Titel: | Beschreibung eines photographischen Vergrößerungsapparates und der Darstellungsweise transparent-positiver Glaslichtbilder; von Dr. J. Schnauß in Jena. |
Autor: | Julius Karl Schnauss [GND] |
Fundstelle: | Band 135, Jahrgang 1855, Nr. LXV., S. 308 |
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LXV.
Beschreibung eines photographischen
Vergrößerungsapparates und der Darstellungsweise transparent-positiver
Glaslichtbilder; von Dr. J. Schnauß in Jena.
Mit Abbildungen auf Tab.
IV.
Schnauß photographischer Vergrößerungsapparat.
Das Princip eines Apparates zur beliebigen Vergrößerung von negativen Photographien
und anderen ebenen Objecten, wie Gemälden etc., ist so einfach und zugleich für die
praktische Photographie so nützlich, daß derselbe verdient, in den Händen aller
Photographen zu seyn, nicht aber als ein Geheimniß Einzelner betrachtet zu werden.
Ursprünglich wurde er Skopall'scher Apparat genannt,
sodann machten die HHrn. Heilmann und Stewart u. m. a. Ansprüche auf diese sogenannte
Erfindung. Ich selbst bediene mich seit mehreren Jahren einer nach meiner eigenen
Angabe construirten einfachen Vorrichtung zur bedeutenden Vergrößerung negativer
Glaslichtbilder, mit Beibehaltung ihrer ganzen Schärfe und Schönheit. Die Vortheile
eines solchen Apparates sind einleuchtend. Es fällt zunächst der Fehler sehr großer
Doppelobjective und deren Camera weg, welcher in dem
Mangel einer gleichmäßigen Schärfe und richtigen Proportion des aufgenommenen Bildes
beruht und selbst von den besten Optikern eingestanden und nicht ganz vermieden
wird. Ferner läßt sich, besonders bei Aufnahme von Gegenständen außerhalb des
Arbeitslocales, z.B. von Landschaften, der unbequeme Transport eines so großen
Kastens nebst entsprechenden Utensilien dadurch umgehen; man braucht nur mit einer
kleinen Camera zu operiren und dann später zu Haus das
negative Bild beliebig zu vergrößern. Allerdings ist hierbei eine gewisse Gränze für
jedes Objectiv einzuhalten, über welche hinaus dasselbe nicht mehr genug Lichtstärke
besitzt, um noch gute Vergrößerungen zu liefern. Es folgt hier eine Beschreibung der
Construction meines Vergrößerungsapparates nebst dessen möglichst genauer
Abbildung.
Ursprünglich ist derselbe von bestimmter Länge aus Holz gebaut worden, da er bei
diesen Dimensionen gerade meinem Zweck entspricht, doch ist es jedenfalls zweckmäßiger
die rechts und links von dem Objectiv liegenden Theile desselben mit elastischen
Auszügen zu versehen, um die Größe der Bilder ganz in seiner Gewalt zu haben.
Aus dem beigegebenen Maaßstab (in Decimetern) erhellt die Größe meines Apparates,
Fig. 20,
berechnet für ein Voigtländer'sches Doppelobjectiv von
25''' Linsendurchmesser und 7'' 4''' Brennweite. Der parallelepipedische Kasten a, a hat näher der vorderen Seite b, b eine Zwischenwand e, e worin das Objectiv
f angeschraubt wird. Diese Wand kann nach Oeffnung
des verticalen Schiebers g, g seitlich herausgezogen,
und auf diese Weise, nämlich, indem man mit der Hand durch die geöffnete Thür fährt
und ein Tuch darüber deckt, auch das Objectiv gehandhabt, d.h. eingestellt werden.
Wie man an der Zeichnung sieht, sind für die Zwischenwand noch einige andere Ruthen
geschnitten, um sie näher oder ferner der Hinterwand bringen zu können, je nach der
gewünschten Größe des Bildes. Hiezu ist auch ein entsprechendes Verschieben der
Vorderwand b, b mit dem darin befestigten Glasbild c nothwendig. Diese Einrichtung und die Ruthen fallen
natürlich weg, wenn man beiderseits elastische Auszüge anbringt. Die Hinterwand des
Apparates wird für gewöhnlich durch die mattgeschliffene Glastafel d gebildet, an deren Stelle während des Copirens die
Casette mit dem zur Aufnahme des vergrößerten Bildes bestimmten Papier oder Glas
geschoben wird. Der ganze Apparat ist inwendig schwarz angestrichen. Die zweckmäßige
Befestigungsweise des negativen Glasbildes sieht man in Fig. 21, der Vorderwand
b, d des Kastens. Das Glasbild c wird durch die zwei, an je zwei Stahlfedern
befestigten Leistchen l, l gegen den Falz angedrückt;
beim Gebrauch erhebt man die Leistchen an den Messingknöpfchen x, x und dreht sie etwas seitlich, wie die punktirten
Linien zeigen. So kann alsdann die Glastafel bequem heraus und hinein gethan
werden.
