Titel: | Experimental-Untersuchungen über einige Gegenstände der angewandten Elektricitätslehre; von Professor C. Kuhn in München. |
Autor: | Carl Kuhn [GND] |
Fundstelle: | Band 136, Jahrgang 1855, Nr. XXII., S. 82 |
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XXII.
Experimental-Untersuchungen über einige
Gegenstände der angewandten Elektricitätslehre; von Professor C. Kuhn in München.
Kuhn, über die Benutzung des Erdreichs als Leiter Volta'scher
Ströme.
I.
Ueber die Benutzung des Erdreichs als Leiter Volta'scher
Ströme und einige andere damit zusammenhängende Einzelheiten.
(Schluß von S. 29 des vorhergehenden Heftes.)
6. Aus diesen Erörterungen ließen sich zwar manche nützliche Folgerungen für die
Anwendung der Erdleitung bei den in neuester Zeit einen hohen Grad von Wichtigkeit
erlangten beweglichen Militär-Telegraphenleitungen
machen. Meine Absicht kann es aber nicht seyn, auf alle hiezu gehörigen
Einzelnheiten bei dieser Gelegenheit einzugehen, und es werden daher nur die
nachstehenden Punkte herausgehoben.
Die Bodenleitung kann bekanntlich nach den schon längst festgestellten Thatsachen
unter allen Umständen und zwar mit dem größten Nutzen für die allgemeinen
Telegraphen-Linien in Anwendung gebracht werden, wenn man die Erdelektroden
entweder unmittelbar im Horizontalwasser, also in Brunnen oder tiefliegende Gewässer
etc. oder sehr tief in den Boden in ganz durchnäßtes und zu allen Zeiten
Feuchtigkeit enthaltendes Erdreich legen kann.
Jedesmal also, wenn diese günstigen Umstände sich darbieten, wird auch für bewegliche
Militär-Telegraphen der Einschaltung und Benützung der Erde als einen Theil
des Schließungsleiters kein wesentliches Hinderniß sich in den Weg stellen.
Ungehindert und mit Sicherheit wird also die eine Hälfte des Schließungsleiters
durch die Erde für den genannten Zweck ersetzt werden können, wenn man an jeder der Endstationen, welche zur Kette gehören, die
Erdelektroden in einen Brunnen versenken oder in ein Flußbett etc. eingraben kann,
oder wenn die Zeit und die sonstigen Umstände es zulassen, solch tiefe Oeffnungen
graben lassen zu können, deren Enden in feuchtem Erdreich oder an Stellen sich
befinden, die beständig von Wasser umspült und mit unterirdischen Wasserschichten in
Communication stehen, wenn man den Elektroden diese feuchten Lager gibt etc. Bis zu
welcher Tiefe hiebei gegraben werden muß, um mit Sicherheit die Erdelektroden
einlegen zu dürfen, dafür läßt sich keine bestimmte Regel angeben. Es hängt dieß
offenbar von localen Umständen ab, und selbst an einem und demselben Orte ist ja die
äußere Terrainbeschaffenheit sowohl wie die innere an verschiedenen Stellen
verschieden, und es können einzelne Stellen einer und derselben Oertlichkeit in
Niederungen und nahe am Wasserspiegel, andere nicht weit von diesen entfernte aber
so hoch liegen, daß, wenn kein Brunnen in deren Nähe ist, das Ergründen von
günstigen Lagern für die Elektroden nicht bloß wegen der hiezu nöthigen Zeit nicht
ausgeführt werden kann, sondern sogar zu den Unmöglichkeiten für jene Verhältnisse
gehören müßte, unter welchen allein nur die Anlegung und Benützung absolut
beweglicher Militär-Telegraphen denkbar ist. So gibt es z.B. in der Nähe von
München manche Punkte, von welchen an dem einen die Brunnen in einer Tiefe von fast
100 Fuß, an dem andern die Brunnen in 30 Fuß, und wieder andere, wo dieselben in
noch geringerer Tiefe angetroffen werden; daß aber solche Abwechselungen in anderen
Gegenden in ähnlicher oder gar in noch grellerer Weise vorkommen könnten, bedarf
keiner weiteren Erwähnung. Die im Geniedienste sowohl, wie im Ingenieurfache aus der
Praxis gewonnenen Erfahrungen geben immer die Mittel an die Hand, um über diese
Punkte entscheiden zu können, um zu erfahren, ob ein Eingraben oder Vorwärtskommen
mit dem Erdbohrer oder nur durch Anwendung anderer Mittel zulässig, welche Zeit
hiezu erforderlich ist, um unter gegebenen Bedingungen eine gewisse Tiefe zu
erreichen etc. Diese Erfahrungen werden aber auch überall, und selbst wenn sie nur
eine geringe Näherung liefern würden, ausreichen, um über den fraglichen Punkt
entscheiden und angeben zu können, ob unter Anwendung der zu Gebote stehenden Mittel
die nothwendigen und günstigsten Lager für die Erdelektroden erworben werden
können.
