Titel: | Bemerkungen über den Guß der Hartwalzen und der Eisenbahnräder mit abgeschreckter Lauffläche; von Hrn. Director Tunner zu Leoben. |
Fundstelle: | Band 135, Jahrgang 1855, Nr. LXXIII., S. 349 |
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LXXIII.
Bemerkungen über den Guß der Hartwalzen und der
Eisenbahnräder mit abgeschreckter Lauffläche; von Hrn. Director Tunner zu Leoben.
Im Auszug aus dessen berg- und hüttenmännischem Jahrbuch, 1854, S. 284.
Tunner, über den Guß der Hartwalzen und der Eisenbahnräder mit
abgeschreckter Lauffläche.
Dieser wichtige Gegenstand ist in mehreren Ländern noch viel zu wenig berücksichtigt
worden, und es müssen daher Hartwalzen und Eisenbahnräder mit harter Lauffläche sehr
theuer aus dem Auslande angekauft werden. In Oesterreich bezieht man sie meistens
von der k. württembergischen Hütte Königsbronn, welche sowohl schöne Hartwalzen als
Eisenbahnräder zu München ausgestellt hatte. Die Räder mit zweckmäßig harter
Lauffläche erfordern eine noch weit größere Genauigkeit als die Anfertigung der
Walzen, allein in Königsbronn ist man des Verfahrens so vollkommen Meister, daß nur
5 bis 6 Procent Ausschuß fällt; Hartwalzen werden dort bereits seit 1840 jährlich in
größerer Anzahl erzeugt.
Beim Guß von Hartwalzen und ähnlichen Gegenständen mit im bestimmten Grade
abgeschreckter Rinde müssen folgende Punkte beobachtet werden: a)die Wahl der Beschaffenheit des Roheisens;
b) die Vorbereitung des Roheisens zum Guß; c) die Schalen oder Coquillen; d) der Guß selbst; e) endlich die Behandlung
der Walzen und Räder nach dem Gusse.
a) Das Roheisen muß durch rasche Abkühlung leicht weiß
werden; es muß zugleich dünnflüssig und möglichst fest seyn. Spiegeleisen taugt zu
diesem Zweck nicht, denn der Bruch soll nicht strahlig und spiegelig, sondern körnig
seyn; am geeignetsten scheint das aus einer Gattirung von Braun- und
Thoneisenstein erblasene Roheisen zum Walzenguß zu seyn. Alle Hrn. Tunner bekannte Roheisensorten, welche gute Hartwalzen
geben, sind in nicht unbedeutendem Grade phosphorhaltig, woraus er jedoch nicht
schließen will, daß der Phosphorgehalt zur Darstellung guter Hartwalzen nothwendig
ist; bekanntlich ist aber ein Phosphorgehalt von 1 bis 2 Proc. der Festigkeit des
Roheisens nicht nachtheilig und macht es dünnflüssig, daher ein mäßiger
Phosphorgehalt zum Gelingen der Hartwalzgüsse wohl beitragen kann.
b) Man kann nur halbirtes Roheisen vergießen, und zwar
muß der Grad des Halbirtseyns nach der Größe der Gußstücke und nach der Dicke der
weißen Rinde verschieden seyn. Je größer und dicker die Walze ist, desto langsamer
kühlt sie sich ab, desto unempfindlicher wird das Eisen gegen das Abschrecken und
desto mehr halbirt muß es seyn; dasselbe ist der Fall, wenn die abgeschreckte Rinde
dick seyn soll. Im Nothfall kann man solches Roheisen unmittelbar aus dem Hohofen
erlangen, wenn man den Gaargang durch stärkere Erzsätze in den Rohgang übergehen
läßt, wodurch das Eisen leicht halbirt wird, allein dieser Betrieb ist kein sicherer
und das Eisen nicht so gut, als das durch Umschmelzen im Flammofen erlangte. Besser
als Hohofeneisen ist im Kupolofen umgeschmolzenes, allein das sicherste Mittel, die
erforderliche Roheisensorte zu erlangen, ist das Umschmelzen im Flammofen. Bei einer
jeden dieser drei Methoden muß die richtige Beschaffenheit des Roheisens, so wie der
Moment, in welchem dieselbe erlangt ist, durch Proben controlirt werden.
