Titel: | Ueber die Fälschung von Werthpapieren und die Mittel zur Unverfälschlichkeit derselben; von S. Heinemann. |
Autor: | S. Heinemann |
Fundstelle: | Band 137, Jahrgang 1855, Nr. LXIX., S. 252 |
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LXIX.
Ueber die Fälschung von Werthpapieren und die
Mittel zur Unverfälschlichkeit derselben; von S. Heinemann.
Heinemann, über die Fälschung von Werthpapieren und die Mittel zur
Unverfälschlichkeit derselben.
Ehe wir zur eigentlichen Behandlung des betreffenden Gegenstandes schreiten, sey es
uns erlaubt über die dahin einschlagenden seitherigen Bemühungen einige Bemerkungen
zu machen. Die Gefahr der Fälschung von Werthpapieren auf photographischem Wege ist
beseitigt, wenigstens unterliegt diese Beseitigung keiner besonderen
SchwierigkeitMan vergl. polytechn. Journal Bd. CXXX S. 271. – anders verhält es sich mit der Fälschung von Werthpapieren auf
mechanischem Wege, mittelst des sogenannten Ueberdrucks auf Zink- und
Kalkspath-Platten (dem gewöhnlichen lithographischen Stein), nachdem der
geeignete chemische Proceß dieser Behandlung vorhergegangen ist. An einer solchen
freilich etwas schwierigen, aber desto unfehlbareren und vollkommeneren
Fälschungsmethode scheitern alle bis jetzt angewendeten Vorsichtsmaßregeln, mit
Ausnahme des Wasserzeichens im Papier und der Geheimzeichen – zwei Merkmale,
von denen das erste in seinem Sicherheitswerth leicht zu compensiren und das zweite
von sehr beschränkter Wirkung ist, da es nur der Eingeweihte kennt, es bloß den
eigentlichen Debitor, nicht aber das Publicum vor dem Betrug durch Fälschung sicher
stellt. Vorkehrungen, welche dem Betrug schon bei dem Griff nach den Mitteln
entgegenträten, oder wenn er trotz aller Vorkehrungen es doch zu einem
Fälschungsproduct gebracht hätte, geeignet wären, den Betrug ohne Schwierigkeiten zu
erkennen, sind bis jetzt nicht erfunden worden. Das sogenannte Sicherheitspapier der
HHrn. Glynn und Appel
Wie bei der Mittheilung seiner Zubereitung im polytechn. Journal Bd. CXXVII
S. 303 bemerkt wurde. ist eher alles andere als dieses; der Vorschlag von Millet zu ParisPolytechn. Journal Bd. CXXXI S. 414., das krystallinische Bruchgefüge gewisser Metalle als Unterdruck bei
Werthpapieren anzuwenden, mag als Geheimmittel seinen praktischen Werth haben, als
wirksamer Schutz gegen die Fälschung während der Circulation der Papiere kann er
wohl nicht gelten. Was dem gepriesenen und patentirten Glynn-Papier seine praktische Bedeutung nimmt, ist der beschränkte
Standpunkt, den seine Erfinder einnahmen. Fälscher, deren Gegenstand Werthpapiere
von nur einigem Umfange sind, und die zu ihrem Zwecke die Kunst des Druckers
überhaupt ausbeuten, werden, wenn ihnen nur die gewöhnlichen Kenntnisse zu Gebote
stehen, sich nicht auf den „anastatischen“ Druck beschränken,
wenn auch, wie behauptet worden ist, dieser Druck die leichteste Art der Fälschung
bietet, indem selbst die „flüchtigsten Tinten“ (!) auf die
Zinkplatte übergedruckt werden können.Beiläufig bemerkt, kann Hr. Rudolph Appel nicht
als Erfinder des anastatischen Druckes gelten. Die
„Zinkographie“ ist bekanntlich nicht lange nach der
Lithographie erfunden worden, und der bekannte französische Lithograph Engelmann (früher in Mülhausen, jetzt in Paris),
der Erfinder des lithographischen Buntdruckes, gibt in seinem 1838
erschienenen wissenschaftlichen und umfassenden Werke über Lithographie sehr
genaue Anleitung zum Ueberdruck auf Zink und Vorschriften zur Bereitung der
dienlichen Farben und Tuschen, wie auch Anweisung zum Verfahren beim
Ueberdruck gewöhnlicher Drucksachen. Hr. Appel
hat seine „Erfindung“ gemacht, indem er die Behandlung
des überzudruckenden Gegenstandes mit verdünnter Salpetersäure dem Verfahren
bei der Fabrication der lackirten Blech- und dergleichen Waaren
entlehnte, mittelst dessen man Kupferstiche, Lithographien und dergleichen
auf Kästchen etc. von weißem Holz und den Lackgrund abzieht; den Ueberdruck
auf die Zinkplatte entlehnte er der längst erfundenen Zinkographie, und
