Titel: | Ueber Hohofen-Schlacken und Beschickung der Hohöfen nach stöchiometrischen Grundsätzen; von G. Lindauer, vormals Director der Horzuwitzer Eisenwerke. |
Autor: | Gustav Lindauer |
Fundstelle: | Band 135, Jahrgang 1855, Nr. XXX., S. 125 |
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XXX.
Ueber Hohofen-Schlacken und Beschickung
der Hohöfen nach stöchiometrischen Grundsätzen; von G. Lindauer, vormals Director der Horzuwitzer Eisenwerke.
Lindauer, über Hohofen-Schlacken und Beschickung der Hohöfen
nach stöchiometrischen Grundsätzen.
Die geschmolzenen kieselsauren Verbindungen der Erden und Alkalien haben die
Eigenschaft, die Oxyde der unedlen Metalle in beträchtlicher Menge aufzulösen und
damit nach dem Erkalten verschiedenartig gefärbte, theils glas- theils
porzellanartige Massen zu bilden. Diese durch Schmelzung hervorgebrachten Silicate
sind es insbesondere, welche man Schlacken nennt.
Daß es die Kieselerde ist, welche die Metalloxyde und Erden in den höhern
Temperaturen in Fluß bringt, wußte man zwar schon längst durch Erfahrung, allein auf
den Grund des Erfolges hat Berzelius zuerst hingewiesen
und dadurch neuen Aufschluß über die Theorie der Schlackenbildung gegeben. Die
Verbindungen der Kieselerde mit den oxydirten Körpern lassen sich als Vereinigungen
einer Säure mit einer oder mehrern Basen betrachten. Es zeigt sich aber in dem
Verhalten der Silicate in der Schmelzhitze eine sehr große Verschiedenheit, die
theils von der Beschaffenheit der Base, theils von dem Sättigungszustande derselben
mit der Kieselerde abhängig ist. Einige Basen bilden leichtschmelzbare Silicate,
andere erfordern einen viel höhern Grad der Temperatur zum Flüssigwerden.
Die meisten Oxyde von den eigentlich sogenannten Metallen geben leichtschmelzbare
Silicate. Unter den Silicaten der Erden kommen bei den Schmelzprocessen am
häufigsten das der Kalk-, Thon- und Bittererde vor, zuweilen auch das
der Baryterde. Die Silicate der Thonerde zeichnen sich vorzüglich durch ihre große
Strengflüssigkeit aus; diejenigen der Kalk- und Baryterde scheinen in dieser
Hinsicht nicht sehr verschieden zu seyn. Silicate welche mehrere Basen enthalten,
sind leichtflüssiger, als die Silicate mit einer einzigen Base, so daß man häufig in
den Fall kommt, die Schmelzbarkeit eines Silicates durch ein anderes zu befördern.
Aber nicht allein – wie schon erwähnt – von der Beschaffenheit der
Base, sondern auch von ihrem Sättigungsverhältnisse mit der Kieselsäure ist die
Schmelzbarkeit eines Silicates abhängig.
Die Subsilicate sind sämmtlich strengflüssiger als die Singulosilicate; diese sind
aber, wenigstens in den meisten Fällen, etwas strengflüssiger als die Bisilicate; letztere
aber leichtflüssiger als die Trisilicate und als alle Silicate, in welchen die
Kieselerde noch mehr vorherrschend wird.
Es ergibt sich hieraus vorläufig, daß es bei der Reduction der Eisenerze vorzüglich
darauf ankommt, Silicate zu bilden, welche bei dem Grabe der Temperatur, in welchem
die Operation stattfindet, in einen flüssigen Zustand gebracht werden können, ohne
daß dieser Flüssigkeitszustand durch Eisenoxydulsilicat veranlaßt wird, weil dadurch
ein großer Theil des Eisengehaltes verloren gehen, und dasselbe zugleich durch
Entkohlung des gebildeten Roheisens störend auf den Ofenbetrieb mittelst Bildung von
Stabeisen-Ansätzen einwirken würde.
Seit man sich über die Wirkungsart der Kieselerde bei der Schlackenbildung einen
genügenden Aufschluß verschafft hat, ist es auch leichter geworden, sich über die
Auswahl und über die Menge der Zuschläge beim Verschmelzen der Eisenerze
Rechenschaft zu geben, und es gelten über die Beschickungsverhältnisse folgende
Erfahrungssätze:
I. Erzen, die viel Thonerde in der Mischung enthalten, müssen
Zuschläge gegeben werden, bei welchen sich die Schlacke mehr einem Silicate als
einem Bisilicate nähert.
