Titel: Ueber den verbesserten Kalkofen des Hrn. A. Simoneau zu Nantes; Bericht von Hrn. Jacquelain.
Fundstelle: Band 136, Jahrgang 1855, Nr. LXVIII., S. 272
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LXVIII. Ueber den verbesserten Kalkofen des Hrn. A. Simoneau zu Nantes; Bericht von Hrn. Jacquelain. Aus dem Bulletin de la Société d'Encouragement, Decbr. 1854, S. 745. Mit Abbildungen auf Tab. IV. Ueber Simoneau's verbesserten Kalkofen. Der Längendurchschnitt des Schachtes von diesem Kalkofen besteht aus einer Ellipse, deren lange Achse mit derjenigen des Ofens zusammenfällt; dieses Ellipsoid ist an beiden Enden ungleich abgestumpft und der Durchmesser der obern oder Gichtöffnung beträgt 3 Meter, während der untere Querdurchmesser des Schachtes, an dem Rost, nur 80 Centimeter weit ist. In der Ebene dieses Rostes ist eine Oeffnung angebracht, die zum Entleeren des Ofens dient und mit einer Register-Thür von starkem Blech verschlossen wird. Unter erwähntem Rost befindet sich der Aschenfall des Ofens, der im Innern mit feuerfesten Ziegelsteinen bekleidet und ebenfalls mit einer Register-Thür von starkem Blech versehen ist. Ein großes Gewölbe im Fundament des Ofens führt zu diesen beiden Oeffnungen und gestattet den Arbeitern das Ausziehen des gar gebrannten Kalks, ohne daß sie von der Wärme belästigt werden. Etwa 3 Meter über dem Rost und in derselben Ebene befinden sich vier Oeffnungen und zwar zwei auf jeder Seite des Ofens, einander gegenüber; zwischen den beiden an jeder Seite ist ein starkes Mauerwerk angebracht, welches eine Bekleidung von feuerfesten Steinen hat, auf denen die Gewölbekappen der vier Herde ruhen, die in der Verlängerung der vier Oeffnungen liegen. Diese Herde sind nach vorn zu mit einem Rost versehen, der aus einzelnen Eisenstäben besteht und auf den das Brennmaterial geworfen wird. An den vordern Enden eines jeden Feuerraums befinden sich Gewölbe, in welche die Heizer eintreten können. Unter den Rosten befinden sich Aschenfälle, welche wie die Herdöffnungen mit Register-Thüren von starkem Eisenblech geschlossen sind. Das Innere der Herde hat ebenfalls Futter von feuerfesten Ziegelsteinen, während das darunter befindliche Mauerwerk aus gewöhnlichen Ziegelsteinen besteht. Der vorliegende Ofen gehört also in die Classe der continuirlichen, mit aufsteigender Flamme und mehreren Herden; die Anzahl dieser Herde ist ungefähr wie bei den Kalköfen zu Rüdersdorf unweit Berlin, welche ziemlich verbreitet sind, er unterscheidet sich aber in folgenden Punkten von letzteren Oefen: 1) durch die größere Entfernung, welche die Roste von der Oeffnung des Feuerraums nach dem Ofen zu trennt; 2) durch die Leichtigkeit, womit die Ofeneinrichtung es gestattet den Kalk eben so gut mit Holz oder Ginster, als mit Torf, Braunkohlen und Steinkohlen oder Anthracit zu brennen; 3) durch einen etwas geneigten Rost, der aus einzelnen Stäben besteht, welche Zwischenräume von 3 Centimetern haben; dieser Rost dient während des Entleerens des Ofens dazu, die Asche und den Kalkstaub abzusieben, welche sonst dem Kalkbrenner viele Arbeit machen würden; 4) durch den sehr großen Vortheil, daß man mit dem Brennmaterial wechseln und das Feuer nach Belieben, mittelst verschiedener Schieber-Register, verstärken oder verringern kann. Auch kann der Betrieb des Ofens drei bis vier Monate lang unterbrochen werden, ohne daß man den Ofen erkalten zu lassen und dann frisch zu beschicken und anzuzünden braucht. Ueberdieß