Titel: | Miscellen. |
Fundstelle: | Band 136, Jahrgang 1855, Nr. , S. 232 |
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Miscellen.
Miscellen.
Feuergewehre mit automatischem Aufsetzen der
Zündhütchen.
In einer der letzten Sitzungen des Instituts der Civilingenieure zu London theilte
Hr. Néron aus Paris ein sinnreiches Verfahren mit,
um die Zündhütchen auf den Piston eines Gewehrs aufzusetzen. Der Apparat besteht in
einer Röhre, welche 22 Zündhütchen aufnimmt und die parallel mit dem Lauf und dicht
an demselben liegt, zum Theil in den Kolben eingelassen und so angeordnet ist, daß,
während das nahe Ende mittelst eines Stifts mit dem Hahn verbunden ist, das freie
Ende sich in einem Schlitz verschieben kann. Die Wirkung dieser Röhre ist sehr
einfach: – sie wird aus einem Behälter mit Hütchen gefüllt, von denen mehrere
nur einen sehr kleinen Raum einnehmen, worauf man sie am Ende mit dem angebrachten
Deckel verschließt. Zieht man nun den Hahn zur Hälfte auf, so wird die Röhre
vorwärts gezogen, bis ein Zündhütchen auf den Piston gelangt; beim vollständigen
Aufziehen des Hahns aber wird das Hütchen fest aufgedrückt. Wenn nach dem Abfeuern
Theile von dem Kupfer an dem Piston hängen bleiben, so werden sie durch einen
kleinen Haken an der Röhre, welcher beim Wiederholen der Operation ihr voran geht,
entfernt.
Es ist augenscheinlich, daß durch diesen einfachen und wohlfeilen Zusatz an einem
Gewehr viel Zeit beim Laden erspart und ein Zündhütchenverlust vermieden wird. Auch
können die auf diese Weise angewendeten Zündhütchen leichter seyn, so daß sich etwa
25 Proc. Kupfer ersparen lassen. Endlich werden sie in der Röhre trocken erhalten
und können also nicht durch Feuchtigkeit ihre Wirksamkeit verlieren und ein Versagen
des Gewehrs veranlassen.
Diese Verbesserung soll die Approbation des franz. Kriegsministeriums erhalten haben
und an den Minié-Gewehren etc. der Armee angebracht werden. Auch bei
der engl. Armee soll sie eingeführt werden. (London Journal
of arts, Februar 1855, S. 105.)
Ueber eine Schere zum Glasschneiden; von K. Karmarsch.
Es ist eine längst bekannte Sache, daß dünnes Tafelglas mit einer gewöhnlichen
Papierschere geschnitten werden kann, wenn man dasselbe dabei
etwas tief unter Wasser getaucht hält. Das Wasser hat offenbar den Zweck
und Nutzen, die Schwingungen oder Erschütterungen des Glases zu mildern, und somit
dessen Zerspringen vorzubeugen. Ich habe das Verfahren öfters versucht, mich aber
überzeugt, daß die Schnittkante stets sehr rauh, grobzackig ausfallt, und daß man
vor dem
Entzweispringen der Glastafel doch nicht völlig gesichert ist. Ernste, d.h.
praktisch-technische Anwendung ist demnach wohl schwerlich jemals von dem
kleinen Kunststück gemacht worden. Daß man die Glasstücke nur beschneiden, nicht
aber etwa nach beliebigen Linien durch schneiden kann,
versteht sich von selbst: der Glaser aber erreicht das erstere weit besser und
sicherer durch ein in seiner Werkstätte übliches Werkzeug, nämlich das
Kröseleisen.
Vor ganz Kurzem habe ich nun aber aus Paris eine Schere empfangen, welche ganz vortrefflich zum Beschneiden des Tafelglases, frei in der Hand ohne Hülfe
des Wassers, geeignet ist Nach meinen vielfältigen Versuchen lassen sich damit alle
gewöhnlich vorkommenden Sorten Fensterglas, von den dünnsten bis zu den dicksten, so
leicht, bequem, schnell und sicher behandeln, daß es mehr ein Spiel als eine Arbeit
ist. Für längere geradlinige Schnitte wird zwar der Diamant immer den Vorzug
behalten; ja er behauptet eine ausschließliche Anwendbarkeit beim Durchtheilen der Tafeln, wo beide getrennte Theile
unzerkleinert bleiben müssen. Allein um Ecken abzuschneiden, so wie runde und ovale
Platten etc. darzustellen, überhaupt den Glasrand nach auswärts gekrümmten Umrissen zuzurichten, kann ich die erwähnte Schere aus
Erfahrung bestens empfehlen. Sie erzeugt eine Schnittkante von so guter fein-
und stumpfzackiger Beschaffenheit, daß dieselbe in den meisten Fällen (z.B. beim
Einlegen des Glases in Rahmen) ohne weitere Zurichtung bleiben kann; nöthigenfalls
aber durch sehr geringes Nachschleifen auf einem Sandsteine genugsam geglättet wird.