Sind nun die Umstände so günstig, um die Erde als Schließungsleiter der beweglichen
Telegraphenkette nehmen zu dürfen, so ist es für diesen Zweck nicht nöthig, die
metallischen Enden der Leitungskette mit Kupfer- oder Zinkplatten zu
versehen. Steht die Benützung eines Brunnens zu Gebote, so wird man nur die Drahtenden mit einem Körper
von nicht zu unbedeutendem Gewichte, der zum Ueberfluß noch an seiner Oberfläche
leitend gemacht werden kann, fest verbinden, und jenen Körper in das Wasser
versenken. In allen andern Fällen reicht es aus, wenn nur die Drahtenden der
Leilungskette metallisch mit einem eisernen Stößer etc., oder selbst nur mit dem zum
Ausgraben der Oeffnung angewendeten Erdbohrer leitend verbunden werden. Befindet
sich die Elektrode nicht in Wasser, sondern nur in feuchtem Boden, so ist für einen
beständigen künstlichen Wasserzufluß zu dieser Stelle zu sorgen, wenn die
Leitungsgüte der Kette nicht nach und nach mangelhaft werden soll.
Dieß sind also die Umstände, welche im Allgemeinen zu beachten seyn dürften, wenn man
versichert seyn kann, daß die Erdelektroden je zweier zusammengehöriger Stationen
durch feuchtes Erdreich oder durch Wassermassen verbunden sind.
Sind aber diese Umstände nicht vorhanden, oder besitzt nur eine der Stationen eine
solche günstige Lage, die andere aber nicht, oder ist durch andere Verhältnisse die
Erfüllung obiger Bedingungen nicht begünstiget, so kann man weder durch Benützung
von noch so großen Metallplatten als Erdelektroden, noch durch Anwendung anderer
Localmittel dem eingeschalteten Erdboden diejenige Leitungsfähigkeit beibringen, die
er nothwendig hat, um den Uebergang der Elektricität von einer Elektrode zur anderen
in solcher Menge zu gestatten, daß deutliche Zeichen selbst der empfindlichsten bis
jetzt bei Telegraphen-Apparaten angewendeten Indicatoren möglich gemacht
werden können.
In solchen Fällen muß daher auf die Einschaltung der Erde verzichtet und ein
Doppeldraht angewendet werden (ob diese Fälle vielleicht bei Anwendung von beweglichen Militärtelegraphen die häufigsten seyn
könnten oder nicht, mag durch das Urtheil der Militär-Ingenieure entschieden
werden), und man wird als Schließungsleiter einer solchen militärischen
Telegraphenkette nur Drahtseile von der nothwendigen Dicke, ähnlich wie sie im
Großen für submarine Leitungen verwendet werden, benützen, deren Einzeldrähte im
Innern gut gegen einander isolirt, und die an ihrer Oberfläche mit einem
Gutta-percha-Ueberzuge umpreßt sind, dieselben theilweise (nach dem
Vorgange der englischen Ingenieure) in die Erde durch ein leicht anzuwendendes
Mittel oberflächlich eingraben, theilweise aber, wo es nöthig ist, über Stützen von
passender Höhe gehen lassen, und an jedem Ende der Leitung die Verbindung des
Doppeldrahtes mit den Apparaten etc. in zweckmäßiger Weise vornehmen.
7. Da die Umstände es jetzt nicht gestatten, auf andere Erscheinungen, die mit den
bis jetzt behandelten Gegenständen zusammenhängen, und die mir zu eigenen
Untersuchungen Veranlassung gaben, einzugehen, so bringe ich vor dem Schlusse dieser
Arbeit in gedrängter Kürze und ohne nähere gründliche
Erörterungen einige Beobachtungen zur Sprache, denen theilweise schon seit
längerer Zeit gründliche Aufmerksamkeit geschenkt wurde,Steinheil. Ueber Telegraphie, insbesondere durch
galvanische Kräfte. München 1838, S. 17. Dann in der Abhandl.: Beschreib.
und Vergleich. der galv. Telegraphen Deutschlands. Abh. der II. Cl. d. k.
