Titel: | Ueber die Naturalisirung einer neuen Seidenwürmerspecies, der Bombyx cynthia; Bericht von Hrn. Hardy in Algier. |
Fundstelle: | Band 134, Jahrgang 1854, Nr. CIX., S. 387 |
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CIX.
Ueber die Naturalisirung einer neuen
Seidenwürmerspecies, der Bombyx cynthia; Bericht von Hrn.
Hardy in
Algier.
Aus den Comptes rendus, October 1854, Nr.
16.
Hardy, über Naturalisirung einer neuen
Seidenwürmerspecies.
Die Zucht dieser Species bis zur Coconsbildung dauerte durchschnittlich ungefähr 25
Tage. Doch besitze ich hierüber keine ganz verläßlichen Daten, da ich die Würmer
schon ausgekrochen und von verschiedenen Lebensaltern erhielt. Dieser Punkt wird
daher erst durch die nächste Zucht aufgehellt werden.
Ich erhielt 60 Cocons; drei träge Würmer wurden in Tuten gebracht, worin einer seinen
Cocon spann und die zwei andern sich in Puppen verwandelten, ohne Seide zu
geben.
Nur drei Würmer starben im Verlauf der Zucht.
Die Nahrung bestund fortwährend aus frischen Ricinus- (Wunderbaum-)
Blättern, welche gehackt gereicht wurden.
Die Cocons haben eine rothe Farbe, sind von unregelmäßiger Gestalt und
eigenthümlichem Bau, welcher ihre Abhaspelung nach dem gewöhnlichen Verfahren nicht
gestattet.
Der Wurm, wenn er seinen Cocon bildet, läßt an einem Ende desselben eine Oeffnung
frei, um daraus leichter auskriechen zu können, nachdem er sich in das vollkommene
Insect verwandelt hat. Die Enden sind zusammengefügt, ungefähr wie die Haare eines
Pinsels; sie vereinigen sich, um die Oeffnung schwach zu verschließen, so daß die
Luft eindringen kann, daß sie aber auch leicht bei Seite treten, um den
Schmetterling hindurchzulassen. Der Cocon hat übrigens vor dem Austritt des
Schmetterlings keinen größeren Werth als nachher; es ist nämlich hier nicht
nothwendig, die Puppe zu tödten, um den Cocon benützen zu können. Die Seide von
diesen Cocons scheint mir ebenso fein zu seyn, wie von den Cocons der gewöhnlichen
(französischen) großen Racen; aber ein Cocon von gleicher Größe liefert viel weniger
Seide.
Der Vortheil welchen diese Species gewähren kann, scheint mir im Wesentlichen darin
zu bestehen:
1) daß sie mit Ricinus zu futtern ist, welche Pflanze sehr leicht hier (in Algier)
fortkömmt und Blätter in Fülle liefert, so daß man in einer einzigen Saison eine
beträchtliche Menge Nahrung für die neuen Bombyx
erhalten kann;
2) in der charakteristischen Eigenschaft, daß ihre Eier beinahe sogleich nachdem sie
gelegt sind, auskriechen, was eine ununterbrochene Zucht gestattet.
In ganz Europa wächst der Wunderbaum nicht so rasch und so kräftig, wie hier (in
Algier), daher sich die Zucht des B. cynthia besonders
für uns eignet. Es sind nur noch Versuche anzustellen hinsichtlich der Cultur des
Ricinus, der Menge der bei regelmäßiger Zucht erzielbaren Cocons und der
industriellen Anwendung der Seide dieser Cocons; mit andern Worten, man muß den
Werth mit einer Hektare Ricinus gewonnener Seide im Vergleiche mit einer Hektare
Maulbeerbäumen ermitteln. Ich werde mir dieß angelegen seyn lassen.
Aus den Cocons sind schon 20 Schmetterlinge ausgetreten, 8 weibliche und 12
männliche; 8 Begattungen haben bereits stattgehabt und die Weibchen beginnen ihre
Eier zu legen.
Gegen Ende Octobers hoffe ich eine neue Zucht beginnen zu können; diesesmal aber mit
mehr und bessern Individuen.