II. Enthalten die Erze mehr Kalk- und Bittererde als
Thonerde, so sind die Zuschläge in der Regel so zu wählen, daß die Schlacke sich
eher der Zusammensetzung eines Bisilicates nähert, obgleich sie auch schon ein
Trisilicat seyn kann.
III. Erze, die viel Manganoxyd oder Oxydul enthalten, müssen
immer so beschickt werden, daß die Schlacke ein Trisilicat wird, weil sie sonst
zu flüssig ausfällt und das vollständige Eisenausbringen aus den Erzen
verhindert.
IV. Erze, die in überwiegender Menge Kieselerde enthalten, sind
sehr strengflüssig und geben weißes Roheisen mit sehr eisenoxydulreicher
Schlacke, daher ein geringeres Ausbringen, weil ein Theil des Eisens zur
Schlackenbildung nöthig ist. Solche Erze müssen Kalkzuschläge erhalten und zwar
um so stärkere, je größer die Menge der beigemischten oder beigemengten
Kieselerde ist. Enthalten sie außer der Kieselerde zugleich noch Thonerde, so
leistet der reine Kalkstein die besseren Dienste. Wären sie aber von
Thonerde ganz frei, so würde ein thonhaltiger Kalk in den meisten Fällen den
Vorzug verdienen, weil er eine Verminderung des Flußzusatzes zulässig macht und
doch zugleich den Zweck erreichen läßt, eine Schlacke von der gehörigen
Consistenz zu erzeugen.
Die Flüsse oder Zuschläge, welche die Eisenerze, wenn sie nicht für sich schmelzbar
sind, erhalten müssen, sind also nur in den beiden Fällen wirkliche Flüsse oder die
Schmelzbarkeit des Erzes befördernde Mittel, wenn das Erz wegen seiner
Zusammensetzung kieselerdige Zuschläge erfordert, oder wenn der Kieselerdegehalt
stark überwiegend ist. In allen andern Fällen wirken sie der zu großen
Leichtflüssigkeit des Erzes, nämlich der Bildung einer an Eisenoxydul reichen
Schlacke, entgegen, und bewirken daher eine größere Strengflüssigkeit und eine damit
in Verbindung stehende leichtere Reducirbarkeit des Eisenoxyds.
Von der richtigen Wahl und von dem gehörigen Verhältnisse der Zuschläge hängen der
gute Gang der Schmelzbarkeit und der größere oder geringere Vortheil beim Betriebe
wesentlich ab. Durch ein zu großes Verhältniß der Zuschläge wird der Zweck derselben
aus demselben Grunde verfehlt, aus welchem der Zuschlag überhaupt angewendet wird.
Dieß Verhältniß genau zu bestimmen, ist schwierig, weil es genau genommen nach dem
Gange des Ofens, selbst bei einerlei Erzen, verschieden seyn sollte; in der Regel
pflegt man aber das durch die Erfahrung aufgefundene und bei einem Mittlern guten
Gange des Ofens bestimmte Verhältniß des Zuschlages zum Erze unveränderlich
beizubehalten.
Diese von Karsten und andern Metallurgen ausgesprochenen
Grundsätze über die Beschickung der Eisenerze und über die zweckmäßigste
Zusammensetzung der entfallenen Schlacken haben allerdings ein großes
wissenschaftliches Interesse, allein sie sind viel zu allgemein gehalten, um von
ihnen in speciellen Fällen Anwendung machen zu können. Sie gründen sich ferner, was
die Schmelzbarkeit anlangt, auf schon gebildete Silicate – Schlacken –
und geben kein Mittel an die Hand, um die Anordnung einer Beschickung im Vorhinein
treffen zu können; gewiß kann es nur reiner Zufall seyn, wenn eine nach
stöchiometrischen Regeln angeordnete Beschickung auch eine Schlacke von gleicher
Zusammensetzung liefert. Umgekehrt, hat die Erfahrung nicht gezeigt, daß Schlacken
von bestimmter stöchiometrischer Zusammensetzung nothwendig das Resultat einer
zweckmäßigen Beschickung und eines guten Schmelzganges sind, aber sie lehrt
andererseits eben so entschieden, daß Schlacken dieser Art nicht gerade vorzugsweise
strengflüssiger als andere sind.