Diese Proben bestehen in Schöpfproben, indem einige Pfunde Eisen in eine Vertiefung
im Sande ausgegossen werden, die man nach dem Erkalten zerschlägt und nach dem
Bruchansehen die Beschaffenheit des Eisens beurtheilt. Für dickere Gußstücke, wie
massive Walzen, ist eine solche Probe hinreichend, allein für feinere Güsse, wie
hohle Walzen, Eisenbahnräder etc. ist die folgende zweckmäßiger: Eine nur wenig
befeuchtete Stelle des Sandherdes, oder der Sand in einem Formkasten, wird zu einer
glatten Fläche geebnet und auf dieselbe wird kurz vor dem Probeguß ein 3 1/2 Zoll
weiter, eben so starker und 1 Zoll hoher Ring, welcher vorher handwarm gemacht
wurde, gelegt. Das Roheisen auf dem Flammofenherde wird vor dem Probenehmen mit
einer Krücke rasch durchgerührt und die Schöpfkelle wird, wie dieß stets geschieht,
vorher geglüht. Das vorsichtig ausgeschöpfte Roheisen wird nun in den Ring gegossen,
so daß man eine etwa 2 Pfd. schwere Scheibe erhält. Sobald dieselbe nach 2 bis 3
Minuten erstarrt ist, wird sie mit der Zange gefaßt und im Wasser vollständig
abgekühlt, wodurch nur das Bruchansehen des durch den eisernen Ring nicht
abgeschreckten Kerns, nicht aber das der Rinde verändert werden kann, indem jener am
längsten flüssig bleibt. Proben dieser Art sind daher zuverlässig.
Zu Königsbronn ist ein Gießhaus mit zwei Flammöfen gänzlich für den Guß von
Eisenbahnrädern eingerichtet. Zum Guß von zwei solchen Rädern, von denen jedes 650
Pfd. wiegt, werden in einen Flammofen fast 20 Cntr. Holzkohlenroheisen vom eigenen
Hohofen eingesetzt, die nach 3 Stunden geschmolzen sind. Erst 1 1/2 Stunden später
wird die erste Probe genommen, die nur einen schwachen Rand von abgeschrecktem,
weißem Roheisen zeigt; 1/2 Stunde später wird die zweite Probe genommen, die sich
schon im höhern Grade abgeschreckt hat; darauf wird jede Viertelstunde eine Probe
geholt, und erst nach der sechsten zeigt sich gewöhnlich die gewünschte Stärke der
abgeschreckten Rinde von etwa 1/4 Zoll; nun erst wird zum Abstich geschritten. Das
Eisen muß also volle 3 Stunden der oxydirenden Wirkung der Flamme ausgesetzt
bleiben. In Königsbronn werden die Flammöfen mit getrocknetem Torf und zwar stets
scharf gefeuert, da immerfort eine hohe gleichmäßige Temperatur unterhalten werden
muß.
In der Hohofenhütte befindet sich ein Flammofen mit Zuführung erhitzten Windes (in
der 3ten Auflage von Karsten's Eisenhüttenkunde
beschrieben und abgebildet), in welchen das umzuschmelzende Roheisen vom Hohofen
weg, mittelst Pfannen flüssig eingetragen wird. Zu einer 9zölligen Hartwalze wurden 9 bis 10 Cntr.
flüssiges Roheisen in den Ofen getragen und diese werden etwa 4 Stunden lang
raffinirt, ehe zum Abguß geschritten wird. Die Proben werden hierbei bloß in
halbrunde Sandgruben von 4 1/2 Zoll Weite und 5/4 Zoll Tiefe gegossen, nach mehreren
Minuten in Wasser langsam abgekühlt und dann zerschlagen. Die letzte Probe zeigt
sich am Rande ganz weiß, im untersten Theile bis auf die mittlere Höhe ganz grau,
darüber bis an die Oberfläche schwach, gegen den Rand hin aber stark halbirt; auf
der ganzen mitten durchgehenden Bruchfläche Grau und Weiß in nahe gleicher Menge
vorhanden.