feine Methode des Hochätzens der übergedruckten Linien, Schriften etc. ist
längst von der Chemitypie benutzt worden, die es wieder der Lithotypie
entlehnt hat – einem Verfahren, das man anwendet, um Zeichnungen für
die Typenplatten der Congrevedruckerei für den Graveur vorzurichten, indem
man die Dessins mit möglichst dicker lithographischer Tusche auf den Stein
zeichnet, die Zeichnung mehrere Tage fest eintrocknen läßt, und dann mit
sehr verdünnter Salpetersäure „ätzt“, d.h. den Stein
ringsum auflöst und so die Zeichnung in die Höhe treibt; eine solche Platte
wird dann abgeklatscht (stereotypirt) und hierauf vom Graveur weiter
bearbeitet. Ein Theil dieser längst bekannten Verfahrungsarten bildet den
„anastatischen Druck“, der für gewisse Dessins,
z.B. dichte Guillochen, Spitzenmuster u. dgl. m. anwendbar seyn mag, für
sich allein aber, mit allen Drucken, deren Typen nur durch Netzen
hergestellt werden und bei denen das Auftragen der Farbe mit der Walze
geschieht, das Schicksal großer Unzulänglichkeit für eine selbst beschränkte
Praxis theilt da, wie jeder Kenner weiß, das Hochätzen auf Metallplatten
bald eine Gränze findet, über welcher die Zerstörung der Zeichnung
beginnt. – Unsere Zeit hat zwar manches Abnorme aufzuzeigen, von einem
Creditpapier-Fälscher, der sein Verbrechen mit eigentlicher
Wissenschaftlichkeit betrieb, ist sie aber noch verschont geblieben. – Gewiß
ist aber ein wirksamer Schutz jedes Werthpapiers vor Fälschung, bei der bedeutenden
Masse der heut zu Tage circulirenden Credit- und Wertpapiere, zur
Nothwendigkeit geworden.
In dieser Absicht suchten Glynn und Appel der Fälschung mittelst Zink, und Stein-Ueberdruckes und
dadurch möglicher Vervielfältigung des gefälschten Papiers entgegen zu wirken, indem
sie dem Papierzeuge ein unlösliches Metallsalz (phosphorsaures Kupferoxyd) und ein
fett- oder ölsaures Alkali (Natron- oder Kaliseife) in unbedeutenden
Mengen zumischten. Ein auf ein solches Papier producirter Werth ist vor der rein
mechanischen Fälschung (insoweit man darunter die Nachahmung mit Loupe und
Handzeichnung verstehen will) eben so wenig sicher wie auf anderm Papier, wenn die
Art des Dessins diese Fälschungsweise nicht unmöglich macht, was indessen bei den
meisten, besonders den neueren Geldpapieren, mehr oder minder der Fall ist. –
Der Nachahmung durch Photographie kann man bekanntlich am einfachsten und
wirksamsten durch Anwendung verschiedener Farben im Drucke, sowohl des Averses für
sich allein als auch des Reverses, begegnen. Die Fälschung durch Ueberdruck ist
trotz des Glynn-Papiers heute noch möglich. Um den
Ueberdruck auf Zinkplatten zu hindern, wurde dem Papier ein Kupfersalz beigemengt,
das man mit Wasser nicht auszuziehen vermag, das sich aber in Berührung mit einer
passenden Säure (z.B. Salpetersäure) zu einem löslichen Kupfersalz umgestaltet,
während sich die Phosphorsäure theilweise ausscheidet. Würde ein so präparirtes
Geldpapier zum Ueberdruck auf die blank polirte Zinkplatte gelegt und unter die
Walzen der Presse gebracht, so würde sich das salpetersaure Kupferoxyd (wenn man
sich wie bei dem anastatischen Druck zur Vorbereitung verdünnter Salpetersäure
bedient hat) in Berührung mit dem Zink reduciren und allerdings den Ueberdruck
vereiteln, nicht aber das Ablösen des Originals unmöglich machen, da eine kleine
Erwärmung der Zinkplatte zur Ablösung hinreichen wird; Behandlung mit verdünnter
Salpetersäure wird bei einiger Vorsicht das Original wieder in vollkommenen Stand
setzen. Die providentielle Strafe also, welcher nach englischen Berichten der
Fälscher durch die Erfindung schon für den Versuch unabweislich durch Verlust des
Originals ohne irgend welchen Gewinn anheim fallen müßte, fällt weg, ja hat der
Verbrecher nur etwas Kenntnisse und Verschmitztheit, so wird ihm diese Eigenschaft
des Sicherheitspapiers nur zum besseren Leitfaden werden – er wird das
hinderliche Kupfersalz entweder galvanisch reduciren oder, was noch leichter ist,
das unlösliche Kupfersalz in ein lösliches verwandeln und dieses mit Wasser aus dem