Akad. der Wissensch. V. Bd. III.Jacobi. Ueber die Polarisation der
Leitungsdrähte. Bullet de la classe phys. math. etc.
de l'Academie des Sc. de St. Pétersbourg. VII. 1.Barlow. Elektr. Ströme in
Telegraphen-Leitungen. Berliner Berichte, III. 555, IV. 412.Baumgartner. Ueber die Wirk. der nat. Elektr. auf
elektrom. Telegraphen. Sitzungsber. der math. naturw. Classe der Wiener
Akad. etc. J. 270. die theilweise aber mir neu zu seyn scheinen.
a. Bekanntlich kann man an einer jeden
Telegraphenleitung, in welcher die ganze Leitungskette mittelst eines Galvanometers
ohne Anwendung einer Volta'schen Stromquelle geschlossen wird, beständig einen
größeren oder geringeren Ausschlag der Galvanometernadel wahrnehmen. Hieraus geht
also hervor, daß die ganze Leitungskette, auch wenn keine Stromquelle eingeschaltet
ist, sich beständig in jenem Zustande befindet, in welchem sie magnetische
Wirkungen, jedoch im Allgemeinen nur durch Ablenkungen der Nadel eines empfindlichen
Multiplicators, ausüben kann.
Da der eine Theil der Leitungskette über der Erde sich befindet, und aus einem
ausgespannten Kupfer- oder verzinktem Eisendrahte von bedeutender Ausdehnung
besteht, während die andere Hälfte derselben die Erde selbst ist, so können nicht
bloß an den in verschiedenen Entfernungen von einander befindlichen Stellen des
metallenen Theiles des Leiters bedeutende Temperatur-Unterschiede
stattfinden, sondern es werden auch an denjenigen Punkten, an welchen die Verbindung
zwischen Erde und den Enden der Kette sich befinden, die Temperaturen bedeutend
verschieden seyn. Nun kann aber jede Temperatur-Verschiedenheit an
verschiedenen Theilen des Schließungsleiters für sich schon elektrische Ströme
erzeugen, um so mehr werden daher die Veranlassungen zur Entstehung von Strömen in
dem vorliegenden Falle vorhanden seyn, als die Kette aus so völlig ungleichartigen
Leitern von so bedeutender Ausdehnung zusammengesetzt ist, wie dieß bei jeder
Telegraphen-Leitung stattfindet, und die Stärke dieser Ströme wird daher
nicht bloß wechseln müssen, sondern kann je nach den Umständen zuweilen bedeutend
groß, zu andern Zeiten aber auch wieder sehr gering ausfallen. Man hat daher mit
Recht als Hauptquelle dieser sogenannten tellurischen Ströme die verschiedenartige
Erwärmung der einzelnen Stellen der Leitungskette, und diese Ströme selbst als
sogenannte thermo-elektrische betrachtet. – Wenn nun auch die Wärme
als Hauptquelle dieser
Ströme betrachtet werden muß, so ist es doch noch nicht bestimmt ausgemacht, daß
diese auch die einzige Quelle der letzteren, oder ob die Ursache dieser Ströme nicht
zusammengesetzterer Natur ist. Ich bin der nachstehenden Beobachtungen halber
geneigt, mich der letzteren Meinung zu bekennen.
Die Erdstrecken, die ich untersuchte, und von denen in den Art. 1 und 5 ausführlich
die Rede war, sind bekanntlich von zweierlei Längen gewesen. Die eine zu 75' Länge
war vom 20. December Mittags bis zum 30. December Nachmittags 2, die andere zu 120'
Länge aber war vom 30. December 3 Nachmittags bis zum 4. Januar Morgens 11
eingeschaltet, und von den zum Schließen der Kette verwendeten Drähten war der eine
auf dem Boden liegende in Gutta-percha-Röhren eingehüllt, der andere
weit kürzere als jener, war theilweise in der Luft ausgespannt. Vom 20. bis zum 22.
