Titel: Das Verfahren des Ingenieurs Kind beim Abbohren weiter Schächte.
Fundstelle: Band 136, Jahrgang 1855, Nr. LXXV., S. 326
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LXXV. Das Verfahren des Ingenieurs Kind beim Abbohren weiter Schächte. Mit Abbildungen auf Tab. V. Kind's Verfahren beim Abbohren weiter Schächte. Wir haben über das in ökonomischer und technischer Beziehung so höchst wichtige Abbohren der Schachte nach dem Kind'schen Verfahren bereits im polytechn. Journal Bd. CXXXIV S. 83 interessante Bemerkungen von dem belgischen Bergingenieur Chaudron und in demselben Bande S. 187 auch einige Bemerkungen über das frühere und jetzige Verfahren der preußischen Bergingenieure Heyn, Kindermann, Honigmann und Rossenbeck mitgetheilt. Ein competenter Richter, der königl. Oberbergamtsassessor Huyssen zu Berlin, gibt dem neuern und verbesserten Kind'schen Verfahren den Vorzug, und es sind nach demselben auch schon mehrere Schächte in Westphalen (im Ruhrbecken), im Wormreviere bei Aachen und im Halberstädter Bezirke abgebohrt worden. Wir haben schon bemerkt, daß das Abbohren von Schachten durch wasserreiches oder schwimmendes Gebirge, wie es nicht selten über dem Steinkohlen- und dem Braunkohlengebirge vorkommt, eine große Wichtigkeit hat, und daß es in der Folge, nachdem mehr Ingenieure Erfahrungen in diesem schwierigen Betrieb erlangt haben, sehr allgemein angewendet werden wird. Ein gewöhnlicher Schachtbetrieb ist im schwimmenden Gebirge ohne bedeutende Maschinenkräfte nicht möglich und die Anschaffung, Aufstellung und Unterhaltung derselben ist sehr kostbar. Da aber die Schächte zur Erreichung oder Ausrichtung des Steinkohlengebirges oft bloße Aufschlußschächte sind, welche, sobald man sich von dem wirklichen Vorhandenseyn der übrigens schon bekannten Flöhe überzeugt hat, oft nicht lange offen bleiben, so sind große Geldopfer um so eher zu scheuen. Kind, sowie auch seine Vorgänger, stellen aber einen fahrbaren Schacht ohne Wasserhaltungsvorrichtungen und ohne die mühselige und ungesunde Cuvelirungs-Arbeit wasserdicht her; es ist daher klar, daß ein Betrieb mit solchen Vorzügen eine bedeutende Zukunft haben muß. Man hatte bisher keine genaue Beschreibung des von Hrn. Kind zu Stiring bei Forbach im franz. Moseldepartement zum Aufschluß des Steinkohlengebirges, welches ein Flügel des Saarbrücken'schen ist, angewendeten Verfahrens, das sich der Erfinder patentiren ließ; jetzt erschien aber eine solche in dem Werke des belgischen Bergingenieurs Ponson zu Lüttich: Traité de l'Exploitation des Mines de Houille (4 Bände), von welchem demnächst eine deutsche Bearbeitung von dem Bergingenieur Dr. C. Hartmann erscheint; diese Beschreibung, dort in mehreren Kapiteln vertheilt, theilen wir hier auszugsweise und zusammengestellt mit. Die Werkzeuge des Hrn. Kind sind: ein großer und zuweilen auch ein kleiner Schachtbohrer, welche den Zweck haben, das feste Gestein durch den Stoß oder Schlag zu zermalmen; ferner ein Löffel und ein Krätzer zum Heraushohlen der von dem Bohrer losgemachten Gesteinsbruchstücke. Die von Kind angewendeten Mittel zum wasserdichten Ausbau des abgebohrten Schachtes, oder die sogenannte Cuvelirung ist der Art, daß das Wasser vor Einbringung derselben nicht aus dem Schachte herausgeschafft zu werden braucht. Der große Bohrer (Fig. 6, 7, 8 und 9) besteht aus eilf Theilen und den Zähnen, und diese Theile sind durch Bolzen und Schließkeile mit einander verbunden, da die Größe des Werkzeuges die Construction aus einem Stück nicht gestattet. Jedoch gewährt diese Zusammensetzung des Bohrwerkzeugs aus mehreren Stücken