Die abgeschnittenen überflüssigen Glastheile zersplittern, aber fast niemals
entsteht der kleinste widerwärtige Sprung nach dem Innern der Glasfläche zu; und das
Beschneiden geht beinahe so rasch von statten, als wenn man dünnes Messingblech
unter den Händen hätte. Die kleinen Rauhigkeiten des Randes sind nachträglich
mittelst der Schere selbst beinahe völlig zu beseitigen, indem man diese so
gebraucht, daß sie fast nur Staub abnimmt. Mit dem Kröseleisen arbeitet man weder
eben so sauber, noch eben so schnell. Man muß nur darauf achten, daß die Schere
stets sehr wenig geöffnet und auf jeden Druck wenig fortgeschoben werde; die
Bewegungen des Oeffnens und Schließens dürfen jedoch so flink auf einander folgen,
als die Hand irgend im Stande ist sie hervorzubringen. Es ist unnöthig zu bemerken,
daß – will man nicht dem Augenmaaße vertrauen, sondern genau einer
vorgeschriebenen krummen Linie folgen – am besten ein richtig geformtes Blatt
Papier vorläufig auf dem Glase angeklebt wird.
Nun zur Beschreibung der Schere: dieselbe gleicht im allgemeinen Aussehen einer
Hand-Blechschere, ist aber mit großen ovalen Ringen zum Einstecken der Hände
ausgestattet. An meinem Exemplare ist die Gesammtlänge, von der Spitze der Blätter
bis zum Ende der Ringe, 11 1/4 Zoll (hannov.); davon kommen 2 3/4 Zoll auf den
Abstand zwischen der Spitze und dem Mittelpunkte des Nietes. Die Oeffnung jedes
Ringes mißt 3 5/8 Zoll in der Länge und 1 3/8 Zoll in der Breite. Die Länge der
Schneiden beträgt 2 1/8 Zoll. – Die wichtigste Eigenthümlichkeit dieser
Glasschere liegt in der Zuschärfung der Schneiden. Die fast ein Viertelzoll dicken,
auf der innern Fläche wie bei anderen Scheren ein klein wenig hohlgeschliffenen
Blätter sind nämlich von außen her durch eine einzige ebene Facette von 5/16 Zoll
Breite so zugeschärft, daß der Kantenwinkel an den Schneiden sehr nahe = 45°
ist. Hierin liegt eine höchst wesentliche Abweichung von den Blechscheren, an
welchen zwar eine ähnliche breite und schräge Facette vorhanden ist, deren
Schneidkanten jedoch durch Anschleifen einer zweiten, sehr schmalen Facette in
solcher Weise gebrochen werden, daß der eigentliche Schneidwinkel die Größe von
ungefähr 80° erhält.
Indem sonach beim Schneiden des Glases dieses zwischen zwei dünnen, scharfen
Schneiden gefaßt wird, entsteht ein Druck nur auf die schmalen von denselben
berührten Linien, und das Absprengen oder Abbrechen der Glastheilchen geschieht mit
möglichst geringer Einwirkung auf die daneben liegenden Theile der Oberfläche,
veranlaßt daher auch keine Spannung, welche einen ungehörigen Sprung erzeugen
könnte.
Sehr gute Härtung der Scherblätter ist, wie von selbst einleuchtet, ein wesentliches
Bedingniß. Mit der vorliegenden Schere scheint nach dem Härten gar kein, oder
höchstens nur ein sehr geringes Nachlassen statt gefunden zu haben. Sie erhielt, wie
kaum anders zu erwarten, durch fortgesetzten Gebrauch eine Menge äußerst feiner (nur
bei genauer Betrachtung erkennbarer) Scharten in den Schneiden; diese schaden aber ihrer Wirkung
nicht. Sollte sich jedoch ein schwacher Grath seitwärts an den Schneiden aufrichten,
so müßte man denselben mit einem feinen Handschleifsteine abstreichen, wie denn
überhaupt für gute Instandhaltung der Schere zu sorgen ist, wenn sie ihrem Zwecke
genügend entsprechen soll. Der Preis dieser Glasschere ist in Paris 15 Francs.
(Mittheilungen des hannoverschen Gewerbe-Vereins, 1855, Heft 1.)
Einfaches Mittel zur Entfernung erstickender Luftarten aus
Brunnen.