December konnte ich bei eingeschaltetem Galvanometer und mit Ausschaltung der
Volta'schen Batterie von einem Erdstrome nichts bemerken; erst vom 27. December an
(wo die Bodenfeuchtigkeit schon bedeutend zugenommen hatte) und dann an allen
folgenden Tagen nahm ich einen zwar veränderlichen, aber immer nicht unbedeutenden
Ausschlag der Galvanometernadel wahr, wenn ich bloß die Kette mittelst des
Multiplicators schloß. So waren die Ablenkungen der Galvanometer-Nadel
am 29. December im
Mittel: „ 30.
„ „
„
17°, Maximum:
38°,
„
23°,0,
Minimum:45°,0, „
10°,030°,0
für die
75' langeErdstrecke.
„ 30.
„ „
„ „ 31.
„ „
„
35°,
„13°,
„
50° „ –
13°,0 –
für die
120' lange Strecke.
Es scheint zwar dieser Strom nie eine besondere Stärke bei den von mir an den
eingeschalteten Erdstrecken gemachten Beobachtungen angenommen zu haben; aber es ist
immerhin bemerkenswerth, daß dennoch bei Einschaltung der ganzen Drahtlänge des
Rheostaten (dessen reducirte Länge – 29410 Widerstands-Einheiten oben
gefunden wurde) der Ausschlag nicht um einen ganzen Grad, unter Einschaltung der
oben erwähnten Widerstandsrolle (von 132817' reducirter Länge) die Angaben des
Galvanometers nur etwa um 1°,5 vermindert wurden, und daß ferner dieser Strom
nie seine Richtung wechselte.
Um zu sehen, welchen Einfluß ungleiche Erwärmungen verschiedener Stellen der
Leitungskette auf seine Größe im Allgemeinen haben können, wurden zuerst an
einzelnen Stellen der einen Hälfte der metallenen Leitungskette, und hierauf an
neben einander liegenden Stellen der anderen Hälfte des Drahtes mittelst Weingeiststammen örtliche
Erhitzungen vorgenommen: es wurde aber in beiden Fällen der
Ausschlag des Galvanometers (um Unbedeutendes) vermindert. – Wurde
aber in die erste Oeffnung heißes Wasser (beiläufig vierzig Maaß mit einer
Temperatur von 65–70° R.) geschüttet, während der Feuchtigkeitszustand
der anderen Elektrode ungeändert blieb, so ging der Ausschlag des Galvanometers von
33°,5 auf 38°, wurde hingegen die zweite Elektrode in derselben Weise
behandelt, so ging die Nadel von 38° auf 34° zurück. Hieraus geht also
hervor, daß jener Erdstrom von der ungleichartigen Erwärmung der Leitungsdrähte
selbst gar nicht abzuhängen scheint, daß er dieselbe Richtung hat, wie ein
Thermostrom, der entsteht, wenn man die eine (südwestliche Elektrode) erhitzt, und
die andere abkühlt. Obgleich kein augenscheinlich wahrnehmbarer Grund der ungleichen
Erwärmung der beiden Erd-Elektroden vorhanden war, so möchte doch, vielleicht
der ungleichen Bodenwärme beider Stellen wegen, ein Theil der Entstehungsursache
jenes Stromes hierin zu suchen seyn; daß aber dieser Theil nicht der größere war,
geht aus jenen Versuchen und noch daraus hervor, daß die Stärke des Erdstromes
insbesondere abnahm, wenn die in den Oeffnungen befindliche Wassermenge nach und
nach versickert war. Dieser Erdstrom scheint daher von tiefer liegenden Stellen
auszugehen, und möchte wohl zum größten Theile in der Ungleichartigkeit der
Leitungskette selbst (Kupferdraht, Erde, Feuchtigkeit etc.) seinen Entstehungsgrund
haben, obgleich die Elektroden entweder beide in Zinkplatten oder beide in
Eisenstangen bestanden, also unter sich gleichartig waren.
Meine Beobachtungen veranlassen mich zu der Behauptung, daß der Erdstrom, mag seine
Entstehungsweise irgend welche seyn, unter wechselnden Umständen, wie sie bei
Telegraphen-Leitungen nicht selten vorkommen können, nicht bloß immer an
Intensität variirt, sondern auch in manchen Fällen einen solch hohen Stärkegrad
erreichen kann, um Erscheinungen hervorzubringen, die man sonst anderen Ursachen
zuschreibt; während zuweilen die Stärke dieses Stromes auch verschwindend klein
werden kann.
b) Außer dem hier erwähnten Erdstrome verdient noch eine
andere Erscheinung, die ich zu beobachten Gelegenheit hatte, besondere Erwähnung.
