Titel: | Die Fähigkeit der Leiter, Ströme verschiedener Batterien gleichzeitig aufzunehmen und die Telegraphie; von Dr. H. M. C. zur Nedden . |
Autor: | H. M. C. zur Nedden |
Fundstelle: | Band 138, Jahrgang 1855, Nr. XXVIII., S. 100 |
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XXVIII.
Die Fähigkeit der Leiter, Ströme verschiedener
Batterien gleichzeitig aufzunehmen und die Telegraphie; von Dr. H. M. C. zur Nedden .
(Schluß von S. 43 des vorhergehenden
Heftes.)
Mit Abbildungen auf Tab.
II.
Zur Nedden, über die Fähigkeit der Leiter, Ströme verschiedener
Batterien gleichzeitig aufzunehmen.
12. So eben wurde auf eine in das dießjährige erste Augustheft dieses Journals (Bd.
CXXXVII S. 172) übergegangene Abhandlung des Hrn. Dr.
Brix aufmerksam gemacht, welche das Problem der
gleichzeitigen Telegraphie zum Gegenstande hat und durch ihren historischen und
wissenschaftlichen Inhalt zu einigen Bemerkungen und Berichtigungen Veranlassung
gibt.
Als der. Verfasser im Winter 1852/53 in der Eingangs Nr. 1 angeführten Weise die
Möglichkeit der Componirung von Strömen, und ihrer Gesetze zu prüfen begann, wurde
er bald in der Ansicht der gleichzeitigen Leitung entgegengesetzter Ströme befangen;
denn, so sehr auch diese Annahme den einfachsten und darum festesten Naturgesetzen
widerspricht, die fraglichen Erscheinungen sind so täuschend und delicat, daß man
leicht auch bei ihrer Beobachtung noch mehr Wunderbares zu sehen glaubt als die
wunderbare Einfachheit jener Gesetze. Im Januar 1853 suchte er sich von der
praktischen Einrichtung der preußischen Telegraphen zu unterrichten und zugleich ein
Urtheil zu gewinnen über die Möglichkeit der unmittelbaren Benutzung jener
vermeintlichen Superposition bei den üblichen Apparaten nach eigener Anschauung, die
er sich bekanntlich verneinen mußte. Inzwischen führten seine nur selten
anzustellenden Versuche, welche die vermutheten Erscheinungen ferner constatiren
und, wenn möglich, Gesetze derselben feststellen sollten, mehr und mehr zu
zweifellosen Erklärungen derselben durch Stromspaltung und Widerstände, so daß die
Zweifel an dem gleichzeitigen Vorhandenseyn entgegengesetzter Ströme sich erneueten
und endlich mit der Gewißheit des Gegentheils endeten. Es gibt nur eine
„Kraft“, sie wirkt an und für sich von ihrem Angriffspunkt
aus nur nach geraden Linien, auf denen sie sich mit gleichgerichteten summiren kann,
ihren gleichen Gegensatz aber hebt sie auf und wird von ihm aufgehoben. Ohne Zweifel
sind diese Gründe bewußt oder unbewußt die Veranlassung gewesen, daß man, wie Hr.
Dr. Brix bemerkt, der
Frage so wenig Aufmerksamkeit schenkte; allein gerade weil auch in dieser schon so
bedeutend gewordenen
Anwendung des Galvanismus solche Räthsel und Zweifel sich fort und fort zeigen, muß
man darzuthun bemüht seyn, daß auch die Kraft des Galvanismus den allgemeinen
Kraftgesetzen überall folgt (2) und daß die ihnen widersprechenden Wirkungen
desselben (3) einstweilen als Ausnahmen bestehen, die sich nothwendigerweise als
scheinbar erweisen müssen. Alsdann erst kann man das Gesetz des Leitungswiderstandes
als wiederum verwendbar und als Führer in der vorliegenden Frage erkennen, und erst
dann kann man zu der Fassung derselben gelangen, welche wir ihr (4) gegeben
haben.
13. Noch nie hatte der Verfasser von einer Bemerkung über die in Rede stehende
Gleichzeitigkeit galvanischer Ströme in Leitungen anderweitig gehört, als ihm eine
betreffende Mittheilung der Gintl'schen Beobachtungen in
den Hamburger neuen Nachrichten und später im polytechnischen Journal von 1854 (Bd.