Papiere ziehen und damit das Hinderniß gegen den Zinküberdruck beseitigen, während
eine allenfalls in der Papierfaser zurückbleibende geringe Menge Phosphorsäure mit
dazu beitragen wird, den Ueberdruck scharf und treu dem Original zu machen. –
Setzen wir nun den zweiten Fall, für den das Glynn-Papier Sicherheit leisten soll, es wolle nämlich der Fälscher auf den
lithographischen Stein Überdrucken. Würde er, wie es Hr. Appel mit den Originalen für den anastatischen Druck
ausschließlich zu bewerkstelligen scheint, eine Behandlung des Originals mit
verdünnter Salpetersäure vorhergehen lassen, so würde die Basis der dem Papier
zugesetzten Seife, das Alkali, sich mit der Salpetersäure verbinden, daher sich in
der wässerigen Flüssigkeit lösen, während vermöge der Kapillarität die Fettsäure in
die Papierfaser zöge; wird das so präparirte Blatt also auf den lithographischen
Stein zum Ueberdruck gebracht, so muß der chemische Proceß, auf welchem die
Lithographie überhaupt beruht, in erhöhtem Maaße stattfinden, indem die in dem
Papier vertheilte reine Fettsäure mit dem Kalk des Steins in Verbindung tritt, und
das Schwärzen mit der Walze wird statt des Dessins eine schwarze Fläche
hervorbringen, deren Größe dem Papier entspricht. Das Dessin ist auf diese Art also
nicht zu reproduciren und die Fälschung wäre unmöglich, wenn es nicht ein leichtes
Mittel gäbe, auch dieses Hinderniß zu umgehen. Bei einer Sache von so ausgebreiteter
Wichtigkeit darf man sich aber mit dieser oder jener Alternative nicht begnügen,
sondern man muß auf das Mögliche gerüstet seyn. Es ist also gewiß nicht gewagt, wenn
wir annehmen, daß einem Fälscher, welcher sich an einen erfahrenen Drucker zur
Ausführung seiner Pläne wendet, direct oder indirect die nöthigen Handgriffe und
Kenntnisse zu Gebote stehen, um diesem oder jenem Hindernisse ausweichen zu können.
Die Erkennung der chemischen Beschaffenheit des Papiers ist durch bekannte chemische
Mittel sehr leicht. Der Fälscher soll sie nun nicht gekannt haben, es sey ihm der
Zink- und auch der Steinüberdruck mißlungen, so wird er um zwei Erfahrungen
reicher seyn. Bei dem Steinüberdruck werden ihm die allergewöhnlichsten Handgriffe
der Kunst die Mittel an Handen geben die Seife des Glynn-Papiers zu neutralisiren. Fette Flecken zwischen der Zeichnung
und Schrift beseitigt der Steindrucker mittelst in sehr verdünnte Salpetersäure
getauchter zugespitzter Holzgriffel, Abwaschen mit Wasser und darauffolgendes
Bestreichen der Stellen mit einer öldicken Auflösung von arabischem Gummi. Es ist
jedem Manne von Fach bekannt, daß lithographische Platten, besonders Arbeiten von
der Feder und übergedrückte Sachen, wenn sie längere Zeiten stehen und mehrere
Auflagen von ihnen abgezogen worden sind, in Folge der Manipulationen beim Druck auf
der von der Zeichnung etc. freien Fläche des Steins eine Schichte erhalten, die
härter und von einem anderen Aussehen als die übrige Masse des Steines ist. Diese
harte Schichte geht oft 1/4 Linie tief und scheint eine chemische Verbindung des
arabischen Gummis mit dem Kalk des Steines zu seyn, sie stößt hartnäckig jedes Fett
und Oel zurück und deren Umsichgreifen ist (besonders bei älteren Zeichnungen) nebst den mechanischen
und den Einflüssen des Papiers (resp. der darin hängen gebliebenen Sandkörner,
Bleichstoffes etc.) die Ursache, daß die feineren Linien und Züge der Platte nach
und nach verschwinden. Wie wenig Intelligenz dazu gehört, das Verhalten der
erwähnten Stoffe gegeneinander zu benutzen, sieht man auf den ersten Blick. Der
Fälscher wird, durch einen mißlungenen Versuch klug gemacht, mittelst wechselweiser
Anwendung und vorsichtiger Benutzung von Gummilösung und Kalkwasser oder einer
anderen alkalischen Flüssigkeit, des Benzins etc. bei mäßiger Geduld sein Ziel auf
einem Umwege erreichen und dann um so gefährlicher werden, je mehr man an die
Unfehlbarkeit des Sicherheitspapieres glaubte. Vor einer richtigen chemischen
Behandlung weicht die Sicherheit natürlich noch eiliger, als vor den wenigen
chemischen Handgriffen einzelner Künste.
