Titel: | Ueber die neueren Vacuum-Apparate zur Zuckerfabrication; von Professor C. Siemens. |
Fundstelle: | Band 137, Jahrgang 1855, Nr. C., S. 406 |
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C.
Ueber die neueren Vacuum-Apparate zur
Zuckerfabrication; von Professor C. Siemens.Dem kürzlich erschienenen zwanzigsten Bande von Prechtl's technologischer Encyklopädie entnommen. Mit
jenem Bande ist das höchst schätzbare Werk seiner ursprünglichen Anlage nach
beendigt. Da über der Bearbeitung und dem successiven Erscheinen der zwanzig
Bände ein Vierteljahrhundert verstrichen ist, reich an Erfindungen und
Fortschritten in der gesammten Industrie, wie niemals früher ein ganzes
Jahrhundert sich erwies, so war es wünschenswerth, um die Encyklopädie in allen
ihren Theilen auf den Standpunkt der Gegenwart zu erheben, daß sie mit Supplementen ausgestattet werde. Hr. Director K. Karmarsch hat die Besorgung solcher Supplemente
übernommen, welche vier bis fünf Bände betragen und so schnell als möglich nach
einander erscheinen werden. In diesen Supplementbänden, für welche eminente
Kräfte als Mitarbeiter gewonnen sind, wird einerseits das wichtigere Neue zur
Vervollständigung der vorhandenen Artikel nachgetragen werden, andererseits
sollen neben den zur Sache gehörigen gänzlich neuen Gegenständen auch solche
abgehandelt werden, die wegen Mangels an Raum von dem Hauptwerke ausgeschlossen
bleiben mußten.A. d. Red.
Mit einer Abbildung auf Tab. VI.
Siemens, über die neueren Vacuum-Apparate zur
Zuckerfabrication.
Die wesentlichste Verbesserung der neueren Vacuum-Apparate besteht in der
wiederholten Benutzung der einmal erzeugten Dämpfe oder der darin enthaltenen Wärme, indem man den
„Maschinendampf“, dessen Spannung bereits zum Betriebe der
Maschinen diente, noch zum Kochen des Safts verwendet. Man benutzt dabei seine Wärme
zunächst zum Verdampfen der dünneren Säfte, deren Dämpfe dann aber zum Verkochen
eines dickeren Safts dienen, was durch Vermehrung der Heizfläche und durch
Verminderung des Luftdrucks und die dadurch erlangte größere
Temperatur-Differenz möglich wird. Die ersten derartigen Apparate wurden von
dem Ingenieur Tischbein in Magdeburg nach einem amerikanischen Apparate
Nämlich dem von Norbert Rillieux aus
New-Orleans erfundenen Apparat, dessen Beschreibung im polytechn.
Journal, 1852. Bd. CXXVI S. 22–28 mitgetheilt wurde.A. d. Red. construirt. Es sind dieß in der Regel drei untereinander liegende
locomotivkesselartig gebaute Pfannen mit vielen horizontalliegenden Heizröhren, die
von dem Safte umgeben werden. Von den drei Pfannen sollen die zwei ersten zum
Verdampfen des dünneren Safts, die dritte aber zum Eindicken des Klärsels dienen.
Die erste Pfanne, die den dünnen Saft aus einem höher stehenden Reservoir zugeführt
erhält, wird durch den Maschinendampf geheizt, die daraus erzeugten Saftdämpfe aber
werden zur Heizung der zweiten und dritten Pfanne benutzt, bei welchen eine
Verminderung des Luftdrucks die Verdampfung oder die Aufnahme der Wärme aus jenen
beschleunigt. Die Füllung der zweiten Pfanne geschieht mittelst eines Saugrohrs aus
der ersten, was durch die in jener vorhandene Luftleere möglich wird. Aus der
zweiten Pfanne kommt dann der sich hier ansammelnde, auf 15 bis 20°
Baumé abgedampfte Saft in getheilten Portionen zur Filtration. Die Zuleitung
des Safts aus der ersten Pfanne erfolgt in dem Maaße, als die Verdampfung in der
zweiten fortschreitet.
Die Ersparung an Brennmaterial durch diese wiederholte Benutzung der erzeugten Wärme
wird zu 30 bis 40 Procent angegeben; in den meisten Fabriken benutzt man den Apparat
nur zum Abdampfen des Safts, da die Construction der Howard'schen Pfannen für die geeignetste Behandlung der Zuckermasse beim
letzten Einkochen als zweckmäßiger sich bewährt. Die vielen von außen nicht zu reinigenden Röhren
des Tischbein'schen Apparats machen es nöthig, daß nur
möglichst kalkfreie Säfte darin zur Abdampfung kommen; denn wenn auch eine
Entfernung der auf den Heizröhren bald entstehenden Kalkkrusten durch das Auskochen
mit einer verdünnten Säure möglich seyn soll, so ist dieß bei
der ungleichen Löslichkeit einer solchen Kruste nicht ohne Nachtheil für
den Apparat öfter zu wiederholen. Aus diesem Grunde erhält die Anwendung von
Kohlensäure für die Benutzung solcher Apparate einen besondern Werth. Um dennoch bei
der Anwendung solcher Heizröhren eine mechanische Reinigung bewerkstelligen zu
können, wurden die Apparate in neuester Zeit in der Art verändert, daß man die
Heizröhren, statt horizontal, vertical stellte und den Dampf statt durch die Röhren, diese von außen durch den Dampf erhitzte, und der Saft in den Röhren sich befindet,
was eine viel einfachere Construction des Apparats und eine leichte Reinigung der
Röhren möglich macht. Derartige Apparate wurden zuerst von Robert zu Selowitz in Mähren angewandt, ihre wesentliche Einrichtung zeigt
Fig. 18.
