchen bildet, oben sehr gleichmäßig verkohlt, die Kerze also
durchaus nicht abläuft.
Nimmt man hierzu das aus den Beobachtungen folgende auch in ökonomischer Rücksicht
für die Paraffinkerzen vortheilhafte Resultat, so sind folgende Schlüsse, wie mir
scheint, nicht zu bestreiten: die Paraffinkerzen sind als Luxuskerzen dem Wachs und
Spermaceti unbedingt vorzuziehen, bedingt (durch den Preis), namentlich durch
günstige Transport- (und Zoll-) Verhältnisse, können sie selbst mit
guten Stearinlichten concurriren, auch wenn auf ihre äußere Schönheit kein
besonderer Werth gelegt wird.
Bei einer früheren GelegenheitMan s. die vorhergehende Abhandlung. fanden sich die Brennwerthe für Wachs, Stearin und Talg (W und W₁)
etwas anders wie oben, im Ganzen aber mit dem jetzigen Resultate (w und w₁) so
übereinstimmend, wie nach der Verschiedenheit der angewendeten Fabricate und den
sich ändernden Preisen zu erklären ist, nämlich:
W
W₁
w
w₁
Wachs
0,464
0,0967
0,45
0,519
Stearin
0,5628
0,1759
0,760,543
1,0861,018
Talg
0,5507
0,3442
0,45
1,35
Wachs war also nach den frühem Beobachtungen noch einmal so theuer wie Stearin, das
fast viermal theurer wie Talg ist; nach den jetzigen ist das Verhältnis) zu Stearin
ziemlich gleich geblieben, wegen der hohen Talgpreise aber gegen Talg vortheilhafter
geworden.
Kiel, den 3. November 1854.
Prof. G.
Karsten.