Titel: | Ueber die Versuche des Hrn. Hirn, die mittelbare Reibung betreffend, und über das mechanische Aequivalent der Wärme; von Prof. G. Decher. |
Autor: | Georg Decher [GND] |
Fundstelle: | Band 136, Jahrgang 1855, Nr. XCIII., S. 415 |
Download: | XML |
XCIII.
Ueber die Versuche des Hrn. Hirn, die mittelbare Reibung
betreffend, und über das mechanische Aequivalent der Wärme; von Prof. G. Decher.
Decher, über Hirn's Versuche bezüglich der mittelbaren Reibung und
das mechanische Aequivalent der Wärme.
Die ziemlich umfangreiche Abhandlung, von deren erstem Theil der vorhergehende
Artikel einen gedrängten Auszug gibt, und von welcher zu wünschen wäre, daß sie
weniger Worte und mehr Thatsachen brächte, stößt fast ohne Ausnahme alle Gesetze um,
welche bisher für die Reibung aufgestellt wurden und die seit Morin's Versuchen als hinreichend begründet angesehen werden, und wenn
auch nicht zwischen den äußersten Gränzen der Geschwindigkeit, der reibenden Fläche
u.s.f., doch für die bei
den meisten Anwendungen vorkommenden Gränzen derselben als genügend annähernd an die
Wahrheit gelten konnten.
Hr. Hirn läßt nur eines dieser Gesetze bestehen und gerade
dasjenige, von dem man es am wenigsten hätte erwarten sollen:
„Wenn die beiden sich reibenden Flächen trocken auf einander laufen und
keine Luft zwischen dieselben eintreten kann, wenn also die Reibung unmittelbar
ist (und sich die reibenden Körper offenbar einander angreifen müssen), dann ist
die Reibung unabhängig von der Geschwindigkeit (!?).“
„Wenn dagegen eine gute Schmiere angewendet und diese beständig erneuert
wird, so ist die Reibung der Geschwindigkeit selbst nahezu proportional, bei
nicht beständiger Erneuerung aber der Quadratwurzel aus der Geschwindigkeit
(!).“
Die Reibung wird also in beiden Fällen mit der Geschwindigkeit Null, oder wird doch
für sehr kleine Geschwindigkeiten sehr klein, da hier auch die Bedingung einer constanten Temperatur gewiß
leicht zu erfüllen ist?!
Die Versuche, aus welchen Hr. Hirn diese und die andern
auf Seite 411 mitgetheilten Gesetze geschlossen hat, sind von demselben seiner
Abhandlung nicht beigefügt worden; denn in den angehängten Tabellen, welche sich auf
die Größe der Reibung beziehen, kommen nur zwei Geschwindigkeiten vor, und kein
Versuch ohne Anwendung von Schmiere, und es ist zu bedauern, daß er seine Gesetze in
Betreff des Einflusses der Geschwindigkeit nicht auch durch den von ihm besprochenen
und sehr praktisch benannten Versuch geprüft hat, welcher darin besteht, eine leere
Karden-Trommel durch die Maschine eine kürzere oder längere Zeit hindurch in
einer nahe gleichförmigen Bewegung zu erhalten, dann die Verbindung mit dem Motor
plötzlich aufzuheben, und die Umdrehungen zu zählen, welche die Trommel macht bis
sie zur Ruhe kommt, oder richtiger, die Zeit zu beobachten, während welcher sie sich
ohne Triebkraft noch bewegt. Wenn MK² das
Massenmoment der Trommel, φ die veränderliche
Winkelgeschwindigkeit, φ₀ die anfängliche,
bei der Auslösung des Treibriemens stattfindende, F die
Reibung, und r den Halbmesser der Zapfen bedeutet, so
hat man mit Vernachlässigung des Luftwiderstandes allgemein
MK² dφ/dt = – Fr.
Ist nun F nach der gewöhnlichen Annahme constant oder
unabhängig von der Geschwindigkeit, so gibt diese Gleichung für die Dauer T der verzögerten Bewegung den Werth:
T = φ₀ MK²/Fr,
welcher zeigt, daß dann die Dauer der verzögerten Bewegung
einfach der anfänglichen Geschwindigkeit proportional ist. Ist dagegen F der Quadratwurzel aus der Geschwindigkeit proportional
also F = f √φr so hat man
MK² dφ/dt = – fr √φr
und
T = 2MK²/(fr √r) √φ₀;
es wäre dann T der Quadratwurzel
aus φ₀ proportional, würde also erst
doppelt so groß, wenn φ₀ viermal so groß
geworden wäre.
Wäre aber die Reibung der Geschwindigkeit selbst proportional, also F = frφ, so
folgte aus
MK² dφ/dt = – fr²φ
für die Dauer der Bewegung allgemein
Δt = MK²/fr² log. (φ₀/φ)
also für φ = 0, T = ∞, d.h. in diesem Falle käme die Trommel gar
nicht zur Ruhe, oder wegen des Luftwiderstandes erst nach einer sehr langen Zeit und
zwar unabhängig von der anfänglichen Geschwindigkeit. Wer irgend einmal ein
Schwungrad beobachtete, weiches man mit verschiedenen anfänglichen Geschwindigkeiten
bis zur Ruhe auslaufen ließ, wird kaum zweifelhaft darüber seyn, daß von diesen drei
Resultaten das erste die meiste Wahrscheinlichkeit für sich hat.