Ein in Bremen kürzlich vorgekommener Erstickungsfall (wo ein Mann einen
Peitschenstiel durch die Fuge im Deckel einer Düngergrube fallen ließ und beim
Herausholen desselben ums Leben kam, weil ihm nicht schnell Hülfe wurde) erinnert
mich daran, daß ich vor mehreren Jahren einen 36 Fuß tiefen, 3 1/2 Fuß weiten
Brunnen graben ließ, und es mir sehr unangenehm war, denselben, als er nach mehreren
Monaten wegen einer Reparatur am Rohre geöffnet werden mußte, einige Tage offen zu
lassen, weil ein an einem Bindfaden hinabgelassenes Licht immer erlosch. Die
Arbeiter schossen in den Brunnen, legten über demselben Feuer an; aber der
Luftwechsel blieb stets in der Tiefe gleich mangelhaft. Da erklärte ich, die Luft
binnen zwei Minuten verbessern zu wollen, holte einen Regenschirm, band ihn mit dem Stiele an eine Schnur, ließ ihn hinab, zog
rasch wieder in die Höhe und wiederholte dieß einige Male. Ein nun
hinuntergelassenes Licht brannte hell bis zum Wasserspiegel, und dicht über
demselben fort. Mit Anwendung einer so einfachen Vorrichtung, die überall bei der
Hand ist, wäre gewiß manchem Arbeiter das Leben zu retten gewesen, der im Brunnen
erstickt ist; und ich denke, eine einfache Erzählung der Sache in vielgelesenen
Volkskalendern würde am rechten Orte seyn. Sie erinnert an die glühende Kohle,
welche der Professor nicht mit der Hand fortzuschaffen wußte, während dieß seiner
Magd auf das Leichteste gelang, nachdem sie etwas Asche unter die Kohle in die Hand
gelegt hatte. G. Kindt in Bremen. (Mittheilungen des
hannoverschen Gewerbe-Vereins, 1855, Heft 1.)
Rothe Tinte.
Im Artikel „Tinte“ in Prechtl's
technologischer Encyklopädie (Bd. XVIII S. 465) ist nach Kreßler folgende Vorschrift zur Bereitung einer rothen Tinte aus
Cochenille gegeben:
„Es werden 4 Loth beste Cochenille, gröblich gepulvert, in 1 Pfund Wasser
geschüttet, worin man 4 Loth krystallisirtes kohlensaures Natron aufgelöst hat.
Eine Stunde lang läßt man dieß, unter öfterem Umrühren, stehen; dann filtrirt
man durch Leinwand, und setzt der bläulich rothen Flüssigkeit allmählich von
einem gepulverten Gemenge aus 4 Loth Alaun und 4 Loth Weinstein zu, indem man
bei jeder Portion das Aufbrausen vorübergehen läßt. Ist die gewünschte Höhe der
Farbe zum Vorschein gekommen, so hört man mit dem Zusetzen auf, läßt ruhig
stehen, gießt die Tinte von dem geringen Bodensatze ab, fügt eine Auflösung von
3 Loth Gummi in Wasser, und zuletzt ein wenig Nelkenöl hinzu. – Viel
Vorrath zu halten ist nicht räthlich, da Cochenille-Tinten leicht in
Fäulniß übergehen.“
Ich habe schon vor längerer Zeit die Bemerkung gemacht, daß
diese Tinte sich Jahre lang hält, wenn man statt kohlensauren Natrons kohlensaures Ammoniak dazu nimmt, und zwar so viel, daß
es in der Mischung vorherrscht. G. Kindt. (A. a. O.)
Farbe zum Zeichnen der Wäsche vermittelst eines
Stempels.
Die hiezu gegebenen Vorschriften entsprechen dem Zwecke nicht so gut wie folgendes
Verhältniß:
salpetersaures Silber
11 Theile,
Salmiakgeist
22 „
krystallisirtes kohlensaures
Natron
22 „
arabisches Gummi
50 „
Saftgrün
2 „
destillirtes Wasser
13 „
Die damit bedruckte Leinwand muß längere Zeit dem Sonnenscheine ausgesetzt, oder
besser mit einem heißen Plätteisen – so lange, bis die Schrift nicht mehr an
Schwärze zunimmt – gebügelt werden. G. Kindt. (A.
a. O.)
Verbessertes Verfahren bei dem Anstriche hölzerner Fußböden
mit heißem Leinölfirnisse.
Der früher von J. Thorr, Inspector des Krankenhauses zu
München, im Kunst- und Gewerbeblatt des polytechnischen Vereins für Bayern
veröffentlichte wohlfeile Anstrich für hölzerne Fußböden (polytechn. Journal Bd. CXX S. 78) hat sich als ganz vorzüglich
erprobt. Durch die Anwendung dieses Fußbodenanstriches mit Leinölfirniß hat die
Salubrität eine wesentliche Verbesserung und einen großen Fortschritt erreicht, weil
der Fußboden bei der fortgesetzten, alljährlichen Erneuerung des Anstriches nach
einigen Jahren einen glasartigen Ueberzug erhält, wodurch die Feuchtigkeit nach
erfolgter Reinigung spurlos verschwindet, alle nassen Ausdünstungen beseitigt
werden, und der Boden selbst nicht mehr so sehr verunreinigt werden kann.
