Titel: | Die Kosten des Leuchtgases, sowohl aus Steinkohlen als aus Torf, zu Paris. |
Fundstelle: | Band 136, Jahrgang 1855, Nr. XIV., S. 53 |
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XIV.
Die Kosten des Leuchtgases, sowohl aus
Steinkohlen als aus Torf, zu Paris.
Aus Armengaud's Génie industriel, Januar 1855, S.
35.
Ueber die Kosten des Leuchtgases, sowohl aus Steinkohlen als aus
Torf, zu Paris.
Steinkohlengas.
Folgende Ziffern sind einem schätzbaren Bericht entnommen, welchen Hr. A. Chevalier, Mitglied der Pariser
Municipal-Commission, im November 1852 ausarbeitete.
Ein Hektoliter französischer Steinkohlen, wie sie fast ausschließlich in den
Gasanstalten angewendet werden, kostet in Paris höchstens 2 Francs 25 Cent.
Diese Kohle liefert per Hektoliter im Mittel 22 Kubikmeter Gas; von den erzeugten Kohks wird der dritte
Theil zum Heizen der Retorten verwendet, man muß daher von den Gestehungskosten der
Kohlen die 2/3 verkaufter Kohks abziehen, was den wirklichen Aufwand für Kohlen auf
1 Fr. 11 9/10 Cent. für 22 Kubikmeter Gas vermindert.
Die Compagnien behaupten, daß der Gasverlust in den Leitungen 16 Procent beträgt, was
das wirklich gelieferte Quantum um 3 1/2 Kubikmeter vermindert, so daß nur 18 1/2
Kubikmeter Product per Hektoliter Kohlen verbleiben.
Da nun die Auslagen 1 Fr. 11 9/10 Cent. per Hektoliter
Kohlen betragen, welcher 18 1/2 Kubikmeter Gas
liefert, so stellt sich der Kubikmeter Gas
auf
6 Cent.
00
Davon muß man das ammoniakalische Wasser
und den Theer abziehen, deren Werth bloß
beträgt
0
10
––––––––––
Der Aufwand per
Kubikmeter Gas beträgt also
5 C.
90
Dazu muß man addiren:
1) Die Steuer auf die Leitungen
„ „
60
2) Die verschiedenen allgemeinen Kosten
jeder Art
7
„ „
––––––––––
13 C.
50
Der Kubikmeter zu Paris fabricirten Steinkohlengases kommt folglich auf 13 1/2 Cent.
zu stehen.
Der Gasverbrauch zu Paris beträgt gegenwärtig 8,000,000 Francs; es ist aber nicht zu
bestreiten, daß die Anwendung des Gases von Jahr zu Jahr zunehmen muß, und man kann
ohne Uebertreibung annehmen, daß nach 15 Jahren der Gasverbrauch der Privaten sich
verfünffacht und die Ziffer des Gesammtverbrauchs auf wenigstens 12 Millionen Francs
erhöht haben wird; bei diesen Zahlen ist der durchschnittliche Preis von 22 Cent.
per Kubikmeter angenommen, es stellt sich daher bei
dem Gestehungspreis von 13 1/2 Cent. für eine jährliche Consumtion von 40,000,000
Kubikmetern ein Gewinn von nicht weniger als 7,200,000 Francs per Jahr heraus.
Rechnet man die Zinsen des auf die Fabrication von 48 bis 50 Millionen Kubikmetern
Gas verwendeten Capitals hinzu, so erhöhen sich die Gestehungskosten des Kubikmeters
Gas um 2 Cent. und betragen also für denselben 15 1/2 Cent.
Die Stadt Paris kann, wenn sie im Jahr 1863 (nach Ablauf der Verträge mit den
Compagnien) ihr Gas selbst fabricirt, den Kubikmeter um 15 1/2 Cent. erzeugen,
selbst wenn bis dahin kein neues oder verbessertes Verfahren in Gebrauch gekommen
seyn sollte.
Es ist aber nicht nur für die Municipal-Verwaltung von großer Wichtigkeit, das
Gas zum möglich niedrigsten Preise zu erhalten, sondern die Privat-Consumtion,
welche der gegenwärtige hohe Preis des Gases beschränkt, ist dabei nicht weniger
interessirt.
