Titel: | Ueber ein neues Signal für Eisenbahnzüge; von Hrn. Eduard J. Payne zu Birmingham. |
Fundstelle: | Band 135, Jahrgang 1855, Nr. LXIX., S. 328 |
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LXIX.
Ueber ein neues Signal für Eisenbahnzüge; von
Hrn. Eduard J. Payne zu Birmingham.
Vortrag desselben im Verein der mechanischen
Ingenieure zu Birmingham.
Aus dem London Journal of
arts, October 1854, S. 293.
Payne, über ein neues Signal für Eisenbahnzüge.
Man hat sich schon mehrfach bemüht, ein wirksames Mittel für Signale zwischen den
Conducteuren und dem Locomotivführer bei den Eisenbahnzügen aufzufinden, da wegen
des bisherigen Mangels solcher Signale häufig Unglücksfälle veranlaßt worden
sind.
Das einfachste Princip, wonach ein solches Signal eingerichtet werden kann, besteht
ohne Zweifel in einer metallenen Stange, welche von dem Sitz des Oberconducteurs auf
dem letzten Wagen des Zuges bis zu dem Locomotivführer und daher den ganzen Zug
entlang geht und zwischen den verschiedenen Wagen mit Gelenken oder Ketten versehen
ist; die Curven der Bahnlinie und die Stößer oder Buffer zwischen den Wagen machen
aber die Anwendung einer solchen Signalstange unpraktisch. Man versuchte daher eine
auf der Locomotive angebrachte Glocke, welche mit dem Sitz des Oberconducteurs
mittelst einer hinlänglich starken Schnur verbunden wurde; bei einer solchen
Vorrichtung ergab sich jedoch eine große Schwierigkeit, indem die Schnur wegen der
sich stets verändernden Entfernungen der Wagen von einander nicht gehörig gespannt werden kann, sondern
mehrere Ellen lang schlaff herabhängen muß; der Signalgeber ist daher nie sicher,
daß das Signal wirklich gegeben wurde.
Eine andere Vorrichtung bestand darin, längs des ganzen Zuges eine biegsame Röhre
anzubringen, welche in eine Pfeife auf der Locomotive ausläuft. Das Signal wird
dadurch gegeben, daß der Conducteur in die Röhre bläst (deren Ende hiezu mit einem
Mundstück versehen ist) und auf diese Weise den Ton hervorbringt. Auf eine kurze
Entfernung entspricht eine solche Vorrichtung dem Zweck sehr gut, da die Luft aber
eine sehr zusammendrückbare Flüssigkeit ist, so reicht eines Mannes Lunge nicht aus,
sobald die Röhre eine große Länge hat. – Auch elektrische Apparate hat man zu
diesem Zweck anzuwenden versucht, bisher jedoch mit nicht genügendem Erfolg.
Nehmen wir aber auch an, daß alle diese Vorrichtungen dem Zweck entsprächen, so
bleibt bei denselben doch noch ein wichtiger Punkt unerledigt; durch dieselben kann
zwar die Aufmerksamkeit des Locomotivführers erregt werden, er weiß aber noch nicht,
zu welchem Zweck, ob er anhalten soll, weil ein Spurkranz abgegangen oder eine Achse
gebrochen ist, oder ob er mit aller Geschwindigkeit fahren, oder den Zug zurückgehen
lassen soll.
