Titel: | Verfahren Zeichnungen aller Art, Schriften, Lithographien und Lichtbilder auf Messingplatten zu copiren, um geätzte Stiche zum Abdrucken mittelst der Presse zu erhalten; von den HHrn. Salmon und Garnier zu Chartres. |
Fundstelle: | Band 136, Jahrgang 1855, Nr. LII., S. 208 |
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LII.
Verfahren Zeichnungen aller Art, Schriften,
Lithographien und Lichtbilder auf Messingplatten zu copiren, um geätzte Stiche zum
Abdrucken mittelst der Presse zu erhalten; von den HHrn. Salmon und Garnier zu
Chartres.
Aus dem Cosmos, Revue encyclopédieque, März 1855,
S. 347.
Verfahren, Zeichnungen, Lithographien, Lichtbilder etc. auf
Messingplatten für geätzte Stiche zu copiren.
Mittelst des hier zu beschreibenden einfachen Verfahrens kann man in kurzer Zeit und
mit aller wünschenswerthen Treue die Lithographien, Stiche, Schriften, Zeichnungen
mit der Feder, dem schwarzen Crayon oder Bleistift, selbst Photographien, in kurzer
Zeit auf Messingplatten copiren, um geätzte Stiche zum Druck in der lithographischen
Presse, der Buchdruckerpresse etc. zu erhalten. Die Erfinder nennen ihre Methode
„photographischen Stich“ (gravure-photographique) zur Unterscheidung von Niepce's heliographischem Stich; bei letzterm Verfahren
spielt nämlich die Sonne eine Hauptrolle, bei jenem hingegen das Licht.
Alle Operationen des neuen Verfahrens werden im Schatten ausgeführt, können also zu
jeder Tages- und Jahreszeit vorgenommen werden.
1. Verfahren um von einer Zeichnung oder
Lithographie einen geätzten Stich auf einer Messingplatte zu machen.
Um dieses Verfahren auszuführen, muß man folgende Gegenstände zur Hand haben: 1) die
zu copirende Zeichnung; 2) eine polirte Messingplatte; 3) ein wenig Quecksilber,
einige Tupfballen von Watte; 4) einen (aus Porzellan gefertigten) Kasten (wie man
ihn beim Daguerreotypiren anwendet) zum Entwickeln von Joddämpfen, der so groß ist,
daß er die ganze Zeichnung, horizontal gelegt, fassen kann; 5) eine lithographische
Walze mit fetter Schwärze; 6) gepulvertes Harz; 7) eine sehr einfache galvanische
Säule, wie man sie in der Galvanoplastik anwendet; 8) schwach gefeuchtetes
lithographisches Papier.
Man setzt die Zeichnung, welche man zu copiren wünscht (wir wollen annehmen es sey
eine Zeichnung mit gewöhnlicher schwarzer Kreide), während einiger Secunden der
Einwirkung von Joddämpfen in dem erwähnten Kasten aus; dann nimmt man die Zeichnung
heraus und legt sie auf die polirte Fläche der Messingplatte; das Jod welches bloß
an den schwarzen Theilen, den Strichen der Zeichnung, haften blieb, setzt sich auf
dieser Messingplatte ab und wenn man dann das Metall mit Quecksilber als dünne
Schicht überzieht, so erscheint die Zeichnung auf dem Messing: das Quecksilber blieb
nämlich an allen mit Jod imprägnirten Stellen haftend, wurde hingegen von denjenigen
Stellen welche das Jod unberührt ließ, nicht angenommen; auf diese Art hat man schon
die ganze Zeichnung auf der Messingplatte copirt, aber in Weiß. Um diese Zeichnung
vom Rest der Platte zu isoliren, braucht man sie nur, ohne besondere Vorsicht,
mittelst einer mit fetter Schwärze belegten lithographischen Walze zu überfahren; da
die Schwärze nur an den von Quecksilber freien Stellen, also in den Zwischenräumen
der Striche der Zeichnung, haftend bleibt, so isolirt es dieselbe vollständig, daher
sie mehr hervortritt. Die Zeichnung wird sehr sichtbar, nämlich in Weiß auf dem
durch das fette Oel gebildeten schwarzen Grund. Um die Schicht von fetter Schwärze
zu verstärken und damit dieselbe den nachfolgenden Operationen besser widerstehen
kann, bestreut man die Platte gänzlich mit gepulvertem Harz.
Nach diesen vorbereitenden Operationen folgt das eigentliche Aetzen; man hat die
Zeichnung auf dem Messing, jeder ihrer Striche ist vollkommen isolirt und das Ganze
fertig, um in einen Stich umgewandelt zu werden. Um diese Platte ätzen zu können,
braucht man bloß das Quecksilber abzuziehen, welches einen Theil derselben bedeckt;
die fette Schwärze versieht hier den Dienst des Aetzgrundes der Kupferstecher. Man
löst daher das Quecksilber, welches die Striche der Zeichnung bildet, mittelst eines
Aetzwassers auf, das in einer Lösung von salpetersaurem Silber mit Zusatz von
Salpetersäure besteht; dadurch wird das Messing an den Stellen welche den Strichen
der Zeichnung entsprechen, entblößt und noch schwach vertieft.