Wir haben uns in Vorstehendem über die Art verbreitet, wie die bis jetzt bestehende
Sicherung gegen Werthpapiere beurtheilt werden muß, und es ist für uns außer Frage,
daß fast alle Werthpapiere in ihrer jetzigen Einrichtung vor einem mit
wissenschaftlichen Mitteln ausgerüsteten Fälscher nicht sicher sind. Wenn nun auch
ächte Wissenschaftlichkeit und die meuchlerische Immoralität, welche zur
Untergrabung des öffentlichen Credits durch Fälschung seiner Circulationsmittel
gehört, sich selten vereinigt finden werden, so ist ihr Zusammenwirken bei dem
heutigen Stande der Bildung dock nicht unmöglich, indessen wird sich auf demselben
Boden, in welchem das Gift wuchert, auch das Gegengift finden. – Wir wollen
zunächst die Beschaffenheit der meisten gegenwärtig circulirenden Werthpapiere kurz
und im Allgemeinen charakterisiren.Der Verfasser ist nicht in der Lage, eine derartige Mustersammlung zu
besitzen; er schreibt aus seinem Gedächtniß, auf dessen Treue er rechnen zu
können glaubt, allenfallsige Unrichtigkeiten jedoch zu entschuldigen
bittet.
Für unser Vorhaben genügt es, die für die größere oder kleinere Circulation
berechneten Geldpapiere, das eigentliche Papiergeld im
weiteren Sinne, im Auge zu behalten und ihre technische Beschaffenheit zu prüfen.
Alle derartigen bekannten Werthe sind auf Hanf- oder Leinen-Papier von
feiner, dünner, mehr oder weniger dauerhafter Sorte mittelst Kupfer-,
Stahl-, Stein-, Buch- und Congrevedruck, entweder nur mit einem
dieser Drucke, die meisten aber mit Anwendung von Zweken und auch dreien derselben
producirt. Von dem Standpunkt der relativen Zweckmäßigkeit betrachtet, trifft die
meisten (besonders die deutschen) Geldscheine der Vorwurf einer für die Fälschung
besonders dienlichen Anwendung überflüssiger Allegorien und Zuthaten, unter deren Wirkung
auf das Auge die erste Sicherheit jedes im Verkehr kreisenden Werthes, seine augenblickliche Erkennung und Beurtheilung, leidet. Eine Papiermünze muß sich auf den ersten Blick als
eine solche zu erkennen geben; ihr Aussehen muß so charakteristisch seyn, daß sie
sich von Kunstdruckwerken unterscheidet und für jedes Auge als das gilt, was sie
ist. Eine Devise, welche sich mit kaum bemerkbarer Abänderung zu einer
Tabaks-Etikette oder einer Empfehlungskarte eignet, oder deren allegorische
Ausführung so sehr das Auge in Anspruch nimmt, daß ihm der Kern und Werth erst nach
wiederholtem Anschauen klar hervortritt, ist unzweckmäßig und gefährlich für den
Geldverkehr, der in Allem nur den strengen Gesetzen der Mathematik folgt und die
Aesthetik, selbst als Folie, stets abgeschüttelt hat. Es gibt Geldpapiere, die, was
Erfindung und Ausführung der Zeichnung und Druck betrifft, wirklichen Kunstwerth
haben und bei dem Anschauen den Zweck ihres Daseyns vergessen machen können –
es gibt aber auch andere (und hieher gehören besonders einige amerikanische und
mehrere kleinerer deutschen Staaten, die sich in ihrem Aeußeren kaum von
Glanzwichs- und ordinären Tabaksetiketten unterscheiden.Der Verfasser könnte diesen Ausspruch mit speciellen Angaben belegen. In
einer Beziehung erinnert er nur an die Coupons der
New-York-Erie-Eisenbahnactien, in der andern Beziehung
könnte er die Geldscheine eines kleinen thüringischen Staates anführen, von
welchem ihm Ein-Thalerscheine zu Gesicht kamen, die, wie es in der