Solche Versuche waren allerdings viel entscheidender für die Gesetze der Reibung, als
die von Hrn. Hirn mitgetheilten und mit seiner Reibungswaage angestellten Versuche; denn dieser Apparat
beruht, wie mehrere andere ähnliche, auf der Bedingung einer gleichförmigen Bewegung
der Trommel und einer constant bleibenden Reibung, und ist schon deßhalb eben so
wenig geeignet genügende Resultate für die Gesetze der Reibung zu liefern, als die
auf den Stoß des Wassers sich gründenden Apparate geeignet sind, die Geschwindigkeit
des Wassers in einem Flußbette zu messen. Wenn man dann noch erwägt, daß nach der
obigen Beschreibung dieser Reibungswaage das Massenmoment
des beweglichen Hebels mit dem Lager und der Waagschale wenigstens 10
Meterkilogramme beträgt, so wird man aus der Gleichung:
10 dφ/dt = 0,115F – 0,281p,
welche sich auf die Bewegung dieses Hebels bezieht, und worin
F die Größe der augenblicklichen Reibung und p das auf die Waagschale aufgelegte Gewicht in
Kilogrammen bezeichnet, schließen, daß schon eine bedeutende Aenderung in der
Reibung erfordert wird, um jenen Hebel, wenn er gerade im Gleichgewicht war, wieder
in Schwingungen zu versetzen. Und doch soll dieser Hebel nur nach langer Zeit ins
ruhende Gleichgewicht gekommen und niemals fünf Minuten lang im Gleichgewicht
geblieben seyn?
Um so wunderbarer ist die Uebereinstimmung der für diesen Fall sehr zahlreich
mitgetheilten Versuche mit dem im vorigen Artikel angegebenen empirischen
Gesetze:
p = A/1,0492t = B/1,0492t – i
,
eine Uebereinstimmung, wie sie nicht leicht ein Experimentator
in ähnlichen Fällen erreicht haben dürfte; denn die beigefügte Tabelle, worin die
durch den Versuch gefundenen Belastungen der Waagschale von Grad zu Grad (!) des
100theiligen Thermometers angegeben sind, stellt folgende Vergleichung auf:
Temperat.
Die Trommel taucht
in Olivenöl:
Die Trommel
taucht
in
Wallrathöl:
Die Trommel taucht
in gereinigt. Olivenöl.
p beobachtet.
p
berechnet.
p beobachtet.
p
berechnet.
p beobacht.
p berechnet.
Kilogr.
Kilogr.
Kilogr.
Kilogr.
Kilogr.
Kilogr.
60°
0,67
0,67
0,19
0,19
–
–
55
0,85
0,85
0,24
0,24
0,56
0,56
50
1,06
1,08
0,29
0,30
0,70
0,71
45
1,35
1,39
0,39
0,39
0,89
0,90
40
1,74
1,75
–
–
1,15
1,15
35
2,23
2,23
0,64
0,63
1,48
1,46
32
–
–
0,78
0,73
–
–
30
2,82
2,83
–
–
1,87
1,86
29
–
–
0,91
0,85
–
–
25
3,56
3,61
1,10
1,05
2,45
2,37
20
–
–
–
–
3,00
3,00
Ungeachtet dieser Uebereinstimmung gehört aber ein starker Glaube dazu, um sich zu
diesem Gesetze zu bekennen. Daß sich die Reibung vermindert, wenn das Oel durch eine
höhere Temperatur einen höhern Grad von Flüssigkeit erhält, ist leicht begreiflich;
daß aber unter gleichen Umständen die Reibung bei 60° über fünfmal kleiner
seyn soll, als bei 25°, und bei einem Temperatur-Unterschied von
100° C. fast 122mal kleiner oder größer, das geht doch wohl über die
Gränzlinie des Zutrauens, welches man in die Versuche des Hrn. Hirn setzen kann. In demselben Hefte der industriellen Gesellschaft zu
Mülhausen, welches die Abhandlung des Hrn. Hirn enthält, sind auch
vergleichende Versuche des Hrn. Gustav Dollfus über die
Reibungswiderstande verschiedener Oele und bei verschiedenen Temperaturen
mitgetheilt. Dort findet man aber folgende Zahlen:
Temperat.
Reibungswiderstand
von
Wallrathöl.
Knochenfett.
25°
19
40
39
16
38
50
13
–
78
10
25
100
8
18
340
4
7
Der Unterschied zwischen den Ergebnissen dieser Versuche, welche übrigens mit einem
ähnlichen auf das Gleichgewicht der Reibung gegründeten Apparate (demjenigen von Mac-Naught) angestellt wurden, und den Versuchen
des Hrn. Hirn ist auffallend genug, um ihn nicht näher
andeuten zu dürfen. Hr. Hirn findet aber in dem Falle, wo die Schmiere nicht
beständig erneuert wird, noch viel größere Unterschiede in den Reibungswiderständen
bei verschiedenen Temperaturen; denn seine Tabelle enthält unter der Ueberschrift:
„die Trommel ist mit Wallrathöl geschmiert“, eine Sparte,
aus welcher ich folgende Angaben ziehe.
Temperatur:
60°,
50°,
42°,
29°,6,
23°,2,
Reibungswiderstand:
0,4,
1,04,
1,61,
4,85,
6,35.
Es wäre demnach die Reibung bei 60° über 15mal kleiner als bei 23°!
Wenn das wahr wäre, dann würde es schon die Kosten lohnen, in einer Spinnerei alle
Lager durch circulirenden Dampf auf einer Temperatur von 60 und noch mehr Graden zu
erhalten; denn man würde ja statt 100 Pferdekräfte an Reibung zu verlieren, nur noch
6 bis 7 verlieren, also 93 bis 94 Pferdekräfte zu weiterer Verwendung erübrigen!
