Titel: | Einiges über die Mühlen der Münchener Industrie-Ausstellung; von Hrn. Professor Dr. Rühlmann. |
Fundstelle: | Band 135, Jahrgang 1855, Nr. XCI., S. 424 |
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XCI.
Einiges über die Mühlen der Münchener
Industrie-Ausstellung; von Hrn. Professor Dr. Rühlmann.
Aus den Mitteilungen des hannoverschen Gewerbevereins, 1854, H. 6.
Rühlmann, über die Mühlen der Münchener
Industrie-Ausstellung.
Nachdem der moderne technische Sprachgebrauch die altherkömmlichen Namen Spinnmühle,
Hammermühle, Papiermühle u.s.w. in Spinnerei, Hammerwerk, Papierfabrik u.s.w.
umgewandelt hat, verbinden wir mit dem Ausdruck „Mühle“ einen ziemlich eingeschränkten Begriff, und wenden
denselben hauptsächlich auf diejenigen Maschinenwerke an, deren Zweck das Vermahlen
des Getreides ist, um solches zur Nahrung der Menschen und Thiere vorzubereiten oder
zur Anwendung in den Brauereien, Brennereien und Essigfabriken geeignet zu
machen.
Welche Maschinengattung man unter vorstehender Ueberschrift im Auge haben wird,
bedarf sonach keiner weiteren Auseinandersetzung, und werde deßhalb nur bemerkt, daß
hauptsächlich und vorerst die Mühlen zur Mehlfabrication, sodann aber auch die für
Graupen, Farbestoffe und landwirthschaftliche Zwecke besprochen werden sollen.
Wie es größtentheils die Natur der Sache mit sich bringen mußte, hatte die Münchener
Ausstellung nur wenig größere Getreidemühlen aufzuweisen. Das Vorhandene diente aber
auch nicht dazu, den heutigen Standpunkt dieser Maschinen zu beurtheilen; jedoch
reichte dasselbe hin, die beiden immer noch scharf ausgeprägten Richtungen der
deutschen Müllerei zu erkennen, wovon die eine bekanntermaßen die fabrikmäßige
Erzeugung von Mehl im Auge hat, die andere dem unmittelbaren Bedürfnisse der
kleinern Städte und des platten Landes entspricht, sogenannte Posten mahlt und ein schätzenswerthes Element des Kleingewerbetriebes
bildet.
Von den Mühlen erster Art fehlten, mindestens für den größeren Betrieb, solche mit
Metallwalzen statt der Steine (Walzenmühlen) gänzlich, so wie auch die Steinmühlen
mit ganz eisernem Gerüste, insbesondere nach Fairbairn's
System, nicht vertreten waren. Dagegen hatten unter Nr. 4216 Gottlieb Haase Söhne in Prag ein nach Bryan,
Donkin und Comp. in London construirtes System ausgestellt, welches in
mehrfacher Hinsicht als neu bezeichnet werden mußte.
Es bilden hierbei die horizontalliegenden Mühlsteine nicht wie gewöhnlich (mit
Ausnahme des Läufer- und Büchsen-Auges), Vollcylinder, sondern
concentrische Ringe (Hohlcylinder) von etwa 1/3 Steinhalbmesser als Breite. Ebenso
steht hier der obere Stein fest, während sich der untere dreht oder den sogenannten
Läufer bildet, wodurch zugleich alle die Uebelstände wegfallen, welche sonst die
sogenannte Mühleisenbüchse im festliegenden Untersteine (Bodensteine) mit sich
führt.
Beide Steine sind in gußeisernen Schalen befestigt, damit compaßartig aufgehangen,
und zwar der obere Stein an außerhalb befindlichen Zapfen, der untere innerhalb an
Zapfen, ähnlich wie bei der bekannten Fairbairn'schen
Haue, nur mit dem Unterschiede, daß dabei der äußere Zapfenring bis zur Innenfläche
des unteren Steinringes erweitert ist, welcher wie bemerkt den Läuferstein
bildet.