Das der Versammlung vorgelegte Signal ist die Erfindung des Hrn. Alfred Bird zu Birmingham. Es wirkt nach dem Princip des
hydraulischen Drucks und die angewendete Flüssigkeit ist eine nicht gefrierende
Mischung von Alkohol und Wasser. Die Vorrichtung besteht aus zwei Gehäusen, von
denen das kleinere auf der Locomotive oder dem Tender, das größere am Sitz des
Conducteurs angebracht ist; jedes ist mit einem Signalbrett versehen, welche beide
dieselben Angaben enthalten. In dem Innern des größern Instrumentes befindet sich
eine Trommel an einer hohlen Spindel, welche letztere in dem hintern Theil des
Gehäuses festgeschraubt ist. Diese Trommel hat eine gewundene Röhre aus
Gutta-percha von 3/8 Zoll innerem Durchmesser aufzunehmen; dieselbe ist
verhältnißmäßig sehr dick und hat die zur Verbindung der beiden Instrumente
erforderliche Länge. Diese Instrumente bestehen aus gleichartigen Theilen, –
aus einer Pumpe, Verbindungsröhren und einem Hebel. Es ist wesentlich, daß beide
Pumpenstiefel, die Verbindungsröhren und die biegsamen Röhren vollkommen mit der
Flüssigkeit gefüllt sind, so daß eine ununterbrochene Communication staufindet; zu
gleicher Zeit muß sich die Trommel um die Spindel drehen. Dieß wird durch Anwendung
eines Füllhahns von eigenthümlicher Construction, der mit der hohlen Spindel in
Verbindung steht, erreicht. Eine kurze Metallröhre verbindet den Hahn und die biegsame Röhre mit
einander und verhindert jeden Bruch in der letztern, welcher durch eine zu
plötzliche Windung derselben um die Trommel entstehen könnte.
Eine an der Kolbenstange jeder Druckpumpe angebrachte Zahnstange wirkt gleichzeitig
mit jener. An der Zahnstange befindet sich eine Reihe von Klinken, welche mit der
Anzahl der Signale correspondiren; diese Klinken wirken beim Niedergange der
Zahnstange auf einen Hammer, welcher auf eine Glocke schlägt. Ein Zeiger an dem
Hebel weist auf das mitzutheilende Signal. Es sind zwei Flüssigkeitsbehälter
vorhanden, von denen der eine mit dem Pumpenstiefel des Conducteur-Signals
durch eine Speiseröhre verbunden ist, woran ein Hahn angebracht ist, um die
Admission der Flüssigkeit zu reguliren. An dem kleinem Instrument, auf der
Locomotive, sind die verschiedenen Theile fast sämmtlich Duplicate der
beschriebenen; die Zahnstange hat aber eine andere Stellung, damit das Signalbrett
an ihrer Fronte festgeschraubt werden kann, ohne die Wirkung des Hammers auf die
große Glocke zu hindern, während der Hebel durch die Seite des Gehäuses geht.
Bei dem der Versammlung vorgelegten Instrument war auf die Trommel eine 450 Fuß lange
Röhre aufgewickelt; dasselbe wird auf nachstehende Weise benutzt: Wenn der
Conducteur dem Locomotivführer „Halt“ signalisiren will, so
erhebt er den Hebel, bis der Zeiger auf dem Worte steht. Die Flüssigkeit wird in der
Röhre fortgetrieben, sie drückt daher den Kolben im entgegengesetzten Instrument
nieder und mit demselben die Zahnstange und das Signalbrett. Die Glocke wird
angeschlagen und in einem Schlitz an der Vorderseite der Büchse erscheint das Wort
„Anhalten.“ Der Locomotivführer sperrt alsdann den Dampf ab
und erhebt seinen Hebel, bis das Wort „Ja“ in dem Schlitz
erscheint, auf diese Weise ist das Signal des Conducteurs beantwortet. Sieht der
Locomotivführer einen Zug auf sich losfahren, so sperrt er seinen Dampf ab und
signalisirt dem Conducteur „an die Bremsen;“ letzterer muß,
selbst wenn er schläft, den Glockenschlag hören, er zieht seine Bremse an und gibt
das Signal „Ja“ zurück.
Die Trennung eines Zuges durch das Zerreißen der Verbindungsketten zwischen zwei
Wagen ist kein ungewöhnlicher Unfall; der Apparat muß daher selbstwirkend seyn,
sobald die Trennung erfolgt ist; der Locomotivführer, welcher von einem solchen
Unfall nichts wissen kann, fährt mit dem vordern Theil des Zuges weiter, während der
andere Theil durch sein eigenes Moment eine Zeit lang folgt. Ein solcher Fall wird
nun durch die plötzliche Abwickelung des übrigen Theils der Röhre rechtzeitig
angezeigt; denn mit der Trommel steht eine andere Glocke mit Klinke in Verbindung, welche durch die
schnelle Umdrehung der Trommel stark ertönt und den Conducteur von dem Vorfall
benachrichtigt; derselbe kann sofort das Signal zum Halten geben, sollte der
Locomotivführer mit dem einen Theil des Zuges auch mehrere hundert Fuß weit voran
seyn.