Hr. Hirn hat ferner in seine Abhandlung eine Bemerkung
eingeflochten, welche in dem obigen Auszuge übergangen wurde, welche aber der
Erörterung nicht unwerth ist. Derselbe sagt:
„Diese verschiedenen Betrachtungen scheinen mir sehr deutlich zu erklären,
wie mehrere Beobachter und ausgezeichnete Gelehrte zu der Ansicht verleitet
wurden, daß die Geschwindigkeit ohne fühlbaren Einfluß auf den Werth der Reibung sey, und
so ein Princip aufzustellen, welches, wenn ich mich so ausdrücken darf, in
directem Widerspruch mit dem Instinct der Personen
steht, welche gewissermaßen unter den Maschinen leben.“
Alle Achtung vor diesem Instinct; was aber jene Personen unter Reibung verstehen, ist
die durch die Reibung verzehrte Arbeit, und diese ist
allerdings der Geschwindigkeit proportional, wenn die Reibung
selbst constant bleibt; weil der Weg, den jeder gleitende Punkt einer
Maschine in derselben Zeit zurücklegt, der Geschwindigkeit derselben proportional
ist. Wenn also bei einer Maschine für eine gewisse Geschwindigkeit die Hälfte der
bewegenden Arbeit absorbirt wird, so darf man diese Maschine nur doppelt so schnell
laufen lassen, um die ganze bewegende Arbeit durch die Reibung zu verzehren, wie
dieß z.B. bei einem ablaufenden Uhrwerk der Fall ist.
Wäre aber nach Hrn. Hirn die Reibung an und für sich der
Geschwindigkeit proportional, so würde die von derselben verzehrte Arbeit wie das
Quadrat der Geschwindigkeit wachsen, was von dem Instinct jener Personen gewiß nicht bejaht wird.
Wenn die Reibung, wie es wahrscheinlich ist, in einiger Abhängigkeit von der
Geschwindigkeit v steht, so kann dieselbe nur eine
Function von der Form
F = a + bv
n
seyn, worin b gegen a sehr klein und auch n
höchstens gleich 2 ist.
Was endlich die von Hrn. Hirn zuletzt noch hingeworfenen
Gesetze betrifft, wonach die Reibung der Quadratwurzel aus dem Druck und der
reibenden Fläche proportional seyn soll, so ist das erste, für welches er nicht
einen Versuch mitzutheilen für gut fand, zu abgeschmackt, um einer langen
Widerlegung zu bedürfen; daß ein Waggon auf einer horizontalen Bahn bei gleicher
Schmierung und einer vierfachen Belastung erst einen doppelt so großen Widerstand leiste, glaubt Hr. Hirn selbst nicht.
Der Einfluß der reibenden Fläche auf die Größe der Zapfen-Reibung dürfte noch
derjenige Punkt seyn, welcher am meisten Zweifel gestattet, aber auch am
schwierigsten zu entscheiden ist, da man hier eine der reibenden Flächer selbst
vertauschen muß, und eine vollkommen gleiche Beschaffenheit zweier solchen Flächen
(Lager oder Zapfen) schwer herzustellen ist. Es genügt dabei auch nicht, wie es Morin gethan hat, nur Zapfen von verschiedenen
Durchmessern zu nehmen, da es bei gleich langen Zapfen nur auf den dem
Berührungsbogen entsprechenden Centriwinkel ankommt, die Reibung an und für sich als
tangentiale Kraft betrachtet also dieselbe bleibt, wenn der Zapfen sein Lager z.B.
immer nach einem Halbkreis berührt, ob er einen großen oder kleinen Durchmesser hat,
vorausgesetzt, daß sonst Alles gleich bleibt, daß das Oel bei dem dünneren Zapfen
durch den Druck nicht mehr weggequetscht wird als bei den dickeren, u.s.f. Es ist
also hier nur eine verschiedene Länge des Zapfens oder eine verschiedene Breite des
Lagers entscheidend, dabei ist aber sorgfältig darauf zu sehen, ob sich in diesem
breiteren Lager der Zapfen nicht klemmt; denn dieses Klemmen der Zapfen, welches bei
einem genau passenden Lager schon durch einen sehr kleinen Winkel zwischen der
geometrischen Achse des Zapfens und der des Lagers sehr bedeutend wird, ist meistens
die Ursache des größern Reibungswiderstandes in breiteren Lagern. Ich kann daher
auch in diesem Punkte der Behauptung des Hrn. Hirn, die
Reibung sey der Quadratwurzel der reibenden Fläche proportional, nicht mehr Glauben
schenken, als in den übrigen, und zwar um so weniger, als er dafür nur einen Versuch
anführt, darin bestehend, daß man an zwei Spinnmaschinen von 310 Spindeln die
Plattband von 20 Millimeter Breite durch solche von 12 Millimet. Breite ersetzte und
in beiden Fällen die verzehrte Arbeit durch ein Dynamometer bestimmte.
Ob sich Hr. Hirn überzeugt hat, daß außer der kleinern
Reibungsfläche sonst keine Ursache vorhanden war, durch welche die verzehrte Arbeit
sich verminderte, weiß ich nicht; welches Zutrauen aber die angeführten Messungen
mit dem Dynamometer verdienen, geht aus einer Tabelle hervor, in welcher
vergleichende Versuche über die von jenen Spinnmaschinen bei Anwendung verschiedener
Oele verzehrten Arbeiten zusammengestellt sind, und zwar nach Angabe zweier
Dynamometer. Man findet darin folgende Resultate:
Angewendetes Oel.
Arbeitsverlust
nach
demIten Dynamometer.
demIIten Dynamomet.
Meterkilogr.
Meterkilogr.
Wallrathöl
55
44,5
Olivenöl
62,5
62,5
Knochenfett
62,5
66
Fischthran
56
79
Hr. Hirn bemerkt dabei ausdrücklich, daß beide Dynamometer
bei allen diesen Versuchen mit demselben Olivenöl und in gleicher Menge geschmiert
waren, und scheint bei der auf diese Versuche gegründeten Berechnung des relativen
Werthes der angewendeten Oelsorten den Angaben beider Dynamometer gleiches (!) Zutrauen geschenkt zu
haben, obgleich der erste für Wallrathöl und Fischthran einen nahe gleichen
Arbeitsverlust angibt, während nach dem zweiten der Arbeitsverlust beim Fischthran
bald doppelt so groß ist, als beim Wallrathöl.