Durch das neue Verfahren bei dem Fußbodenanstriche
mittelst einer Beimischung von Siccatif ergibt sich der
Vortheil, daß derselbe in Zeit von 24 Stunden schön glänzend und fest getrocknet
ist, weßhalb dieses Verfahren alle Nachahmung verdient.
Die Bereitung des Leinölfirnisses geschieht auf folgende Weise:
Man nimmt zu dem Fußbodenanstrich auf 3 bayer. Maaß Leinöl
6 Loth Silberglätte und 8 Loth
Siccatif.
Während des stärksten Kochens des Oels wird die feingeriebene Silberglätte
hineingeschüttet und der entstehende weiße Schaum verrührt, damit es beim Anstriche
keine Streifen gibt. Wenn das stark kochende Leinöl vom Feuer weggenommen worden
ist, schüttet man langsam und vorsichtig das Siccatif, welches ein Steigen der Flüssigkeit verursacht,
hinzu und verrührt es ebenfalls.
Beim Anstreichen sieht man darauf, daß das Oel im Topf immer sehr heiß und so flüssig
wie Wasser, aber doch nicht so heiß ist, daß es im Topfe anbrennen kann, wodurch es
eine zu dunkle Farbe erhalten würde.
Der Firniß kann, wenn er beim Anstreichen erkaltet und zähe wird, jederzeit wieder
heiß gemacht werden, wobei man das Aufrühren nicht vergessen darf. (Bayerisches
Kunst- und Gewerbeblatt, 1855, S. 82.)
Erprobte Wagenschmiere für Eisenbahnfuhrwerk.
Beim Betriebe der hannoverschen Eisenbahnen wendet man seit längerer Zeit für alle
Arten von Lastfuhrwerk Schmieren nach folgenden Recepten an:
Im
Sommer.
Im
Winter.
80 Pfund Wasser,
120 Pfund Wasser,
24
„ Palmöl,
24 „
Palmöl,
12
„ Talg,
12 „
Talg,
1
„ Soda,
4 „
Soda.
(Mittheilungen des hannoverschen Gewerbevereins, 1855, Heft
1.)
Ueber ein sehr empfindliches Reagens zur Entdeckung einiger
reducirend wirkender Körper, wie Zinnchlorür, Schwefelwasserstoff, schweflige Säure
(im Wein und Hopfen) etc.
Die zu diesem Zweck von J. Löwenthal (polytechn. Journal
Bd. CXXX S. 398) empfohlene
Reagensflüssigkeit besteht in einer frisch bereiteten verdünnten Lösung von
Ferridcyankalium, vermischt mit einigen Tropfen oxydulfreier Eisenchloridlösung.
Bringt man von derselben einige Tropfen in eine Flüssigkeit, welche nur Spuren oben
genannter reducirender Stoffe enthält, so entsteht augenblicklich ein blauer
Niederschlag oder eine blaue Färbung von sich bildendem Eisencyanürcyanid. Bei der
Nachweisung von Schwefelalkalien und schwefligsauren Salzen ist natürlich ein Zusatz
von Salzsäure erforderlich. Dieses neue Prüfungsmittel erweist sich in der That als
weit empfindlicher, als die bisher zu den genannten Zwecken in Anwendung gebrachten;
es läßt sich indeß nur da gebrauchen, wo man im Voraus weiß, daß nur der eine oder
der andere jener reducirenden Körper in einer Flüssigkeit wirklich vorhanden seyn
kann. So läßt sich z.B. recht gut Zinnchlorid auf einen Gehalt von Zinnchlorür
prüfen, nicht aber, wie der Verfasser meint, Wein auf
einen Gehalt an schwefliger Säure. Unseren eigenen Erfahrungen zufolge sahen wir
nämlich in verschiedenen Weinsorten, von denen wir zuverlässig wußten, daß sie nie
in geschwefelten Fässern gelagert oder überhaupt jemals mit schwefliger Säure in
Contact gekommen waren, dennoch eine Blaufärbung bei Zusatz obiger
Reagensflüssigkeit in kurzer Zeit eintreten; es lag daher die Vermuthung nahe, es
möchte außer der schwefligen Säure auch noch ein anderer im Weine enthaltener Stoff
dieselbe reducirende Wirkung auf das von dem genannten Verfasser empfohlene Reagens
auszuüben im Stande seyn, und es stellte sich bei fortgesetzten Versuchen wirklich
heraus, daß auch der Gerbstoff, der muthmaßlich, wenn
auch oft nur in geringer Menge, in den meisten Weinen angetroffen werden dürfte,
dieselbe Reaction hervorbringt. – Fernere Versuche ergaben, daß auch zur
Prüfung des Hopfens auf einen Gehalt an schwefliger Säure
das von Löwenthal empfohlene Mittel keine Anwendung
finden könne, indem das Lupulin für sich schon als Reductionsmittel wirkte. In den
hier genannten zwei Fällen hat sich uns das früherhin von Prof. W. Heintz in Poggendorff's
Annalen Bd. LXVI S. 160 beschriebene Verfahren am zuverlässigsten bewährt. Professor
Dr. Rud. Böttger.
