Titel: | Ueber die Brütapparate von Carlo Minasi zu London. |
Fundstelle: | Band 135, Jahrgang 1855, Nr. XLIX., S. 219 |
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XLIX.
Ueber die Brütapparate von Carlo Minasi zu London.
Aus dem Mechanics'
Magazine, 1854, Nr. 1616 und 1629.
Mit einer Abbildung auf Tab. III.
Ueber Minasi's Brütapparat.
Bekanntlich sind eine gewisse, mehrere Tage gleichmäßig andauernde Temperatur und
eine hinreichende Menge Flüssigkeit, um das aus dem Ei während der Bebrütung
verdunstende Wasser wieder zu ersetzen, die Hauptbedingungen für das gesunde
Hervortreten des Hühnchens aus dem Ei.
Um diesen Anforderungen zu entsprechen, construirt Hr. Minasi einen beiläufig 1 Zoll hohen wasserdichten Trog von Zinkblech und
füllt dieses Gehäuse mit Wasser, welches er auf einer solchen Temperatur erhält, daß
eine auf der obern Fläche des Troges befindliche Schicht feinen Sandes dadurch
beständig auf 33 bis 34º R. erwärmt wird. Auf diesen Sand werden die
auszubrütenden Eier gelegt und mit einer Glasplatte zugedeckt. Um den Wasserdampf zu
liefern, welcher nothwendig ist um das aus dem Ei verdunstete
Wasser wieder zu ersetzen, brachte er in der Brütvorrichtung eine Anzahl
kurzer Röhren an, die sich von der untern Seite derselben bis zur obern erstrecken
und über die erwähnte Sandschicht hinaufreichen, so daß
atmosphärische und andere Feuchtigkeit von unten herauf ziehen und sich über die
ganze Oberfläche der Eier verbreiten kann. Die gebräuchliche Lampe hat der
Erfinder ebenfalls verbessert; in derselben wird Steinöl ohne Anwendung eines Dochts
gebrannt und so mehrere Wochen lang, ohne alle Aufsicht, eine constante Temperatur
unterhalten. Um die von der Lampe erzeugte Wärme ökonomisch zu verwenden, läßt man
dieselbe durch einen spiralförmigen Canal ziehen, dessen Seitenwänden sie sich
beständig mittheilt, während nur ein sehr kleiner Theil derselben durch eine in die freie Luft
ausmündende Röhre entweicht. Die dem Zugrohr mitgetheilte Wärme geht also an das
Wasser über und in Folge der höhern Stellung des einen Endes der Brütvorrichtung
wird eine beständige Circulation des erwärmten Wassers in derselben unterhalten. Die
untere Seite des zinkenen Gehäuses ist gerunzelt, damit die Hühnchen, welche in
einem Raume aufgezogen werden, dessen obern Theil sie bildet, besser daran nisten
können.
Man füllt mit Wasser, welches aus 36 bis 37º R. erwärmt ist, den Apparat (Fig. 32), wozu
man das Ende wo der Thermometer angebracht ist, aufhebt, damit die Luft austreten
und mehr Wasser aufgenommen werden kann. Nun bestreut man das Gehäuse, in welches
die Eier gelegt werden, 1/4 Zoll hoch mit feinem Sand, schneidet eine wollene Decke
von der Größe des Zinktroges aus und legt sie über die Eier. Um dieselbe nicht
aufheben zu müssen, schneidet man oben und unten ein paar Zoll davon aus, damit die
Thermometer jederzeit ohne Mühe besichtigt werden können. Eine andere solche Decke
wird dann außen über das ganze Glas gelegt. Unter den Zinktrog legt man klein
geschnittenes Heu mit ein wenig grobem Sand und erneuert dieß jeden folgenden
Tag.
Es sind drei Thermometer erforderlich; zwei werden in den Sand gesteckt (einer oben,
einer unten im Apparat), der dritte wird in das Wasser gesetzt und alle drei müssen
möglichst nahe 32º R. anzeigen, aber niemals höher steigen.
Man bringt die Lampe angezündet an ihren Platz, etwa 3 Zoll vom Kessel entfernt, und
regulirt ihre Flamme so, daß eine Wärme von ungefähr 32º R. erzeugt wird. Es
wird eine Stunde dauern, bis die Localität, der Apparat, der Sand, das Glas etc.
gleiche Temperatur haben; es ist aber besser, zwei Stunden aufzuwenden, um
versichert zu seyn, daß die Temperatur gleich ist, ehe man die Eier einlegt. Nachdem
die Wärme einmal durch die Lampe regulirt ist, so vergrößert oder verkleinert man
die Flamme nicht mehr; wenn die Wärme aber um fast einen Grad zu- oder
abgenommen hat, so stellt man die Lampe mittelst der Schraube nach Umständen
niederer oder höher. Sollte während der Nacht die Wärme um 1/2 oder 1 Grad sinken
und die Lampe schon möglichst hoch geschraubt worden seyn, so hat dieß nicht viel zu
sagen; wollte man aber die Temperatur um mehrere Grade höher treiben, so würden die
Eier wahrscheinlich zu Grunde gehen.Wenn sich ein Gaswerk in der Nähe der Brütanstalt befindet, so kann man
mittelst der von Kemp erfundenen Vorrichtung
(polytechn. Journal Bd. CXVII S. 352) eine sehr gleichmäßige Temperatur
beliebig lange Zeit unterhalten. A. d. Red. Wenn die Temperatur einmal 32º R. überschreitet, so müßte man
Glas, Decke und Lampe sogleich so lange entfernen, bis der Thermometer im Wasser
wieder auf die vorgeschriebene Temperatur fällt; dann werden die Eier wieder mit
Decke und Glas zugedeckt und die Lampe wird etwas niedriger geschraubt, als sie
vorher stand.
