Titel: | Eiserne Räder für Eisenbahn- und gewöhnliche Wagen; von Hrn. E. A. Cavé, Maschinenbauer zu Paris. |
Fundstelle: | Band 135, Jahrgang 1855, Nr. VII., S. 21 |
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VII.
Eiserne Räder für Eisenbahn- und
gewöhnliche Wagen; von Hrn. E. A. Cavé, Maschinenbauer
zu Paris.
Aus Armengaud's Génie industriel, October 1854, S. 169.
Mit Abbildungen auf Tab.
I.
Cavé's eiserne Räder für Eisenbahn- und gewöhnliche
Wagen.
Hr. Cavé hat eine Construction eiserner Räder
erfunden, wodurch deren Fabrication sehr erleichtert wird, während man eine große
Festigkeit und Dauerhaftigkeit derselben erlangt. Er ließ sich dieses System am 11.
Mai 1854 in Frankreich patentiren. Es besteht im Wesentlichen im gänzlichen
Weglassen der Speichen und in der Anwendung von Eisenblech zur Verbindung der Nabe
mit dem Kranz.
Diese Scheibenräder haben den Vortheil, daß sie massiv und weit fester sind als die
Speichenräder, daß sie keine Zwischenräume haben, wie es bei den letztern der Fall
ist, und folglich keine Luftströmungen bilden, welche häufig vielen Staub
veranlassen, der den Reisenden unbequem wird, und überdieß einen mehr oder weniger
bedeutenden Widerstand verursachen.
Die Fabrication von Rädern nach Cavé's System
erfordert weit weniger Arbeitslöhne, als alle bis jetzt gebräuchlichen Räder bei
gleicher Größe, sey es nun daß sie auf Eisenbahnen oder bei gewöhnlichen Wagen auf
Landstraßen benutzt werden. Die Verhältnisse der verschiedenen Theile dieser Räder
sind der Art, daß ihr Gewicht nicht erhöhet wird, sondern daß es in gewissen Fällen
im Vergleich mit dem der ältern Räder noch vermindert werden kann.
Die Abbildungen stellen zwei verschiedene Einrichtungen von Scheibenrädern dar, Fig. 11 von
der Seite und Fig.
12 im senkrechten Durchschnitte durch die Achse, welche die jetzt
gebräuchlichen Räder ersehen sollen, die bekanntlich Speichen von Flacheisen haben,
welche in die Nabe eingegossen und an dem innern Kranz festgenietet sind.
Man wirft letztern Rädern mehrere Nachtheile vor, hauptsächlich daß sie kostbar sind,
daß sie nicht immer die nöthige Festigkeit und Dauer darbieten, daß sie an manchen
Stellen leicht die Form verlieren, zumal in den Speichen, welche in den gußeisernen
Naben Spielraum bekommen, und daß sie daher nach wenigen Jahren unbrauchbar
werden.
Bei dem neuen System sind diese Nachtheile gänzlich vermieden. Es besteht darin, zwei
Blechtafeln A und A', von
gleichen Dimensionen, nach einem in der Mitte gelochten Kreise auszuschneiden, sie
zu biegen, damit sie die aus der Zeichnung ersichtliche etwas convexe Form erhalten,
und sie darauf einerseits an die gußeiserne Nabe B (die
aber auch aus Schmiedeeisen oder jedem andern Metall bestehen kann) und andererseits
an die innere Peripherie des Kranzes C anzunieten,
welcher letztere aus ausgeschweißtem und ausgewalztem Eisen besteht.
Diese Verbindung kann offenbar sehr leicht bewirkt werden. An dem rechten Rade des
Durchschnitts Fig.
12 ist an der Nabe ein, wie diese, kreisrunder Rand angegossen, an den zu
beiden Seiten die beiden blechernen Scheiben angenietet werden. Der innere Radreif
hat ebenfalls einen solchen Rand, an welchen die andere äußere Peripherie der beiden
Scheiben genietet wird. Sowohl diese Scheiben als auch die Ränder der Nabe und des
Kranzes werden vorher mit der erforderlichen Anzahl einander entsprechender
Nietlöcher versehen. Auf den innern Reif oder Kranz wird, wie gewöhnlich, der
eiserne Spurkranz D aufgedrückt, und durch Niete,
Schrauben oder Bolzen darauf befestigt.