Ich kann diese Bemerkungen nicht schließen, ohne auch einige Worte zu sagen über den
Hauptzweck, welchen Hr. Hirn bei seinen Versuchen vor
Augen gehabt haben dürfte, und über jene Fiction, welcher sich so viele Physiker wie
einer schon unumstößlich bewiesenen Wahrheit hinzugeben scheinen, und die man mit
den Namen: mechanisches Aequivalent der Wärme bezeichnet
hat. Newton ließ seine Hypothese über die allgemeine
Schwere 20 Jahre hindurch ruhen, weil er in den Zahlen, durch welche er sie zu
begründen hoffte, einen Unterschied von 1/7 ihres Mittelwertes fand; heutzutage
dagegen genügen vielen Physikern einige Zahlenwerthe, deren Unterschiede 1/5 und
noch mehr betragen dürfen, um darauf Gesetze von der größten Allgemeinheit zu
gründen!
Jener Hauptzweck des Hrn. Hirn scheint die Ermittelung der
durch die Reibung erzeugten Wärmemenge gewesen zu seyn. Im ersten Theil seiner
Abhandlung schließt er aus seinen Versuchen das in dem vorhergebenden Artikel
ausgesprochene Gesetz für die mittelbare Reibung, daß wenn durch die Reibung unter
Anwendung reiner Oele eine mechanische Arbeit von 370 Meterkilogr. verzehrt worden
war, immer so viel Wärme erzeugt wurde, als erfordert wird, um die Temperatur von 1
Kil. Wasser um 1° C. zu erhöhen; er ist jedoch noch nicht im Reinen mit sich
über jene Versuche, bei welchen die Reibung eine unmittelbare war, oder unreine Oele
angewendet wurden. Auf diesen Punkt kommt derselbe in einer seiner Abhandlung
beigefügten sehr langen Note zurück, worin er ganz und gar für das von Mayer aufgestellte Princip, welches er selbst
„si hardi“ (so kühn, oder so gewagt?)
nennt, schwärmt, obgleich seine eigenen Versuche schon gegen den ersten Theil
desselben sprechen.
Gegen diesen ersten Theil, in folgender Weise ausgesprochen: „die Wärmemenge, welche durch Reibung, Stoß oder
Aenderungen in der Gestalt und dem Volumen der Körper erzeugt wird, ist
jedesmal der für diese Zwecke verwendeten mechanischen Arbeit
proportional“ ist gar nichts einzuwenden; denn das proportional seyn setzt noch nicht voraus, daß alle mechanische Arbeit in Wärme umgesetzt wird; es kann
unter ähnlichen Verhältnissen immer ein gleicher
aliquoter Theil der Arbeit zur Wärme-Erzeugung verwendet werden. Sobald man
aber hier den Satz nur noch dahin erweitert, daß man behauptet, die Einheit der
Arbeit erzeuge unter allen jenen Umständen eine gleiche
Wärmemenge, so überschreitet man schon weit das sichere Gebiet der Erfahrung, und verliert sich,
dieser vorauseilend, in das Gebiet luftiger Speculationen.
Die Resultate der bisherigen Versuche über die Reibung von Mayer, Joule und Hrn. Hirn sind gewiß nicht der
Art übereinstimmend, daß dadurch eine Ueberzeugung für die Erzeugung einer gleichen
Wärmemenge durch die gleiche Arbeit nicht einmal bei jeder Art von Reibung begründet würde, und noch viel weniger ist dieß
für die Erzeugung der Wärme bei dem Stoß oder der Form- und Volumenänderung
der Fall. Am allerwenigsten hat Hr. Hirn Ursache zu
dieser Ueberzeugung, nachdem er selbst gefunden haben will, daß
1) die geringste Wärmemenge erzeugt werde, wenn Metalle
trocken auf einander laufen und sich stark angreifen, weil alsdann 425 Meterkil.
verwendet würden, um 1 Wärmeeinheit zu erzeugen – eine Zahl, welche
derjenigen gleichkommt, die Joule für die Reibung von
Flüssigkeiten gefunden hat;
2) daß die größte Wärmemenge erzeugt werde, wenn die beiden Metalle trocken auf
einander gleiten, ohne sich anzugreifen, da dann zu einer Calorie nur 315 Meterkil.
verwendet würden;
3) daß dagegen die mittelbare Reibung unter Anwendung von Oelen das Mittel zwischen
den vorhergehenden Resultaten halte, und 365 Meterkilogr. für eine Calorie
verwende.
Wie man sich nach solchen Resultaten noch zu dem Glauben bekennen kann, daß eine und
dieselbe Menge verlorene Arbeit unter allen Umständen
eine gleiche Wärmemenge erzeuge, das zu begreifen ist mir nicht gegeben.
Aber mehr als kühn oder gewagt ist es, wenn man jenen Satz jetzt schon, ehe kaum ein
einziger Versuch dafür spricht, umkehrt und nicht nur behauptet, daß alle verlorene Arbeit in Wärme umgesetzt werde,
sondern auch daß dieselbe Wärmemenge unter allen Umständen
dieselbe mechanische Arbeit leiste.