A ist die erste Pfanne in einem Durchschnitte, B die Seitenansicht der zweiten Pfanne. Die Heizröhren
a stehen hier aufrecht zwischen den beiden Böden b, b und c, c, die den
Dampfraum einschließen, bei welchem durch das Sperrventil d der Maschinendampf eintritt, und das condensirte Wasser bei e abgeleitet wird. Der Dampf umgibt hier demnach die
Heizröhren, und die Röhren verbinden den unteren und oberen Raum für den Saft.
Dieser tritt durch das Trichterrohr f in den unteren und
von hier durch die Röhren in den oberen Raum von A. Die
hier aus dem Safte erzeugten Dämpfe steigen durch den Aufsatz und durch das gebogene
Rohrstück g in das Rohr h,
h, welches von dem Cylinder i, i umgeben ist.
Mittelst h, h gelangen die Saftdämpfe zwischen die
Heizröhren von B; und das hier entstehende Dampfwasser
findet durch das Rohr k einen Abfluß in den Condensator
C, wohin auch die in B
unter vermindertem Luftdruck erzeugten Syrupdämpfe durch das Verbindungsrohr l geleitet werden. Der Condensator C ist oberhalb wie h von
einem weiteren Cylinder m, m' umgeben, der gleichfalls
zum Auffangen der aus B mit fortgerissenen Safttheile
dient. Die Einspritzungen von n und n' lassen eine beliebig schnelle Condensation der Dämpfe
und die Erhaltung der Luftleere erreichen, zu deren Erzeugung das Rohr o meist mit einer „nassen“
Luftpumpe in Verbindung steht. Durch das Rohr p wird der
vorgedickte Saft aus A nach B gezogen, wo er unter vermindertem Luftdruck durch die Saftdämpfe von A bei niedriger Temperatur verdampft. Durch die
Doppelhähne q und q' sind
die abgedampften Säfte nach dem einen oder dem andern Reservoir abzuleiten. Die
Hahnröhrchen
r und r' lassen die in i und m angesammelten Säfte
nach A und B zurückleiten.
Die Gegenwart derselben wird durch die hier angebrachten Glasröhrchen s und s' erkannt. Die durch
Glasscheiben geschlossenen Oeffnungen oder „Lupen“
t und t' gestatten auf die
früher schon angegebene Weise eine Beobachtung des Safts während des Siedens. Die
Thermometer und Barometer u und u' dienen bei B zur Beobachtung der Temperatur
und der erzeugten Luftleere. Mittelst des Probehahns v
wird es möglich die Beschaffenheit des Safts in B näher
zu untersuchen. Durch den Hahn w ist von dem hinreichend
abgedampften Safte so viel aus B zu entfernen, als durch
das Saugrohr p aus A wieder
zu ersetzen ist.
Solche Apparate werden in der Regel bis auf die Heiz- und anderen Röhren,
Hähne etc. von Eisenblech angefertigt, wodurch sie weit
billiger herzustellen sind. Das Ansetzen von Rost, was dabei unvermeidlich ist,
macht das erstere nur zum letzten Eindicken weniger empfehlenswerth, während es die
Güte des dünnen Safts, der später noch zur Filtration kommt, nicht
beeinträchtigt.
Auch die neueren Tischbein'schen Apparate werden jetzt in
der Art angefertigt, daß die Heizröhren senkrecht stehen und der Dampf sie von außen
umgibt, während sie den unteren und oberen Theil der Kochpfanne verbinden. Man will
jedoch bei der Anwendung der mit dem Safte gefüllten Abdampfröhren die Beobachtung
gemacht haben, daß die Leistungsfähigkeit ihrer Heizfläche sich durch den
beschränkten Raum in den Röhren vermindere, indem die erzeugten Dämpfe die Berührung
des Safts mit der Heizfläche hindern, was vorzugsweise bei dem concentrirteren Safte
der Fall seyn wird.
Mit äußerst einfacher Construction werden gegenwärtig von Huber und Daniek in Prag Apparate gefertigt,
bei welchen die größere Heizfläche durch die Anwendung mehrerer über einander
liegender Schlangenröhren erlangt wird. Ein solcher Abdampfapparat besteht aus zwei
über einander stehenden Cylindern, wovon der untere zum Abdampfen des dünneren und
der obere zum Abdampfen des concentrirteren Safts dient. Die Schlangenröhren der
unteren Pfanne werden mit dem Maschinendampfe, die der oberen aber durch den Dampf
des Safts aus der unteren Pfanne geheizt. Die Zuleitung des Dampfes geschieht dabei
auf die Weise, daß dieser zunächst von unten in ein gemeinschaftliches Rohr tritt,
welches aufrecht in der Mitte der Pfanne steht, und sämmtliche Schlangen durch
leicht abzuschraubende Wechsel mit diesem Rohre verbunden sind, während ihre
Ausgänge seitwärts gleichfalls in ein gemeinschaftliches Rohr ausmünden. Die
Saftdämpfe der unteren Pfanne treten dann unmittelbar in das gemeinschaftliche Rohr
der oberen Heizrohren, und die obere Pfanne steht, wie bei den vorhergehenden Apparaten, mit einer
Condensations- und Luftpumpe in Verbindung.
Die Beschleunigung der Verdampfung durch Anwendung von erwärmter Luft hat auch bei dem letzten Abdampfen des Safts kein günstiges
Resultat geliefert, obgleich Brame-Chevallier
einen sehr wirksamen Apparat dazu in Anwendung brachte.