Durch diese Art der Aufhängung beider Mühlsteine wird dem ganzen Mahlapparate
jedenfalls die größtmögliche wünschenswerthe Beweglichkeit ertheilt.
In der unteren, der hohlen Mittelpartie, des nur zu Seitenbewegungen, nicht aber zu
Umdrehungen geschickten Obersteines, läuft in einem nach oben gehörig geschlossenen
Raume (mit Ausnahme der Mitte, woselbst das Getreide eingeführt wird) ein Windflügel
(Ventilator) um, der hauptsächlich auf Abkühlung des Mahlgutes wirken soll. Die
Bewegung dieses Flügels erfolgt von oben her, unabhängig von den Umgängen des
Mühleisens, durch einen Riemen über die Scheibe einer kurzen stehenden Spindel
geschlagen, deren unterer oder Spurzapfen an einer Deckplatte des Läufers
aufgehangen ist. Dabei geht diese Spindel durch den Trichter des Rumpfzeuges,
welches letztere, beiläufig bemerkt, ganz nach bekannter Fairbairn'scher Idee angeordnet ist.
Die äußeren Zapfen, woran der Oberstein aufgehangen ist (um welche derselbe jedoch
nur compaßartig schwingen, nicht aber ganze Umdrehungen machen kann), befinden sich
oberhalb an einer Art von Bocklagern oder gußeisernen Ständern, deren Basis von
einer starken ⊤-förmigen gußeisernen Brücke gebildet wird, die unter
der Steinmitte weggeht und zu beiden Seiten entsprechend über die Steine
heraustritt. Die Mittelpartie derselben ist wie eine Radnabe gestaltet, um das Mühleisen
hindurchtreten zu lassen und diesem zugleich eine Führung, ähnlich der gewöhnlichen
Bodensteinbüchse, zu gewähren, ohne jedoch dabei, wie schon oben bemerkt, die
bekannten Uebel dieser Büchsen zu erfahren, da hierher niemals ein unzermahlenes
Korn, höchstens Mehlstaub gelangen kann, also eine Büchse der sonst gebräuchlichen
Art auch gar nicht erfordert wird. Der Abschluß dieser ganzen Halspartie der
Mühlsteinwelle wird durch die oben erwähnte Deckplatte der Läufersteinmitte bewirkt,
welche zugleich das Lager der Windflügelspindel trägt.
Abgesehen von der etwas complicirten Zusammenstellung dieses Mahlapparates dürfte der
Erfolg desselben der von den Ausstellern zugesicherte seyn.Es sollen nämlich die Vortheile derartiger Mahlgänge, vor den jetzt üblichen
hauptsächlich, nach ganz besonderer Versicherung des Ausstellers, in
Folgendem bestehen:1) Soll der Mahlgang weniger Kraft in Anspruch nehmen, weil er nur die zum
Vermählen nothwendige (ringförmige), genau berechnete Mahlfläche habe, der
in der Mitte des Mahlganges angebrachte Ventilator sogleich Alles, was
zwischen den Steinen genug verkleinert ist, herausblase und den anderen
Körnern keinen Widerstand verursache.2) Durch das Hervorblasen des schon hinreichend zerkleinerten Mahlproducts
werde ein größeres Quantum Gries erzielt, weil derselbe, sobald er gehörig
zerkleinert ist, von dem Windflügel beseitigt und daher nicht unnöthig
gedrückt werde.3) Die Circulation des Windes bewerkstellige auch, daß Gries und Mehl
vollkommen (?) kalt bleiben und mehr weißes Mehl gewonnen werde.(Der Preis eines derartigen Mahlganges, jedoch ohne die dazu gehörigen
französischen vierfüßigen Steine, ist ab Prag = 720 Gulden Conv. –
Münze = 480 Thaler.)