Was man bisher höchstens bewiesen hat, ist daß unter gleichen
Umständen die Wärmeerzeugung der verlorenen Arbeit proportional ist, und
wenn wir recht viel zugeben, daß dieß selbst unter verschiedenen Umständen der Fall
seyn kann. Aus welchen Versuchen will man denn aber schließen, daß alle verlorene Arbeit Wärme wird? Ist es nicht denkbar
und wahrscheinlich, daß durch die Reibung, den Stoß u.s.f. kleine mechanische, von
der Wärme gänzlich verschiedene vibrirende Bewegungen in den betreffenden Körpern
hervorgerufen werden, welche mit den schallerregenden Schwingungen verwandt sind,
und selbst oft als solche auftreten, sich der Erde und der umgebenden Luft
mittheilen und so in
dieser Masse einen Theil jener verlorenen Arbeit verschwinden lassen? Es geht in der
Natur allerdings weder ein Stoff noch eine erzeugte Wirkung verloren; ein Centner
Zucker, welchen ich in Wasser aufgelöst in das Meer gieße, ist für die Natur auch
nicht verloren, für uns aber nicht mehr wahrnehmbar vorhanden, und in gleicher Weise
verhält es sich mit derjenigen Arbeit, welche für jene vibrirende Bewegungen der mit
der Erde in Verbindung stehenden Lager oder Unterlagen verwendet wird.
Wird nicht durch Reibung auch Elektricität erzeugt, also für diese ein Theil der
mechanischen Arbeit in Anspruch genommen? Diese Elektricität kann allerdings auch
wieder Wärme erzeugen; wird aber Jemand so kühn seyn, zu behaupten, daß jene durch
Reibung erzeugte Elektricität unter allen Umständen dieselbe Wärmemenge erzeuge?
Der einzige Versuch meines Wissens direct aus der Erfahrung nachzuweisen, daß eine
Wärme-Einheit wirklich eine Arbeit zu leisten im Stande sey, welche
derjenigen ziemlich nahe komme, die bei der Reibung zur Erzeugung einer
Wärme-Einheit verwendet wird, ist von Professor Kupffer in Petersburg gemacht worden. Leider aber ist dieser Versuch,
welcher aus dem Bulletin de l'Académie des sciences de
St. Pétersbourg in mehrere wissenschaftliche Journale ohne Bedenken
zu erregen übergegangen istMan findet den betreffenden Aufsatz in Poggendorff's Annalen Bd. LXXXVI S. 310., so unglücklich ausgefallen, daß ich nicht umhin
kann, ihn hier ausführlich zu beleuchten, da vielleicht Viele gerade durch die von
Hrn. Prof. K. erzielten Resultate zu dem Glauben an das sogenannte mechanische
Aequivalent der Wärme mögen verleitet oder darin bestärkt worden seyn.
Hr. Prof. Kupffer denkt sich einen Cylinder von Metall,
dessen Länge und Halbmesser der Einheit gleich sind, einmal durch einen mechanischen
Zug der Länge nach gestreckt, und dann durch Wärme ausgedehnt, und vergleicht nun
die Wirkung der von dem Cylinder aufgenommenen Wärme mit der jenes mechanischen
Zuges in doppelter Weise.
I. Wenn a die Längen-Ausdehnung des Cylinders für
eine Temperatur-Erhöhung vom Eis- bis zum Siedepunkte bezeichnet, so
würde nach Poisson die Ausdehnung 2a seyn, wenn die Wärme nur in der Richtung der Länge wirksam wäre. Nimmt
man dann die Wärme, welche einem gleichgroßen Wasser-Cylinder mitgetheilt
werden muß, um ihn von 0° bis 190° zu erwärmen, als Einheit an, und
bezeichnet die specifische Wärme des Metalles, aus welchem der Cylinder besteht, mit
m, das specifische Gewicht desselben mit S, so ist
mS
die Wärmemenge, welche der Metall-Cylinder selbst
aufnimmt, wenn er von 0° bis 100° erwärmt wird, also diejenige
Wärmemenge, welche als Zug wirkend die Verlängerung 2a
erzeugen würde. Bezeichnet man endlich die Ausdehnung, welche derselbe Cylinder
durch die Gewichts-Einheit erleidet, mit δ
und mit c das mechanische
Aequivalent der Wärme-Einheit, oder den Druck (!), welchen diese Wärmemenge ausübt, so ist
cmS
der Druck, welchen die von dem Cylinder aufgenommene Wärme
ausübt, oder die Kraft, welche die Dehnung 2a erzeugt.
Man hat damit, weil die Ausdehnungen, die ein Draht erleidet, den angewandten
Kräften proportional sind, die Gleichung:
a) 1/δ = cmS/2a
oder c = 2a/mSδ
welche für c immer denselben Werth
geben muß, aus welchem dehnbaren Stoff auch der Cylinder gebildet ist.
Hr. Kupffer nimmt den englischen Zoll als Einheit der
Länge, das russische Pfund als Gewichts-Einheit und berechnet mit theils von
ihm selbst bestimmten Werthen von δ und S, theils mit den von Regnault und Dulong gegebenen Werthen von m und a für folgende Metalle
die beistehenden Werthe für c:
Eisendraht
c = 247800
Messingdraht
c = 220600
Platindraht
c = 205050
Silberdraht
c = 223900
–––––––––
Mittelwerth
c = 224325,
und schließt daraus, daß die als Einheit angenommene Wärme im
Mittel auf π Quadratzoll einen Druck von 224325
russischen Pfunden von 4397 (im Original steht 4327) Atmosphären ausübt.
Lassen wir diese Betrachtung einstweilen unberührt, und fügen wir dieser Tabelle noch
den Werth von c für einen Glas-Cylinder bei. Nach
den Versuchen von Colladon und Sturm (Poggendorff's Annalen Bd. XII S. 39)
wurde eine Glasröhre von 1 Meter Länge und 13,3 Quadratmillimet. Querschnitt durch
ein Gewicht von 8 Kilogr. um 0,06 Millimeter, also um 0,00006 ihrer Länge gedehnt.
Die relative Dehnung dieser Röhre würde also für ein russisches Pfund
0,00006 × 1/(8 × 2,4418..) = 0,0000030714
und damit ergibt sich für einen Glascylinder von 1 engl. Zoll
Halbmesser
δ = 0,0000030714 . 13,3/π(25,3995)² = 0,000000020156.