Ich bemerkte nämlich bei allen meinen Versuchen, die ich mit zusammengesetzten und einfachen Ketten vornahm,
daß wenn der Strom kürzere oder längere Zeit durch die aus Kupferdraht von größerer
oder geringerer Länge gebildete Kette und gleichzeitig durch einen Commutator und
ein auf gewöhnliche Weise eingeschaltetes Galvanometer ging, die Nadel des letzteren
nie den ursprünglichen Stand wieder annahm, wenn die Stromquelle ausgeschaltet wurde
und dabei die Draht-Leitung geschlossen blieb, während die Nadel ihren ersten Stand wieder annahm,
wenn entweder die ganze Drahtkette geöffnet, oder mit Ausschließung der letzteren
die Galvanometer-Drahtenden nur unter sich in metallische Berührung
kamen.
Es geht also durch einen jeden Draht, der längere oder kürzere
Zeit als Schließungsleiter einer Volta'schen Stromquelle diente, auch nach dem
Aufhören der Einwirkung der letzteren ein elektrischer Strom.
Von diesem Strome, dessen nähere Untersuchung nicht hieher gehört, zeigte sich, daß
seine Intensität eine Function der Dauer und der Stärke des primären Stromes ist,
seine Bewegung immer im entgegengesetzten Sinne von letzterem erfolgt, daß seine
Dauer ebenfalls von jenen Umständen abhängig zu seyn scheint und im Allgemeinen
nicht groß ist (bei den von mir angestellten Beobachtungen dauerten diese
Gegenströme zwischen 3 und 15 Minuten), daß ferner derselbe bis zum Verschwinden
gebracht werden konnte, wenn man in die Drahtkette ein kürzeres Stück Kupferdraht
von sehr geringem Leitungswiderstande, das vorher nicht für die Kette benützt wurde,
einschaltete; daß aber derselbe sogleich sich wieder kund gab, wenn dieser
fremdartige Draht aus der Kette genommen, und letztere wie früher geschlossen wurde.
Endlich zeigte sich, daß dieser Strom abnahm, wenn man irgend eine Stelle des einen
oder des andern Polardrahtes stärker oder minder stark erhitzte, und daß er
überhaupt durch Erwärmen des Drahtes, gleichviel an welcher Stelle des letzteren,
bleibend vernichtet werden konnte.
Aus diesen kurzen Andeutungen geht also hervor, daß dieser Strom im Allgemeinen von
geringer Stärke zu seyn scheint, daß er zwar nicht thermischen Ursprunges, seine
Entstehungsursache aber eine complicirte seyn mag. Es folgt aber hieraus auch
weiter, daß der Volta'sche Strom selbst den Schließungsleiter in einen
eigenthümlichen, von seinem ursprünglichen, vor dem Durchgange des primären Stromes
ganz verschiedenen Zustand zu versetzen strebt, daß beim Aufhören dieses Stromes der
frühere moleculare Gleichgewichtszustand wieder in dem Schließungsdrahte sich
herzustellen sucht, daß aber hiezu eine gewisse und meßbare
Zeit gehört, daß endlich die Vorgänge selbst, unter welchen diese Herstellung
des Gleichgewichtszustandes erfolgt, in der geschlossenen Drahtkette ähnliche
Erscheinungen hervorbringen können, wie der Volta'sche Strom selbst.
c) Es wird endlich noch bemerkt, daß die oben (S. 17 u.
20) aufgeführten Beobachtungsresultate, so wie anderweitige vorgenommene
Untersuchungen zu der
Vermuthung berechtigen, daß wenn der Schließungsleiter einer Volta'schen Kette aus
Leitern von verschiedener Aggregationsform zusammengesetzt ist, die
Leitungsfähigkeit der metallischen festen Leiter scheinbar zunimmt, daß aber
jedenfalls die Rolle, welche ein fester Körper als Leiter hiebei einnimmt, nicht
unwichtige Modificationen erfährt.