Hierbei muß man ein verschiedenes Verfahren einschlagen, je nach der Verwendung wozu
man die Platte bestimmt und nach der beabsichtigten Stichgattung. Wünscht man einen
Stich in der Manier des gewöhnlichen Kupferstichs (Radirens mit Scheidewasser), so
braucht man nur Säure zuzusetzen und nach dem Verfahren der Kupferstecher zu ätzen.
Wünscht man hingegen einen Stich zum Abdrucken in der lithographischen Presse zu erhalten, so taucht
man die Messingplatte einige Minuten lang in ein galvanisches Bad mit salzsaurem
Eisenoxydul (Eisenchlorür), um eine schwache Schicht von metallischem Eisen an den
Stellen abzulagern wo sich vorher das Quecksilber befand, und wo jetzt das Messing
entblößt ist, nämlich auf den Strichen der Zeichnung. Nachdem die Messingplatte aus
dem Bad genommen ist, löst man mittelst Terpenthingeist die fette Schwärze auf. Dann
setzt man neuerdings die ganze Platte dem Joddampf aus, und reibt sie hierauf mit
Watte welche mit Quecksilberkügelchen imprägnirt ist; dabei nimmt die Platte, wie
das erstemal, eine weiße Farbe an, in Folge ihrer Amalgamirung; da sich aber das
Quecksilber mit dem Eisen nicht wirklich amalgamirt, so braucht man die Platte nur
schwach zu reiben, um das Quecksilber von denjenigen Stellen zu entfernen, wo sich
das Eisen befindet, also von der Zeichnung selbst. Man hat daher jetzt eine
Zeichnung, deren Striche mit einer schwachen Eisenschicht bedeckt sind, während der
ganze Rest der Messingplatte mit einer Quecksilberschicht überzogen ist.
Wenn man nun die Messingplatte mit einer mit fetter Druckschwärze belegten Walze
überfährt, so werden nur die Striche der Zeichnung die Schwärze annehmen, wogegen
die mit Quecksilber überzogenen Stellen die Schwärze nicht annehmen. Damit ist der
beabsichtigte Zweck erreicht. Man kann nun von der Platte beliebig viele Abdrücke
machen, wenn man die Vorsicht gebraucht, sie nach einer gewissen Anzahl von Abzügen
wieder mit Quecksilber einzureiben.
Angenommen nun, man wolle anstatt einer in der lithographischen Presse abzudruckenden
Platte, eine solche für Abdrücke in der Buchdruckerpresse erhalten, so muß man
folgendermaßen verfahren: man präparirt die Platte auf angegebene Weise für das
galvanische Bad, zu welchem man aber statt des Eisenchlorürs ein Goldpräparat
anwendet, um eine schwache Goldschicht auf den Strichen abzulagern (man wählt das
Gold, weil es der Einwirkung der Säuren besser widersteht); man schwärzt die Platte
dann ein, und ätzt sie um die ganze Zeichnung herum; da das Gold die Striche
schützt, so wird nur das Messing, welches dasselbe umgibt, angegriffen, daher die
Zeichnung selbst eine erhabene wird.
2. Copiren der Lichtbilder auf einer
Messingplatte behufs des Aetzens.
Dieser zweite Theil des Verfahrens, welches sich die HHrn. Salmon und Garnier patentiren ließen,
unterscheidet sich von dem ersten nur durch die vorläufigen Operationen; denn wenn
das Bild einmal auf der
Messingplatte fixirt ist, so verfährt man im Uebrigen wie für eine gewöhnliche
Zeichnung.
Wenn man auf eine polirte Messingplatte Joddämpfe einwirken läßt, sie dann eine
gewisse Zeit lang dem zerstreuten Licht aussetzt und sie hierauf mit Watte reibt
welche mit Quecksilberkügelchen imprägnirt ist, so beobachtet man folgende
Erscheinung: die Platte amalgamirt sich nicht; das Quecksilber kann sich nämlich an
keiner Stelle befestigen, welche vom Jod afficirt worden ist. Wenn man hingegen
einen Theil der jodirten Messingplatte mit irgend einem undurchsichtigen Körper
überzogen hat und diese Platte nach der Einwirkung des Lichtes zu amalgamiren
versucht, so findet man, daß sie das Quecksilber an denjenigen Stellen wo das Jod
der Einwirkung des Lichts entzogen war, vollkommen annimmt, während sich dasselbe
auf den anderen Theilen der Platte nicht zu befestigen vermag. Mittelst dieser
Entdeckung ist das Copiren der Lichtbilder auf einer Messingplatte ein leicht zu
lösendes Problem. Nachdem man sich ein positives Lichtbild auf Glas oder ein solches
auf durchsichtig gemachtem Papier verschafft hat, legt man es auf eine jodirte
Messingplatte und läßt dieselbe dann zehn Minuten bis zwei Stunden lang im Schatten;
hierauf nimmt man das Bild weg und reibt die Platte mit Quecksilber ein, welches auf
allen vom Licht nicht afficirten Theilen haftend bleibt, nämlich auf denjenigen
welche den Schatten des Bildes entsprechen, also den wirklichen Strichen der
Zeichnung, wogegen der Rest der Platte kein Quecksilber annimmt; wenn man nun die
Platte mit fetter Schwärze einwalzt, so werden die von Quecksilber frei gebliebenen
Theile die Schwärze annehmen und die Zeichnung tritt folglich in Weiß auf dem
schwarzen Grund hervor. Man hat jetzt bloß die Operation auf oben angegebene Weise
fortzusetzen, um einen geätzten Stich der Photographie zu erhalten.