Neben gedächten Mahlapparaten hatten dieselben Herren eine Mahl- und
Griessortirmaschine ausgestellt. Dieselbe bestand aus einem hohlen, aber schmalen
hölzernen (parallelepipedischen) viereckigen Kasten, der in der Mitte der
Längenrichtung noch in zwei Abtheilungen zerfiel, wovon die eine den mit
Messingdraht bezogenen Schrotcylinder und unmittelbar darunter den mit Seidentuch
bespannten Mehlcylinder enthielt. In der anderen Abtheilung befand sich der
Griescylinder, der mit Messingdraht von vier verschiedenen Feinheitsgattungen
bezogen war, unter welchem Cylinder sich endlich die bei der Griesfabrication
erforderlichen Separationszellen etc. vorfanden. Das Ganze zeichnete sich
insbesondere durch die äußerst gedrängte und doch dem Zwecke entsprechende
Zusammenstellung vor dem bisher Bekannten aus.Das den ausgestellten Gegenständen der HHrn. Gebrüder Haase beigelegte Verzeichniß beschreibt diese Zusammenstellung als
ein „vollständiges vereinfachtes
System“ aller bei Kunstmühlen
erforderlichen Putzmaschinen, Reinigungs- und
Sortirvorrichtungen, durch deren Anwendung jede gewöhnliche Mühle in den
Stand gesetzt werde, ohne Aenderung in den bestehenden Gebäulichkeiten, so
vorzügliches Mehl zu mahlen, als es bisher nur den Kunstmühlen möglich
gewesen wäre. (?)Das Mahlgut kommt in den Dunstaufzug, von welchem es in den
Hochschrotcylinder gezogen wird. In letzterem scheidet sich das Schrot von
Mehl und Gries; ersteres wird zur weitern Vermahlung beseitigt, während Mehl
und Gries durch den Schrotcylinder in den Mehlcylinder fallen, wo das Mehl
vom Gries sich trennt, indem am Ende des Mehlcylinders der Gries in einen
Aufzug gelangt, durch diesen in den Griescylinder geführt wird, und dort in
fünf Sorten sich abscheidet. Die erste Sorte feinster Gries fällt direct in
einen Sack, die 2., 3. und 4. Sorte kommen zum Reinigen auf die
Putzmaschine, die 5. Sorte, der grobe Gries, fällt in einen andern Sack und
wird zum Nachschroten genommen. Sobald das Schroten vollkommen beendet ist,
gelangt der Gries zur Vermahlung zu Mehl, welches durch den Aufzug in den
Mehlcylinder kommt, während zugleich der beim Schroten nicht genügend
geputzte Gries zum zweitenmal durch den Griesaufzug auf die Putzmaschine
gebracht wird, um vollständig fertig geputzt zu werden. Beim Ausmahlen der
Kleie wird derselbe Weg verfolgt wie beim Schroten.Die ausgestellte Putzerei ist nur für Einen Mahlgang berechnet, kann aber
auch für zwei Mahlgänge benutzt werden, wenn eine zweite Putzmaschine als
Aushülfe beim Nachputzen des Grieses angebracht wird.Mit dieser Einrichtung können auf einem Mahlgange in 24 Stunden 2500 Pfd.
Wiener Gewicht Weizen vollkommen trocken vermahlen und daraus die. feinsten
Mehlsorten gewonnen werden.
Eine vollständige, eingängige, für die oben erwähnte Kleinmüllerei bestimmte
Mahlmühle für Getreide hatte unter Nr. 1650 Späth,
Maschinenfabrikant in Dutzendteich bei Nürnberg eingesandt, die sich durch
Einfachheit, gefällige Formen, gute Construction und Zweckmäßigkeit bemerklich
machte.
Auf einem leichten und hübschen gußeisernen, von acht eben solchen Säulen getragenen
Gestelle von etwa 8 Fuß Höhe, war der Mahlapparat, aus gewöhnlichen horizontalen
Steinen mit hölzernem Rumpfzeuge, aufgestellt, so daß Mühle und Gerüste ein ebenso
leicht transportables als überall gehörig festzustellendes Ganzes bildeten.