Es könnenkönnten diese Gegenstände hier keiner weiteren Erörterung unterzogen werden; es
wird deßhalb nur zu bemerken unternommen, daß die Vorgänge in einer Volta'schen
Kette um so zusammengesetzter zu werden scheinen, je
ungleichartiger an Beschaffenheit die Schließungsleiter der Kette unter sich
genommen werden, daß selbst bei vollkommen prismatischen, aber ungleichartigen
Leitern die Bedingungen der Verbreitung der Volta'schen Ströme von einem Leiter auf
die Verbindungsstelle eines nächsten etc. nicht bloß von den bekannten
Leitungswiderständen der Größe der Querschnitte etc., sondern noch von anderen
Umständen abhängig gemacht werden dürften, welche durch die elektrischen
Polarisations-Erscheinungen kaum ersetzt werden können; endlich daß die so
mächtige Quelle der Volta'schen Elektricität, welche bei der Zusammenwirkung von
ungleichartigen Leitern auftritt, selbst wieder die ergiebigste unter allen Ursachen
ist, welche die so bedeutende und bekanntlich fortwährend andauernde
Veränderlichkeit der Volta'schen Ketten hervorbringt.
Allgemeine Resultate der vorstehenden
Betrachtungen.
1. Unter gewöhnlichen und oben schon bezeichneten normalen Umständen und für
Temperaturen zwischen 9° R. und 12° R. ist der für Volta'sche Ströme
sich darbietende specifische Leitungswiderstand des für die vorliegenden
Untersuchungen benützten Neusilberdrahtes im Mittel gleich 11,32, der des
Eisendrahtes, wie er für diese Gelegenheit angewendet wurde, gleich 5,64, wenn ich
den specifischen Leitungswiderstand des oben erwähnten Normal-Kupferdrahtes
gleich 1 annehme.
2. Wenn feste und flüssige Leiter gleichzeitig zum Schließen einer Volta'schen Kette
benützt werden, so treten scheinbare Modificationen in dem Leitungswiderstande der
metallischen Leiter ein, die aber, wie oben erwähnt, in andern Vorgängen zu suchen
sind.
3. Der Leitungswiderstand einer aus unter sich gleichen Paaren zusammengesetzten
Volta'schen Batterie ist geringer, als die Summe der Widerstände der einzelnen
Elemente, aus denen sie zusammengesetzt ist, sich herausstellt, wenn man jedes
Element für sich als eine Volta'sche Kette betrachtet und untersucht. – Ebenso nimmt der
Widerstand einer längere Zeit im Gebrauche befindlichen Volta'schen Batterie in weit
geringerem Maaße zu, als der eines einzelnen Elementes, wenn dieses eine
selbstständige Kette bilden und keinen Bestandtheil der Batterie ausmachen
würde.
4. Jeder Volta'sche Strom erzeugt nach seinem Aufhören in dem in sich zurückkehrenden
Schließungsleiter einen durch eine meßbare Zeit andauernden Gegenstrom, dessen
Intensität von der Stärke des primären Stromes und von der Dauer des letzteren im
Allgemeinen abhängig ist.
5. Wenn man von der Leitungsfähigkeit des Erdreichs für Volta'sche Ströme überhaupt
sprechen will, also wenn eine solche angenommen werden soll, so zeigt es sich, daß
jene als fortwährend veränderlich betrachtet werden muß, und daß dieselbe lediglich
nach der Menge der Bodenfeuchtigkeit sich richtet. Sie ist daher nur dann als
unmeßbar groß anzusehen, wenn zum Uebergange der Elektricität von der einen
Erdelektrode zur andern eine Wasserfläche von entsprechender und zwar von einer
Ausdehnung sich darbietet, die für die vorhandenen Umstände als unbegränzt
betrachtet werden kann.
6. Jedesmal wenn die Erde einen Theil einer Volta'schen Leitungskette ausmachen soll,
ist es nicht ausreichend die metallischen Enden der Leitung in den Boden einzugraben
und dieselben nur einmal mit Wasser zu begießen, sondern es ist auch unumgänglich
nothwendig, daß die Erd-Elektroden so tief in den Boden gebracht werden und
an solche Stellen zu liegen kommen, wo sie beständig mit Feuchtigkeit umgeben sind,
und daß die leitende Verbindung der Elektroden durch Feuchtigkeit hergestellt
ist.
Die Größe der Oberflächen der Erdelektroden ist hiebei, und insbesondere bei großer
Distanz derselben nicht von erheblichem Belange, wenn jene Hauptbedingungen entweder
erfüllt sind, oder durch die herrschenden Umstände erfüllt werden können.
München, im März 1855.