Wenn Alles gleiche Temperatur hat, so bezeichnet man die Eier auf einer Seite mit Nr.
1, auf der entgegengesetzten mit Nr. 2. Der Tag, wo sie in den Apparat kamen, kann
an jedem Ende derselben notirt werden. Man bringt sie nun in den Sand mit Nr. 1 nach
oben; 24 Stunden darauf kehrt man sie um, so daß Nr. 2 nach oben kommt. Die
geeignete Zeit ist Morgens 8 bis 9 Uhr. Man nehme die Eier nicht unnöthigerweise aus
dem Apparat. Nach Verlauf des sechsten Tages untersucht man, ob das Hühnchen sich
gebildet hat oder nicht, indem man das Zimmer verdunkelt und die Eier gegen ein in
den Fensterladen geschnittenes Loch von der Größe eines Shillings hält; wenn man
nämlich das Ei langsam dreht, so sieht man dann den Keim desselben obenauf
schwimmen. Ist ein Keim nicht wahrzunehmen, so muß das Ei als zum Ausbrüten
untauglich betrachtet werden. Man legt am besten ein Stückchen weichen Leders rings
um das Loch, an welches dann das Ei gehalten werden kann, ohne zu zerbrechen. Ist
die Schale undurchsichtig, so kann man den Keim erst am siebenten oder achten Tage
entdecken. Die als keimlos erkannten Eier kann man sogleich beseitigen und durch
andere ersetzen. Bei Eiern mit durchsichtigeren Schalen, z.B. von dem spanischen,
polnischen, türkischen Huhn etc., ist das Hühnchen schon nach dem vierten Tage
sichtbar. Wenn nach Verlauf von 21 Tagen die Lebenskraft der Hühnchen noch
zweifelhaft seyn sollte, so füllt man ein Becken fast ganz mit Wasser an, welches
auf 32 bis 33º R. erwärmt ist, und legt einige Eier sachte in dasselbe;
nachdem das Wasser ganz ruhig geworden ist, sieht man die Eier, welche lebende
Hühnchen enthalten, sich umher bewegen; dieselben müssen sogleich wieder in den
Apparat zurückgebracht und noch einen oder zwei Tage darin belassen werden.
Beim Einkaufe von Eiern behufs des Ausbrütens bringe man sie in eine Gelte mit Wasser
und beobachte, ob sie flach am Boden liegen; in diesem Fall eignen sie sich zum
Ausbrüten; erhebt sich aber ein Ende höher als das andere, so taugen sie nicht dazu;
steigen sie gar an die Oberfläche des Wassers oder nahe an dieselbe, dann sind sie
verdorben. – Ein anderes Verfahren, um sich von dem Verdorbenseyn der Eier zu
überzeugen, ist die Untersuchung derselben am Loche des Fensterladens; wenn am
dickern Ende ein leerer Raum von beiläufig der Größe eines Vierpenny-Stücks
wahrzunehmen ist, so kann das Ei als frisch gelegt oder nur zwei bis drei Tage alt
betrachtet werden; ist der leere Raum aber größer, so ist das Ei ein
verdorbenes.
Wenn das Hühnchen die Schale aufzupicken anfängt, ist es besser, dasselbe in den
Glaskasten am Ende zu versetzen, ihm etwas Flanell unterzulegen und denselben auch
darüber zu schlagen; denn wenn man sie im Sande läßt, beschädigen sie sich manchmal
an den Augen. Man kann die Hühnchen die ersten 24 Stunden ihres Lebens ohne Futter
in dem Glasbehälter lassen. Alsdann bringt man sie zur künstlichen Mutter, wo sie 5
bis 6 Wochen lang bleiben müssen und für sich selbst sorgen können. Wenn ein
Hühnchen die ersten 2 bis 3 Tage sich schwächlich zeigt, kann man es aus dem
Glasbehälter von seinen kräftigern Cameraden hinweg unter die künstliche Mutter
bringen, natürlich mit Darreichung von etwas Futter.
Wir haben etwa 150 in dieser Vorrichtung ausgebrütete und aufgezogene Hühnchen vom
Alter von 2 Stunden bis zu 10 Wochen gesehen, die sich ausnehmend wohl befanden. Bei
dem ersten Versuch, welchen Hr. Applegard in Harrow mit
diesem Apparat anstellte, wurden von 48 Eiern, die sich darin befanden, 30
ausgebrütet und die Jungen aufgezogen.
Wenn man noch den wohlfeilen Preis dieses Apparats (5 Guineen) berücksichtigt,
während andere, deren Erfolg ein weit geringerer war, viel mehr (20 Guineen auf je
100 Eier, die zugleich darin ausgebrütet werden können) kosten, so sind die von Hrn.
Minasi gemachten Verbesserungen als sehr
verdienstlich zu betrachten.