Wir haben nun noch die Vorrichtung zu beschreiben, welche dazu dient, eine beliebige
Anzahl von Stücken biegsamer Röhren mit einander zu verbinden, je nachdem die
verschiedene Anzahl der Wagen eines Zuges es erfordert. Jedes zu verkuppelnde
Röhrenstück ist mit einem gewöhnlichen Gashahn mit Verbindungsschraube versehen; nun
bleibt aber zwischen dem Hahn und dem Ende der Röhre ein Raum mit Flüssigkeit
gefüllt, welche bei der Wegnahme eines solchen Röhrenstücks auslaufen würde. Um dieß
zu vermeiden, wird der gedachte Raum mit einer porösen metallenen Stopfung
ausgefüllt, welche aus Drahtgaze besteht, die dicht aufgerollt und in das Röhrenende
eingetrieben wird. Mittelst Drucks kann die Flüssigkeit durch denselben getrieben
werden, aber bei nicht vorhandenem Druck verhindert die Capillarattraction das
Entweichen derselben; es wird daher, wenn die Verbindung gelöst ist, kein Tropfen
verloren gehen. Um überzeugt zu seyn, daß die Verbindung der Röhrenenden nicht eher
getrennt wird, als nachdem die Hähne verschlossen sind, ist an letztern eine
Metallplatte angebracht, die mit einem Schlitz versehen ist, der nur dann über den
Griff des Hahns geht, wenn er einen rechten Winkel mit der Röhre macht, d.h. wenn
sie verschlossen ist.
Man kann die fortlaufenden Röhren auf den Decken oder unter den Tritten der Wagen
anbringen, und wahrscheinlich ist es in einigen Fällen vorzuziehen, sie längs
derjenigen Seite des Zugs zu führen an welcher die Thüren verschlossen werden.
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Auf Befragen des Vorsitzenden bemerkte der Erfinder des Apparats, Hr. Bird, daß ein vollständiger Versuch mit zwei aus je 14
Wagen bestehenden Zügen von Birmingham nach Wolverhampton und zurück, d.h. auf einer
Strecke von zusammen 50 englischen Meilen angestellt wurde, und daß das Resultat des
Versuchs sehr befriedigend ausgefallen sey. Die verschiedenen Signale wurden
augenblicklich und ohne alle Schwierigkeit von dem Conducteur dem Locomotivführer
bei jeder Geschwindigkeit und unter allen Umständen mitgetheilt und von letzterem
beantwortet, ohne daß jemals dabei ein Irrthum stattfand. Um die Einfachheit und
Bequemlichkeit der Anwendung des Apparats zu beweisen, wurde die Röhre erst nach dem
Abgang des Zuges, also während seines Laufes, von der Trommel im Sitz des
Conducteurs abgewickelt, über die Decken der Wagen geführt und mit der Signalbüchse
auf dem Tenber in Verbindung gesetzt.
Hr. Maher bemerkte, er habe dem Versuche mit dem Apparate
beigewohnt und die Fahrt mitgemacht, wobei er sich über die Schnelligkeit und
Sicherheit, womit die Signale zwischen Conducteur und Locomotivführer in allen
Fällen ertheilt wurden, verwunderte.
Auf Befragen des Vorsitzenden über die relative Größe der Pumpe und der Röhre,
bemerkte Hr. Bird, daß die Röhre eine innere Weite von
3/8 Zoll und der Pumpenstiefel eine solche von 1 Zoll habe (ungefähr den
siebenfachen Flächeninhalt); er wolle jedoch beim nächsten Apparat eine Pumpe von
gleichem Durchmesser wie die Röhre anwenden. Der Vorsitzende hielt es für
zweckmäßiger, daß die Pumpe einen größern Querschnitt hat als die Röhre, um die
Bewegung durch die ganze Länge der letztern wirksamer fortzupflanzen, indem alsdann
ein genügender Impuls oder stärkerer Stoß veranlaßt und die mit der Flüssigkeit
vermischte Luft hinreichend comprimirt werden könne.