den Vortheil, daß das Werkzeug leicht transportirt und daß die einzelnen Theile leicht reparirt und ersetzt werden können. Die Adjustirung muß aber mit großer Vorsicht bewirkt werden, damit alle Theile des Werkzeuges ein festes und zusammenhängendes Ganzes bilden. Das Hauptstück des Bohrers ist ein starker Balken A, A, Zahn- oder Meißelträger genannt, der in Fig. 9 in einer Ansicht von der untern Seite dargestellt ist. In seine untere Fläche (Fig. 10) sind conische Löcher b eingebohrt, in welche die Zapfen oder Angeln c an den Zähnen oder Meißeln a, a, a etc. eintreten und durch die Nägel oder Bolzen d darin festgehalten werden, ohne daß dadurch Zapfen oder Loch wesentlich geschwächt würden. Bei dieser Verbindung hat man von schiefen Schlägen oder Stößen des ganzen Werkzeuges weniger zu fürchten, als es bei Schrauben mit Muttern der Fall seyn würde. Da die Meißel a, a, a (Fig. 6 und 7), welche unter einer von den Seiten des Trägers angebracht worden sind, genau den Zwischenräumen zwischen den Meißeln auf der andern Seite entsprechen, so entgeht kein Theil des Gebirges den Angriffen der Werkzeuge, und diese machen keine Furchen auf dem Schachtorte, wodurch die Reinigung verhindert und der Nutzeffect bedeutend vermindert werden würde. Da außerdem jeder Meißel eine um so größere Peripherie beschreibt, je entfernter von der Mitte des Werkzeugs er angebracht und hierbei seine Wirkung um so geringer ist, so stellt man sie in dem Maaße näher aneinander, je mehr sie nach den Enden des Balkens zu liegen. Geht der Schachtbohrung ein Bohrloch von geringerem Durchmesser voran, so bleiben die Meißel in der Mitte weg und lassen, je nach den Umständen, einen leeren Raum von 24 bis 32 Zoll. Die beiden Enden des Meißelträgers sind mit 20 Zoll langen Kreissegmenten E, E versehen und diese enthalten vier Meißel a', a', a von denselben Dimensionen wie die vorhergehenden, welche auf dieselbe Weise angebracht sind und 1 1/2 Zoll über das Segment hervortreten. Dieser Vorsprung hat den Zweck, den Schlag zu sichern und jede geneigte Stellung des Werkzeugs zu verhindern, indem es eine solche unfehlbar annehmen würde, sobald ein Meißel in eine Kluft träte; endlich wird dadurch auch das Einklemmen des Trägers zwischen die Schachtstöße verhindert. Die Arme C, C, C, an denen das Werkzeug hängt, umfassen mit ihren gabelförmigen Enden einerseits den Meißelträger und andererseits den Kopf des Werkzeugs, der aus einer eisernen Scheibe G besteht. Dieselbe läuft in eine cylindrische Stange von etwa 12 Fuß Länge und hinreichender Stärke aus, um den Schlag wirksam zu machen. Das Werkzeug ist freifallend, d.h. der obere Theil läuft in einer Coulisse (Fig. 11) mit oder ohne Schlagmechanismus, Vorrichtungen des gewöhnlichen Kind'schen Freifallbohrers, die wir hier als bekannt voraussetzen. Die drei Arme sind von zwei eisernen Flachstäben B, B umgeben, welche die Festigkeit des Apparates erhöhen, ihm Steifheit geben und die Stärke der Schwankungen vermindern. Diese, durch Bolzen und Muttern vereinigten Stäbe halten zwischen ihren Enden die Ansätze von Kreissegmenten I, I fest, von denen jedes mit drei Meißeln K, K versehen ist, deren Schneiden um 3/4 Zoll hervorragen und die von dem Bohrer an den Stößen zurückgelassenen Unebenheiten wegnehmen, den Schacht nachbohren und ihm einen constanten Durchmesser sichern. D, D endlich ist ein Querstück von Eichenholz, welches an der Stange H befestigt ist und als Führer dient; es hat genau den Durchmesser des Schachts und trägt dazu bei, letztern im Lothe zu erhalten. Das Gewicht des Apparats beträgt etwa 75 Centner. Der