Schwieriger als die Construction dieses eben beschriebenen Apparates ist die
Präparation des Papiers, worauf sich das vergrößerte negative Bild positiv abbilden
soll. Das zu positiven Copien gewöhnlich verwendete Chlorsilberpapier ist für diese
Methode zu unempfindlich; überdieß möchte es bei dieser Construction nicht leicht
seyn, die Entstehung und Vollendung des Bildes zu beobachten, ohne welche Vorsicht
man selten gute Bilder auf Chlorsilberpapier erhält. Dem Zweck entsprechender sind
die mit Jodsilber und überschüssigem Silbersalz getränkten Papiere, wie sie für die
negativen Papierbilder, in der Camera erzeugt,
gebräuchlich sind.Man sehe meine Abhandlung hierüber im Archiv für Pharmacie, Aprilheft 1853
(im Auszug im polytechn. Journal Bd. CXXX S. 75).
Die hierauf erzeugten
Bilder müssen erst durch Gallussäure sichtbar gemacht, wie man sagt, hervorgerufen
werden. Diese Papiere sind sehr empfindlich; man braucht bei indirectem Tageslicht
(Mittagsseite der Wohnung) ungefähr 10–15 Minuten zu einem ganz vollendeten
Bild in dem Vergrößerungsapparat. Es sind hierzu eigentlich alle für negative
Papierbilder empfohlenen Bereitungsarten gut, nur muß das Papier jedenfalls mit
einer satinirenden Substanz, wie Albumin, Milchserum, Amylumlösung (Tapioca-
oder Arrowrootmehl) und dergl. vor dem Auftragen der photographischen Salze
überzogen werden, sonst dringt das Bild bei dem Trocknen zu sehr in die Papiermasse.
Ich empfehle folgende Präparation zu diesem Versuch. Gleiche Theile Eiweiß und
destillirtes Wasser werden nach Hinzufügen von 1/20 Gewichtstheil Jodkalium und 1/30
Bromammonium zu Schnee geschlagen und durch Absetzenlassen gereinigt. Diese
Flüssigkeit trägt man durch Bestreichen mit darin eingetauchten Baumwollbäuschchen
auf das Papier, so gleichmäßig wie möglich, und ohne die Rückseite desselben zu
berühren; dann läßt man das Papier im warmen Zimmer trocknen. Staub muß dabei
sorgfältig vermieden werden. Kurz vor der Anwendung wird es mit der präparirten
Seite auf eine wässerige Lösung von 1 Gew. Theil salpetersaurem Silberoxyd auf 20
Theile Wasser und 1 Theil Eisessig gelegt unter den bekannten Vorsichtsmaßregeln,
und so etwa 1/2–1 Minute gelassen, darauf noch naß auf das sogenannte Blanquart'sche Glas der Casette gelegt und exponirt.
Obgleich die Essigsäure im Silberbad zum Coaguliren des Albumins hinreicht, so kann
man dieß auch vorher bewirken, entweder durch Ueberstreichen des Papiers mit
absolutem Alkohol oder durch Ueberfahren desselben mit einem heißen Plätteisen.
Hervorgerufen wird mit concentrirter, bei kaltem Wetter etwas erwärmter
Gallussäurelösung, indem man das Papier mit der Bildseite darauf schwimmen läßt.
Silbersalzlösung hinzuzufügen ist eher schädlich als nützlich. Bei der Fixirung,
wozu fast concentrirte unterschwefligsaure Natronlösung genommen wird, fügt man
gegen das Ende des Fixirprocesses einige Tropfen Essigsäure hinzu. Die Lichter
werden erst hierdurch klar. Bei alledem befriedigen solche hervorgerufene Bilder den
Beschauer selten, besonders bei Vergleichung mit einem Chlorsilberpapierbild. Sie
haben lange nicht die Kraft, ich möchte sagen, das Feuer der letzteren; ihre Lichter
sind fast immer etwas unklar, ihre Schatten durch Eindringen in die Papiermasse
nicht markig genug. Es lag mir daher schon längst daran, ein Mittel ausfindig zu
machen, diese vergrößerten Bilder in ihrer ganzen Schönheit auf Chlorsilberpapier zu
erhalten, sollte es auch etwas mehr Mühe kosten. Nach mehrjährigen Versuchen habe
ich ein diesem Zweck
günstiges Verfahren aufgefunden und gebe hiermit dessen Beschreibung.