Berthier, Sefström und neuerlich Plattner haben über die Schmelzbarkeit verschiedener Silicate Versuche
angestellt, welche für praktische Zwecke sehr schätzenswerth sind, und es scheint,
daß die Analyse sie zur Synthese geführt habe. Diese Experimentatoren gingen nämlich
a priori zu Werke, indem sie verschiedene Silicate
zusammensetzten, deren Schmelzbarkeit untersuchten und gegen einander verglichen.
Plattner insbesondere stellte umfassende Versuche an,
bei welcher Temperatur verschiedene Silicate sich bilden und schmelzen.
Für den Eisenhüttenmann sind die Versuche mit Kalk- und Thonerdesilicaten von
besonderem Interesse, denn die Kalk- und Thonerde in Verbindung mit der
Kieselerde bilden beinahe immer den Hauptbestandtheil eines Eisenerzes, während die
Talk- und Baryterde, sowie das Manganoxydul und Oxyd sich wohl in den meisten
Eisenerzen zwar vorfindet, allein selten in solcher Quantität, daß ihr Einfluß auf
die Schmelzbarkeit der Silicate wesentlich genannt werden könnte. Man kann daher den
Einfluß dieser Bestandtheile auf die Schlackenbildung vernachlässigen, zumal auch
nicht alle Kieselerde in Rechnung genommen werden kann, welche einem Hohofen
überhaupt aufgegeben und zur Schlackenbildung verwendet wird. So ist die Kieselerde
ein wesentlicher Bestandtheil des Aschengehaltes eines Brennmaterials, und dem
letztern auch mechanisch als Sand beigemengt; endlich geben Schacht und Gestelle
eines Hohofens, hauptsächlich aus Kieselerde bestehend, einen, wenn auch geringen
Theil der letztem, zur Schlackenbildung ab. Die angeführten Vasen wirken übrigens in
ihren Verbindungen mit Kalk- und Thonerde nur schmelzbefördernd.
Berthier's Versuchen zufolge liegen die schmelzbarsten
Verbindungen der Kieselerde mit der Kalk- und Thonerde innerhalb der
Gränzen
CS + AS
und CS² + AS².
Die Gemenge sind dabei um so schmelzbarer, je mehr sie sich
der Zusammensetzung CS² + AS nähern. Ist die Kalkerde zum Singulosilicate verbunden, so erfolgt nach
Berthier zwar auch noch eine Schmelzung, sie ist
jedoch weniger leicht, als wenn die Kalkerde zum Bisilicat verbunden ist. Thonarten
die am meisten Thon enthalten, nähern sich dem Thonerdebisilicat; wenn diesen also
Kalkerde in den Gränzen von Singulosilicat bis Bisilicat zugesetzt wird, so werden
sie immer leicht in Fluß kommen, aber noch leichter, wenn ihnen noch ein Zusatz von
Kieselerde innerhalb der Gränzen S und S³ gegeben wird.
Die unter der Leitung Sefströms zu Fahlun angestellten
Schmelzversuche gaben folgende Resultate:
I. CS konnte nicht zum Schmelzen gebracht
werden;
II. CS² war vollständig geschmolzen;
III. CS³ schmilzt leichter als CS²;
IV. AS und AS²
sinterten nur zu einer harten Masse zusammen;
V. CS + 2 AS gab ein
gut geflossenes grünes Glas. Dieses Silicat besteht aus:
42,62 Kieselerde
mit
22,15 Sauerstoff,
25,84
Kalkerde „31,54
Thonerde „
7,28 14,77
=
22,15 „
VI. CS² + 2 AS²
schmolz leicht zu einem dichroitfarbigen Glase und dieses Silicat ist
zusammengesetzt aus:
Kieselerde
= 59,77 mit
31,06 Sauerstoff
KalkerdeThonerde
= 18,12 „=
22,11 „
5,18 × 210,35 ×
2
= 31,06 „
–––––––––
100,00.
Die Zusammensetzung dieses Silicates entspricht aber auch der Formel:
CS² + AS 3/2.
VII. CS³ + 2 AS³ verhielt sich etwas strengflüssiger und besteht aus:
69,02
Kieselerde
mit
35,87 Sauerstoff
13,95 7,03
Kalkerde „Thonerde
„
3,99 daher 3,99 × 3
7,97 „
7,97 × 3
= 35,88
„
–––––––
100,00.
VIII. CS² + AS²
ein gutgeschmolzenes blaugrünes Glas.