kleine Bohrer. – Einige locker gebohrte Gesteine häufen sich vor Ort des Schachtes an und erhärten so stark, daß es oft schwierig ist, sie mit Hülfe des Ventillöffels aufzuholen. Dieß ist z.B. mit dem rothen Sandstein der Fall, der so häufig im Hangenden des Steinkohlengebirges vorkommt und für welchen Hr. Kind einen eigenthümlichen Krätzer erfunden hat, der ihn leicht aufholt. Um sich dieses Werkzeuges zu bedienen, muß dem Schachtbohrer ein Bohrloch von 26 Zoll Weite vorangehen, und dieß wird mittelst des kleinen Bohrers hergestellt, der in Fig. 12Fig. ist auf bezeichneter Tafel nicht vorhanden. und 13 dargestellt ist und dieselbe Construction wie der große hat; seine einzelnen Theile sind auf dieselbe Weise angeordnet: a, a ist der Meißel, B, B die leitende oder führende Traverse etc. Das dem Bohrschacht vorangehende Bohrloch dient nicht allein zur Aufnahme des Bohrschmantes, der von dem Kratzer hineingeführt wird, sondern auch zur Leitung der Bohrung, indem es die Beschaffenheit der zu durchsinkenden Schichten vorher angibt. Man wendet die so vorausgehenden Bohrlöcher auch als von 16 bis 56 Zoll weite Schächte an, die zur Wetterführung, zum Aufschluß der Kohlenflötze u.s.w. dienen. Der Löffel ist ein hohler Cylinder von 16 bis 19 Fuß Länge, der aus 3 Millimeter starkem Blech angefertigt ist. Sein Durchmesser ist etwas geringer als der des Bohrlochs, in welchem er sich frei bewegen muß. Unter seiner untern Oeffnung (Fig. 20) kreuzen sich zwei eiserne Bügel d, d', welche mit Bolzen an den Cylinderwänden befestigt sind und die Einführung des Werkzeugs in das Bohrloch erleichtern. Dieselbe Oeffnung ist durch zwei Klappen (Fig. 20 bis) verschlossen, die sich mittelst Haspen um eine gemeinschaftliche Achse f, f drehen; die Riegel g, g, mit denen die Klappen versehen sind, ruhen auf einem kreisrunden Ringe und gestatten kein Selbstöffnen. Das obere Ende dieses Apparates ist in Fig. 14 im Durchschnitt dargestellt und mit den Buchstaben M, N bezeichnet. Unter der Oeffnung halten vier eiserne Blätter a, a, welche an den innern Seiten des Cylinders angeschraubt worden sind, zwei ebenfalls eiserne Stangen b, b, die kreuzweis über einander liegen. Ueber diese greift die Gabel c mit vier Zacken, deren Stange oben in jenem halbrunden Knopfe ausläuft, dessen Scheitel 4 Zoll über der Oeffnung hervorsteht. Ein Keil und ein Splint h, c verbinden diese Gabel mit den Traversen ganz fest. Vier platte Stücke i, i, welche in den zwischen den ersten Blättern gebliebenen Räumen festgenietet sind, endigen in runden Theilen k, k, die auf einem cylindrischen Ringe aufliegen. Sie ruhen auf der Kante m', m' des vorangehenden Bohrlochs und halten den Löffel aufgehängt, ohne daß dazu das Gestänge erforderlich ist. Endlich ist um den obern Ring des Cylinders eine lederne Garnitur oder Liederung angebracht, welche, indem sie sich an die Bohrlochwände anlegt, den Durchgang des Bohrschmantes zwischen diesen und dem Löffel gestattet. Der Niedergang des Löffels bis vor Ort des Bohrloches wird mit Hülfe einer Art Gabel (Fig. 14 bis, A und B) bewirkt, die mit zwei Haken versehen ist, welche in entgegengesetzter Richtung zu einander gekrümmt sind. Dieses mit dem Bohrgestänge verbundene Werkzeug wird von den Arbeitern unter eine von den Traversen b, b gehängt, der Löffel geht hinab, bis er auf der Oeffnung des Bohrlochs aufsitzt, und die niedergehende Bewegung wird fortgesetzt, bis die Haken von dem Kreuze gelöst sind; läßt man dann jene einen kleinen Kreisbogen beschreiben, so wird das Gestänge gehoben und der Löffel bleibt in der Vertiefung hängen. Der Krätzer (Fig. 14 und 15) besteht aus einem langen Abfallstücke A, A, d.h. aus einer zweiarmigen Gabel, die mit dem Gestänge verbunden ist, aus zwei mit Gelenken versehenen Stangen B, C, D und BCD, welche an ihrem untern Ende mit Kratzen E, E zum Zusammenziehen des Bohrschmantes versehen sind. Er besteht ferner aus zwei Hebelarmen BG, BG und aus zwei Kolben F, F, welche von Holzblöcken umgeben sind. Das Abfallstück endigt unten in einen kugelförmigen Knopf, auf welchem sich um ihre Achse vier Haken X, X drehen, deren untere Enden, in Folge des Druckes durch die Federn y, y, fortwährend dahin gedrängt werden, sich einander zu nähern. In dem Abfallstücke A, A bewegt sich eine Stange l, l frei, aber nur wiederkehrend auf und nieder. Diese senkrechte Bewegung ist jedoch beschränkt und zwar einerseits durch das untere Ende des Gabelstückes und andererseits durch die Berührung des Knopfes m an der Stange mit der Erweiterung v an der Gabel. Wenn sich ersterer auf die zweite stützt und die aufgehende Bewegung fortdauert, so erheben sich die beiden Theile des Apparats gleichzeitig in dem Schachte. Die beiden Krätzerstangen B, C, D, welche fast rechtwinkelig gebogen sind, gabeln sich, um mit den Kratzen E, E verbunden werden zu können. Sie bestehen aus Eisenblech, haben unten Zacken und sind mit ihren Stangen um eine Achse drehbar. Die beiden Winkelhebel sind durch die Traverse C, C vereinigt und die Scharniere O, O gestatten diesen Theilen, sich in einer senkrechten Ebene zu bewegen. In p befindet sich eine Achse, welche einerseits den mit Scharnieren versehenen Hebelarm B, G, andererseits die Stangen J, J der Kolben F, F trägt, welche die Traverse G, G und das darunter befindliche Gabelstück A, A mit einander verbinden. Jeder Kolben ist von vier eichenen Klötzen umgeben, die durch gußeiserne Platten q, q, q zusammengehalten werden, deren Zusammendrückung von der Wirkung einer Schraube r auf die beiden Federn s, s mittelst eines eisernen Rahmens t, t bewirkt wird. Wenn das Werkzeug frei aufgehängt in das Bohrloch hinabfällt, so steht das Gestänge auf dem höchsten Punkte, der Knopf m hängt in dem Bügel v und die Krätzerhebel B, C, D befinden sich in der durch die punktirten Linien angegebenen Stellung n', p', r' und o', q', s. An dem tiefsten Punkte angelangt, ergreift die Fangschere den halbkugelförmigen Knopf g, die Federn y, y biegen sich unter dem Gewichte des Werkzeugs, die Arme x, x entfernen sich von einander, die Arme z, z ergreifen den Knopf g, indem sie sich einander nähern und der Löffel ist mit dem Abfallstück verbunden. Jener bleibt in seiner Lage, obgleich der Krätzer eine drehende Bewegung macht; da aber das Gestänge niederwärts zu gehen fortfährt, so nimmt er die Traverse C, C mit sich, während die andere Traverse G, G von dem Kolben gehalten wird und stehen bleibt, oder nur etwas von ihrer Stellung abweicht. Dieses doppelte Bestreben ist es, welches die beiden Krätzer nach den Stößen des Schachtes zurücktreibt. Auf diese niedergehende Bewegung folgt eine steigende, während die Krätzerhebel durch ihr eigenes Gewicht wirken, und mittelst der Kratzen den Bohrschmant von den Schachtstößen nach dem Löffel ziehen. Aus diesen wechselseitigen, oft genug wiederholten Wirkungen, während sich das Werkzeug um sich selbst dreht, folgt die Vereinigung alles von dem Bohrer hervorgebrachten Gruben- oder Bohrschmantes in dem Löffel. Ist das Schachtort gänzlich gereinigt, so werden Krätzer und Löffel gleichzeitig aufgeholt. Nebenvorrichtungen und Betrieb der Apparate. – Ehe wir uns zu dem Bohrschachtbetriebe wenden, ist es nothwendig, alle die