Kunstsprache der Buchdrucker heißt, „verflogen“ waren,
d.h. bei denen der mittelst Buchdruck auf den Congreve-Unterdruck
producirte Werth und Pönitentiar-Passus um 1–2 Millimeter aus
den für sie projectirten Feldern verdruckt waren und deren technische
Vollendung weit unter derjenigen mancher Weinetikette steht. Das sogenannte Wasserzeichen des Papiers ist kein eigentliches
Sicherheitsmittel, es läßt sich reproduciren, seine Erkennung ist überdieß durch den
Unterdruck meistens sehr erschwert. Zu den meisten Geldscheinen hat man bis jetzt
Drucke verwendet, welche sich zum Wiederüber- und darauffolgenden Abdruck
selbst nach Jahren durch das geeignete Verfahren präpariren lassen. Die Drucke
stehen in dieser Hinsicht in folgender Reihenfolge: Buch- und Congrevedruck,
überhaupt Druckwerke die von hohen (typenartig) hergestellten Formen (Holzschnitten
u. dgl.) abgedruckt sind; Kupfer- und Stahldruck, überhaupt alle Drucke,
welche von gravirten Platten abgezogen sind; die Steindrucke, welche von mit Feder
oder Ueberdruck hergestellten Platten abgezogen wurden. Letztere sind äußerst
schwierig und nur nach sehr complicirter Behandlung – wenn sie sehr alt sind
– aber mittelst Ueberdruck gar nicht zu reproduciren. Mit wenigen Ausnahmen
reducirt sich die
eigentliche Fälschungsgarantie der meisten circulirenden Werthpapiere auf die
Handzüge und Geheimzeichen, die aber, wie schon oben bemerkt, nur am Aus- und
Eingangspunkt ihrer Circulation, seltener und nur unter ganz besonderen Umständen in
dieser selbst von Werth sind, anderer Unzulänglichkeiten technischer Art nicht zu
gedenken. Auch darin kann uns das Ausland zum Muster dienen und hat uns bereits dazu
gedient, wie dieses die neuest-producirten Geldpapiere eines größern
deutschen Staates zeigen. Fassen wir das Gesagte kurz zusammen, so scheint uns die
physische Beschaffenheit eines eigentlichen Circulations-Werthpapieres in
folgenden Punkten bestehen zu sollen:
1) Es muß auf ein festes, starkes, dabei nicht zu dickes und schweres Papier, von
möglichst zäher Faser und einer Zusammensetzung producirt seyn, welche einem auf
chemischem Wege arbeitenden Fälscher einen letzten und unbesiegbaren Widerstand
entgegensetzt, womöglich den Versuch der Fälschung von dem ihm in seinen Wirkungen
gleichenden Zufall entschieden unterscheiden läßt, weßhalb man zunächst nicht die
Farbe oder den Ton des Papiers als ein eigentliches Ingredienz der Aechtheit des
Werthpapieres, sondern nur die nach den möglichen chemischen Einflüssen
festbleibende Nuance (die eigentliche natürliche Farbe) des Papiers gelten lassen
sollte. Die Masse desselben muß sich mit allen darauf gebrachten Farben und Tinten
möglichst verbinden.
2) Die Zeichnung und die Anordnung der Einzelnheiten derselben müssen der Art seyn,
daß der Werth welchen das Papier darstellen soll, vor allem Anderen hervortritt und
in die Augen fällt – das Zeichen, welches ihn ausdrückt, muß eine
Universalschriftsprache seyn; eine solche ist die Ziffer,
die aber bei vielen Scheinen unter einer Fluth von Ornamenten versteckt ist.
Aesthetische und allegorische Zuthaten sollten, was ihre optisch-technische
Anwendung betrifft, erst nach dem Werthe, den Gesetzesstellen,
Fundationsbestimmungen, Serien-, Control- und Registernummern, den
Handzügen und auch dann nicht ohne einen bestimmten Zweckantheil angeordnet
seyn.
