Titel: | Die Fettleder-Bereitung (für Maschinenriemen etc.) von Theodor Klemm zu Pfullingen. |
Fundstelle: | Band 136, Jahrgang 1855, Nr. XX., S. 69 |
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XX.
Die Fettleder-Bereitung (für
Maschinenriemen etc.) von Theodor
Klemm zu Pfullingen.
Aus dem württembergischen Gewerbeblatt, 1855, Nr.
9.
Klemm's Fettleder-Bereitung.
In den Jahren 1853 und 1854 brachten die technischen Zeitschriften (polytechn.
Journal Bd. CXXIX S. 305) die Beschreibung
einer neuen Lederbereitung, welche C. A. Preller in
London am 8. März 1852 patentirt und sofort im Mechanics'
Magazine von 1853 veröffentlicht worden ist. Diese Veröffentlichungen gaben
Anlaß, daß im Juli v. J. das Verdienst der Erfindung von Theodor Klemm zu Pfullingen reclamirt wurde (polytechn. Journal
Bd. CXXXIV S. 438) mit dem Anfügen, daß
Preller von Klemm die
Erfindung gekauft habe, für welche dieser unterm 19. December 1849 auf 5 Jahre in
Württemberg ein Patent erhalten hatte. Nachdem dieses Patent durch Ablauf der Zeit
erloschen ist, wird die Beschreibung der patentirten Erfindung veröffentlicht.
„Vorbereitungsmethode. Die Häute werden
mittelst des Anschwödens (s. Prechtl's Encyklopädie Bd. IX S. 305) enthaart. Eine weitere
Aescherung, wie bei dem sämischgaren oder lohgaren Leder, findet nicht statt,
sondern die Häute werden Behufs der Entfernung des Anschwöd-Kalks zuerst
rein ausgewaschen und ausgestrichen, sodann in eine Kleienbeize gelegt, bis der
Kalk wieder vollständig entfernt ist; durch diese Beize werden die Häute
zugleich geschwellt. Sie werden sodann in frischem Wasser abgeschwenkt und auf
der Aasseite rein ausgestrichen, worauf die Gerbung
beginnt, welche auf folgende Art vor sich geht.
Man macht eine warme Alaunbrühe mit dem bekannten Verhältniß Salz, tritt oder stoßt
die Häute darin tüchtig durch und läßt sie 24 Stunden darin stehen. Hernach wascht
man die Häute in weichem lauem Wasser so lange aus und tritt oder stoßt sie darin
durch, bis der Alaun und das Salz vollständig entfernt
ist; dann macht man einen Teig, die sogenannte Nahrung
oder Gerbebrei, von Glättmehl (Gerstenmehlstaub von der
Bereitung der gerollten Gerste) und Hirn (auf 1 Haut 8 Pfd. Hirn und 14 Pfd.
Glättmehl) und etwas Lecceröl oder Kammfett (1/4 Pfd.), und verdünnt diesen Teig mit
lauem Wasser, so daß man die Haut durchziehen kann, und tritt oder stoßt sie darin
so lange ab, bis die Fette und der Kleber des Mehls sich vollständig in das Leder
hineingezogen haben, läßt das Leder über Nacht noch in demselben Geschirr stehen und
hängt es den andern Tag auf, läßt es abtrocknen, bis es über halb trocken ist. Dann rösselt man es aus,
wodurch die Kleie des Mehls von selbst abfällt. Man läßt das Leder sodann
vollständig trocknen und rösselt es nochmals aus, worauf es zur Färbung fertig
ist.
Dieses Leder ist für alle Farben tauglich.
Die Entfernung des Alauns aus dem Leder und die nachherige Gerbung mit der
sogenannten Nahrung oder Gerbebrei hat die Folge, daß
dieses Leder nicht wie das Alaunleder im Wasser fleischig wird und nicht wieder in
seinen natürlichen Zustand zurücktritt, sondern es verbindet mit verschiedenen
Vorzügen des sämisch- und lohgaren Leders noch den, daß es – da die
Textur der Haut nicht wie bei dem sämisch- und lohgaren Leder durch die
Aescherung geschwächt ist – eine Tragkraft7) erhält, welche die des besten lohgaren Leders um ein Bedeutendes übersteigt,
und daß es dabei dem Wasser noch mehr trotzt, als das gewöhnliche lohgare Zeugleder,
und, da ihm jede Lohsäure abgeht, von ungleich längerer Dauer ist.
Die Vorzüge der Methode selbst bestehen noch weiter darin, daß die Gerbung in
kürzerer Zeit vor sich geht, dieselbe weniger Geschirr erfordert und mit ungleich
weniger Auslage für Gerbestoff bewerkstelligt wird.
Diese Methode auf Hirsch-, Reh-, Ziegen-, Schaf- und
Gemsfelle angewendet, vereinigt alle Vorzüge des Glacéleders, bei welchem der
Aufwand auf die sogenannte Nahrung, der Gerberei so
unendlich größer als bei obiger Methode ist (s. Prechtl's
Encyklopädie Bd. IX S. 314 und 315).
Die Tragkraft dieses Leders wurde von Hrn. Professor Reusch
vis-à-vis dem besten Zeugleder
geprüft und es hat betragen:
die Tragkraft pr. Quadratmillimeter in
Kilogrammen
von Zeugleder
3,23,
von obigem
Leder
5,96 bis 7,27.
Die Färbung geschieht auf die
Manier des Glacéleders.
Nach dem Färben werden die Häute auf die Manier wie beim Zeugleder noch einmal mit
Unschlitt oder Fischthran eingelassen und mit einer heißen Platte ausgerüstet.