(Jahresbericht des physikalischen Vereins in Frankfurt a. M. 1853–54.)
Heintz verfährt wie folgt: Die zu untersuchende
Flüssigkeit, oder die in Wasser oder Salzsäure aufgelöste Substanz wird mit einer
Auflösung von Zinnchlorür in verdünnter Salzsäure versetzt und bis zum anfangenden
Kochen erhitzt. Dadurch geschieht diejenige Zersetzung, welche die Fällung von
Schwefelzinn verursachen würde, wenn schweflige Säure in nur einigermaßen größerer
Menge vorhanden wäre. Wird diese Menge aber bis auf einen gewissen Grad verringert,
so fällt Schwefelzinn nicht nieder, die Flüssigkeit riecht aber nach
Schwefelwasserstoffgas, und färbt sich unmerklich gelb, ohne sich zu trüben. Jener
Geruch würde also schon eine geringere Menge von schwefliger Säure anzeigen, als
nöthig ist, um die Fällung von Schwefelzinn zu veranlassen. Da sein Geruch aber,
wenn nur höchst geringe Spuren dieser Säure vorhanden waren, durch die Dämpft der
Salzsäure verdeckt werden könnte, so kann man die Gegenwart des daraus gebildeten
Schwefelwasserstoffs leicht dadurch sichtbar machen, daß man einige Tropfen einer
Auflösung von Kupfervitriol zur erkalteten Flüssigkeit hinzusetzt. Es fällt sogleich
Schwefelkupfer nieder, das seiner intensiven Farbe wegen die Gegenwart auch der
geringsten Mengen von Schwefelwasserstoff, also in diesem Falle auch von schwefliger
Säure nachweist.
Diese einfache Methode ist nach Heintz eben so empfindlich
als das bekannte Verfahren von Fordos und Gélis, welches darin besteht, die zu untersuchende
Substanz mit (reiner) Salzsäure zu versetzen, diese Flüssigkeit auf Zink zu gießen
und das sich entwickelnde Wasserstoffgas durch eine Lösung von basisch essigsaurem
Bleioxyd zu leiten, wobei das aus der schwefligen Säure sich bildende
Schwefelwasserstoffgas aus der Bleioxydlösung Schwefelblei niederschlägt. Dieses
Verfahren hat aber offenbar viele Unbequemlichkeiten, denn einerseits ist stets ein eigener, wenn
auch einfacher Gasentwickelungsapparat dazu nöthig, andererseits muß die größte
Sorgfalt darauf verwendet werden, deß das Zink frei von Schwefel ist.
Ueber das Kupferchlorür; von Prof. Dr. Vogel
jun.
In dem Kupferchlorür besitzt man nach der von Leblanc
angegebenen Methode ein vortreffliches Mittel, um Kohlenoxydgas von Gasgemengen abzuscheiden. Die Absorption des
Kohlenoxydgases durch Kupferchlorür geht nach meinen Erfahrungen nahezu mit
derselben Geschwindigkeit vor sich, wie die Aufnahme der Kohlensäure durch
caustisches Kali. Zu dem angegebenen analytischen Zweck einer größeren Menge von
Kupferchlorür benöthigt, habe ich die bisher bekannten Methoden der Darstellung von
Kupferchlorür versucht. Am wenigsten geeignet erscheint die Art, Kupferchlorür durch
Präcipitation mittelst Zinnchlorür aus Kupferchlorid zu gewinnen, indem auf diese
Weise kein zinnfreies Kupferchlorür erhalten wird. Die Digestion von Kupferchlorid
mit metallischem Kupfer zur Darstellung von Kupferchlorür geht ohne Kochen sehr
langsam vor sich und liefert nur durch Präcipitation mit Wasser ein reines Präparat,
welches, um als Reagens auf Kohlenoxydgas angewendet zu werden, erst wieder in
Salzsäure aufgelöst werden muß. Kupferchlorür durch Auflösen von Kupferoxydul in
Salzsäure darzustellen, wenn letzteres auf die gewöhnliche Methode durch Behandeln
eines Kupfersalzes mit Zucker etc. erzeugt ist, kann wegen der Kostspieligkeit des
Verfahrens nicht in Betracht kommen, wenn es sich um den Bedarf größerer Quantitäten
von Kupferchlorür handelt. Ich habe daher einen anderen Weg eingeschlagen, welcher
sich auf die Reduction des Kupferoxyds durch Kohle gründet. Kupferoxyd und
Kohlenpulver im Verhältniß von 4 Aeq. zu 1 Aeq. gemengt und in einem Tiegel bei
abgehaltenem Luftzutritt scharf roth geglüht, wird sehr vollständig zu Kupferoxydul
reducirt. Die geglühte Masse mit Salzsäure behandelt, kann unmittelbar zur
Bestimmung des Kohlenoxydgases angewendet werden oder liefert beim Erkalten einer
concentrirten Lösung Kupferchlorür in Krystallen.