3) Der Druck. Die Herstellung des Dessins des Unterdrucks
mittelst der Liniir-, Kreis- und Guillochirmaschinen müßte nach einer
mathematischen Combination stattfinden, so daß dessen Reproduction nicht nach den
gewöhnlicheren Combinationen zu bewerkstelligen wäre. In diese Combination läßt sich
ein Theil der Geheimmittel einflechten. Der Unterdruck muß scharf und klar, zwar
erkennbar, aber nicht hervortretend, in feinen Zügen und in der Farbe mager und
gleichmäßig auf dem Papier erscheinen. Derjenige des Reverses muß mit dem des
Averses bestimmte und
eine gewisse Anzahl Punkte gemein haben. Die Linien und Liniencomplexe der
Unterdrucke des Averses und Reverses müssen richtige und bestimmte Dessins bilden,
wenn sie auf einander liegen oder durch das Papier durchscheinend gegen einander
spielen. Der Oberdruck (unter welchem wir zunächst den
Werthausdruck, die Fundations-, Gesetzes-Stellen etc. begreifen)
sollte mit den Dessins der Unterdrucke gleichfalls bestimmte und genaue Symmetrie
zeigen, welcher gleichfalls Rechnungs- und Messungsregeln zu Grunde lägen
(kleine Fehler an einzelnen Stücken könnten als Geheimzeichen benutzt werden). Er
muß scharf und klar, aber ebenfalls nicht zu fett aufgedruckt erscheinen, womöglich,
selbst in den einzelnen Lettern und deren Strichen, sey es durch Anwendung gewisser
Farbentöne, sey es durch schwächere Versetzung des Bindemittels mit dem Farbstoffe,
die unter ihm laufenden Striche und Dessins des Unterdruckes unterscheiden lassen.
Zu beiden sind Farben anzuwenden, welche sich mit der Papierfaser wenigstens unter
Vermittlung des Bindemittels wirklich assimiliren. Einer der angewendeten Farbstoffe
sollte der Art seyn, daß ihn nur ein gewisses chemisches Präparat zu ändern vermag,
ohne daß hierdurch eine der übrigen Eigenschaften des Werthpapiers geändert würde;
die andere Farbe (des Oberdrucks z.B.) sollte dagegen unveränderlich seyn, was die
Kohle unter ihren je nach ihrer Production und ihrem Ursprung so verschiedenen
Benennungen wäre. Diese Anordnung müßte sich natürlich auch auf die gewöhnlich aus
der Hand gedruckten (seltener geschriebenen) Nummern der Serien, Folien und Linie
der Registerfolien (Ordnungsnummern) beziehen. Obschon wir es hier nur mit der rein
technischen Anordnung unseres Objectes zu thun haben, so scheint uns doch die
Bemerkung nicht überflüssig, daß auch zu den Handzügen eine möglichst
unveränderliche Tinte (statt der Eisen- eine Kohlentinte mit zu ihrer
Befestigung in der Papierfaser geeigneten chemischen Beimischungen) zu verwenden
wäre.
4) Die außer den in vorstehenden Anordnungen bereits enthaltenen noch weiter in
Anwendung zu bringenden Schutzmittel gegen Nachahmung müßten der Art seyn, daß ihre
wirkliche Beseitigung mit der Zerstörung des nachzuahmenden Exemplares
zusammenfiele, oder wenn es wirklich Kenntnissen und Geschicklichkeit von
außergewöhnlichem Umfange gelungen seyn sollte diese Klippe zu umschiffen, dann das
Product die Fälschung noch ohne besondere Schwierigkeiten erkennen ließe, oder, wenn
auch dieses nicht der Fall wäre, doch der zur Nachahmung nöthige Aufwand an Zeit und
Mitteln den Vortheil compensirte, und so die Fälschung an ihrer Wurzel angriffe.
Die möglichst vollständige Erreichung des in Vorstehendem behandelten Gesammtzweckes
scheint uns für das eigentliche Papiergeld in folgenden
technischen Anordnungen gesichert zu seyn, bei denen wir im Auge behalten, daß kein
unverhältnißmäßiger Aufwand an Kosten das in dieser Beziehung bereits bestehende
Verhältniß überschreite.
Das Papier wäre aus einer Masse zu verfertigen, die aus
reinem ausgesuchtem feinem Leinen in der Art hergestellt wäre, daß sie eine Mischung
bildete, welche zum Theil aus versponnenem und verwebtem Stoffabfall, zum Theil aber
aus sehr reinem unversponnenem Material (Hanf und Flachs) bereitet würde. Das
Fabricat müßte mit möglichster Feinheit, Sorgfalt und nach den besten Anleitungen
der einschlägigen Technik und ohne seine Haltbarkeit zu beeinträchtigen, doch
möglichst dünn, gleichwohl in der Faser nicht zu hart aber zähe gearbeitet
seyn.Kilogramm sollte nicht weniger als 25–35 Quadratmeter Papier
ausgeben. Dem Ganzzeug wären wenige Procente feinst geschlemmte Thonerde, ebenso viel
Milch und die Hälfte dieser Mengen Kaliseife vor dem Leimen zuzusetzen, in der Masse
gehörig zu vertheilen und dann der Leimproceß mit Harzleim vorzunehmen und zwar in
dem Verhältniß, wie dieses bei den sogenannten halbgeleimten Papieren stattfindet.