Bereits haben die Pariser Theater in einer Eingabe auseinandergesetzt, wie lästig
ihnen der Aufwand für die Gasbeleuchtung ist, und gewiß sind diese Klagen bei allen
anderen Consumenten ebenso gegründet. Die größte Anwendung vom Gas machen keineswegs
die reichen Leute in ihren Wohnungen; sondern die Detailhändler und überhaupt
diejenigen Etablissements welche bis spät in die Nacht geöffnet bleiben, verbrauchen
am meisten Gas und würden solches gewiß in größerer Menge behufs glänzenderer
Beleuchtung anwenden, wenn der Preis desselben ein niedriger wäre.
Zu dem hohen Preis des Gases kommt noch der sehr nachtheilige Umstand, daß wir bis
jetzt kein praktisches Mittel besitzen, um die Leuchtkraft des Gases zu bestimmen;
die gebräuchlichen Gasuhren zeigen nur die Menge des gelieferten Gases an, aber
nicht die Summe des zu erhaltenden Lichtes; je nach dem Druck und anderen Umständen
ist jedoch das aus denselben Steinkohlen fabricirte Gas zeitweise ziemlich
verschieden und daher der hohe Preis, welchen die Consumenten dafür bezahlen, nicht
immer im Verhältniß mit der Summe des erzeugten Lichts. Es wäre daher sehr
wünschenswerth, daß durch einen allgemein anwendbaren Apparat endlich diesen
Uebelständen abgeholfen würde.
Torfgas.
Man wendet zweierlei Verfahrungsarten zur Fabrication des Torfgases an; die erste
besteht darin, den Torf und die zugesetzten Torföle gleichzeitig zu zersetzen; die
zweite darin, bloß die bei der Destillation des Torfs gewonnenen Oele zu
zersetzen.
Die erstere Methode liefert ein vortreffliches Gas, wenn man nur 12 Kilogr. Oel auf
100 Kilogr. destillirten Torfs zusetzt.
Die Leuchtkraft des so gewonnenen Gases ist in den meisten Fällen 5 bis 7 mal größer
als diejenige des Steinkohlengases. Bei einem Versuch mit einem
Fledermausflügel-Brenner unter 2 Centimeter Druck gaben 100 Liter Torfgas
dreimal so viel Licht als 142 Liter Steinkohlengas.
100 Kilogr. Torf liefern 32 Kubikmeter Gas, welche nichts kosten, weil die gewonnene
Torfkohle beim Verkauf die Kosten mehr als deckt, wenn man den Torf, in Paris
gelegt, zu 15 Fr. per 1000 Kilogr. rechnet.
Um dem Gasverbrauch zu Paris, auf seine größtmögliche Entwickelung, nämlich 50
Millionen Kubikmeter berechnet, zu genügen, müßte man jährlich 166,666 Tonnen Torf
destilliren, welche 75 Millionen Kilogr. (beiläufig 1,293,103 Hektoliter) Kohle
liefern werden. Man verbraucht jährlich in Paris über 3 Millionen Hektoliter
Holzkohlen, wovon die 100 Kilogr. um 14 Fr. verkauft werden; bei unserer Berechnung
der Gestehungskosten des Torfgases haben wir aber die 100 Kilogr. Kohle nur zu 7 Fr.
angesetzt.
An Torf wäre zur Leuchtgasfabrication in Frankreich kein Mangel. Aus einem Bericht
der Bergwerksschule für 1847 ersieht man, daß die 34 Departements, wo die
Torfgewinnung betrieben wird, jährlich 5,106,017 metrische Centner liefern, und daß
12 Departements über 10,000 Tonnen producirt haben. Man nimmt an, daß die Torflager
auf 15 Meilen Entfernung um Paris herum eine Masse von mindestens 134 Millionen
Kubikmetern repräsentiren.
Rechnet man die 100 Kilogr. Torfkohle zu 7 Fr., so würde das Torfgas nicht über 1
9/10 Centime per Kubikmeter zu stehen kommen.