liefert der Ofen einen sehr weißen, gut gebrannten Kalk, so wie eine Asche von großer Feinheit und ohne alle Cinders oder Schlacken. – Einer der von Hrn. Simoneau erbauten Oefen war drei Monate gedämpft oder außer Betriebe und kam alsdann mit 50 Ginsterbündeln wieder in Brand. Wir wollen nun den Betrieb des Ofens mit verschiedenen Brennmaterialien näher betrachten. Feuerung mit vegetabilischen Brennstoffen. Soll der Ofen durch die lebhafte Flamme gefeuert werden, welche Ginster, Heidekraut, Reisholz aller Art und geringere Holzarten geben, so beginnt man damit, den Ofen vom Rost bis zur Gicht mit Kalkstein in Stücken von 30 bis 40 Centimetern Umfang zu füllen; darauf verschließt man die Ausziehöffnung und den darunter befindlichen großen Aschenfall; dann feuert man mit dem Brennmaterial auf allen vier Rosten, woraus man die Feuerthüren sofort verschließt, so daß anfänglich der Luftzug nur gering ist. Nach Verlauf von drei bis vier Stunden werden sich Flamme und Rauch durch die Zwischenräume der ganzen Kalksteinsäule erheben. Feuert man anfangs nach und nach, so erlangt man eine gleichmäßige Temperatur, jedoch müssen die abgebrannten Reißigbündel auf jedem Rost sogleich durch frische ersetzt werden. Glaubt man, daß der Kalkstein hinreichend gebrannt sey, um ihn herausziehen zu können, so beginnt man diese Arbeit, wobei man aber aus dem untersten Raum des Ofens ungebrannten Kalk erhält, den man wieder auf die Gicht aufgibt, welche überhaupt stets und in dem Maaß gefüllt bleiben muß, als unten Kalk ausgezogen wird. Das Feuer auf den Rosten wird Tag und Nacht unterhalten; der auszuziehende gebrannte Kalk muß schon so kalt seyn, daß er sich in der Hand halten läßt. Die unerläßlichen Vorsichtsmaßregeln bestehen darin, den großen Aschenfall nur dann zu öffnen, wenn man den Kalkstaub herausschaffen will; die Aschenfälle unter den Herden gleichmäßig zu entleeren; den Ueberschuß der kleinen Kohlen durch die Roste fallen zu lassen, um einen regelmäßigeren Zug zu veranlassen, und bei zu starkem Winde vor die Heizgewölbe derjenigen Seite von welcher er kommt, mit Stroh bekleidete Hürden zu setzen, um einen zu lebhaften Luftstrom zu verhindern. Auch muß der Heizer beim Schüren die Aschenfallthür verschließen, damit er nicht zu sehr von der strahlenden Wärme leidet. Da das Ausziehen des gebrannten Kalkes aus dem untern Theile des Ofenschachtes gewöhnlich erst dann geschieht, wenn er erkaltet ist, so muß ein Theil der von dem Kalk angenommenen Wärme nach den obern Kalksteinschichten ausströmen und geht daher nicht verloren. Feuerung mit Steinkohlen. Bei Steinkohlenfeuerung ist der Ofenbetrieb etwas verschieden. Nachdem nämlich der untere Theil des Ofenschachtes bis zu den Heizöffnungen mit Kalkstein angefüllt worden ist, wirft man eine etwa 50 Centimeter (20 Zoll) starke Schicht von Ginster oder Reisholz darauf, stürzt auf dieselbe 7 Hektoliter Steinkohlen, welche eine Schicht von 9 bis 10 Cent. bilden, dann 5 Kubikmeter Kalkstein, die eine Schicht von 60 Cent. ausmachen, und so abwechselnd Steinkohlen und Kalkstein bis zur Gicht. Erhält man den Ofen in ununterbrochenem Betriebe, so kann man mit 1 Hektoliter Steinkohlen, 8 Hektoliter Kalk gewinnen, wobei aber jedes Dämpfen oder Unterbrechen des Betriebes vermieden werden muß, weil dieß stets eine Extra-Ausgabe von 2 bis 300 Francs veranlaßt, um den Ofen wieder in vollen Brand zu bringen. Nachdem der Ofen auf angegebene Weise gefüllt worden ist, macht