Das Schöpfen hätte der Gleichmäßigkeit des Fabricats wegen (auch die übrigen
Manipulationen) auf der Maschine zu geschehen. Der Schöpfrahmen müßte außer den
Wasserzeichen noch eine Einrichtung erhalten, durch welche die durch die
Gesetzgebung festgestellten Dimensionen der einzelnen Scheine abgegränzt würden. Ein
zwischen diesen Dimensionen durchlaufendes Feld gibt das bei der Druckbehandlung
nöthige Marginal für die „Puncturen“ und
„Register“-Vorkehrungen. Während dem Schöpfen wäre
außerdem durch das Papier ein Fadennetz in der Art zu ziehen, daß jeder einzelne
Schein in gleichen Abständen von jedem seiner vier Flächenränder (allenfalls 0,005
bis 0,01 Meter) einen mit dem Rand parallel laufenden Faden erhielte,Die zuerst von der preußischen Postverwaltung ausgegebenen
Brieffranco-Couverte hatten analog einen orangefarbenen Seidenfaden
in der Papiermasse. wodurch vier Kreuzungspunkte in gleichem Abstande von den Ecken sich
bildeten.Dieser Punkte können natürlich auch mehrere seyn. Diesen Faden, möglichst fein und genau von derselben Farbe wie das fertige
Papier, würden wir zuerst durch ein fettes Oel ziehen, ihn zwischen Walzen und
weichem Papier auspressen, und dann durch eine sehr dünne Auflösung von Kautschuk
gehen lassen, welche einen möglichst dünnen und gleichmäßigen Ueberzug bilden würde.
Das Papier würde sorgfältig ausgepreßt, getrocknet etc., aber nicht geglättet. Seine eigentliche
Farbe sey die natürliche; die künstliche welche durch gewisse Mittel leicht zu
modificiren ist, sey ein Reagens.
Ueber die Zeichnung und Schrift haben wir unseren oben
schon gemachten Bemerkungen nur wenig noch beizufügen. Sie werbe mit
Berücksichtigung der Wasserzeichen noch so angeordnet, daß die Kreuzungspunkte an
besonders schwierige und doch lichte Stellen des Gesammtdruckes fallen. Ihr Ensemble
sey einfach und doch complicirt, und dabei zweckentsprechend. Die Werthdevise trete
vor allem anderen hervor, ohne daß indessen irgend ein Strich der verwendeten
Lettern eine vollständig glatte Farbfläche bietet. Sie halte den Mittelweg zwischen
Deutlichkeit und zweckmäßiger Ornamentirung der einzelnen Buchstaben (es gilt dieses
natürlich nur von den größeren und nicht von den kleineren Perl-,
Nonpareil- und Diamantschriften), besonders die Zifferbezeichnung. Revers und
Avers, gegen einanderliegend oder auf einander durchscheinend, bilde eine
Symmetrie.
Die Farben seyen so gewählt, daß sie harmonisch
zusammenstehen. Die Farbenstellung des Reverses sey von der des Averses völlig
verschieden, zeige aber dennoch keine große Distanz in Tiefe und Ton. Alle
angewendeten Farbstoffe seyen Metall- oder Erdfarben und unvermischt –
ihre größere oder geringere Deckfähigkeit werde durch das Bindemittel regulirt. Die
Farbe der Unterdrucke der beiden Flächen sey verschieden, beide durch gewisse
chemische Mittel veränderbar, so daß die Farbe der beiden Unterdrucke und die
künstliche Farbe der Papiermasse eine Reihe von drei Reagentien bildet. Der
Oberdruck (Werth etc.) sey auf beiden Seiten gleichfalls mit je einer von der
anderen verschiedenen unveränderlichen Farbe gedruckt. Das Bindemittel sey geeignet Farbe und Papierfaser vollständig miteinander zu
verbinden, wie es guter Firniß von altem Leinöl mit einem kleinen Zusatz von gutem
Copalfirniß oder auch eine Composition mit noch anderen fetten Firnissen thut, deren
Grundlage jedoch der Leinölfirniß bleiben muß.