(Zu Gleiwitz in Oberschlesien gießt man die Hartwalzen, über 2000 Cntr. jährlich, aus
einem Gasflammofen, in welchem graues Holzkohlen- oder Kohks-Roheisen
mit Hülfe von auf den Herd strömender erwärmter Gebläseluft, gefeint oder geweißt
wird.)
c) Mit den Schalen für den Hartwalzenguß ist allerlei
versucht worden, theils um das Springen derselben zu vermeiden, theils um den Walzen
eine in ihrer ganzen Körper- oder Bundlänge gleiche Härte zu geben. In
Königsbronn ist die Stärke der Schale fast gleich dem Halbmesser der in derselben zu
gießenden Walze, und zwar durchaus von gleicher Dimension; auf andern Hütten macht
man sie wohl noch stärker, seltener schwächer. Kranzartige Verstärkungen an den
Rändern sind zweckmäßig, indem das Springen der Schalen vom Rande auszugehen pflegt
und durch die Verstärkung desselben folglich die ganze Schale mit verhältnißmäßiger
Eisenersparung an Haltbarkeit gewinnt. Durch die Wandstärke der Schalen auf die
Stärke der abgeschreckten Rinde einwirken zu wollen, wurde als unthunlich
aufgegeben. Die Schalen müssen wo möglich aus einem Stück, oder im Nothfall aus
zweien bestehen.
Die in Masse oder Sand geformten Walzenzapfen dürfen nie in einem jähen Absatze,
sondern nach und nach in den Walzendurchmesser verlaufend, abgegossen werden. Die in
der aufrechtstehenden Form am untern Walzenzapfen in tangentieller Richtung
angebrachten Eingüsse dürfen nicht zu schwach, insbesondere die Eingußröhren nicht
zu enge, und der verlorne Kopf nicht zu klein seyn. Die ganze Zusammenstellung der
Form ist wesentlich noch dieselbe, wie sie von Hrn. Berghauptmann Martins 1834 in Karsten's
Archiv beschrieben und abgebildet worden ist.
Die Schale muß vor dem Guß auf etwa 200° R. erwärmt werden, indem man die frei
in der Dammgrube stehende mit Holzkohlen umschüttet, welche mehrere Stunden hindurch
in Gluth erhalten werden. Dadurch wird nicht allein das Springen der Schalen,
sondern es werden auch Schweißnähte und Hartrisse in den Walzen vermieden.
d) Der Abguß erfolgt am sichersten aus Pfannen und zwar
meist gleichzeitig aus zweien, indem jeder der zwei im unteren Zapfen befindlichen
Eingüsse sein eigenes Gußrohr erhält. Diese haben oben eine sumpfartige Erweiterung,
welche beim Abguß stets mit Eisen gefüllt erhalten werden muß, damit das flüssige
Eisen in den Röhren stets eine geschlossene Säule bildet, keine Luft mit einströmt,
und der Guß möglichst rasch, bei Walzen von mittlerer Größe in ungefähr einer Minute
ausgeführt werden kann. Zu Königsbronn findet keine Abkühlung des Eisens vor dem Guß
statt, sondern man sucht es so flüssig als möglich in die Form zu bringen, und es
ist dieß auch um so nothwendiger, da durch das Raffiniren und theilweise Entkalten
das Eisen ohnehin schon dickflüssiger ist. Ein Rühren oder Pumpen mit hölzernen oder
eisernen Stangen, zur Vermeidung von Blasenräumen im Innern des Walzenkörpers, wird
in K. nicht angewendet; dagegen wird in dem Aufguß oder verlornen Kopf von oben
flüssiges Eisen nachgegossen, und damit es nicht so bald erstarrt, wird Kohlenklein
darauf geworfen.
Gut angewärmte Schalen, ein rasches Abgießen mit kräuselnder Bewegung und die
richtige Beschaffenheit des Eisens, sind wesentliche Punkte zum Gelingen des
Hartwalzengusses. Durch letztere wird die Dicke und die Textur der abgeschreckten
Rinde, durch die beiden ersten wird dagegen eine gleichmäßige Härte, so wie die
Vermeidung von Schweißnähten und Poren bedingt. Das langsame Abkühlen in den Formen
dauert, je nach der Größe der Walzen, 4 bis 8 Stunden.