Der Betrieb war auf Elementarkraft berechnet, weßhalb die horizontale Hauptwelle
unter der Mitte des Gerüstes mit loser und fester Riemenscheibe versehen war,
während die Uebertragung der Bewegung von dieser zur Mühlsteinwelle (Mühlspindel)
durch ein conisches Räderpaar vermittelt wurde. Das Stellzeug der Steine war durch
zwar bekannte Mechanismen, aber auf recht einfache und constructive Weise
ausgeführt.
Wie bei unseren deutschen Mühlen sonst gebräuchlich, befand sich auch hier
unmittelbar vor dem eisernen Mühlgerüste ein hölzerner Beutelkasten aufgestellt, der
als eine neue und recht praktisch verbesserte Ausgabe seiner bekannten
altväterischen Vorgänger bezeichnet werden mußte.
Vor allem fand sich hier der alte schlaffe Schlauchbeutel mit Gabelzeug, letzteres
insofern modernisirt, als die schwingende Bewegung desselben, ohne den poetischen Dreischlag
der sonstigen Klappermühlen, durch Riemenbetrieb, Excentric und Zugstange eben so
einfach als sicher und dauerhaft bewirkt wurde. Ein hierbei erforderliches,
stehendes Riemenvorgelege, zwischen der Mühlspindel und verticalen Excentricwelle,
war zugleich benutzt, um die Bewegung ebenfalls durch Riemen nach dem Kleiesiebe vor
der Beutelkastenmündung überzutragen.
Bemerkenswerth dürfte hierbei seyn, daß überhaupt in den meisten bayerischen, besonders kleineren Mahlmühlen (selbst in
der Münchener Ludwig-Walzenmühle an den Steingangen, welche das Ausmahlen auf
Steinen besorgen) neuerdings wieder jener schlaffe Sackbeutel angewandt wird, indem
man in Erfahrung gebracht haben will, daß das straffgespannte Beuteltuch auf den
sogenannten Cylindern sich zu sehr verschwitze und nicht genug Mehl liefere, sobald
die Mühle einigermaßen warm mahlt, endlich auch nicht immer Raum genug vorhanden
sey, um gehörig lange Cylinder mit straffgespanntem Tuche
aufstellen zu können.Nach der schönen Ausstellung eines vollständigen Sortiments schlaffer Beutel,
des Mühlenbeutelmachers Levi in Haidhausen bei München (unter Nr. 461 des
Katalogs) zu urtheilen, muß mit derartigen Beuteln, mindestens in Bayern,
noch ein bedeutendes Geschäft gemacht werden.
Unter den sonst vorhandenen durch Elementarkraft zu betreibenden Mahlmühlen ist noch
eine recht compendiöse Knochenmühle mit französischen horizontalen Steinen zu
erwähnen, welche der Maschinenfabrikant Breitfeld in Prag
(unter Nr. 4213) ausgestellt hatte. Das Steinbett wurde von einem gußeisernen
dreifußförmigen Gestelle getragen. Der Betrieb erfolgte durch Riemen, das Stellen
der Steine konnte durch außerhalb am Gestelle angebrachtes Handrad, mittelst
Schrauben und Hebelwerk, ohne weiteres vorgenommen werden; das Rumpfzeug stand
unmittelbar auf der Büttendecke der Steine etc.
Als zum Systeme der gegenwärtigen Graupenmühlen gehörig, hatte der Mechaniker Luckhardt aus Waltershausen (Herzogthum
Sachsen-Koburg-Gotha) unter Nr. 6181 eine Gerstespaltmaschine
eingesandt, die als wesentliche und wahrscheinlich nun als vollendete Verbesserung
einer Gattung von Gerstespaltmaschinen angesehen werden mußte, der man bisher
praktische Brauchbarkeit vergebens beizubringen bemüht gewesen war.Referent sah schon im Jahre 1845 in Wien eine derartige Versuchsmaschine,
welche der dort etablirte Hannoveraner, Mechaniker Pfannkuche, construirt hatte.
Ohne Beifügung von Zeichnungen wird es hier nur möglich, das Hauptprincip der
Maschine zu besprechen.