Der Druck des Unterdruckes wird am besten mittelst
Kupfer- oder Stahldruck, der Schärfe der Guillochen etc. wegen,
bewerkstelligt werden; den Druck des Werthes und der Ziffern, so wie der Allegorien
(wenn solche angewendet werden) würden wir mittelst möglichst vollendet gefertigter
lithographischer Federmanierplatten, den Druck sämmtlicher Nonpareil- oder
Diamantschriften, als praktisch nothwendig, durch den Buchdruck bewerkstelligen
lassen. Die für diese verschiedenen Druckarten nöthigen Modificationen in Zähigkeit
und Consistenz der Druckfarbe würden mittelst der Firnißzusätze des Bindemittels
regulirt. Das Papier würde bei dem Druck nicht angefeuchtet, sondern derselbe in
einer etwas hohen Temperatur vorgenommen, wie überhaupt das Technische dieser
Operationen ebenfalls auf die genaueste Wechselwirkung berechnet und Vorkehrungen an
den Platten angebracht würden, welche die genaueste Registerstellung ermöglichen.
Nach dem vollständigen und guten Austrocknen der Scheine nach dem Druck, auch der
Control- und Seriennummern, dem Eintrag in die Staatsschuld- und
Controlbücher, und vor den vollzogenen Handzeichen der
Staatsbeamten, lassen wir die Scheine mittelst einer sehr
schwachen Auflösung von gewöhnlichem Leim oder Hausenblase ohne Alaunzusatz
leimen (planiren) und nach dem Trocknen und Ausfertigen der Handzüge der
controlirenden Beamten so wie allenfalls noch weiter mittelst einer Tinte auf den
Scheinen zu bewerkstelligenden Schrifttheilen, durch zwei Glattwalzen laufen; dann
beschneiden wir die Scheine auf ihre gesetzlichen Dimensionen nach Maaßgabe der im
Schöpfrahmen angedeuteten Linien, deren Richtigkeit wir indessen controliren;
alsdann bringen wir die trockenen Stempel an, welche wir wo möglich recht warm
einschlagen. Nachdem alle diese Operationen vollzogen sind, lassen wir Schein für
Schein durch ein Bad, das aus gut trocknendem Lein- oder Mohnöl, dem einige
Procente Copal- und Kautschuk- oder Gutta-percha-Lösung
zugesetzt wurden, und das man mit einem ätherischen Oele bis zur Dünnflüssigkeit
verdünnt und gut mischt, mehrere Male, immer nach dem Trocknen, passiren. Wenn sie
dann gehörig trocken, und mittelst einer leichten Pressung geglättet sind, halten
wir die Scheine erst circulationsfähig.
Man wird bei der reiflichsten Prüfung finden, daß ein Fälschungsversuch an einem
derart präparirten Papiere mittelst Reproduction durch eine Druckkunst oder durch
photographische Vermittlung, wenn nicht zu den Unmöglichkeiten, doch zu jenen
Aufgaben gehört, welche ein außerordentliches Raffinement, einen Umfang an
Kenntnissen, einen Aufwand an Zeit und Mitteln erfordern, die außer allem Verhältniß
zu dem ungewissen Vortheil ständen – denn wäre dem Verbrecher auch wirklich
die Beseitigung des im ganzen Fasercomplex des Papiers vertheilten Fettes gelungen,
ohne Dessin und Papier zu zerstören, so würde der Versuch des Ueberdrucks, zu dem er
nach der nöthig gewesenen Behandlung eine bedeutende Pression und Reibung nöthig
hätte, mißlingen müssen, weil auch die Linien der Zeichnung zum größten Theil ihr
zum Uebergang nöthiges Fett eingebüßt haben. Aber wäre auch dieses nicht der Fall,
so würde ihm ein anderes Hinderniß entgegenstehen. Beim Ueberdrucken ist es nöthig,
den lithographischen Stein oder die Zinkplatte zu erwärmen. Unter dem Einfluß der
Wärme aber und dem nöthigennöhigen gewaltigen Druck würde die dünne Hülle der vier Fäden im Papier platzen, ihr wenn
auch noch so unbedeutender Inhalt sich auf der warmen Platte etwas ausbreiten und
einziehen. An eine Beseitigung dieses Erkennungszeichens einer Fälschung ist,
abgesehen von allen anderen, bei der Behandlung, welche der jedenfalls unvollkommene
Ueberdruck erfordern würde, nicht zu denken, ohne daß zugleich der dürftige und
magere Rest des auf den Stein übergegangenen Theils der Zeichnung mit
verschwände.