Titel: | Ueber eine neue Art die Weberblätter zu binden; von Hrn. Karl Karmarsch. |
Fundstelle: | Band 137, Jahrgang 1855, Nr. LXXXVII., S. 345 |
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LXXXVII.
Ueber eine neue Art die Weberblätter zu binden;
von Hrn. Karl Karmarsch.
Aus den Mittheilungen des hannoverschen
Gewerbevereins, 1855, Heft 4.
Mit Abbildungen auf Tab.
V.
Karmarsch, über eine neue Art die Weberblätter zu
binden.
Die stählernen oder messingenen Zähne oder Riete in den Weberblättern (Rietblättern)
werden bekanntlich durch Binden mittelst festen baumwollenen Zwirns, auch wohl
mittelst Eisen- oder Messingdrahts, befestigt, wobei ihre Enden zwischen zwei
Paar Holzleisten stecken, welche der Bindfaden oder Binddraht dergestalt in
Schraubenwindungen umschlingt, daß je zwei benachbarte Windungen einen Zahn zwischen
sich haben, folglich je zwei Zähne durch eine Windung des Fadens oder Drahtes von
einander getrennt sind.
Kürzlich wurde ich mit einer Verfertigungsart der Blätter bekannt, welche dem
Vernehmen nach aus Sachsen stammt, wenigstens dort neuerlich angewendet werden soll,
und durch ihre sinnreiche Einfachheit überrascht. Das Verfahren beruht auf dem
Grundgedanken des Bindens mit Draht; allein während sonst die Schraubenwindungen des
Drahtes eine nach der andern erst gemacht werden während man die Zähne der Reihe
nach einlegt, bedient man sich hier eines voraus bereits gänzlich zur Schraubenform
gewundenen Drahtes, zwischen dessen Windungen – nachdem sie ein wenig
auseinandergezogen sind – die Zähne oder Riete eingelegt werden.
Das Nähere erläutert sich durch Fig. 3 und 4, von welchen erstere ein
Stückchen eines Blattes in der Flächenansicht, letztere die Endansicht hierzu
darstellt.
Man wählt guten elastischen Eisendraht aus, dessen Dicke genau dem Abstande gleich
seyn muß, welcher in dem fertigen Blatte zwischen zwei Zähnen stattfinden soll; mit
andern Worten: dessen Dicke zusammengenommen mit der Dicke eines Blattzahnes so
vielmal in 1 Zoll enthalten seyn muß, als die Anzahl der auf 1 Zoll zu setzenden
Zähne ausdrückt. Von diesem Drahte spinnt man – auf dieselbe Weise wie die
gewundenen Drahtfedern und den Knopfdraht zu den Stecknadeln – auf einer etwa
drei Sechzehntel-Zoll dicken Spindel vier lange Röhren. Die
Schraubenwindungen des Drahtes in diesen Röhren müssen ganz dicht an einander
liegen, und ihre Anzahl muß in jeder Röhre etwas größer seyn als die zum Blatte erforderliche Anzahl
Zähne. Man spannt nun auf einem Tische zwei solche Röhren A und A' parallel zu einander, und in einem
Abstande gleich der Sprunghöhe m, n des Blattes, gerade
auf, zieht sie gleichmäßig ein wenig in die Länge (wodurch ihre Windungen sich von
einander entfernen), und erhält sie durch Festnageln der Enden in diesem Zustande.
Hiemit ist Alles zum Setzen des Blattes vorbereitet.
Aus dem zur Hand befindlichen Vorrathe von Stahl- oder Messing-Rieten
nimmt man nun ein Stück nach dem andern, und legt sie hochkantig zwischen
correspondirende Windungen der Drahtröhren A, A' ein,
wie bei C zu sehen ist. Ist auf solche Weise das Blatt
gesetzt, so ergreift man die beiden anderen Drahtröhren B und B', dehnt auch sie etwas in die Länge
und drückt ihre Windungen zwischen die Riete hinein. Schließlich schiebt man in jede
der vier Röhren zwei ganz gerade lange Eisendrähte, einen vorderhalb und einen
hinterhalb der Riete, wie in Fig. 4 durch die
schraffirten kleinen Kreise ausgedrückt ist. Werden hierauf die Röhren A, A', B, B' vom Tische
losgemacht, so ziehen sie sich vermöge ihrer Elasticität so dicht zusammen, als
durch die Riete gestattet ist, und letztere sind nun unwandelbar befestigt. Um das
Blatt zu vollenden, schiebt man über die Röhren A, B
einerseits und A', B andererseits eine genuthete
Holzleiste auf, und verbindet diese Leisten an ihren Enden durch die gewöhnlichen
Frösche.
Der Vorzug so verfertigter Blätter liegt nicht allein in ihrer einfachen und
schnellen Herstellung, sondern auch in der höchst regelmäßigen Austheilung der
Zähne, und in der großen Leichtigkeit, womit jederzeit ein schadhaft gewordener Zahn
entfernt und gegen einen guten umgetauscht werden kann.