Eine gußeiserne Walze (Cylinder) von etwa zweimal Durchmesser zur Länge, ist mit
Längenriffeln parallel zur Achse des Cylinders und durch ringförmige Riffeln,
rechtwinkelig auf erstere, derartig mit Vertiefungen versehen, daß von oben in der
ganzen Breite einfallende Gerstenkörner, sowohl parallel zur Walzenachse, als auch
so tief in diese zu liegen kommen, daß sie bei gedachter Lage ganz in der Umfläche
des Cylinders liegen und nirgends vorspringen, eine Lage, die überdieß durch eine
besondere sinnreiche Anordnung noch mehr sicher gestellt wird. Am oberen Umkreise
dieser Walze laufen zwei kleinere Walzen, parallel zur Achse der größeren, ähnlich
wie die Arbeits- und Wendewalzen bei den Krempeltrommeln der
Streichgarnspinnerei und mancher Baumwollkrempeln, auf welchen kleineren Walzen
Schneidscheiben, ähnlich wie die Blätter der Kreisscheren, geschoben und gehörig
befestigt sind. Die sämmtlichen Scheiden der einen Walze sind gegen die der anderen
derartig versetzt, daß immer die Messer der einen in die Zwischenräume der andern
passen und überhaupt in einem Abstande, welcher kleiner als die Länge eines
Gerstenkornes ist, ein schneidendes Messer gegen die große Trommel wirkt. Uederdieß
sind besondere Führungen für die Messer, Bürsten, Stellmechanismen etc. vorhanden,
um in jeder Hinsicht Sicherheit der Arbeit zu erreichen. Das Arbeitsproduct, was die
(freilich sonst hermetisch allen Augen verschlossene) Maschine auf der Ausstellung
erkennen ließ, entspricht hinsichtlich Quantität und Qualität allen Anforderungen,
und veranlaßt mich die Maschine einem hannoverschen Mühlenbesitzer zu empfehlen, der
auch sofort Bestellung, machte und nach neueren mir zugekommenen Nachrichten mit den
Leistungen der Maschine besonders zufrieden seyn soll.Mühlenbesitzern und Fabrikunternehmern bin ich übrigens gern bereit weitere
Auskunft zu ertheilen.
Unter den sonst vorhandenen und durch Elementarkraft zu betreibenden Mühlen verdient
insbesondere eine Farbemühle (Indigomühle) Erwähnung, welche von der anerkannten
Werkstatt des bereits oben genannten Hrn. Späth in
Dutzendteich ausgestellt war.
Den Haupt- und Arbeitskörper dieser Maschine bildeten zwei große hohle,
gußeiserne Halbkugeln, die an ihren Kanten mit kräftigen Flantschen versehen waren,
und wodurch die beiden Hälften schnell und fest zu einer ganzen Kugel vereinigt
werden konnten, in deren hohlem Raume sich mehrere (5 Stück) schön polirte
gußeiserne Kugeln frei herumbewegen konnten.
Dieser Hohlkörper war durch vier Backen in einem Ringe gelagert, auch darin
verschiebbar gemacht, welcher Ring durch gehöriges Räderwerk in Umdrehung gesetzt
werden konnte. Gleichzeitig wurde aber durch eine endlose Schraube der Hohlkugel
noch eine (langsamere) zwischen den obengedachten Backen schiebende Bewegung
ertheilt, deren Richtung auf der erstgenannten Drehbewegung rechtwinkelig war, so
daß überhaupt die Hohlkugel gleichzeitig zwei auf einander rechtwinkelige Bewegungen
machte, um dadurch den in ihrer Höhlung frei laufenden massiven eisernen Kugeln die
Fähigkeit zu ertheilen, den zu mahlenden und fein zu reibenden Farbstoff an
möglichst vielen Punkten zu berühren. Der Schluß der großen Hohlkugel während der
Arbeit zeigte sich eben so sicher wie einfach, und schnell entfernbar wenn man in
das Innere der Hohlkugel gelangen wollte.
Sonst war die ganze Maschine ein schönes Zeugniß von der vielseitigen Tüchtigkeit des
Späth'schen Etablissements.