Man hat ferner nach Dulong für Glas
a = 0,000861 m = 0,177
und wird ohne großen Fehler
S = 2,45
setzen können; mit diesen Werthen folgt dann aus der obigen
Gleichung
c = 197020,
und dieser Werth entfernt sich von dem für Eisen noch weiter
als der für Platin, so daß der Unterschied nahe 1/4 von dem Mittelwerthe
beträgt.
Aber auch abgesehen von den Unterschieden in den Werthen von c wird man einerseits schon aus der Natur der Wärme schließen und sich
anderseits ganz bestimmt durch die Gleichung (a)
überzeugen, daß es gar keinen Sinn hat, von einem Druck
zu reden, welchen die Einheit der Wärme ausübt. Denn dieser Gleichung (a) fehlt das wesentliche Erforderniß der Homogeneität;
sie gibt daher einen ganz andern Druck für eine bestimmte Wärme-Einheit, wenn
man andere Maaß-Einheiten zu Grunde legt, oder was auf dasselbe herauskommt,
sie gibt denselben Druck für sehr verschiedene Wärmemengen. Nehmen wir z.B.
metrisches Maaß, und zwar einen Cylinder von 1 Centimet. Höhe und Halbmesser, also
auch diejenige Wärme, welche die Temperatur eines solchen Cylinders von Wasser von
0° auf 100° erhöht, und welche (2,54)³ d. i. über 16mal in der
frühern Wärme-Einheit enthalten ist, als neue Einheit für die Wärme, und das
Kilogramm als Einheit für das Gewicht, so bleiben die Werthe von a, m und S ungeändert, aber
δ ändert sich proportional der
Gewichtseinheit und verkehrt proportional der Flächeneinheit; man hat daher für
Silber, dessen c mit dem obigen Mittelwerth nahe
zusammentrifft,
δ = 0,00000002854 × 2,4418.. ×
(2,5399..)² = 0,0000004496
und findet damit und den übrigen dem Silber angehörenden
Werthen nach Gleichung (a)
c = 14215 Kilogr.
Dieser Druck wirkt nun auf π
Quadrat-Centimeter; auf einen Quadratcentimeter kommt also ein Druck von
4524 Kilogr.
oder
4389 Atmosphären,
d. i. derselbe Druck,
welchen Hr. K. für seine über 16mal größere Wärme-Einheit findet, da der
obige Mittelwerth von c auch etwas größer ist, als das
c für Silber.
Viel merkwürdiger aber, als diese Vergleichung der mechanischen Wirkung der Wärme mit
einem Druck, ist die nun folgende Erklärung des Hrn. Professors, die ich wörtlich
anführen muß, da sie eine solche großartige Begriffsverwirrung enthält, wie ich sie
keinem Schüler verzeihen würde.
II. „Das mechanische Aequivalent der Wärme kann auch auf eine andere Art
ausgedrückt werden.“
„Der oben angeführte Metallcylinder wird durch die Schwerkraft eines
Pfundes um die Größe δ ausgedehnt; das
Gewicht p = 1/δ
würde ihn also um 1 Zoll verlängern; man kann also die elastische Kraft des
Cylinders damit bezeichnen, daß man sagt, sie hebe das Gewicht p um einen Zoll in die Höhe; denn sie hält der Kraft p, die um 1 Zoll herabgesunken ist, das
Gleichgewicht.“
Ich weiß nicht, über was man sich hier mehr wundern muß, über die neue Art, die
veränderliche elastische Kraft durch eine bestimmte unveränderliche Arbeit zu
erklären, oder über die neue Art, die Arbeit einer solchen veränderlichen Kraft
durch das Gewicht auszudrücken, dem sie in irgend einer Lage das Gleichgewicht hält!
Die Kraft 1/2 p dehnt denselben Cylinder um 1/2 Zoll
aus, man kann also die elastische Kraft des Cylinders auch damit bezeichnen, daß man
sagt, sie hebe das Gewicht 1/2 p um einen halben Zoll in
die Höhe; denn sie hält der Kraft 1/2 p, die um 1/2 Zoll
herabgesunken ist, das Gleichgewicht! Und ist vielleicht die Arbeit, welche
erfordert wird, um den Cylinder um 1 Zoll zu dehnen, gleich der Arbeit von p Pfunden 1 Zoll hoch gehoben? Ich werde diese Frage
weiter unten beantworten, da sie auf das Folgende keinen Einfluß hat. Hr. K. fährt
fort:
„Erhitzt man denselben Minder um 100° C., so dehnt er sich um die
Größe a aus; nach der obigen HypotheseOben war es ein von Poisson bewiesener Satz,
von dessen Richtigkeit ja die der ganzen Rechnung abhängt, der übrigens,
nebenbei bemerkt, allerdings von Lamé
bezweifelt oder vielmehr für unrichtig erklärt wird. würde er sich um 2a ausdehnen, wenn die
Wärme nur in einer Richtung wirkte, wie das Gewicht p; die Wärmemenge, die diese Ausdehnung hervorbringt, ist w.mS, wenn wir die
Wärmemenge, die dazu gehört, um einen Cylinder Wasser von einem Höhe = Radius = 1
vom Frierpunkt bis zum Kochpunkt zu erhitzen, mit w
bezeichnen.“
Die Wärmemenge also, welche kurz vorher als Einheit für die
Wärme angenommen wurde, wird jetzt mit w
bezeichnet, d.h. auf eine neue Wärme-Einheit bezogen, welche w mal in jener enthalten, also w mal kleiner ist! Natürlich wird auch die Wärmemenge w.mS, welche der
Metall-Cylinder aufnimmt, in diesen neuen unbekannten Wärme-Einheiten
ausgedrückt gedacht.