Nebenvorrichtungen kennen zu lernen, welche über Tage zu der Bohrarbeit in ihrem ganzen Umfange angewendet werden, und die ein sehr bedeutendes Gewicht haben. Auf der einen Seite des Schachtes ist eine rotirende Dampfmaschine angebracht, die mit Trommeln versehen ist, auf welche sich Seile wickeln, die zum Aufholen des Bohrers dienen. Dieselben laufen über Scheiben, die oben in einem Bohrthurme 48 Fuß über der Hängebank des Schachtes angebracht sind. Diese Maschine hat eine Kraft von 20 Pferden, von denen jedoch 15 zur Bewegung des Bohrers hinreichen. Auf der andern Seite des Schachtes befindet sich der Bohrschwengel, dessen Gerüst auf Rädern ruht, die auf eisernen Schienen laufen. Die Arbeiter schieben den Apparat mit Hebebäumen auf der Bahn über die Mitte des Schachtes und befestigen ihn dort mittelst eiserner Haken, welche in Klammern an den Trägersäulen des Bohrthurms greifen. Der Bohrschwengel wird durch eine direct wirkende Dampfmaschine in Bewegung gesetzt, ähnlich denen, wie sie zum Betriebe von Dampf- und Stempelhämmern dienen. Die auf ihrem Lauf zwischen Rollen geführte Kolbenstange verbindet sich durch eine Vaucanson'sche Kette mit dem Schwengel. Der den Cylinder speisende Dampf kommt aus dem Generator der rotirenden Maschine und seine mit der Hand bewirkte Zulassung beschäftigt fast ununterbrochen einen Arbeiter, da eine Selbststeuerung nicht vorhanden ist. 19 bis 20 Fuß über der Hängebank des Schachtes und lothrecht über dem Bohrschwengel ist ein Boden oder eine Bühne mit einer Eisenbahn angebracht, welche zwei Wagen aufnehmen kann. Der eine davon hat den Zweck, den Löffel aufzuhängen, der andere aber den, einen kleinen Apparat (Fig. 21) zu tragen, welcher den Bohrer faßt, um ihn über die Hängebank des Schachtes aufzuholen. Es ist eine Art Schere, die aus zwei Stäben von sehr festem Eisen besteht; der eine davon a hat eine feste Lage, während sich der andere um einen Nagel dreht. Sie fassen zwischen sich den Theil der Stange, der unterhalb des Bundes einer Verbindung liegt. Der obere Theil des Schachtes ist viereckig und dicht verzimmert, um den Stößen der Stangen Widerstand leisten zu können. Da wo der Querschnitt rund wird, d.h. etwa ein Lachter unter Tage, sind zwei Fallthüren angebracht, die in der Mitte zusammenpassen und den Schacht bedecken. Sie dienen dem Bohrmeister und den Arbeitern, welche den Werkzeugen eine drehende Bewegung geben, zur Bühne. Die halbkreisförmige Oeffnung, womit eine jede dieser beiden Fallthüren versehen ist, dient zum Einhängen des Löffels, wie wir sogleich sehen werden. Die Reihefolge der Arbeiter beim Bohrschachtbetriebe ist nachstehende: Nachdem man sich des doppelten Hakens (Fig. 14 bis) bedient hat, um den Löffel in das vorangehende Bohrloch einzulassen und nachdem derselbe auf dem Bohrlochrande aufsitzt, wird das Gestänge aufgezogen und man befestigt den Bohrer daran, der nun seinerseits niedergelassen wird, um vor Ort das Gestein loszuarbeiten. Einlassen und Aufholen des Werkzeugs werden mit Hülfe eines Bandseils bewirkt, welches sich auf der Bobine der Dampfmaschine, auf der einen Seite des Schachtes auf- und abwickelt. Die Mittlern Meißel des Bohrers müssen weggelassen werden, damit sie bei ihrem Angriff den obern Theil des Löffels verschonen, indem derselbe während des Bohrens in dem Bohrloche stecken bleibt. Die Kante des Bohrloches, auf welcher das Werkzeug ruht, bleibt gänzlich außer Acht, indem dieser Theil durch den Druck des Wassers und folglich die Verrückung des Schachtortes verschwindet und der Löffel sich von selbst senkt. Es gelangen wenige Gesteinsbruchstücke