Titel: | Ueber die Darstellung des metallischen Eisens in fein zertheiltem Zustand; von Prof. Fr. Wöhler. |
Fundstelle: | Band 136, Jahrgang 1855, Nr. LIII., S. 212 |
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LIII.
Ueber die Darstellung des metallischen Eisens in
fein zertheiltem Zustand; von Prof. Fr. Wöhler.
Aus den Annalen der Chemie und Pharmacie, April 1855, S.
125.
Wöhler, über die Darstellung des metallischen Eisens in fein
zertheiltem Zustand.
Die ärztliche Erfahrung hat gezeigt, daß das metallische Eisen in fein zertheiltem
Zustand eine der wirksamsten Formen ist, in welchen dieses Metall als Arzneimittel
angewendet wird. Bisher wurde dazu mechanisch fein pulverisirtes Stabeisen unter dem Namen
Ferrum pulveratum genommen; aber schon 1840 schlugen
Quevenne und Miquelard
dazu das durch Wasserstoffgas aus dem Oxyd reducirte Eisen vor, und in dieser Form
und diesem Zustand von vollkommener Reinheit scheint es in der That wesentliche
Vorzüge vor dem gewöhnlichen, minder leicht löslichen, kohlehaltigen Stabeisenpulver
zu haben. Auch wird es jetzt in Frankreich unter dem Namen Fer réduit allgemein angewendet. Die Darstellung ist eine ganz
leichte, in jeder Apotheke ausführbare Operation; jedenfalls hat sie für den
Fabrikanten pharmaceutischer Präparate nicht die geringste Schwierigkeit. Das
Umständlichste dabei ist die Bereitung des dazu erforderlichen reinen Eisenoxyds,
wenn man dieses durch Fällung eines Eisenoxydsalzes mit Ammoniak darstellen will.
Allein dieß hat man nicht nöthig, sondern man verfährt auf folgende Weise:
Man erhitzt reinen, krystallisirten EisenvitriolMan darf dazu nicht den käuflichen, häufig kupferhaltigen und sonst
verunreinigten Vitriol nehmen, sondern man nimmt dazu am zweckmäßigsten den
Vitriol, den man als Nebenproduct bei
Schwefelwasserstoff-Entwickelungen erhält. in einer eisernen Pfanne, bis er ganz entwässert ist, vermischt ihn mit dem
doppelten oder dreifachen Gewicht reinem trockenem Kochsalz, füllt das Gemenge in
einen hessischen Tiegel und erhitzt es darin, bedeckt, bis zum Glühen und Schmelzen.
Nach dem Erkalten wird die Masse mit Wasser ausgelaugt und das Eisenoxyd dabei in
sehr schönen, glänzenden Krystallblättchen von schwarzrother Farbe erhalten. Durch
wiederholtes Aufgießen von reinem Wasser und Decantiren ist es leicht vollkommen
auszuwaschen, worauf es getrocknet wird. Dieses Verfahren ist bekanntlich von Faraday zur Bereitung eines guten Polirpulvers angegeben
worden. Beim Schmelzen verliert man allerdings eine gewisse Menge Eisen, welches
sich als Chlorid verflüchtigt, allein bei der Wohlfeilheit der Materialien kann dieß
nicht in Betracht kommen. Man könnte auch den Vitriol für sich, ohne Zusatz von
Kochsalz, glühen, wobei bekanntlich sein ganzer Eisengehalt als Oxyd zurückbleibt.
Allein da dieses dabei amorph wird, so liefert es bei der Reduction ein mehr
zusammengesintertes Eisen, welches sich nicht so leicht in feines Pulver verwandeln
läßt.
Das auf die obige Art bereitete krystallinische Eisenoxyd wird nun durch Glühen in
einem Strom von getrocknetem Wasserstoffgas reducirt. Man schüttet es zu diesem
Zweck in ein langes Glasrohr oder in einen gereinigten Flintenlauf, indem man es so
ausbreitet, daß es nicht den ganzen Durchmesser des Rohrs ausfüllt. Besteht das Rohr
aus leicht schmelzbarem
Glas, so ist es gut, dasselbe vorher mit einem Beschlag von Lehm zu versehen. Das
Rohr wird in eine passende Feuerung gelegt und mit dem
Wasserstoffgas-Entwickelungsapparat in Verbindung gesetzt. Das Gas wird durch
Chlorcalcium oder durch Schwefelsäure getrocknet. Zu seiner Entwickelung darf nicht
die gewöhnliche arsenikhaltige Schwefelsäure angewendet werden, weil deren
Arsenikgehalt von dem Eisen aufgenommen werden würde. Will man nicht destillirte
Schwefelsäure anwenden, so ist es leicht, die rohe Säure nach der Verdünnung mit
Wasser durch Schwefelwasserstoffgas oder allmählich zugemischtes Schwefelbaryum von
ihrem Arsenikgehalt zu befreien.Vielleicht ist es ohne Einfluß auf die Reinheit des reducirten Eisens, wenn
man das Wasserstoffgas nicht mit Zink, sondern mit Eisen, in Form von
Eisendraht oder kleinen Nägeln, entwickelt und dabei zugleich den
anwendbaren reinen Eisenvitriol als Nebenproduct erhält.
Wenn aus dem Apparat die atmosphärische Luft ausgetrieben ist, wird das Rohr zum
vollen, aber nicht zu starken Glühen erhitzt und darin, unter fortwährender
Hindurchleitung von Wasserstoffgas, so lange erhalten, als man am anderen Ende noch
die Bildung von Wasser bemerkt. Alsdann wird das Feuer weggenommen und das Rohr
erkalten gelassen, während man aber noch fortwährend bis zum Erkalten einen
schwachen Strom von Wasserstoffgas hindurchgehen läßt. Erst nach dem völligen
Erkalten darf das reducirte Eisen herausgeschüttet werden; thut man dieß früher, so
entzündet es sich dabei und verbrennt.
Das so reducirte Eisen besteht aus feinen, grauen Blättchen von der Form der
angewandten Eisenoxydkrystalle.Sehr schöne Oktaëder von metallischem Eisen, als Pseudomorphosen nach
Eisenoxydoxydul, erhält man durch Reduction von natürlichen
oktaëdrischen Magneteisensteinkrystallen in Wasserstoffgas. Da sie poröse Pseudomorphosen sind, so lassen sie sich sehr leicht zum
feinsten Pulver zerreiben, das in einem gut schließenden, trocknen Glase aufbewahrt
wird.
Das auf diese Weise präparirte Ferrum pulveratum ist ein
leichtes, graues, glanzloses Pulver, welches beim Druck mit einem polirten Körper
Metallglanz annimmt, beim Erhitzen sich leicht entzündet und verglimmt, und sich in
verdünnter Schwefelsäure unter Wasserstoffgasentwickelung leicht und ohne Rückstand
auflöst. Zeigt es vor dem Pulvern stellenweise eine dunklere oder gar schwarze
Farbe, so ist es nicht vollständig reducirt.