„Hieraus folgt, daß
w.mS/2a
die Wärmemenge ist, die eine Ausdehnung von 1 Zoll hervorbringen würde; oder (?)
da die Kräfte, die gleiche Wirkung hervorbringen, gleich seyn müssen, so ist
b) p =
w.mS/2a (!!)
Wir haben aber auch
p = 1/δ und mSδ/2a = 1/c, also w = c (!)
Die Menge Wärme, die dazu nöthig ist um einen Wassercylinder, dessen Höhe =
Radius = 1 ist, vom Frierpunkt bis zum Kochpunkt zu erhitzen, ist also fähig
224325 russische Pfunde auf 1 Zoll Höhe zu erheben.“
Welche unsinnigen Schlüsse und Folgerungen! Die Wärmemenge
w.mS/2a, die eine Ausdehnung von 1 Zoll hervorbringen würde, d.h. die Zahl,
welche angibt wie oft die oben bemerkte neue unbekannte
Wärme-Einheit in dieser Wärmemenge enthalten ist, wird der Zahl von Pfunden gleichgesetzt, welche eine Ausdehnung
von 1 Zoll hervorbringen würden!Es haben n Schafe denselben Werth, wie p Pferde; folglich hat man die Gleichung n = p!? Dieß wird dann noch mit einem Resultat der ersten Betrachtung, wo die
Wärme-Einheit eine ganz andere war, verglichen, und herausgebracht, daß w = c ist, und das heißt
doch, daß die frühere Wärme-Einheit die neue so oft enthält, als der Druck
c Pfunde beträgt? O nein, nach Hrn. K. bedeutet das,
daß diese Wärme-Einheit c Pfunde 1 Zoll hoch zu
heben vermag!
Wie kommen denn diese w oder c Wärme-Einheiten zur Höhe eines Zoll? Es war ja w.mS/2a die Zahl der Wärme-Einheiten oder Pfunden (denn das ist bei Hrn.
K. gleich bedeutend), welche einen Zoll hoch gehoben werden?!
Der Hr. Professor ist nur etwas confus geworden, indem er etwas schon Gesagtes in
einer neuen unklar gedachten Weise darstellen wollte. Denn was er nun mit w bezeichnet und Wärmemenge
nennt, ist nichts anders, als was er vorher mit c
bezeichnet und Druck in Pfunden genannt hat, und die
Gleichung (b) ist genau die erste der obigen Gleichungen
(a). Neu ist nur die Entdeckung, daß dieser Drucke,
welcher nur den Weg 2a zu machen hatte, plötzlich einen
Weg von 1 Zoll zurücklegt, weil cmS/2a
die Kraft ist, die eine Verlängerung von 1 Zoll hervorbringen
würde!?
Ich möchte doch den Unsinn sehen, welcher mit einem solchen
mathematisch-physikalischen Gallimathias nicht bewiesen werden könnte! Es ist
freilich auch ein verwünschter Zufall, daß die so herausgewundene Arbeit einer
Wärme-Einheit mit dem von Joule gefundenen
mechanischen Wärme-Aequivalent so nahe übereinstimmt.
Wie groß ist denn nun die wirkliche Arbeit, welche die Wärme durch die Ausdehnung
eines festen Körpers leistet? Geben wir diesem Körper die Form eines Würfels von 1
Decimeter Seite und sey wie oben a die
Längen-Ausdehnung durch die Wärme zwischen 0° und 100°, und δ die mechanische Verlängerung desselben durch 1
Kilogr. Zugkraft. Dieser Würfel wird, um die Größe x
gestreckt, einem Zug x/δ Kilogr. das Gleichgewicht halten, und dieser Zug wird auch das
Aenderungsgesetz der Arbeit seyn, welche erfordert wird, um die Dehnung x hervorzubringen, in Bezug auf die Dehnung x selbst als unabhängige Veränderliche genommen. Für die
Arbeit K, welche erfordert wird, um die Längenausdehnung
a hervorzubringen, hat man also den Werth
Textabbildung Bd. 136, S. 429
Um den Cylinder des Hrn. Prof. Kupffer um 1 Zoll zu dehnen,
ist also nur die Arbeit 1/2δ oder 1/2 p Zoll-Pfund nothwendig.
Diese Arbeit leistet aber die Wärme, welche der Würfel aufnimmt, und welche 100mS der gewöhnlichen metrischen Wärme-Einheiten
(wodurch 1 Kil. Wasser um 1° C. erwärmt wird) beträgt, dreimal, weil sie den
Würfel nach drei Richtungen ausdehnt. Bezeichnen wir also die Arbeit, welche eine
solche Wärme-Einheit bei der Ausdehnung leistet, in Meter-Kilogrammen
ausgedrückt mit A, so hat man
c) 100mSA =
3a²/20δ,
A = 3a²/2000mSδ,
und man überzeugt sich leicht, daß diese Gleichung homogen
ist, wenn man die Seite des Würfels = n Decim. annimmt;
denn dieser nimmt dann 100mSn³
Wärme-Einheiten auf, und dehnt sich um na
Decimeter aus; die Zugkraft von 1 Kilogr. dehnt ihn um nδ/n² = δ/n Decimet.; man hat also
Textabbildung Bd. 136, S. 430
wie vorher.
Berechnen wir darnach A für Eisen und Glas, indem wir für
jenes die Werthe: δ = 0,000000005, a = 0,001182, m = 0,11379,
S = 7,55, für dieses die Werthe δ = 0,000000009975, a
= 0,000861, m = 0,177, S
= 2,45 zu Grunde legen, so finden wir
für
Eisen
A = 0,487 Meterkil.,
„ Glas
A =
0,257 „
Die Arbeit, welche demnach die Wärme-Einheit durch die Ausdehnung dieser
Körper an und für sich leistet, ist sehr gering; es leuchtet aber ein, daß sie viel
größer werden kann, wenn diese Ausdehnung dazu angewendet wird, einen Druck
hervorzubringen oder eine Last zu heben.