in denselben, sondern sie bleiben meistentheils, in Folge des Gewichts der Wassersäule, vor Ort des Schachtes liegen. Wenn man bemerkt, daß die Anhäufung des Bohrschmantes die mechanischen Wirkungen der Meißel vermindert, so holt man das Werkzeug auf, hängt es an die Schere (Fig. 21), welche an dem einen Wagen angebracht worden ist und schiebt es auf der Eisenbahn von dem Schachte weg. Der ihm nun folgende Krätzer wird mittelst eines, ganz besonders zu diesem Zwecke bestimmten Haspels bewegt; man hängt ihn bis vor Ort des Schachtes, die Kratzen treten bis an die Stöße und die auf- und niedergehende Bewegung, welche die Stange erhält, sucht den Bohrschmant bis nach der Mitte zu führen und in den Löffel zu werfen. Kann man nun annehmen, daß der Löffel gefüllt ist, so holt man ihn auf; er gelangt über die Fallthüren, die man öffnet; er geht durch die Oeffnungen zurück, bis seine Oeffnung sich 24 Zoll über ihrer Ebene befindet. Ein Arbeiter schiebt von beiden Seiten des Cylinders Balken und eiserne Stäbe darunter, die ihn aufgehängt erhalten. Er löst den Knopf von der Fangschere, und es wird der von dem Löffel getrennte Krätzer mit einem Bügel verbunden, welcher in dem Bohrthurme befestigt ist. Der von dem doppelten Haken gefaßte Löffel erhebt sich über der Hängebank; alsdann an den zweiten Wagenzug gehängt, wird er über einen Kippwagen geführt, der auf einer Eisenbahn steht. Man öffnet die Riegel, welche die Klappen am Bogen verschließen (Fig. 20 bis), der Bohrschmant fällt in den Wagen, wird auf die Halde geführt und dort umgestürzt. Das Gestänge besteht aus Fichtenholz und ist vier Zoll im Quadrat stark; die Stangen sind auf gewöhnliche Weise mit einander verbunden und werden an die Säulen des Bohrthurmes gehängt. Der Betrieb hat keine Schwierigkeiten, wenn er in festem Gestein stattfindet, er hat dagegen sehr bedeutende Schwierigkeiten, wenn man mit dem Bohrschacht loses oder rölliges, oder gar schwimmendes Gebirge durchsinken muß. Einbrüche sind aber minder gefährlich als bei gewöhnlichen Bohrlöchern, indem die Wassersäule im Schacht einen bedeutenden Druck auf die Stöße ausübt und daher ihren Einbruch verhindert. Bis wie weit man auf dieses Hülfsmittel rechnen könne, läßt sich jetzt noch nicht bestimmen, weil man zu wenige Erfahrungen darüber hat; Hr. Kind durchbohrte nur bunten und rothen Sandstein. Wenn Hr. Kind rölliges oder schwimmendes Gebirge trifft, in welchem die Schachtstöße auch ungeachtet der Wassersäule nicht stehen, und der Bohrarbeit dadurch wesentliche Hindernisse entgegenstehen, so läßt er partielle und provisorische weite Röhren oder Cylinder hinab, welche die Einbrüche der Stöße einstweilen und bis zur definitiven Einbringung der endlichen Cuvelirung sichern. Auf diese Weise hat Hr. Kind, wie wir bereits an einem andern Orte erwähnten, in neun Monaten einen 270 Meter oder etwa 135 Lachter tiefen Schacht im bunten und rothen Sandstein, so wie im Steinkohlengebirge abgebohrt. Auf eine wasserdichte Schicht im letztern Gebirge ist eine eigenthümliche Cuvelirung oder wasserdichte Verzimmerung aufgesetzt, welche wir sogleich beschreiben werden. – Auch im preußischen Staat hat man neuerlich, wie schon oben bemerkt, zwei Schachtbohrarbeiten dieser Art im schwimmenden Gebirge mit glücklichem Erfolge ausgeführt, nämlich im Worm-Reviere bei Aachen und bei Hornhausen im halberstädtischen Bergamtsbezirk. Jedenfalls wird das Schachtbohren eine bedeutende Zukunft haben. Zu einer solchen Schachtbohrarbeit sind erforderlich: 1) ein Bohrmeister; 2) zwei Arbeiter an dem Haspel; 3) ein Arbeiter zum Oeffnen und Schließen