Platiner in Freiberg stellte über die Hitzgrade, welche
zur Bildung verschiedener Silicate nöthig sind, umfassende Versuche an, von denen
nur jene Resultate hier aufgeführt werden, welche für den vorliegenden Zweck von
besonderem Interesse sind. Es führt dieser Experimentator ausdrücklich an, daß der
Schmelzpunkt der bereits gebildeten Silicate immer niedriger liege als der Hitzgrad,
bei welchem sich die Silicate bilden. Nach ihm bildet sich
CS²
bei einer Temperatur von
2150°C.
CS³
„ „ „ „
2100
AS²
„ „ „ „
2400
AS³
„ „ „ „
2400
CS +
AS
„ „ „ „
1918
CS² +
AS²
„ „ „ „
1950.
Die Resultate dieser drei Experimentatoren stimmen darin überein: unter allen
Zusammensetzungen der Kiesel-, Kalk- und Thonerde sind in der Regel
jene die leichtschmelzbarsten, welche zwischen
CS² + AS² und CS + AS
liegen; eine Ausnahme macht die Verbindung
CS³ + AS 3/2
und ohne Zweifel sind noch mehrere außerhalb diesen Gränzen
liegende Verbindungen vorhanden, welche ebenfalls leichtschmelzbar sind.
Alle diese Verbindungen werden leichtflüssiger, wenn Mangan in die Verbindung tritt,
und sie werden um so leichtflüssiger, je stärker der Mangangehalt in der Verbindung
ist; es können daher an und für sich sehr strengflüssige Silicate leichtflüssig
gemacht werden.
Die verkohlten Brennstoffe, welche in den Hohöfen angewendet werden, entwickeln unter
übrigens gleichen Umständen so ziemlich die gleichen Wärme-Effecte, und es
ist auch nicht wohl anzunehmen, daß durch die Anwendung unverkohlter Brennstoffe,
als Holz, Steinkohlen und Torf, ein geringerer Wärme-Effect in der
Verbrennungs-Zone eintrete, denn die Verkohlung dieser rohen Brennstoffe muß
nothwendig schon erfolgt seyn, bevor sie die Reductionszone durchlaufen haben und
durch weitere Zonen in die Verbrennungs-Zone gelangt sind.
Man hat es daher immer nur mit verkohlten Brennstoffen zu thun, wenn von dem
Temperatur-Maximum eines Hohofens die Rede ist, obgleich nicht übersehen
werden darf, daß durch die Anwendung unverkohlter Brennstoffe in den höhern Regionen
eines Hohofens sehr zu berücksichtigende Modifikationen eintreten.
Für Holzkohlen hat Th. Scheerer das wahrscheinliche
Temperatur-Maximum eines Hohofens für kalten und warmen Wind berechnet, und
es enthält die nachfolgende Tabelle die Resultate dieser Berechnung für die
verschiedenen Erwärmungs-Grade der Gebläseluft.
für t =
0
100
150
200
250
300
350
400°
wird P =
2656
2758
2809
2860
2911
2962
3023
3064°
Dieses Temperatur-Maximum zu erreichen, wird in der Praxis allerdings nur
annähernd gelingen. Es mag nun dieses Temperatur-Maximum seyn welches es
will, so steht doch so viel fest, daß diesem der Schmelzgrad der stöchiometrischen
Verbindung der Beschickung angemessen seyn muß. Würde nämlich die Verbindung der
Erdarten zu ihrer Schmelzung einen Temperatur-Grad erfordern, der dem
Temperatur-Maximum im Hohofen sehr nahe kommt oder es gar erreicht, so würde
im erstem Falle nothwendig die geringste Störung im Betriebe den Ofen in Gefahr
sehen, im zweiten Falle aberden Betrieb überhaupt unmöglich machen.
Die Zusammensetzung der Erdarten in der Beschickung muß daher im Allgemeinen so
gewählt werden, daß man eine Verbindung erhält, deren Schmelzpunkt dem
Temperatur-Maximum des Hohofens und dem zu erzeugenden Producte angemessen
ist, jedenfalls aber auch bedeutend höher ist, als der Schmelzpunkt des Roheisens,
um die Bildung einer eisenoxydulreichen Schlacke zu verhindern. Je mehr unter der
letztem Berücksichtigung der Schmelzpunkt unter dem Temperatur – Maximum des Hohofens liegt, desto
höher kann der Satz geführt werden, um so geringer wird der relative
Kohlenverbrauch, um so größer aber auch die Wahrscheinlichkeit weißes Roheisen zu
erblasen. Bei zwei in ihren Schmelzpunkten von einander verschiedenen
Silicat-Verbindungen wird diejenige zur Erzeugung eines grauen Roheisens
günstiger seyn, welche den höhern Schmelzpunkt erfordert, vorausgesetzt daß derselbe
nur in angemessener Entfernung unter dem Temperatur – Maximum liegt.