Das Kupferchlorür erleidet durch Wasser eine Zersetzung, indem es sich gelb färbt.
Proust, welcher sich vorzüglich mit den Eigenschaften
dieses Körpers beschäftigt hat, gibt an, daß diese Zersetzung durch Wasser nur eine
theilweise sey. Ich habe mich durch Versuche überzeugt, daß diese Angabe offenbar
einer Berichtigung bedürfe. Hat man das Kupferchlorür durch Fällen aus der
salzsauren Lösung bereitet und versucht dasselbe durch Decantiren auszuwaschen, so
bemerkt man allerdings, sobald das Waschwasser nur noch geringe Reaction auf freie
Säure zeigt, daß sich der weiße Niederschlag von Kupferchlorür gelb färbt, was sich
namentlich auf die in der Flüssigkeit suspendirten Theilchen desselben erstreckt;
beim ruhigen Stehen setzt sich über dem weißen Kupferchlorür liegend eine gelbe
Schicht ab. Setzt man aber nun das Auswaschen noch weiter fort, so nimmt namentlich
bei Digestionswärme diese über dem Kupferchlorür befindliche Schicht eine tiefere
Färbung an, bis sie endlich tief roth erscheint. Immer geht diese Färbung jedoch von
der Oberfläche des Kupferchlorürs, wo dieses mit dem Wasser in Berührung ist, aus,
und erstreckt sich erst nach längerer Zeit oder durch häufiges Aufschwemmen des
Niederschlags im Waschwasser durch die ganze Masse desselben. Die Zersetzung des
Kupferchlorürs durch Wasser läßt sich auf solche Weise so weit treiben, daß der
ganze Rückstand im feuchten Zustande eine dem Zinnober kaum nachstehende rothe Farbe
annimmt. Dieses Factum durch häufige Versuche unzweifelhaft constatirt, mußte es von
Interesse seyn, die Natur dieses Productes und demnach den bei dessen Bildung
stattfindenden Proceß zu bestimmen.
Ich prüfte daher den erhaltenen rothen Niederschlag nach
dem völligen Auswaschen, d.h. bis das Filtrat keine Reaction auf Salzsäure mehr
zeigte, zunächst auf Salzsäure, und erhielt durch salpetersaures Silberoxyd nicht
die geringste Spur derselben. Dabei zeigte sich dieser Rückstand beim Auflösen in
Salpetersäure, indem metallisches Kupfer abgeschieden wurde (ebenso durch
Schwefelsäure) als Kupferoxydul, welches auch schon die rothe Farbe vermuthen lassen
mußte, obgleich sie ohne
Vergleich reiner ist als die eines nach den bisherigen Methoden dargestellten
Kupferoxyduls. Um jedoch völlige Gewißheit zu erhalten, wurde eine bei 100°
C. im trockenen Luftstrome getrocknete Probe, die beim höheren Erhitzen kein Wasser
mehr abgab, im Strome von Wasserstoffgas reducirt.
Es ergaben sich folgende Zahlenresultate:
In 100 Theilen:
Substanz
645
gefunden:
berechnet:
Kupfer
567
87,9
88,8
Sauerstoff
78
12,1
11,2
Ueber die Natur des Productes konnte sonach kein Zweifel mehr seyn; es ist reines,
chlorfreies Kupferoxydul.
Was nun den Vorgang betrifft, welcher die Bildung von Kupferoxydul aus Kupferchlorür
bedingt, so ließen die ersten Versuche schon beobachten, daß die Umwandlung von
Kupferchlorür in Kupferoxydul besonders rasch bei recht häufiger Erneuerung des
Waschwassers von Statten ging, wodurch offenbar ein Antheil der in dem Wasser
enthaltenen Luft an dem Processe angedeutet wird.