Mehrfach wurde bemerkt, daß diese sinnreiche Maschine für den beabsichtigten Zweck
viel zu complicirt und wohl auch zu zerbrechlich sey, dem jedoch dadurch begegnet
werden dürfte, daß bereits solche Maschinen seit sieben Jahren für Indigo und
Kakaobohnen (Chocolate) im wünschenswerthen Gange seyn sollen. Der Preis einer
derartigen Farbmühle wurde zu 420 Gulden rheinisch angegeben.
Nicht unerwähnt darf hierbei ein von C. A. Wolf in Ansbach
unter Nr. 1646 eingeliefertes Modell bleiben, das zum Abrunden weicher und
Pulverisiren harter Körper bestimmt seyn sollte und jedenfalls im Großen ausgeführt
jene Späth'sche Farbmühle vortheilhaft zu ersetzen im
Stande gewesen wäre, da ihm der Vorzug der Einfachheit vor der Späth'schen unbedingt zugestanden werden mußte. Es war nämlich die
ebenfalls doppelte Bewegung dieser ganzen Mühle völlig dem sogenannten
Differentialmechanismus nachgebildet, wie er zur Zeit bei gewissen
Vorspinnmaschinen, Kraftmessern, Bohrmaschinen etc. höchst zweckmäßig in Anwendung
gebracht wird. Von zwei conischen Rädern, deren Achsen sich unter einem rechten
Winkel schneiden, trägt die Welle des einen nach außen die zur ersten Bewegung
erforderlichen Riemenscheiben, während sich diese Welle in ihrer Fortsetzung nach
innen zu einem viereckigen Rahmen gestaltet, der einer zweiten Welle zur Lagerung
dient, an welcher innerhalb des Rahmens das Gefäß zur Aufnahme der zu zerreibenden
Körper, außerhalb aber das zweite der beiden gedächten Kegelräder befestigt ist.
Unter der großen Menge auf der Ausstellung vorhandener Mühlen zum Mehlmachen,
Schroten und Quetschen des Getreides, des Malzes oder Hafers, wobei der Betrieb
durch Menschenhand erfolgen soll, fand sich durchaus nichts neues vor und war
deßhalb zu bedauern, daß von den in unserem Lande bewährten derartigen Mühlen, wie
z.B. der neueren Construction von Kappe in Coppenbrügge, keine zur
Ausstellung gesandt worden war. Unter den vorhandenen verdienten höchstens die
sogenannten rheinischen Walzenschrotmühlen mit (darüber befindlichem)
Reinigungssiebe erwähnt zu werden, die Jordan in
Darmstadt, höchst solid und vortrefflich gearbeitet, ausgestellt hatte, und von
denen Dr. Hamm aus Leipzig
behauptete, bereits über 300 Stück deutschen Landwirthen geliefert zu haben.
Bei allen derartigen Mühlen, sie mögen nach Art der Kappe'schen (und vieler englischen Constructeure) auf das Princip der
Kaffeemühlen basirt, oder wie unsere gewöhnlichen Mühlen mit horizontalen Steinen
ausgeführt, mit Walzen oder metallenen Mahlscheiben (excentrischen oder
concentrischen) versehen seyn, bemüht man sich noch immer (natürlich vergeblich)
diese Maschinen geeignet zu machen, die verhältnißmäßige
Concurrenz mit den durch Wasser oder Wind getriebenen großen Steinmühlen bestehen zu
können. Ich habe über diese unselige Bestrebung und arge Täuschung bereits an einem
anderen OrteJournal für Landwirthschaft der konigl. Gesellschaft in Celle. Jahrgang 1854,
S. 243 „Ueber Handschrotmühlen im Allgemeinen und über die Kappe'sche insbesondere.“
ausführlich gehandelt, und bemerke deßhalb hier bloß schließlich, daß nur
besondere örtliche oder sonstige Umstände, wie z.B. gänzlicher Arbeitsmangel für
einmal vorhandene Menschen, allein das Anschaffen von Handmühlen, von welcher Art
sie auch seyn mögen, rechtfertigen kann.