Titel: | Das Backenfutter, neu eingerichtet und beschrieben von Hrn. Mechaniker Ludwig Frerk. |
Fundstelle: | Band 138, Jahrgang 1855, Nr. XXI., S. 83 |
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XXI.
Das Backenfutter, neu eingerichtet und
beschrieben von Hrn. Mechaniker Ludwig
Frerk.
Aus den Mittheilungen des hannoverschen Gewerbevereins,
1855, Heft 4.
Mit Abbildungen auf Tab.
II.
Frerk's Backenfutter.
Die Drehbank ist in neuerer Zeit dem Metallarbeiter und namentlich dem Mechaniker das
unentbehrlichste Werkzeug geworden; sie ist sehr vervollkommnet, ihre Anwendung
erweitert. Das schnelle, gute und bequeme Arbeiten auf ihr hängt sehr viel von den
angewandten Hülfsmitteln zum Einspannen, Bohren. Fräsen, Stichelführen u.s.w.
ab.
Eines der wichtigsten dazu gehörigen Werkzeuge ist das sogenannte Backenfutter: ein metallenes Futter mit Backen, welche
mittelst Schrauben das Arbeitsstück festspannen. Es hält sehr fest, erzeugt keine
nachtheiligen Kniffe und ist namentlich bequem, um Draht oder sonstige Cylinder
einzuspannen, weil deren Achse sich von selbst parallel zur Spindelachse
richtet.
Die Schrauben dieses Futters stehen bei dessen gewöhnlicher Beschaffenheit über
seinen Umkreis vor, und zwar um so mehr, je dicker das eingespannte Stück ist. Sie
sind der Hand hinderlich, wenn man ganz dicht vor dem Futter drehen muß; Anfänger
verletzen sich fortwährend die Hände daran, und zwar unter Umständen gefährlich,
selbst Geübte sind nicht sicher vor einem solchen Unfalle, wenn z.B. der Stichel
abbricht; endlich kann man oft den Support oder selbst die gewöhnliche Vorlage
ihretwegen nicht nahe genug an das Arbeitsstück stellen. Dieß veranlaßte mich, das
im Folgenden beschriebene Futter zu construiren, welches alle Vorzüge des bisherigen
ohne dessen eben genannte Nacktheile hat.
Fig. 6 ist die
Seiten-, Fig.
7 die Vorderansicht des Futters; Fig. 8 der
Längendurchschnitt, und zwar die obere Hälfte nach der Linie αβ, die untere nach γδ der Fig. 7; Fig. 9 der Querschnitt
nach der Linie εη.
A ist der runde Hauptkörper des Futters von Rothguß oder
noch besser von Schmiedeisen. In ihn ist hinten das Gewinde geschnitten, mittelst
dessen er auf den Kopf der Spindel geschraubt wird. Soll das Futter auf die Dauer
centrisch bleiben, so muß der Spindelkopf einen conischen Ansatz haben, dem
entsprechend der Körper A bei a ausgedreht ist. Derselbe hat ferner ein cylindrisches Loch b, um das Arbeitsstück durchzulassen, und vorn vier
Canäle c von genau gleicher Tiefe, in welchen vier
Backen d genau passend sich verschieben lassen; sie sind
mit der vorderen Fläche von A eben geschliffen.
Auf den vorderen cylindrischen Ansatz von A paßt fest der
schmiedeiserne Ring B mit einem Boden B', worin ein Loch, welches so groß als b ist. Sowohl die innere Bodenfläche als die hintere
Endfläche des Ringes liegen auf dem Kopfe A (was durch
Aufschleifen genau erreicht wird), und werden durch die acht Stahlschrauben e und f festgehalten, so daß
die Backen nach keiner Richtung wackeln können. Durch den Ring B sind vier Löcher g
gebohrt, welche nach beiden Seiten ausgesenkt sind. Sie nehmen die vier Schrauben
h auf, welche ihre Muttern in den Backen d haben.
Steckt man nun auf den viereckigen Kopf der Schraube h
einen Schlüssel, der in der äußern Senkung i des Ringes
Platz findet, und dreht ihn; so wird, da die Schraube auf beiden Seiten gehalten
ist, der Backen sich vor- oder rückwärts bewegen, mithin ein Arbeitsstück
fest- oder losspannen; und zwar wird sich der große Ansatz der Schraube beim Festspannen
gegen den starken eisernen Ring pressen, beim Oeffnen der Backen aber, wo wenig
Widerstand stattfindet, mit zwei Kreisabschnitten gegen den Körper A legen.