Dieß bestätigte vor Allem ein Versuch, in welchem das in Wasser aufgeschwemmte
Kupferchlorür mit Sauerstoffgas geschüttelt wurde, wobei die Bildung des
Kupferoxyduls unter Absorption von Sauerstoffgas um Vieles rascher erzielt werden
konnte.
Einen weiteren Anhaltspunkt für das Studium des Processes gewährte die Analyse der
durch das Waschwasser gelösten Verbindungen. Die Analyse ergab das Verhältniß
zwischen Chlor und Kupfer zu gleichen Aequivalenten, und es ergibt sich die
Zusammensetzung in 100 Theilen:
gefunden:
berechnet:
I.
II.
Cu
46,9
46,8
47,2
Cl
53,1
53,2
52,8
Diese Daten beweisen auf das Entschiedenste, daß die ganze Menge Kupferchlorür gerade
auf zerlegt wird in Kupferchlorid und Kupferoxydul, wobei der Sauerstoff des
letzteren aus der im Wasser enthaltenen atmosphärischen Luft herrührt.
Es gestaltet sich demnach der ganze Vorgang nach der Formel:
2 (Cu₂Cl +
O)
= Cu₂O + 2CuCl.
Es ist schon oben erwähnt worden, daß die Umwandlung des Kupferchlorürs in
Kupferoxydul besonders leicht beim häufigen Erneuern des Waschwassers vor sich gehe.
So förderlich dasselbe einerseits für die Bildung des schönrothen Kupferoxyduls ist,
so nothwendig ist es andererseits, indem dadurch zugleich die Entfernung des aus der
Zersetzung hervorgegangenen Kupferchlorids bedingt ist. Findet diese nämlich nicht
statt, so wird rasch eine weitere Umsetzung unter Sauerstoffabsorption eingeleitet,
die das schon gebildete Kupferoxydul zur Constituirung einer ganz anderen
Verbindung, nämlich eines Salzes nach der Formel
CuCl + 3 CuO + 4 aq.
verwendet.
Vermengt man Kupferoxydul, gleichgültig ob frisch gefällt oder schon länger
aufbewahrt, mit einer Kupferchloridlösung, so bemerkt man daß, wenn das Gemisch mit
der Luft oder mit Sauerstoffgas in Berührung ist, die braunrothe Färbung des
Gemisches binnen kurzer Zeit in eine hellgrüne übergeht. In diesem Falle findet
ebenfalls eine Sauerstoffabsorption statt und es resultirt das eben erwähnte Salz.
Nach dem Auswaschen gab dieses bei 100° C. im trockenen Luftstrome
getrocknete Salz, welches beim stärkeren Erhitzen schwarz glänzend wird, indem
gleichzeitig Wasser von schwach saurer Reaction übergeht, folgende Resultate:
Salz
329
Rückstand
278
–––
also
Wasser
51
Der Gehalt an Kupfer und Chlor ergibt sich aus den gefundenen Werthen:
AgClCuO
300339
hier kommen offenbar auf 1 Aeq. Chlor 4 Aeq. Kupfer. Aus
diesen Daten ergibt sich die Zusammensetzung in 100 Theilen:
gefunden:
berechnet:
1 Cl Chlor
16,3
15,9
4 Cu Kupfer
58,0
57,0
3 aq.
Wasser
16,2
16,2
3 O Sauerstoff
9,5
10,8
–––––––––––––––––
100,0
100,0
Diese Resultate beweisen, daß die Bildung des basischen
Kupferchlorids aus dem Kupferoxydul unter Sauerstoffaufnahme nach der Formel vor
sich geht:
3 Cu₂O2 CuCl6 aq.3 O
= 2
3 CuOCuCl3 aq.
d.h. 3 Aeq. Kupferoxydul liefern unter Aufnahme von 2 Aeq.
Kupferchlorid, 3 Sauerstoff und 6 Wasser, 2 Aeq. dreifach basisches
Kupferchlorid.
Um die Bildung dieses Salzes zu vermeiden, ist es nothwendig, das Waschwasser oft zu
erneuern, indem Kupferchlorür mit wenig Wasser übergossen und der Luft oder dem
Sauerstoff ausgesetzt, nur in dieses Salz übergeht und zwar ohne das Auftreten von
Kupferoxydul als Zwischenstufe. Es zerlegt sich dann nämlich unter
Sauerstoffaufnahme in lösliches Kupferchlorid und das unlösliche basische Salz. 3
Aeq. Kupferchlorür liefern in diesem Fall 1 Aeq. basisches Kupferchlorid und 2 Aeq.
lösliches Kupferchlorid, indem sie 3 Aeq. Sauerstoff aufnehmen und 4 Aeq. Wasser,
nach der Formel:
unlöslich:
löslich:
3
Cu₂Cl 3
O 4 aq.