man auf den vier Rosten Feuer und mäßigt den Zug, indem man die Ausziehöffnung und den Aschenfall sofort verschließt und beide erst dann wieder öffnet, wenn das Reißigfeuer abgebrannt ist, um den Zug nun so rasch zu verstärken, daß die Steinkohlenschichten sich gänzlich entzünden und die Verbrennungsgase aus der Gicht entweichen. Ist das Feuer bis zur Gicht gelangt, so zieht man aus dem untern Theil des Ofenschachts allen rohen Kalkstein, welchen man wieder aufgibt, indem man bei dem weitern Aufgeben dieselben Verhältnisse zwischen dem Kalkstein und den Steinkohlen befolgt, wie sie oben angegeben wurden. Wenn aller Kalkstein der ersten Ofenfüllung gebrannt und gezogen ist, so gibt man dichtere Kalksteinschichten auf, indem man die großen Stücke mittelst einer langen Gabel mit krummen Zacken einander nähert, oder ihre Zwischenräume mit kleineren Steinstückchen ausfüllt. Man erleichtert dadurch die Schichtung der Steinkohle und unterhält ihre Verbrennung in derselben Zone – eine unerläßliche Bedingung, damit jede Kalksteinschicht vollständig in guten Kalk verwandelt wird. Auf diese Weise können die kleinern Kalksteinstücke, welche in andern Oefen von schwächerem Zug gar nicht zu benutzen sind, gehörig gebrannt werden. Die mittlere Dauer des Brennens beträgt 48 Stunden; zur Abkühlung des Kalkes sind aber mindestens 72 Stunden erforderlich. Es ist wohl zu beachten, daß sich mit dem Kalkstaub alle Steinkohlenasche vermengt, weßhalb es bei Anwendung dieses Brennmaterials unerläßlich ist, den großen Aschenfall sogleich nach jeder Füllung des Ofens zu entleeren. Feuerung mit Anthracit, Torf. Alle diese Vorschriften sind auch bei der Anthracit- oder Torffeuerung zu befolgen. Bei Anwendung des letztern so leichten und so aschenreichen Brennmaterials muß man die einzelnen Kalksteinschichten um die Hälfte oder um 3/5 vermindern; auch muß von Stunde zu Stunde 1 Hektoliter Kalk gezogen werden, damit die Asche Abzug erhält und das Feuer in gehörigen Brand kommt. Wenn man einmal Erfahrung im Betrieb des Simoneau'schen Ofens mit einem der erwähnten Brennmaterialien erlangt hat und die genaue Handhabung aller Register kennt, so kann man mit dem Brennmaterial nach Belieben wechseln, oder auch Holz mit einem andern Brennmaterial gemeinschaftlich anwenden, ohne daß der Betrieb irgend unterbrochen oder die Qualität des gebrannten Kalkes benachtheiligt wird. Soll der Ofenbetrieb für einige Zeit unterbrochen werden, so zieht man zuerst soviel Kalk aus, daß von der Gichtöffnung aus ein leerer Raum von etwa 80 Centimeter Tiefe entsteht; darauf verschmiert man alle Thürfugen und füllt den leeren Raum in der Gicht mit Kalkstaub, welchen man feststampft und womit man über der Gichtöffnung einen Kegel von etwa 33 Centimeter Höhe bildet. Durch den Einfluß des Wassers und der Kohlensäure bildet sich an der Oberfläche dieses Kegels sehr bald eine dicke Schicht, welche fest genug ist, um das Eindringen des Regenwassers zu verhindern. Auf diese Weise geht gar keine Wärme aus dem Ofen verloren. Allgemeine Bemerkungen. In Folge zahlreicher Erfahrungen, die seit etwa einem halben Jahrhundert auf verschiedenen Bodenarten und in verschiedenen Climaten gemacht worden sind, ist der gebrannte Kalk als eines der wirksamsten mineralischen Dungmittel zu betrachten, um zuvörderst in dem Boden eine zweckmäßige Vertheilung des Wassers, der Kieselerde, des Thons und des Kalksteins, welche die wesentlichsten Stoffe in jeder Ackererde