Titel: | Verfahren zum Entschwefeln des vulcanisirten Kautschuks. |
Fundstelle: | Band 137, Jahrgang 1855, Nr. LVI., S. 209 |
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LVI.
Verfahren zum Entschwefeln des vulcanisirten
Kautschuks.
Aus dem London Journal of
arts, Juli 1855, S. 34.
Verfahren zum Entschwefeln des vulcanisirten
Kautschuks.
A. V. Newton ließ sich am 31. Juli 1854 als Mittheilung
(eines Deutschen in New-York) folgendes Verfahren patentiren, um dem
Kautschuk, welcher durch Vermischen mit Schwefel und nachheriges Erhitzen
vulcanisirt worden ist, den Schwefel zu entziehen, so daß er nahezu in seinen
natürlichen Zustand versetzt wird und wieder zu verschiedenen Verwendungen benutzt
werden kann.
Zu diesem Zweck wird der vulcanisirte Kautschuk in sehr kleine Stücke zerschnitten,
welche man, je nach dem Grade der Vulcanisirung, 2–14 Tage lang in
CamphinDas Camphin ist bekanntlich nichts anderes als vollkommen gereinigtes
Terpenthinöl. Um dasselbe zu bereiten, wird Terpenthinöl mit einem Zusatz
von gleichviel Wasser und 1/200 frisch gelöschtem Kalk destillirt, wodurch
es weit vollkommener von allen harzigen Theilen befreit wird, als bei einer
einfachen Destillation ohne Kalk. Das von dem mit überdestillirtem Wasser
abgenommene Camphin, welches gewöhnlich durch eingemengtes Wasser trübe ist,
wird mit Löschpapier (2 bis 3 Bogen auf 10 Pfd. Terpenthinöl) geschüttelt,
bis es ganz wasserhell ist und dann noch durch Löschpapier filtrirt.A. d. Red. einweicht. Wenn nämlich der Kautschuk mit einem großen Verhältniß von
Schwefel, oder bei einem hohen und lange fortgesetzten Hitzegrad, oder mit Zusatz
von Bleisalzen etc., vulcanisirt worden ist, so widersteht er der Einwirkung des
Camphins mehr, als wenn er mit einem kleinen Verhältniß von Schwefel bei niedriger Temperatur vulcanisirt
wurde. Die zu dieser Operation erforderliche Zeit hängt überdieß von der Größe der
Stücke ab, in welche der Kautschuk zertheilt worden ist; jedenfalls muß er in dem
Camphin verbleiben bis er weich wird.
Alsdann wird der Kautschuk aus dem Camphin genommen und in eine gewöhnliche
Destillirblase mit soviel frischem Camphin gebracht, daß dieses ihn bedeckt; in dem
Maaße als das Camphin während der Destillation verdampft, setzt man zeitweise
frisches zu, um den Kautschuk gänzlich eingetaucht zu erhalten, bis der Schwefel
ausgezogen ist; dieses Camphin wird am besten mit 15–25 Proc. Schwefeläther
und beiläufig 5 Proc. Alkohol gemischt angewandt. Der Zusatz von Camphin während der
Destillation beträgt beiläufig das Doppelte vom Gewicht des Kautschuks; das
Verhältniß des dem Camphin beizumischenden Schwefeläthers hängt von dem
Schwefelgehalt des Kautschuks ab.
Die auf solche Weise beschickte Blase wird nun einer mäßigen Temperatur, nämlich von
52 bis 57° Reaumur ausgesetzt, so lange bis der Kautschuk seinen natürlichen
Zustand angenommen hat (dabei nur weicher ist), wozu 1 bis 2 Stunden erforderlich
sind, je nach dem Grade seiner Vulcanisirung und dem angewandten Verhältniß von
Schwefeläther; je mehr man von letzterm zusetzt, desto mehr wird der Proceß
beschleunigt.
Nachdem der Schwefel ausgezogen und der Kautschuk wieder in seinen natürlichen Zusatz
versetzt ist (was ein in der Behandlung des Kautschuks erfahrener Arbeiter leicht
erkennt, ungeachtet des weichen Zustandes des erzielten Products), wird er aus der
Blase genommen, in Fläche Schalen gebracht und durch gelindes Erwärmen derselben
getrocknet.
Solcher Kautschuk kann dann wie natürlicher Kautschuk wieder geschwefelt oder zu
mannichfaltigen Zwecken verwendet werden.
Eine Destillirblase wird bei der letztern Behandlung nur deßhalb angewandt, um den
Schwefeläther, Alkohol und das Camphin, welche überdestilliren, im Schlangenrohr zu
verdichten und folglich wieder zu gewinnen; außerdem könnte man einen Kessel
verwenden.
Die Anwendung von Alkohol bei obigem Verfahren hat den Zweck, zu verhindern daß der
entschwefelte Kautschuk klebrig wird; wenn die
Klebrigkeit des Products nicht hinderlich ist, kann man den Alkohol weglassen.Durch einen Zufall wurde von Benzinger ein äußerst
wirksames Mittel entdeckt, die Klebrigkeit der Oberfläche des
eingetrockneten Kautschuks vollständig zu beseitigen. Man zerschneidet
nämlich den Kautschuk in kleine Streifen, kocht diese längere Zeit mit
Wasser, breitet sie, sowie sie aus dem heißen Wasser genommen werden, an der
Luft aus, damit sie durch die ihnen noch innewohnende Wärme trocknen, bringt
sie nun in einen Steinguttopf, übergießt sie mit der 11 fachen Menge
rectificirtem Terpenthinöl (Camphin) und läßt sie, gut bedeckt, mehrere Tage
oder so lange damit stehen, bis der Kautschuk zu einer gallertartigen Masse
angeschwollen ist. Um diese in einen gleichförmigen Brei zu verwandeln muß
sie in einem Mörser oder mittelst Walzen zerquetscht, und hierauf durch ein
sehr feines Drahtsieb hindurchgearbeitet werden. In den auf angegebene Art
aus 1 Theil Kautschuk und 11 Theilen Terpenthinöl bereiteten dünnen Brei
rührt Benzinger eine kleine Menge, etwa 1/2 Th.,
einer heißen concentrirten Lösung von Schwefelleber in Wasser ein. Man erhält hierdurch eine gelbe
Emulsion, welche beim Trocknen den Kautschuk in vollkommen elastischem
Zustande und ohne die geringste Klebrigkeit zurückläßt. Die wässerige Lösung
zieht sich bei dem Eintrocknen auf die Oberfläche, so daß der eingetrocknete
Kautschuk fast ganz frei von Schwefelleber ist. Worin die Ursache dieser
sonderbaren Wirkung der Schwefelleber liegen mag, ist schwer zu sagen.
Laugen von ätzendem oder kohlensaurem Kali, so wie Ammoniak besitzen diese
Eigenschaft nicht. Bis jetzt scheint dieses Verfahren wenig bekannt und in
Anwendung gebracht worden zu seyn. (Technisches Wörterbuch von Karmarsch und Heeren,
1854, Bd. II S. 403.)A. d. Red.