CuCl3 CuO4 aq.
2 CuCl
Das auf diese Weise erhaltene basische Kupferchlorid ist im Wasser völlig unlöslich,
indem letzteres längere Zeit mit dem Salze digerirt durch Kalium-Eisencyanür
durchaus keine Färbung gibt. Die Analyse des Salzes liefert folgende Zahlenwerthe:
329 Milligramme bei 120° C. im leeren Raume getrocknetes Salz gaben beim
starken Erhitzen 278 wasserfreien, schwarzen Rückstand
= 1 Kupferchlorid + 3 Kupferoxyd;
nach der Formel hätten 277 Milligramme erhalten werden
müssen.
Ferner lieferten 500 Milligramme dieses im leeren Raume getrockneten Salzes
319 AgCl
= 15,8 Proc. Cl
362 CuO
=
57,6 „ Cu
hieraus ergibt sich die vollständige procentische
Zusammensetzung zu:
gefunden:
berechnet:
1 Cl
15,8
15,9
4 Cu
57,6
57,0
3 aq.
16,2
16,2
3 O
10,4
10,8
Die Auflösung des Kupferchlorids wird beim Eindampfen, bevor sie krystallisirt,
gallertartig und erstarrt nachher zu einem Haufwerk feiner, seidenglänzender,
blaugrüner Nadeln. Beim langsamen, freiwilligen Verdunsten liefert die Lösung
quadratische Prismen mit basischer Endfläche. Diese verlieren schon bei 101°
C. ihren ganzen
Wassergehalt und es bleibt wasserfreies, braunes Chlorid zurück; ebenso im trockenen
Raume über Schwefelsäure. 492 Milligramme der Krystallnadeln wogen nach dem Trocknen
im Wasserbade, mittelst des trockenen Luftstromes 387. Der Verlust an 105 Wasser
entspricht auf 1 Aeq. Kupferchlorid 18,2 oder 2 Aeq. Wasser; hieraus ergibt sich die
procentische Zusammensetzung:
berechnet:
gefunden:
CuCl
78,8
78,7
aq.
21,3
21,2
welches auch schon in früheren Versuchen erhalten worden
ist.
Daß Kupferchlorid beim Erhitzen Chlor abgibt und beim
Behandeln des Rückstandes mit Wasser Kupferchlorür ungelöst zurückbleibt,
ist eine bekannte Thatsache. Es wäre eine technisch wichtige Frage, ob diese Chlorentwickelung für Fabrikzwecke anwendbar gemacht
werden könnte. Graham
Graham-Otto, Lehrbuch der Chemie, Bd. II
S. 802. legt dem Kupferchlorid, indem er dessen Chlorentwickelung in höherer
Temperatur erwähnt, das Prädicat „wasserhaltig“ bei, was in
dieser Angabe eine gewisse Einschränkung anzudeuten scheint; indeß gibt auch das
braune, vollkommen wasserfreie Kupferchlorid eine große Menge Chlor beim Erhitzen
und natürlich alsdann frei von Salzsäure. Allmählich bis zum eben anfangenden
Rothglühen erhitzt, gaben 425 Milligramme Kupferchlorid 87 Chlor, d.h. 1 Aeq.
Kupferchlorid liefert 13,8 Chlor, daher 3 Aeq. Kupferchlorid 1 Aeq. Chlor abgeben,
wonach man den in der Retorte bleibenden Rückstand als:
Cu₂Cl + CuCl
betrachten kann.
Durch Behandlung mit Wasser zerfällt der Rückstand sogleich in 1 Aeq. lösliches
Kupferchlorid und 2 Aeq. ungelöst bleibendes Kupferchlorür.
Für die Darstellung des Chlors im Großen auf diese Weise würde es also nur darauf
ankommen, daß die Erhitzung des Kupferchlorids einen nicht unverhältnißmäßigen
Verbrauch an Brennmaterial erfordert, da das zurückbleibende Kupferchlorür stets
durch bloße Berührung der Luft unter Zusatz von Salzsäure wieder in Chlorid
übergeht. Aus dem Chlorür bildet sich durch Oxydation an der Luft zunächst das oben
beschriebene Salz
CuCl + 3CuO + 4aq.
und dieses wird durch Salzsäure wieder in 4 Aeq. Kupferchlorid
umgewandelt, so daß auf solche Weise in der That der Sauerstoff der atmosphärischen
Luft dazu benützt wird, um aus der Salzsäure das Chlor, ohne Verbrauch eines andern
Materials, abzuscheiden. (Gelehrte Anzeigen der k. bayer. Akademie der
Wissenschaften, 1855, Nr. 30 und 31.)