Ich mache mir zunächst von dem zu vergrößernden Glaslichtbild eine scharfe, positive,
transparente Copie auf Glas auf folgende Weise: Das wo möglich gefirnißte
Glasnegativ wird auf der Bildseite rings am Rand herum mit möglichst schmalen
Streifen von Cartonpapier beklebt. Dieß so vorgerichtete Bild lege ich in einen
gewöhnlichen Copirrahmen mit der Bildseite nach oben und darauf eine gleich große,
ganz auf die gewöhnliche Weise mit Jodcollodium und Silbersalzlösung präparirte
Glasplatte, so daß die Collodiumseite unmittelbar und so nahe als es die
Papierstreifen erlauben, der Bildseite des unteren Glasnegativs gegenübersteht. Man
muß von der Collodiumplatte alle überschüssige Silberlösung haben abtropfen lassen,
so daß sie nur noch schwach, aber gleichmäßig genäßt bleibt. Diese beiden
Glasplatten muß man nun in ihrer gegenseitigen Stellung festzuhalten suchen, aber
mit Vermeidung jedes Druckes, besonders gegen die Mitte des oberen Glases. Es
gelingt dieß nach Auflegen eines gleichgroßen Brettchens oft am besten mit der Hand
und den Fingern. Der Copirrahmen muß einen dicht schließenden Schieber auf der
vorderen Seite besitzen, und wird in der Nähe eines Fensters dem gewöhnlichen
Tages-, nicht dem directen Sonnenlicht, während höchstens 1–2 Secunden
ausgesetzt, durch rasches Oeffnen und Schließen des vorderen Schiebers. Hierbei muß
der Rahmen ganz unbeweglich stehen, wenn man eine scharfe Copie haben will. –
Es wird dann wie gewöhnlich durch Pyrogallussäure, die ziemlich viel Essigsäure
enthält, hervorgerufen und nach gutem Abwaschen fixirt. Man thut besser, kein sehr
empfindliches Collodium, sondern lieber ein durch Alter etwas weniger rasch
wirkendes zu nehmen. Thut man unter das Silberbad 1–2 Tropfen Essigsäure, so
wird die Empfindlichkeit des Collodiums sehr vermindert. Zur Milderung des starken
unmittelbar einwirkenden Tageslichtes kann man zwar eine gelbe Glastafel vorhalten
während der Exposition (wie Gaudin empfiehlt), mir
scheinen aber die bei weißem Licht erhaltenen Bilder weit mehr Harmonie in Licht und
Schatten zu besitzen.
Ein solches transparent-positives Glasbild ist von bewunderungswürdiger
Feinheit und Scharfe, vorausgesetzt, daß das Negativ eben solche Eigenschaften
besaß; es hat meist eine braunrothe bis violette Farbe. Je kürzer die Exposition, je
weniger empfindlich das Collodium, desto schwärzer wird das Bild. Ein auf
empfindlichem Collodium länger als 2 Secunden exponirtes und copirtes Bild sieht
fast goldgelb aus und hat keine Weißen Lichter mehr, es ist mit einem Wort
verbrannt. Die gelbe Farbe muß man zu vermeiden suchen, weil die gelben
Lichtstrahlen chemisch fast indifferent sind und ein solches Bild also dem nachfolgend
beschriebenen Zweck nicht entspricht.
Das Glas positiv wird nämlich auf oben beschriebene Weise in der Vorderwand des
Vergrößerungsapparates befestigt, das Objectiv möglichst scharf eingestellt (es ist
hierfür ebenso gut eine Untersuchung nöthig zur Erlangung der größten Bildschärfe,
wie bei der gewöhnlichen Camera, denn das bloße scharfe
Einstellen auf dem matten Glas genügt nicht), und nach Schließung des seitlichen
Schiebers dem ganzen Apparat eine gegen das geöffnete Fenster etwas schräge Stellung
gegeben, so daß das vordere negative Glasbild, welches vergrößert copirt werden
soll, möglichst stark beleuchtet wird. In die Casette legt man nun eine entsprechend
große Glastafel, die ebenfalls auf gewöhnliche Weise mit Collodium etc. präparirt
worden ist, fügt sie an die Stelle des matten Glases und öffnet den Schieber der
Casette. Die Exposition dauert je nach der Beleuchtung 5–10 Minuten, bei
Sonnenlicht weniger lange. Hervorgerufen wird wie gewöhnlich mit Pyrogallussäure
oder Eisenvitriol. Man erhält so sehr schöne große Glasnegativs mit aller Feinheit
des Originals, von denen sich nach den bekannten Methoden ebenso gut positive Copien
erzeugen lassen, wobei man noch den Vortheil hat, einen künstlich photographisch
gefärbten Hintergrund erzeugen zu können, was bei hervorgerufenen Bildern natürlich
unmöglich ist.
Diesen transparenten Glaspositivs steht gewiß in der Zukunft eine ausgedehnte
Anwendung bevor. Ich kann nicht umhin, wenigstens in einem Bezug derselben zu erwähnen.
Auf leichte Weise läßt sich die Casette einer jeden Camera so einrichten, daß mit Hinweglassung des hinteren Brettes und
aufgezogenem Schieber die Glastafel mit dem transparenten Bild darin befestigt ist.
So hat man eine ausgezeichnete Lanterna magica, die nur
eines hinter dem Bild in passender Nähe angebrachten starken Lichtes bedarf, um an
einer weißen Wand die höchst frappante Erscheinung eines lebensgroßen, täuschend
ähnlichen Porträts zu liefern.
Der erste Versuch dieser Art wurde kürzlich hier vor einem zahlreich versammelten
Publicum im Verlauf eines öffentlichen Vortrages mit dem besten Erfolg angestellt.
Für derartige Experimente müssen jedoch die benutzten Bilder, negativ wie positiv,
ganz fehlerfrei und von großer Schärfe seyn.