Je richtiger überhaupt ein Silicat angeordnet ist, um so eisenoxydulärmer wird die
Schlacke entfallen, daher um so größer das Ausbringen und um so geringer die
Reduction der Metalloide, durch welche die Qualität des Roheisens nothleidet.
Bei der Wahl eines Silicates ist die Beschaffenheit des Brennstoffes mitentscheidend;
während bei Holzkohlen das Silicat immerhin beliebig zwischen
CS² + AS² und CS + AS
gewählt werden kann, hat doch die Erfahrung gelehrt, daß die
günstigste Verbindung jene von
CS² + AS
oder eine nahe mit ihr übereinstimmende sey. Anders ist es bei
der Anwendung von mineralischem Brennstoff und wahrscheinlich auch dem Torf. Beide
enthalten in der Regel größere Aschenmengen als die Holzkohle, und in dieser in den
meisten Fällen Schwefeleisen und schwefelsauren Kalk; der erstere aber überdieß noch
mechanisch beigemengte Schwefeltheile, und alle diese Schwefelantheile können nur
durch einen vermehrten Kalkzuschlag in die Schlacke geführt werden. Man muß daher
ein Silicat wählen, das bei großem Kalkgehalte noch den nöthigen Grad von
Leichtflüssigkeit besitzt, und es dürfte die Verbindung
CS + AS
oder eine sich ihr nähernde zu einem guten Erfolge führen.
Bei der Anwendung von mineralischem Brennstoffe – und es ist anzunehmen auch
bei jener von dem Torfe – kann es zur Vermeidung eines auffallend großen
Kalkzuschlages, wodurch die Beschickung nur ärmer wird, sehr zweckdienlich seyn,
einige Procente Mangan-Oxyd oder Oxydul in die Beschickung aufzunehmen, und
es wird dieß mit um so größerem Vortheil geschehen, wenn ein oder das andere zu
verschmelzende Erz manganhaltig ist.
Jedem Hüttenmann kann daher eine genaue Analyse der zu verhüttenden Eisenerze und des
Kalkes nicht genug empfohlen werden; eben so nothwendig und unentbehrlich ist für ihn aber auch die
Kenntniß von der Berechnung und den Eigenschaften jener Silicate, die bei dem
Hohofenprocesse von besonderem Einflüsse sind, weil er nur durch sie in den Stand
gesetzt wird, einen bereits bestehenden Betrieb mit Erfolg und rationell weiter zu
führen, einen erst beginnenden mit Vertrauen zu eröffnen; beide im Verein machen es
ihm möglich, auf dem kürzesten Wege zu einer richtigen Consequenz im Betriebe zu
gelangen. Wie oft ereignet sich der Fall, daß Erze, die man zur Verschmelzung
ungeeignet glaubt, doch mit Vortheil verschmolzen werden können, daß kalkhaltige
Erze zur Verminderung des Kalkzuschlages und manganhaltige zur Beförderung der
Leichtflüssigkeit nicht in gehörigem und richtigem Maaße angewendet wurden!
Keinesfalls darf aber die Sauerstoff-Verbindung des Eisens in einem Erze
übersehen werden; zur Erzielung gleicher Resultate bezüglich der Beschaffenheit des
zu erblasenden Roheisens dürfen nur Oxyde durch Oxyde, nicht aber Oxyde durch
Oxydule, oder wenn dieß doch geschieht, in nur geringem Maaße ersetzt werden. Selbst
geröstete Oxydule sind hievon nicht ausgenommen.
In den Horzuwitzer Eisenwerken kommen gewöhnlich sechs bis acht verschiedene
Eisenererze zur Verhüttung, und es sind diese theils Oxyde, theils Oxydule, und
diese insbesondere von hohem Eisengehalte; in allen diesen Erzen ist die Kalkerde
nur äußerst gering vertreten, der ziemlich entfernte Kalkstein aber nicht
unbedeutend thonhaltig.