Es ist augenscheinlich, daß ein solches System, indem man die Verhältnisse, die
Durchmesser und die Blechstärken der verschiedenen Theile verändert, mit demselben
Vortheil auch bei den Tender- und Locomotiv-, sowie bei den
Waggons- oder Postkutschenrädern angewendet werden kann.
Hr. Cavé schlägt auch vor, derartige Räder bei
gewöhnlichen Kutschen anzuwenden. Da bei solchen Rädern die Nabe sich um den
Achsschenkel dreht, statt mit demselben verbunden zu seyn, so muß man im Innern der
gußeisernen Nabe eine Büchse, ebenfalls von Gußeisen oder von Bronze, anbringen, die
man, wenn sie abgenutzt ist, leicht auswechseln kann. Man kann daher sehr zweckmäßig
die sogenannten Patentbüchsen dabei anwenden.
Um den innern Kranz oder die Felge wird, wie bei gewöhnlichen hölzernen Rädern, ein
eiserner Reif gelegt, den man auswechselt, wenn er abgenutzt ist.
Unter gewissen Umständen kann man bei Eisenbahnrädern auch den innern Kranz C weglassen und die blechernen Scheiben unmittelbar mit
dem Spurkranz vereinigen, wie es auf dem linken Rade der Fig. 12 dargestellt
ist.
Die beiden blechernen Scheiben A² und A³ werden alsdann an der Peripherie rechtwinklich
umgebogen, um sie auf der innern Seite des Kranzes D
festzunieten.
Bei dieser Einrichtung wird die Fabrication der Räder noch vereinfacht und sie werden
dadurch leichter. Wenn der Kranz abgenutzt ist, so kann er abgenommen und durch
einen andern ersetzt werden.
Gewalzte eiserne Schienen auf gußeisernen Längsschwellen.
– Hr. Cavé hat auch die Form, die
Befestigung und Anwendung der Eisenbahnschienen verbessert.
Seine Schienen sind an ihrem obern Theil a massiv und
haben unten eine Rippe, welche in die gußeiserne Längsschwelle c tritt, die längs der ganzen Bahn liegt. Die
Befestigung wird durch Bolzen und Schließkeile bewirkt, sowohl bei ihrer Verbindung
mit den gußeisernen Schwellen c, als auch bei
Vereinigung dieser letztern mit den gewalzten Querschwellen oder Traversen d, welche die Form eines T
haben und die Längsschwellen auseinander halten. Bei der Anwendung dieser Schienen
sind gar keine hölzernen Schwellen erforderlich.
Die Vortheile dieser Einrichtung sind bedeutend, nämlich:
1) Ersparung an Eisen, weil die eigentliche Schiene weit leichter ist, als die
gewöhnlichen es sind, und weil außerdem nur die Traversen d aus Walzeisen bestehen. Diese Schienen nutzen sich nicht schneller ab
als die doppelten, und nur sie sind zu ersetzen. Da sie nun verhältnißmäßig leichter
sind, so veranlassen sie eine andauernde Ersparung.
2) Die gußeisernen Schwellen verändern sich nicht, sondern haben eine unbeschränkte
Dauer; sie können ohne große Vorarbeiten gelegt werden, erhalten die Bahnlinie genau
horizontal und verhindern das Austreten der Wagen aus dem Geleise.
3) Die gewalzten Querschwellen haben auch eine unbeschränkte Dauer, und ersetzen
selbst in Beziehung auf den Preis die hölzernen Querschwellen, welche überdieß
leicht faulen. Endlich da man nur eines einzigen Modelles zum Guß der Schwellen
bedarf, so kann man Curven von jedem Halbmesser leicht und sehr genau
herstellen.