des Hahns an der Schlag-Dampfmaschine; 4) ein Maschinenmeister bei der Förderungsdampfmaschine. – Mit einem solchen Personal kann man monatlich 4 bis 5 Meter von einem weiten und täglich mehr als ein halbes Lachter von einem engen Wetterschacht abbohren. Die in dem Obigen beschriebenen Bohrschächte werden, nachdem man mit der Bohrarbeit das Tiefste erreicht hat, mit einer Cuvelirung versehen, d.h. gegen das Eindringen des Wassers in die Schächte verwahrt. Hr. Kind bringt dieselbe mitten in die Wasser und ohne dieselben vorher zu wältigen, ein, und construirt sie entweder aus Gußeisen oder aus Holz. Die Einführung erfolgt durch ein eigenthümliches, mit der Bohrarbeit im genauen Zusammenhange stehendes Verfahren. Wendet man Gußeisen an (Fig. 16), so besteht der Ausbau aus 5 Centim. oder 2 Zoll dicken Cylindern A, B, von 2 Meter Höhe und einem solchen Durchmesser, daß zwischen dem äußern Umfange und den Stößen des Bohrschachtes ein leerer Raum von 0,20 bis 0,25 Meter (8 bis 10 Zoll) Weite bleibt. Der untere Cylinder E, F ist mit einem Rande versehen, der auf einem Kranze von Eichenholz G, H mittelst Bolzen aufgeschraubt worden ist. Man umgibt diesen Cylinder mit Wassermörtel, welcher durch einen Mantel von dünnen Brettern m, n und einige, auf die Fugen genagelte Stücke Leinwand zurückgehalten wird. Der zweite, höhere Cylinder C, D erweitert sich unten, so daß er über den Cylinder G, H greifen kann; er ist mit einem doppelten Boden von starken Bohlen, g, g, h, h versehen. Die eine von diesen Bohlen ist mit einem gebohrten Loch i versehen und dieses ist mit einer gußeisernen Büchse K, K bedeckt, welche durch vier Bolzen befestigt ist. Diese Büchse ist in Fig. 19 für sich dargestellt; sie enthält einen Metallkolben a, a, welcher mit der Stange b des Bohrapparates verbunden ist; der Kolben hat zwei senkrechte Löcher, die man mittelst der beiden Klappen c, c verschließen kann, und diese entsprechen den beiden Löchern d, d im Deckel der Büchse. Wenn der Bohrschacht das Liegende von dem Hangenden Gebirge und feste, so wie auch wasserdichte Gebirgsschichten erreicht hat, so stellt man den cylindrischen Fuß E, F auf ein Gerüst über die Schachtöffnung und umgibt ihn mit Beton; man bringt ferner den zweiten Cylinder C, D über den Fuß, indem man ihn an das Seil des Motors hängt, und verbindet beide Gegenstände mittelst der Stangen oder Bolzen a, b, a, b, deren Haken über und unter die Ränder oder Kränze greifen. Concentrische Reife dienen dazu, die Stangen gegen jede Verrückung, welche durch Stöße veranlaßt werden könnte, zu sichern. Die auf diese Weise verbundenen beiden Cylinder werden über die Schachtöffnung gehoben und mehrere Meter in den Schacht eingelassen. Hat die obere Flansche die Hängebank erreicht, so befestigt man einen zweiten Cylinder A, B darauf; derselbe wird ebenfalls soweit eingelassen, wie sein Vorgänger, worauf man einen dritten aufsetzt und auf diese Weise fortfährt, bis der Fuß der Cuvelirung in Berührung mit dem Steinkohlengebirge getreten ist. Man unterbricht aber die niedergehende Bewegung der Säule noch nicht; es muß zuvor der weitere Theil C, D des zweiten Cylinders in den Beton eingebracht werden. Letzterer zerbricht alsdann seinen Mantel und füllt den Raum zwischen dem Cylinder E, F und den Schachtstößen genau aus. Der Niedergang der Cuvelirung erfolgt sehr langsam, da die im Schacht befindlichen Wasser Widerstand leisten. Werden dieselben zu stark zusammengedrückt, so geben sie nicht weiter nach und es bleibt die ganze Cuvelirung aufgehängt. Man braucht alsdann das Bohrgestänge nur um einige Centimeter