sind, zu bewirken; dann weil der Kalk im ätzenden Zustande die in feuchtem und sumpfigem Boden wachsenden Pflanzen sehr bald zersetzt; weil er viele Insecten tödtet; endlich weil er sich in den Holzfasern der Wurzeln, Stämme, Stengel, Blätter, Blüthen und Früchte aller Pflanzen wieder findet. Jeder gar keinen oder nur wenig Kalk enthaltende Boden wird durch Zusatz desselben fruchtbarer; das erforderliche Verhältniß des Zusatzes ist natürlich sehr verschiedenartig. Erfahrungsgemäß läßt sich der sterilste Torfboden mittelst gebrannten Kalks auf eine bemerkenswerthe Weise fruchtbar machen. Die Anlage von Kalköfen und ein wohlfeiles Brennen von Kalkstein sind daher sehr beachtenswerthe Gegenstände für die Landwirthschaft.Die günstige Wirkung des gebrannten Kalkes auf die Vegetation beruht auf zwei Eigenschaften desselben: 1) daß der gebrannte Kalk die Verwesung des Humus (vegetabilischen oder mineralischen Ursprunges) außerordentlich beschleunigt, wodurch der bekannte Salzgehalt dieses Humus schneller in Freiheit gesetzt wird, als es ohnedem stattgefunden hätte. Die Culturpflanzen erhalten sonach bei Anwendung des gebrannten Kalkes auf humusreichem Boden in kürzerer Zeit mehr aufnehmbare Aschenbestandtheile und können sich deßhalb kräftiger entwickeln; daher denn auch die Nützlichkeit des gebrannten Kalkes bei der Urbarmachung der Torfmoore; 2) eine andere günstige Wirkung kann der gebrannte Kalk in allen den Fällen zeigen, wo es gilt. Silicate zur schnelleren Verwitterung zu bringen, so daß in kürzerer Zeit mehr lösliche und für Pflanzen aufnehmbare Kieselsäure, sowie Alkalisalze im Boden der Felder frei werden; hier wirkt der Kalk als brachebefördernd. Man sieht demnach, daß wenn ein Boden weder Humus noch verwitterbare Silicate enthält, das Herzuschaffen von Kalk von keinem Nutzen seyn kann.(Petzholdt.) Beschreibung der Abbildungen. Fig. 2 senkrechter Durchschnitt des Kalkofens, nach der Linie AB, Fig. 3. Fig. 3 horizontaler Durchschnitt, nach der Linie CD, Fig. 2. A, A Fundament des Ofens. B Thür zum großen Aschenfall unter der Ofensohle. C das Innere des mit Ziegelsteinen bekleideten Aschenfalles. D Rost. E Oeffnung zum Ausziehen des Kalkes, mit einer Register-Thür von starkem Eisenblech versehen. F, F, F Gewölbe im Ofenfundament, wodurch man zu der Ausziehöffnung und zum Aschenfall gelangen kann. G Ofenschacht. H Gichtöffnung desselben. I Futter von feuerfesten Ziegelsteinen im Innern des Ofenschachtes. J Raubgemäuer des Ofens. K, K Schoppen vor den Heizöffnungen des Ofens L, L Gewölbe von Quader- oder Ziegelsteinen vor den Herden oder Feuerräumen. M, M vordere Oeffnungen dieser Herde, die mit gut schließenden, starken Thüren mit Registern versehen sind und durch welche das Brennmaterial auf die Roste gebracht wird. N, N Roste von Schmiedeisen, die aus einzelnen Stäben bestehen. O, O Oeffnungen der Herde nach dem Ofenschachte zu. P, P Gewölbe von feuerfesten Ziegelsteinen über den Herden. Q, Q Oeffnungen der Aschenfälle, welche zu den Herden gehören und ebenfalls mit Register-Thüren versehen sind. R, R die Aschenfälle selbst. S, S Gewölbe über den Oeffnungen zu den Aschenfällen. T, T das mit feuerfesten Ziegeln bekleidete Mauerwerk zwischen den beiden Herden auf einer Seite des Ofens. U Ofengemäuer, welches nur die in der Figur dargestellte Stärke hat, wenn der Ofen an einem Bergabhange steht, wo man dann leichter zur Gicht gelangen kann.

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