Titel: | Ueber Minensprengung durch Elektricität; von Hrn. Th. du Moncel. |
Fundstelle: | Band 135, Jahrgang 1855, Nr. LXXVIII., S. 370 |
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LXXVIII.
Ueber Minensprengung durch Elektricität; von Hrn.
Th. du Moncel.
Aus den Comptes
rendus, Octbr. 1854, Nr. 14.
Du Moncel, über Minensprengung durch Elektricität.
Das hier zu besprechende Sprengungssystem wurde von mir auf den Wunsch der
Unternehmer der Ausgrabung des Hafens zu Cherbourg in Anwendung gebracht. Die
Hauptaufgabe war, das ganz gleichzeitige Explodiren sehr
großer Minen zu erzielen, deren jede bis 4000 Kilogr. Pulver enthält; denn der
vortheilhafte Effect derartiger Vulcane, welche jedoch nur unterirdisch wirken,
hängt wesentlich davon ab, daß die durch die Explosionen veranlaßten theilweisen
Erschütterungen gleichzeitig erfolgen. Der Kostenpunkt war im vorliegenden Falle
eine untergeordnete Frage; ich mußte daher diesesmal von meinem früheren System
abgehen und mich an das der HHrn. Ruhmkorff und Verdu
Polytechn. Journal Bd. CXXXIII S. 109 u. 115. halten, welches ich etwas modificirte, um seine Anwendung leichter und
sicherer zu machen. Ich benutzte hierzu einen rottenden Commutator, welcher in der
Hauptsache aus einem dicken Rad von Gutta-percha bestand, das durch eine
Pendeluhrfeder in Bewegung gesetzt wurde und auf dessen Umfang fünf, durch einen
Zwischenraum von beiläufig zwei Centimeter von einander getrennte Metallplatten
angebracht waren. Gegen diesen Umfang brückte ein Reiber (frotteur), welcher mittelst eines Verbindungsknopfes und eines Drahtes mit
jenem Pole des Ruhmkorff'schen Apparats in Verbindung
stand, der den überspringenden Funken liefert. Die Platten selbst communicirten
mittelst Metallblechen welche auf den beiden ebenen Flächen des Rades angebracht
waren, mit fünf reibenden Federn, die durch Verbindungsknöpfe mit den fünf Drähten
der Ketten in Verbindung gebracht waren. Ein Sperrkegel gestattete durch seine
Wirkung auf die gespannte Feder in einem gegebenen Zeitpunkt das Rad in Bewegung zu
setzen.
Eine solche Mine, wobei der Apparat angewendet werden mußte, besteht gewöhnlich aus
zwei viereckigen Kammern von 3 bis 4 Kubikmeter Inhalt, welche ungefähr 12 Meter
unter der Oberfläche des Felsens ausgehöhlt sind und mit Pulver gefüllt wurden. Um
diese Kammern herzustellen, senken die HHrn. Dussand und
Rabattu zuvörderst einen 12 Meter tiefen Schacht ab,
dann lassen sie vom Boden desselben aus zwei horizontale, 1,50 Meter hohe und 5 Meter lange Stollen
treiben, an deren Enden jene Explosionskammern ausgehöhlt werden. Das Pulver wird
nicht unmittelbar in diese Kammern geschüttet, weil es bei der langen Arbeit zur
Verdämmung der Minen feucht werden und folglich wirkungslos bleiben könnte, sondern
es wird in großen, luftdicht verschlossenen Säcken von Gutta-percha mit dem
Explosionszünder hineingebracht. Jeder solche Sack enthält 2000 Kilogr. Pulver. Ist
diese Arbeit geschehen, und sind die beiden Enden des Zünders an den, mit
Gutta-percha überzogenen Leitdrähten befestigt, so werden die Stollen mit
Steinen und Gyps fest ausgemauert und der Schacht wird mit Erde ausgefüllt, so daß
die Minen mit der äußern Umgebung nur noch durch die Leitdrähte in Verbindung sind,
welche selbst im Mauerwerk stecken. Gerade dieser Umstand veranlaßt mich auf die
Fortpflanzung durch den Erdboden zu verzichten, da die so innige Berührung des
Drahts mit dem Gyps und der Erde, in Folge der geringsten Beschädigung der
Gutta-percha schon einige Communicationen herstellen könnte; nun würde aber
eine Communication zwischen dem Draht und dem Boden, wenn letzterer zur Hälfte die
Kette bildet, einen bedeutenden Verlust an Elektricität zur Folge haben, wodurch die
Explosion der Mine unterbliebe. Ich zog es daher vor, statt eines Leitdrahtes deren
zwei anzuwenden, was übrigens nur sehr geringe Kosten verursachte, weil dieser Draht
für die Ketten der drei oder vier großen Minen welche gleichzeitig explodiren
sollten, ein gemeinschaftlicher seyn konnte.
Das Resultat der Entzündung dieser Minen durch Elektricität war ein höchst günstiges.
Die auf diese Weise abgetrennten Felsstücke wurden zu 300,000 Kubikmeter
angeschlagen.
Aus den Berechnungen der HHrn. Dussand und Rabattu geht, wie Hr. Du
Moncel in einem nachträglichen Schreiben bemerkt, hervor, daß die Wirkung
der durch Elektricität entzündeten Minen, man mag deren zwei, oder sechs bis acht
gleichzeitig explodiren lassen, sich zur Wirkung ähnlicher, nach dem gewöhnlichen
Verfahren entzündeter Minen verhält wie 6 zu 5, also um ein Sechstel größer ist.
Dieses glückliche Resultat sichert dem neuen Verfahren einen unbestrittenen Vorzug
gegen die bisherigen Methoden. Die Versuche wurden schon zweimal mit demselben
Erfolg wiederholt, zuerst am 22. August, dann am 1. September; sie wurden in 150
Meter Entfernung von der Explosionsstelle gemacht und die Entzündung aller Minen
erfolgte augenblicklich. Das neue Verfahren ist nun in Cherbourg definitiv
angenommen.