nachzulassen, so daß der an seinem Ende angebrachte Kolben a, a niedergeht, und die Ventile c, c sich öffnen. Die Wasser steigen alsdann über den Boden g, h empor und vermehren das Gewicht der Säule bis ihr Volum hinreichend ist, den Widerstand zu überwinden und den weitern Niedergang zu bewirken. Um die Arbeit zu vollenden, füllt man den cylindrischen Raum zwischen dem äußern Umfange der Cylindersäule und den Schachtstößen mit Beton aus. Man wendet dazu die in Fig. 18 dargestellten blechernen Kästen an, welche in Folge ihrer Segmentform leicht in den Raum eingeführt werden können. Der Boden und der Deckel dieser Kästen sind offen und mit Rändern versehen. Der obere o, o greift über eine gußeiserne Platte s, der untere ist mit schwachen Stegen versehen, so daß der Wassermörtel nicht herausfallen kann. Wenn nun der Kasten an dem Punkt angelangt ist, an welchem er sich seines Inhalts entledigen soll, so üben die Arbeiter einen starken Druck auf das Bohrgestänge aus, wodurch die Platte s den Beton zusammenpreßt, die Stege zerrissen werden und der Inhalt an dem verlangten Punkt ausgeschüttet wird. Die Theile der hölzernen Cuvelirung (Fig. 17), womit man den Bohrschacht auch ausbauet, bestehen aus Dauben von Eichenholz von 0,23 (9 Zoll) Dicke, welche durch Reife s, s' mit einander verbunden werden, die 0,10 Meter breit, 0,01 Meter stark und 1 Meter von einander sind. Die Vereinigungsfugen der verschiedenen Theile der Cuvelirung werden durch die genauen und ganz ebenen Oberflächen und durch blecherne Reifen o, p von 0,30 Meter Höhe verdichtet. Die Erweiterung des untersten Cylinders L, M und der Absatz, gegen den die Boden gg, hh treten, entstehen aus einer, auf 0,18 Meter verminderten Stärke der Dauben. Der als Fuß dienende Cylinder G, H besteht, wie bei der oben beschriebenen Cuvelirung, aus Gußeisen und hat eine gleiche Einrichtung. Die Cuvelirung bei dem Bohrschacht zu Schönecken im französischen Mosel-Departement besteht aus 44 hölzernen Cylindern von 2 bis 3 Meter Höhe und von 3,50 Meter Durchmesser. Die hier beschriebene Cuvelirung erfordert regelmäßige Schachtstöße, die gar keine hervortretenden Theile haben, welches man nur beim Absinken mittelst des Bohrbetriebes erlangen kann. Derselbe bietet die sehr vortheilhafte Eigenthümlichkeit dar, daß das Einbringen der wasserdichten Cylinder, das Abdämmen der Wasser mit Hülfe des Beton und das Erhärten dieses letztern, der Wassergewältigung vorangehen, die sich auch alsdann nur auf die, in dem Schacht vorhandene Menge bezieht. Die Bergleute sind einer oft gefährlichen Arbeit entzogen, die in oft sehr verdorbenen und nur schwierig zu erneuernden Wettern ausgeführt werden muß. Da die Wassergewältigung stets erst nach der Cuvelirung nothwendig ist, so wird man durch diese Methode des Schachtabteufens in den Stand gesetzt, im schwimmenden Gebirge tiefe Schächte abzusinken. Endlich da man bei der Gewinnungsarbeit statt des Bohrens und Schießens Pferde- oder Dampfkräfte anwendet, so kann man das Arbeiterpersonal vermindern, während der Betrieb rasch vorschreitet, indem sowohl das Absinken, als auch die Cuvelirungsarbeit kaum die Hälfte von der Zeit beanspruchen, die bei dem gewöhnlichen Verfahren erforderlich ist. Diese Ersparungen bei dem Kind'schen Verfahren sind sehr wesentlich. Die Honigmann-Rossenbeck'sche Verdichtungsmethode, welche wir im polytechn. Journal Bd. CXXXIV S. 188 beschrieben und die in verschiedenen Steinkohlenrevieren Preußens mit gutem Erfolg angewendet worden ist, benutzt Cylinder aus starkem Blech und Traßmörtel.

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