Eine – längere Zeit in dem einen Hohofen – verschmolzene Beschickung
von 16 Proc. Kalkzuschlag gab unausgesetzt sehr günstige Resultate, sowohl in
Beziehung auf den relativen Kohlenverbrauch, als auch das Ausbringen und die
Qualität des Roheisens, weßwegen diese Beschickung auf ihre
Silicat-Verbindung berechnet wurde. Sie enthielt der Analyse zufolge:
an Kieselerde
= 26,090 Gewichtstheile,
„ Kalkerde
=
12,635
„
„ Thonerde
=
15,500
„
mit einem äußerst geringen Antheil von Manganoxyd.
In 100 Theilen dieser Verbindung sind daher enthalten:
Kieselerde
= 48,114
mit
25,000 Sauerstoff,
KalkerdeThonerde
= 23,301 „=
28,585 „
6,657 × 213,381 ×
1
=
26,695 „
–––––––––
100,000.
Da der Sauerstoffgehalt der Kalkerde in jenem der Thonerde zweimal enthalten ist, und
die Summe des doppelten Sauerstoffgehaltes der Kalkerde und des einfachen der Thonerde
nur wenig verschieden von jenem der Kieselerde ist, so kann dieses synthetische
Silicat füglich als eine Verbindung von der Form
CS² + AS
betrachtet werden.
Während die Beschickung des ersten Horzuwitzer Hohofens auf Grundlage früherer
Erfahrungen, mithin empirisch, erfolgt war, wählte man nun für den zweiten Hohofen
eine Beschickung nach stöchiometrischen Grundsätzen und zwar aus Erzen bestehend,
welche der erste Hohofen bislang zum Theil nicht verschmolzen hatte, bei einem
Kalkzuschlage von 18 Proc.
Die Beschickung enthielt:
an Kieselerde
= 25,595 Gewichtstheile,
„ Kalkerde
=
10,460
„
„ Thonerde
=
14,875
„
In 100 Theilen dieser Erdarten waren daher enthalten:
Kieselerde
= 50,25 mit
26,11 Sauerstoff,
KalkerdeThonerde
= 20,54 „=
29,21 „
5,87 × 213,69 ×
1
=
25,31 „
–––––––––
100,00.
Auch diese Verbindung, welche ebenfalls der Form
CS² + AS
nahekommt, gab sehr günstige Resultate, wobei noch zu bemerken
ist, daß der Manganoxyd-Gehalt etwas größer war, als bei der Beschickung des
ersten Hohofens.
In den beiden speciellen Fällen war die Differenz zwischen dem durch die Analyse
nachgewiesenen Eisengehalte der Gattirung und dem wirklichen Ausbringen im Großen
durchschnittlich 3 1/2 Proc., obwohl das erblasene Roheisen ausschließlich zum
Gießerei-Betriebe verwendet wurde, und es darf daher wohl mit Recht das
Schmelzresultat ein um so günstigeres genannt werden, als bei dem totalen Ausbringen
von 28–29 Proc. an Eisen, per 100 Pfd. gußfähigen
Roheisens durchschnittlich nur 115 bis 120 Pfd. weicher Holzkohlen, von denen ein
Kubikfuß 7 Pfd. wiegt, verbraucht wurden.
Wiederholte Versuche mit verschiedenen Beschickungen von ähnlicher Zusammensetzung
führten immer dieselben Erfolge herbei; sobald aber ein Oxyd durch ein –
selbst vorzüglich geröstetes – Oxydul ersetzt wurde, zeigte zwar der Ofengang
nicht die mindeste Veränderung, das graue, für den Gießereibetrieb vorzüglich
geeignete Roheisen ging aber in weißes über, welches ein treffliches Material zu der
Stabeisenbereitung abgab, weil es bei Gaargang erblasen war.
Ein mehr als siebenjähriger Betrieb auf den Horzuwitzer Eisenwerken hat zur Genüge
dargethan, wie höchst wichtig die stöchiometrische Anordnung der Beschickung ist,
welche günstige Resultate durch sie ermöglicht werden, wenn man nur mit dem
Verhältnisse der zu verschlackenden Erdarten einer Beschickung innerhalb der
Gränzen
CS² + AS² und CS + AS
bleibt.
Jene Hüttenmänner, welche der Empirie huldigen und alle wissenschaftlichen
Begründungen als theoretische Spielereien betrachten und verwerfen – und es
gibt deren noch viele – erlangen die Kenntniß der zu ihrer Verfügung
stehenden Schmelzmaterialien nur auf Kosten des Betriebes, und oft auch gar nicht,
es bleibt ein wirklich eintretender günstiger Erfolg zumeist ein Werk des
Zufalles.