Zur Berechnung einer solchen Arbeit fehlen übrigens die nothwendigen Gegebenen,
namentlich der Coefficient für die Ausdehnung eines stark belasteten Stabes.
Warum aber, um die mechanische Wirkung der Wärme kennen zu lernen, seine Zuflucht zu
festen Körpern nehmen, wo diese Wirkung immer eine einseitige ist. Warum nimmt man
nicht trockne atmosphärische Luft, für welche alle Größen so genau bestimmt sind,
und bei welcher uns gar kein Hinderniß entgegensteht, die ganze Arbeit zu ermitteln,
welche die Wärme durch Ausdehnung zu leisten im Stande ist?
Denken wir uns einen durch die Wärme unveränderlichen Cylinder, dessen Querschnitt
Q Quadratmeter beträgt, bis zu einer Höhe h Meter mit trockner Luft von 0° und 0,76 Meter Spannung
gefüllt und durch einen genau passenden Kolben, dessen Gewicht gerade dem Druck
einer Atmosphäre gleich sey, also 10330 . Q Kilogr.
betrage und der sich ohne Reibungswiderstand verschieben lasse, von einem darüber
befindlichen vollkommen leeren Raum abgesperrt. Wird diese Luft auf 1° C.
erwärmt, so dehnt sie sich, weil das Gefäß unveränderlich ist, nur in die Höhe aus
und die ganze aufgenommene Wärme wird zu dieser Ausdehnung verwendet, durch welche
der Kolben um 0,003665 . h Meter gehoben, also eine
Arbeit von
0,003665 . 10330 . Qh
Meter-Kilogr.
geleistet wird. Die specifische Wärme dieser Luft von
constanter Spannung ist nach Regnault
0,2377,
ihr ursprüngliches specifisches Gewicht ist 0,0012987;
folglich beträgt die von derselben aufgenommene Wärmemenge
1,2987 × 0,2377 . Qh
metrische Wärme-Einheiten; und eine
Wärme-Einheit leistet hier eine Arbeit von
(0,00365 . 10330)/(1,2987 . 0,2377) = 122,6
Meter-Kil.,
also nur 1/3 von dem sogenannten mechanischen
Wärme-Aequivalent der HHrn. Mayer und Joule. Man wird sich auch leicht überzeugen, daß diese Arbeit
dieselbe bleibt, wenn man dem Kolben das doppelte oder n
fache Gewicht gibt, wodurch die eingeschlossene Luft, wenn ihre Temperatur constant
bleibt, auf den Raum 1/n Qh zusammengedrückt wird,
vorausgesetzt, daß der Ausdehnungscoefficient und die specifische Wärme der Luft von
n Atmosphären Spannung dieselben bleiben wie für
Luft von 1 Atmosphäre.
Unsere besten Dampfmaschinen verbrauchen für 1 Pferdekraft per Stunde 1 1/2 Kil. guter Steinkohlen; nimmt man nun an, daß von 1 Kil.
solcher Kohlen nur 5500 Wärme-Einheiten an das Wasser im Kessel abgegeben
werden, und daß die in der Maschine verlorne Arbeit 2/3 von der nutzbaren Arbeit
beträgt, so erhalten wir, 75 Meter-Kil. per
Secunde für 1 Pferdekraft gerechnet,
für 8250 Wärme-Einheiten
450000 Meter-Kil. Arbeit
1 „
54
1/2 „
also nahe 3/7 der oben berechneten.
Schließlich noch die Bemerkung, daß die obige Betrachtung nicht zu Gunsten derjenigen
spricht, welche von der Ansicht ausgehen, daß wenn die Wärme
eine Arbeit leiste, sie als Wärme verschwinde und in Arbeit verwandelt
werde. Denn die ausgedehnte Luft besitzt noch alle ihr mitgetheilte Wärme,
wenn sie die Arbeit von 122 Meter-Kilogr. geleistet hat; es ist also für
diese Arbeit gar keine Wärme verzehrt worden, und dasselbe ist der Fall, wenn man
einen Dampfcylinder mit ganzer Füllung arbeiten läßt und von einer Abkühlung durch
den Cylinder Umgang nimmt. Jene Ansicht beruht hauptsächlich auf der Vorstellung,
daß die Wärme nur in Bewegung bestehe; mit dieser
Vorstellung dürfte es aber nicht nur sehr schwer seyn, die Erscheinungen der
Wärmecapacität und der gebundenen Wärme genügend zu erklären; sie scheint mir selbst
ganz und gar unvereinbar mit den Erscheinungen der Wärmeleitung, namentlich mit der
Erfahrung, daß alle Körper, selbst die sogenannten besten Leiter nur ein sehr
geringes Leitungsvermögen für die Wärme besitzen und das geringste vielleicht gerade
der Luft zukommt, welche die strahlende Wärme, d. i. die offenbar als Bewegung sich
äußernde Wärme am besten fortpflanzt, endlich daß man einen Körper um so länger warm
erhalten kann, mit je schlechteren Leitern man ihn umgibt. Soll die innere Bewegung
eines Körpers, gleichviel ob sie in einer Bewegung der Stofftheilchen selbst, oder
der diese umgebenden Aether-Atmosphären besteht, um so länger fortdauern, je
mehr man ihn mit andern Stoffen umgibt, welche eine ähnliche Bewegung nur schwer
anzunehmen vermögen? Meine Mechanik sträubt sich einstweilen noch gegen die Bejahung
dieser Frage und daher auch gegen die Annahme obiger Vorstellung, daß die Wärme nur in Bewegung bestehe.
Augsburg, den 15. Juni 1855.