Es ist eine Annehmlichkeit, daß die Backen sich vermöge der Schrauben auch
zurückziehen. Bei der alten Einrichtung mußte man sie zurückschieben; paßten sie nun
sehr fest, so war dieß beschwerlich, waren sie aber etwas zu willig geworden, so
fielen sie durch ihre Schwere gegen einander. Ein anderer kleiner Vorzug ist es, daß
der Ring B mit dem Boden B'
aus einem Ganzen besteht. Letzterer kann sich, selbst wenn auf das Arbeitsstück
heftig geschlagen wird (um z.B. krummen Draht gerade zu richten), durchaus nicht
verbiegen; er kann dünn seyn, und da er vorn conisch ausgedreht ist, so kann man bis
dicht vor den Backen drehen.
In Fig. 9 sind
drei der Canäle c und entsprechenden Löcher g leer gezeichnet, nur in dem einen liegt ein Backen d mit seiner Schraube h.
In Fig. 7 sind
die vier Backen d dicht gegen einander geschoben; dann
bleibt zwischen den vier Angriffsflächen nur ein sehr geringer Raum, und man kann,
wenn man die gedachten Flächen schmal genug macht, den feinsten Draht einspannen.
Damit die Backen besser halten, sind die Angriffsflächen gleich einer feinen Feile
gehauen.
Fig. 10 zeigt
die Seiten- und Vorderansicht eines Backens; in letzterer ist der Hieb
sichtbar. In Fig.
11 ist eine der Schrauben h gezeichnet. Backen
und Schrauben sind von Federstahl, gehärtet und abgebrannt (federhart).
Wünscht man, daß bei einer Drehung der Schrauben nach rechts die Backen anziehen, was
namentlich gut ist, wenn man an ein anderes Schraubenfutter gewöhnt ist, so müssen
die Schrauben linke Gewinde haben.
Man kann, statt vier, auch drei Backen und Schrauben anwenden; doch ziehe ich
ersteres vor. Wenn man bei drei Schrauben eine löst und eine anzieht, so folgt das
Arbeitsstück weder der Richtung der einen noch der andern; um dieß zu erreichen, muß
man alle drei Schrauben gebrauchen. Stellt man dagegen bei vier Schrauben an zwei
entgegengesetzten, so folgt es der Richtung derselben, bleibt aber in Bezug auf die
zweite hierzu rechtwinkelige Richtung unverändert.
Das ganze Futter ist sehr kurz gehalten, damit man zur Vermeidung der Vibration recht
dicht am Spindellager dreht. Es ist angenommen, daß die Spindel hohl ist, sonst
müßte man um längere Sachen, z.B. Draht zu Schrauben, einzuspannen, auch das Futter
länger machen. Alle Ecken
und Kanten an demselben sind stark verrundet, was zwar nicht schön aussieht, aber
für alles Werkzeug sehr zu empfehlen ist.
Fig. 12
zeigt, halb im Durchschnitt, einen sehr bequemen Schlüssel zu dem Futter. Der Theil
k, von weichem Stahl, hat das viereckige Loch. Er
ist in das achteckige Holzheft eingeschraubt und wird durch einen eisernen Stift l, welcher in der Zwinge des Heftes vernietet ist,
festgehalten.
Bei einem großen Futter und mehr grober Arbeit ist der Schlüssel Fig. 13 gut. Er ist ganz
von Eisen, bei m ist das Loch eingedornt. Die Kugel und
die Quergriffe liegen gut in der Hand, der Stiel n paßt
in das Loch o im Körper A
und dient dazu, das ganze Futter loszuschrauben, wenn es sich allzu fest gesetzt
hat, was häufig vorkommt. Für schön gearbeitete Futter, die man gern sauber erhält,
ist diese Manier nicht gut. Das Loch wird mit der Zeit ganz länglich, und durch
Schiefhalten des Schlüssels verdrückt sich die hintere Fläche des Futters. Besser
ist schon der Hebel Fig. 14. Den Zapfen desselben steckt man in das Loch o, und legt bei p seine
Fläche auf das Futter. Am zweckmäßigsten, wenn auch etwas mühsamer zu machen, ist
die Zange, welche Fig. 15 und 16 in Vorder- und
Seitenansicht zeigen. Sie besteht aus zwei Theilen von Eisen, welche sich um eine
Achse drehen wie ein Zirkelscharnier, und unten runde Zapfen haben, welche in zwei
diametral einander gegenüber gebohrte Löcher des Futters gesteckt werden.
Sämmtliche Figuren sind in der Hälfte der wahren Größe gezeichnet; doch ändert sich
diese natürlich sehr nach der Drehbank.