Titel: | Ueber die Erkennung der Reinheit des Chloroforms; von Bremon. |
Fundstelle: | Band 137, Jahrgang 1855, Nr. LXXXI., S. 308 |
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LXXXI.
Ueber die Erkennung der Reinheit des Chloroforms;
von Bremon.
Aus Wittstein'sVierteljahrsschrift für prakt. Pharmacie, Bd. IV S. 88.
Bremon, über die Erkennung der Reinheit des
Chloroforms.
Je mehr die Ermittelung der Eigenschaften des Chloroforms fortschreitet, um so
nöthiger erscheint es, daß man sich die Kenntniß der dabei gewonnenen Resultate
aneignet, denn dieser gegenwärtig sowohl in der Technik wie in der Arzneikunde so
häufig in Anwendung kommende Stoff wird häufig entweder unvollständig gereinigt oder
absichtlich verfälscht in den Handel gebracht. Ich glaube darum, daß es nicht ohne
Interesse seyn wird, wenn ich hier meine in dieser Beziehung gemachten Erfahrungen
veröffentliche. Zuerst werde ich mir erlauben, die physikalischen Eigenschaften des
Chloroforms kurz aufzuzählen, und sodann einige leichte und praktische Mittel zur
Schätzung seines Werthes angeben.
Im vollkommen reinen Zustande ist das Chloroform sehr dünnflüssig, äußerst beweglich,
stark lichtbrechend, sehr flüchtig, vom specifischen Geruch der sogenannten holländischen
Flüssigkeit (Oel des ölbildenden Gases) und angenehm zuckerigem Geschmack ohne
scharfen oder kratzenden Nebengeschmack. Obgleich sehr flüchtig, erregt es doch, auf
die Hand gegossen, kein sehr starkes Gefühl von Kälte, wie es bekanntlich dem Aether
eigen ist. Es siedet bei + 45° Cels.; in einer Glasretorte beginnt, wegen
schlechter Wärmeleitung des Glases, das Sieden erst, wenn das Wasserbad die
Temperatur von 60° Cels. erreicht.
Obgleich alle Autoren die Rectification des Chloroforms über Chlorcalcium empfehlen,
so muß ich doch dagegen erinnern, daß es alsdann noch eine kleine Menge wasserfreien
Alkohols enthalten kann, die mit übergeht und besonders in den letzten Produtten der
Destillation vorherrscht. Ich ziehe daher die Anwendung der concentrirten
Schwefelsäure zu etwa 1/10 vom Gewichte des Chloroforms vor; zwar scheint diese
Säure zersetzend auf dasselbe einzuwirken, denn es färbt sich dadurch braun, allein
das Destillat zeigt durch kein sinnliches Merkmal irgend eine Abweichung vom reinen
Chloroform. Es muß also im rohen Chloroform ein fremdartiger Körper enthalten seyn,
der durch Schwefelsäure gebräunt wird. Es versteht sich, daß die Rectification des
Chloroforms über Schwefelsäure, ebenso wie die über Chlorcalcium, im Wasserbade geschieht.
Nach dieser Rectification zeigt das Chloroform ein specifisches Gewicht von 1,4945
und 48° nach Baumé. Ich glaube, daß es als nicht rein und frei von
Alkohol oder Wasser betrachtet werden muß, wenn es nicht wenigstens 47,5°
Baumé bei 15° Cels. zeigt. Durch Annäherung einer Lichtflamme läßt es
sich nicht entzünden, aber auf glühende Kohlen gegossen, fängt es sogleich Feuer,
brennt mit schöner grüner Flamme und starkem Rauche. Erst wenn das Chloroform etwa
30 Procent Alkohol enthält, kann es an einer Flamme entzündet werden und brennt dann
ungehindert fort.
Von Kalium wird es nicht zersetzt; dieses Metall bedeckt sich darin nur mit einigen
Blasen, wahrscheinlich Wasserstoffgas, während, wenn das Chloroform eine merkliche
Menge Alkohol enthält, es das Kalium oxydirt, zugleich eine braune Farbe annimmt und
einen sauren, scharfen Dampf entbindet.
Setzt man zu reinem Chloroform 1, 2, 3, 4 und selbst 5 Procent Alkohol von 96
Procent, so wird es trübe, und erst bei Vermehrung des Alkohols, z.B. bis zu 10
Procent, wird es wieder klar.
Wenn man in ein Reagensglas einen kleinen Krystall von doppeltchromsauren Kali
bringt, 4 bis 5 Tropfen concentrirte Schwefelsäure zusetzt, mit einem Glasstabe
umrührt, dann noch 3 bis 4 Tropfen Wasser einbringt, um die freigewordene Chromsäure
aufzulösen, endlich 3 bis 4 Kubikcentimeter reines Chloroform zufügt, kurze Zeit
lebhaft schüttelt und nun ruhig hinstellt, so wird man finden, daß die Masse kaum
eine grüngelbliche Farbe angenommen hat. Enthielt aber das Chloroform nur 5 Procent
Alkohol, so bilden sich zwei scharf getrennte Schichten, von denen die untere
deutlich grün gefärbt erscheint, während die obere kaum
eine schwache grünliche Färbung zeigt.
Die erwähnten Erscheinungen treten auch ein, wenn das Chloroform statt Alkohol Aether enthält; allein eine Verunreinigung mit Aether ist
weniger zu befürchten, weil sie sich durch das specifische Gewicht sehr leicht
nachweisen läßt.
Das Chloroform kann auch eine gewisse Menge Wasser enthalten und seine Dichtigkeit
dadurch bis zu 40° Baumé herabsinken. Kalium entzündet sich dann darin
rasch, aber die Flüssigkeit wird durch das erzeugte Kali weit weniger gefärbt, als
wenn Alkohol zugegen ist.
Die angeführten Mittel sind mehr oder weniger gut, um die Reinheit des Chloroforms zu
constatiren; allein keins von ihnen eignet sich dazu, die Quantität der Beimischung zu bestimmen. Da man Ursache hat, einen Gehalt
von Alkohol am meisten zu fürchten, sey er nun in Folge nachlässiger Reinigung oder
absichtlichen Zusatzes darin, so habe ich mich bemüht, die Menge desselben einfach
und rasch durch Hülfe des specifischen Gewichts und des Aräometers zu ermitteln. Zu
diesem Zwecke machte ich Mischungen von reinem Chloroform und Alkohol von 96 Proc.
und bestimmte ihre Dichtigkeit. Die nachstehende Tabelle enthält die Resultate
dieser Versuche.
Spec. Gewicht.
Grade nach Baumé.
Volum d. zugemischt. Alkohols in
100.
Gewichts m. d.
zugem. Alkoh. in
100.
1,4945
47,6°
0
0,00
1,4908
47,3
1
0,50
1,4874
47,1
2
1,00
1,4845
46,9
3
1,50
1,4772
46,4
5
2,50
1,4602
45,4
10
5,00
1,4272
43,0
20
10,00
1,4090
41,8
25
12,50
Zum Schlusse will ich noch einige Erfahrungen über die Darstellung des Chloroforms
beifügen.
Ich nehme auf 100 Kilogr. Chlorkalk von 90° (nach Gay-Lussac), 18 Kilogr. Aetzkalk und 12 Kilogr. Alkohol von 86
Procent, schüttele das Destillat mit 0,3 Kilogr. krystallisirter Soda, wasche es
hierauf einige Male mit
seinem gleichen Volumen reinen Wassers, decantire und rectificire das Product über 1
Kilogr. concentrirter Schwefelsäure. Die Ausbeute beträgt 4,7 Kilogramm.