Titel: | Beobachtungen über den Einfluß der Temperatur bei gußeisernen Brücken; von den HHrn. Collet-Meygret und Desplaces. |
Fundstelle: | Band 137, Jahrgang 1855, Nr. CII., S. 410 |
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CII.
Beobachtungen über den Einfluß der Temperatur bei
gußeisernen Brücken; von den HHrn. Collet-Meygret und Desplaces.
Aus dem Civilingenieur, 1855, Bd. II S.
121.
Collet-Meygret, über den Einfluß der Temperatur bei
gußeisernen Brücken.
Die Annales des ponts et chaussées enthalten in
ihrem Maihefte von 1854 einen weitläufigen Rapport über Proben, welche bei
Uebernahme der gußeisernen Eisenbahnbrücke über die Rhone bei Tarascon und Beaucaire
bezüglich des Temperatureinflusses und der Belastungen angestellt worden sind, aus
welchem wir auszugsweise mehreres Interessante mittheilen wollen.
Um die Temperatureinflüsse zu ermitteln, waren an einem der gußeisernen Brückenbogen
vier Thermometer aufgestellt, eines auf der Nordseite, geschützt vor der Sonne, ein
zweites (das sogenannte Seitenthermometer) in einem verschlossenen Raume an der
Ribbe, dessen Kugel in ein mit Quecksilber getauchtes Bassin tauchte, ein drittes
(das sogenannte Luftthermometer) in der freien Luft über dem Brückenbogen, endlich
das vierte (das sogenannte versenkte Thermometer) ebenfalls in einer Holzumhüllung
wie das Seitenthermometer, dessen Kugel in einem in der unteren Ribbe ausgebohrten
und mit Quecksilber gefüllten Loche versenkt war. Letzteres gab nun stets
abweichende Resultate von den übrigen Thermometern, dagegen zeigten mehrere solche
versenkte Thermometer, die an verschiedenen Stellen desselben Brückenbogens
eingesetzt waren, unter den abweichendsten Verhältnissen so übereinstimmende
Resultate, daß man ihre Anzeigen als die wahre Temperatur des Gußeisens anzusehen
genöthigt war, wenn sie auch gegen die Angaben des Seitenthermometers bis zu
12° C. differirten.
Sehr bemerklich war ferner der Einfluß des Anstrichs der Gußeisentheile. Des Nachts,
des Morgens und selbst am Tage war er zwar nur gering, wenn die Temperatur unter
10° C. war, wenn aber Nachmittags ein Thermometer auf der Nordseite
30° zeigte, was etwa bei 40° Lufttemperatur stattfindet, so würden die
Bögen eine Temperatur annehmen
Von
39° bei weißem Oelanstrich,
„
45° „
gelbem
„
„
46° ohne
allen „
„
49° bei rostfarbenem „
„
52° „
rothem
„
von
53° bei olivengrünem Oelanstrich,
„
54° „
Anstrich aus Sand mit Kohlentheer und Kalk,
„
55° „
schwarzem Oelanstrich,
woraus man geschlossen hat, daß die Bogen der Rhonebrücke
einem Temperaturwechsel von 60° (zwischen 10° Kälte im Winter und
50° Wärme im Sommer) ausgesetzt seyn würden.
Beobachtungen über die Erhöhung des Scheitels in Folge der Erwärmung zeigten an einem
aus 7 Bogenribben gebildeten Brückenbogen, daß bei Temperaturwechseln von 12°
bis 36°, welche an einem versenkten Thermometer am Scheitel jeder Ribbe
beobachtet wurden, die Erhebung den Temperaturzunahmen proportional war und 0,00135
Meter pro Grad betrug, daß der Temperaturunterschied
zwischen benachbarten Ribben nicht größer als 3° und zwischen den äußersten
5° war, und daß der Unterschied der relativen Erhebung der Scheitel zweier
mittleren Ribben sich bis zu 0,002 Met., derjenige des Bogens auf der Südseite und
des benachbarten sich auf 0,0035 Met. belief.
Als später die Brücke fertig hergestellt war, wurden die Beobachtungen wiederholt,
wobei sich zeigte, daß die einzelnen Ribben durch die Querverbindungen so fest
verbunden waren, daß sie sich fast wie eine einzige solide Ribbe verhielten; die
Scheitel blieben fast genau in derselben Horizontale, die beobachtete Differenz
betrug nur 1/17.
Die Bögen haben übrigens 60 Met. Spannweite und 5 Met. Pfeilhöhe, 1,7 Met. Höhe und
0,1234 Quadratmeter Querschnitt. Die Brücke hat 6 Bögen und jeder 8 Ribben, welche
aus 17 Theilen zusammengesetzt, unter einander aber vollständig abgesteift sind.