Der Abguß der Eisenbahnräder erfolgt ebenfalls steigend von unten, indem sich der
Eisenstrom in fünf einzelne Eingüsse unter der Radnabe zertheilt und auf diese Weise
von der Mitte aus gleichzeitig in fünf Strömen sich nach der Peripherie bewegt.
e) Zum Abdrehen der Hartwalzen gehört eine starke, feste
Drehbank, ein guter Drehstahl und viel Geduld, indem die Arbeit sehr langsam von
Statten gehen muß, da bei dem großen Widerstande höchstens zwei Umdrehungen der
Walze in der Minute erfolgen dürfen und selbst dabei schon der Stahl öfter
ausgewechselt werden muß. Zum Abdrehen von einem Paar Kaliberwalzen sind 4 bis 6
Wochen erforderlich. Zu den Drehstählen wird meistens englischer Gußstahl verwendet,
jedoch ist Eisenerzer Gußstahl auch tauglich und zwar ohne zu künstlichen
Härtungsmitteln greifen zu müssen. Sehr harte Walzen lassen sich am zweckmäßigsten
abschleifen, wobei sich der Stein oder die Scheibe sehr schnell, die Walze aber in
entgegengesetzter Richtung sehr langsam bewegt; letztere muß zugleich eine
Längenbewegung und in größern Zeitintervallen auch die kleinen Bewegungen nach der Richtung
gegen den Schleifstein erhalten. In der Regel wird nur die Drehbank angewendet, denn
beim Schleifwerke wird an Zeit nicht gewonnen.
Da es sehr wesentlich ist, von der äußern Rinde des Walzenkörpers nur möglichst wenig
abzunehmen, so muß das Centriren der Walzenachse mit der größten Sorgfalt
bewerkstelligt werden. Nachdem dieß geschehen, werden zuerst die Walzenzapfen
zwischen Spitzen der Drehbank abgedreht, dann wird die Walze mit ihren Zapfen in
Lager gelegt und hierauf der harte Walzenbund abgedreht. Nur an einer auf diese
Weise umlaufenden Walze und bei einer sehr fest gebauten Drehbank kann selbst ein
breiterer Drehstahl mit der nöthigen Kraft angedrückt werden, ohne ein Nachgeben und
in Folge dessen eine Ungenauigkeit besorgen zu müssen. Eine ungleich harte Walze
läßt sich recht schwer vollkommen rund drehen und in solchem Fall leistet daher ein
Schleifwerk gute Dienste.
Zum Abschruppen dient ein Drehstahl mit stumpfwinkeliger Spitze, zum Nachdrehen oder
Schlichten dagegen ein prismatischer Stahlstab mit quadratischem Querschnitte, wovon
jede Kante als Schneide zu verwenden ist und die man etwa 3 Zoll lang macht. Beim
Abdrehen der Kaliberwalzen müssen die letzten Drehstähle die jedem Kaliber
entsprechende Gestalt haben. Die fertig abgedrehten Walzen werden abgeschmirgelt
und, wenn sie eine recht glatte Oberfläche haben sollen, auch noch polirt.
Die Preise der verschiedenen Walzengattungen sind in Königsbronn folgende in
Zollgewicht und rheinischen Gulden:
A. Weiche
Walzen.
Unter 1000 Pfd.
Ueber 1000 Pfd.
1) Nicht abgedreht
7 Fl.
9
Fl.
2) Abgedreht
14
„
12 „
3) Mit Kaliber
18
„
18 „
B. Harte
Walzen.
1)
Rauh abgedreht
12
„
11 „
2)
Abgedreht und
geschmirgelt
–
„
16 „
von 500 bis 1000 Pfd.
17
„
„
200
„ 500 „
18
„
„ 50
„ 200 „
20
„
unter 50 Pfd.
24
„
Hohle Walzen kosten per 100 Pfd. 3 Fl. mehr.
Für das Eindrehen von Kalibern in Hartwalzen per
Quadratfuß 3 1/2 Fl.
Müssen zu den bestellten Walzen neue Schalen angefertigt und ausgebohrt werden, so
wird per 100 Pfd. 1 Fl. mehr berechnet.
Der Centner Eisenbahnräder, deren abgeschreckte Lauffläche nicht abgedreht worden,
kostet 12 1/2 Fl.