Titel: | Ueber künstliches Bittermandelöl aus Steinöl; von Professor Dr. Wagner in Nürnberg. |
Autor: | Wagner |
Fundstelle: | Band 136, Jahrgang 1855, Nr. LXXI., S. 311 |
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LXXI.
Ueber künstliches Bittermandelöl aus Steinöl; von
Professor Dr. Wagner in
Nürnberg.
Wagner, über künstliches Bittermandelöl aus Steinöl.
Concentrirte und rauchende Salpetersäure wirkt auf das rectificirte Steinöl nur wenig
ein. Trägt man dagegen das letztere vorsichtig in ein Gemisch von concentrirter
Schwefelsäure und Salpetersäure, welches in einer Kältemischung sich befindet, ein,
so wird das Oel angegriffen und färbt sich gelb. Befördert man die Wirkung des
Säuregemisches auf das Steinöl durch anhaltendes und öfters wiederholtes Umrühren,
so nimmt das Oel nach mehreren Tagen die Eigenschaften des künstlichen
Bittermandelöles (Nitrobenzols) an. Es wird von der darunter befindlichen Säure
getrennt und braucht nur noch mit Wasser und zuletzt mit verdünnter Lösung von
kohlensaurem Natron gewaschen zu werden, um zum Gebrauche fertig zu seyn. Der Geruch
des Bittermandelöls tritt erst deutlich nach dem Waschen des Productes mit dem
Alkali zum Vorschein, da er früher durch einen anderen, penetranten Nitrogeruch
verdeckt wird. Es scheint, als ob der flüchtigste Theil des Steinöles vorzugsweise
das dem Nitrobenzol ähnliche Product liefere. – Bei Anwendung von nicht
rectificirtem Steinöl bildet sich außer dem genannten Product ein braunes Harz (dem
sogenannten künstlichen Moschus aus Bernsteinöl ähnlich), welches dem Nitroproduct
einen durchdringenden Moschusgeruch ertheilt – eine Beobachtung, welche die
Parfümerie nicht unbenutzt lassen sollte.
Vorstehendes ist nur als vorläufige Notiz zu betrachten. Ich bin damit beschäftigt zu
untersuchen, 1) welches der fractionirten Destillationsproducte des Steinöles das
Nitroproduct liefert; 2) ob und welcher Zusammenhang zwischen den Bestandtheilen des
Steinöles und dem bei der Destillation der Steinkohlen erhaltenen Benzol, Toluol etc. besteht. Bis jetzt erhielt ich als
Resultat die interessante Thatsache, das die Nitroverbindung in weingeistiger Lösung
mit Schwefelammonium behandelt, in eine organische Base übergeht, die wahrscheinlich
Anilin ist.