Titel: | Darstellung eines Entfärbungsmittels für Zuckerlösungen und anderer nützlichen Producte aus holzartiger Braunkohle (Lignit); von G. J. Maumené, Professor der Chemie zu Reims in Frankreich. |
Fundstelle: | Band 134, Jahrgang 1854, Nr. CVI., S. 381 |
Download: | XML |
CVI.
Darstellung eines Entfärbungsmittels für
Zuckerlösungen und anderer nützlichen Producte aus holzartiger Braunkohle (Lignit); von
G. J.
Maumené, Professor der Chemie zu Reims in Frankreich.
Patentirt in England am 12. October 1853.
Aus dem Repertory of Patent-Inventions, Novbr.
1854, S. 472.
Darstellung eines Entfärbungsmittels für Zuckerlösungen aus
holzart. Braunkohle.
Ich verkohle oder destillire den Lignit (holzartige Braunkohle, bituminöses Holz) in
einer Retorte und sammle die flüchtigen und verdichtbaren Producte, welche
hauptsächlich aus einer dicken, gelben, theerigen Flüssigkeit, freiem und blausaurem
Ammoniak etc. bestehen. Brennbares Gas entweicht ebenfalls und kann als Heizmaterial
unter die Retorte geleitet werden. Während des Processes der Destillation oder
Verkohlung kann man einen Strom gewöhnlichen oder überhitzten Wasserdampfs in die
Retorte leiten.
Schwärze. – Der Lignit bildet nach der
Destillation in der Regel eine zerreibliche oder pulverförmige Kohle; diese wascht
man mit verdünnter Salzsäure, um das Eisenoxyd oder Schwefeleisen, nebst anderen im
Lignit enthaltenen Unreinigkeiten aufzulösen. Hernach wird sie mit Wasser gewaschen,
um die Säure zu entfernen, getrocknet und zu einem feinen Pulver gemahlen. Das so
erhaltene Pulver bildet ein schwarzes Pigment für Oel-, Firniß- oder
Wasserfarben; es ersetzt auch das Beinschwarz für Buchdruckerschwärze etc. –
Verschiedene Nüancen von Schwarz oder bräunlichem Schwarz lassen sich erhalten,
indem man das erwähnte Pulver mit Potasche oder Soda calcinirt; oder indem man den
Lignit gleich anfangs mit diesen Alkalien calcinirt und ihn hernach mit Wasser oder auch mit verdünnter
Säure auswascht.
Entfärbungsmittel für Zuckerlösungen. – Die so aus
dem Lignit dargestellte Kohle ersetzt auch die Knochenkohle zum Entfärben der
Zuckerlösungen. Um ihr Entfärbungsvermögen zu vergrößern, kann man sie mit anderen
geeigneten Materialien, z.B. Wollenabfällen, Weinstein oder Sägespänen
calciniren.
Künstliches Brennmaterial. – Ich bereite ein künstliches Brennmaterial, indem
ich die (rohe oder mit Säuren gereinigte) Kohle aus dem Lignit mit der theerigen
Flüssigkeit, welche bei der Destillation des Lignits erhalten wurde, oder mit
sonstigem Theer mische. Diese Mischung wird zu Ziegeln geformt und wieder
verkohlt.
Flüchtiges Oel. – Die erwähnte gelbe theerige
Flüssigkeit destillire ich, und erhalte so ein Oel, welches durch nochmalige
Destillation rectificirt wird. Dieses Oel besitzt einige der Eigenschaften von den
Oelen welche man bei der Destillation des Steinkohlentheers erhält, hat aber keinen
so unangenehmen Geruch wie letztere. Es läßt sich, entweder allein, oder mit
Terpenthinöl, Benzin, Alkohol etc. gemischt, zum Auflösen von Kautschuk und
Gutta-percha, Harzen, Fetten, zum Reinigen der Zeuge von Flecken, zum Brennen
in Lampen etc. benutzen.
Gewinnung von Naphthalin, Paraffin etc. – Naphthalin, Paranaphthalin, Paraffin
(zur Kerzenfabrication), Eupion, Leukol, Phenol und andere ähnliche Producte, welche
bei der Destillation des Steinkohlentheers erhalten werden, erhält man auch bei der
Destillation der oben erwähnten theerigen Flüssigkeit, indem man diese Körper nach
den bekannten Verfahrungsarten trennt und sammelt. Diese Producte aus Lignit
dargestellt, haben jedoch den Vorzug, daß sie keinen so unangenehmen Geruch wie die
aus Steinkohlentheer erhaltenen besitzen.
Nachtrag.
Hr. E. Maumené hat der
französischen Akademie der Wissenschaften seine Untersuchung der Lignite von Reims
eingesandt; in der betreffenden Abhandlung (Comptes
rendus, October 1854, Nr. 17) bemerkt er über die Anwendbarkeit der aus
Lignit bereiteten Kohle in den Zuckerfabriken
Folgendes:
„Die Kohle von Lignit, nämlich der bei abgeschlossener Luft geglühte
Lignit, hat ein großes Entfärbungsvermögen. Man braucht sie nur mit Säure und
mit Wasser zu waschen. Man kann sie in den Zuckerfabriken mit großem Vortheil
anwenden. Wenn nämlich die Knochenkohle nicht vollkommen ausgeglüht worden
ist, so enthält sie noch etwas von der in Fäulniß übergegangenen thierischen
Substanz. Bei der größten Sorgfalt kann dieser Nachtheil in den Zuckerfabriken
niemals vollständig vermieden werden, und ich stehe nicht an zu behaupten, daß
der Zucker immer mit einer gewissen Menge dieser gefährlichen Substanz
verunreinigt ist. Dieß scheint mir wenigstens aus folgenden Thatsachen
hervorzugehen:
1) Die im Handel vorkommende Knochenkohle gibt beim Auswaschen mit lauwarmem
destillirtem Wasser an dasselbe fast immer ein Extract ab, welches man erhält,
wenn man die Flüssigkeit im Wasserbad abdampft; dieses Extract besitzt einen
höchst unangenehmen Geruch und Geschmack; es färbt sich rosenroth durch
Millon's salpetersaure
Quecksilberlösung.
2) Der Weißeste Kandiszucker, in einer vollkommen gereinigten Flasche mit
eingeriebenem Stöpsel aufbewahrt, nimmt in einigen Monaten immer einen
merklichen stinkenden Geruch an.
Diese zwei Thatsachen, und hauptsächlich die erste, scheinen mir über den
schlechten Einfluß der Knochenkohle keinen Zweifel übrig zu lassen. Derselbe ist
bei der Kohle aus Lignit offenbar nicht zu befürchten.
Mit letzterer werden in zwei Zuckerfabriken gegenwärtig Versuche im Großen
angestellt, deren Ergebniß ich der Akademie mittheilen werde.“