CXXXI S. 191) der von Hrn. Director Gintl aufgestellte
erste Apparat bekannt wurde. Principiell war der Verf. schon damals gegen diesen
Versuch eingenommen, ebenso aber auch gegen den dort angegebenen Mechanismus,
welcher sich dann auch nach dem Inhalte am Ende jenes Aufsatzes als völlig
unzureichend erwiesen hatte. Ohne die anerkannten Verdienste des Hrn. Director Gintl anzugreifen, konnte dennoch der Verf. nach jener
Mittheilung, wie jetzt Hr. Dr. Brix, die Frage nicht als thatsächlich und noch weniger als vollständig
gelöst ansehen, und da er zur Zeit der Beendigung seiner wissenschaftlichen Prüfung
durch sorgfältige Nachfrage und Nachlese nicht in Erfahrung bringen konnte, ob noch
weitere oder andere Arbeiten in dieser Sache vorhanden seyen, setzte er selbst die
seinige fort. Der Weg, welchen der Verf. hiebei geführt wurde, ist aus den frühern
Nummern klar zu ersehen, unter denen Nr. 5 und 6 durch ihren Inhalt die Aufgabe (4)
vollständig lösen. Nach Vollendung derselben entnahm er aus einer, im Uebrigen nach
dem eigenen Urtheil des Referenten völlig unverständlichen mündlichen Mittheilung
von einem bereits auf telegraphischen Linien erprobten Halske'schen Apparat die für ihn erprobte Gewißheit, daß der Widerstand
W bei beliebiger Stärke in bequemer Form bereits
hergestellt sey, und ersah daraus, daß ein sogenannter getheilter Elektromagnet
bereits in Anwendung gekommen sey; er muß daher, nachdem (7) bereits die Gründe
angeführt worden, weßhalb ein solcher von ihm empfohlen wurde, hier noch bemerken,
daß er dergleichen schon zu Anfang 1853 zur Prüfung der elektromagnetischen
Wirkungen von Strom-Summen und Differenzen angewendet hatte. Als hierauf
bekannt wurde, daß das preußische Ministerium die Halske'sche Erfindung nicht adoptirt habe, erbot sich der Verf. am 19. Februar
1855 zur Mittheilung der seinigen, welche indeß bis heute nicht verlangt worden ist. Daher schritt
er erst jüngst zur Veröffentlichung dieser Abhandlung, mit der Hoffnung auf diesem
Wege zur Enthüllung der wahren Verhältnisse der Frage, so wie des Galvanismus
überhaupt das Seinige beitragen zu können, und ebendaher schreitet er nach
Erscheinen des (12) angezogenen Aufsatzes zur Veröffentlichung dieser
Bemerkungen.
Nach den historischen Bemerkungen in dem letzteren bleibt nun eine kurze, das Wesen
der Apparate von Frischen und Edlund beschreibende Notiz höchst wünschenswerth, sowohl zur Förderung der
Sache selbst, als im allgemein wissenschaftlichen Interesse.
14. Durch die seiner Zeit für die Praxis der einfacheren Orientirung wegen als
unveränderlich bestimmte Stellung aller Leitungsbatterien, wonach ihre gleichnamigen
Pole mit der Erde verbunden waren, drängten sich bei dem ersten Auftauchen der
gleichzeitigen Telegraphie wie es schien als einziges Mittel zur Lösung die
entgegengesetzten Ströme auf; sobald man sich dieser Schranken enthob, oder von der
wissenschaftlichen Basis ausging, mußte man auch zur Verwendung gleichgerichteter
Ströme gelangen. In Betreff der letztern wird jetzt mitunter die Ansicht
ausgesprochenBrix, a. a. O., als finde bei solcher Aufstellung eine Summirung der Ströme statt; auch
findet man häufig ein solches Durcheinanderwerfen und selbst Verwerfen der Begriffe
von Strom-Quantität, Intensität etc.Beetz, in der Zeitschrift des
deutsch-österreichischen Telegraphen-Vereins, 1855, Heft 3, S.
1 ff., daß es nothwendig ist, mit der Berichtigung jener Summenbildung zugleich
die Realität dieser Begriffe hier zu vertreten, so weit wir sie in dem Früheren
gebraucht haben.
Bei der (4) an Fig.
1 Tab. I gezeigten Verbindung zweier Batterien summiren sich nicht die
Ströme, wie solche Summenbildung (1) nach Fig. 4 (Tab. I) für
gemeinsame Stromzweige einzelner Batterien gezeigt ist,Man lese (im vorhergehenden Hefte) S. 30 Z. 10 v. oben: „durch
Spaltung der Ströme und vermehrten
Leitungswiderstand.“
sondern es summiren sich nur ihre Spannungen, während das bewegte
elektrische Quantum nicht vermehrt wird. Der erhaltene Strom ist daher dort der
einer Batterie aus allen vorhandenen Zellen in der häufig sogenannten
Intensitäts-Kuppelung, folglich von doppelter Spannung als der der einfachen
Batterie, und für den vorliegenden Zweck der Kürze wegen und zur Unterscheidung von
einer Stromsumme, der combinirte Strom genannt. Würden dagegen die dort vorhandenen
Zellen, ihre Gesammtzahl zu n angenommen, in der
Quantitäts-Kuppelung verbunden, so würde die erhaltene Zelle das nfache elektrische Quantum aber nur die einfache Spannung der einfachen
Zelle liefern. Kurz, es würde diese Kombination in dem unveränderlichen
Schließungsbogen die nfache Stromstärke hervorbringen
von der der einfachen Zelle; jene Batterie aber in dem einfachen Bogen dieselbe
Stromstärke wie die einfache Zelle im einfachen Bogen. Ein jeder Strom an sich hat
immer eine ganz bestimmte Quantität, Intensität, oder Stärke, und man kann nicht von
einem Quantitäts-, Intensitäts- oder Stärke-Strom sprechen. Ein
jeder Strom ist aber Bewegung und, welcher Art sie auch sey, wie die Größe oder
Quantität jeder Bewegung durch das Product aus Geschwindigkeit in bewegtes Quantum
oder in die Masse dargestellt wird, so setzt sich die Stromstärke aus der Spannung
und dem elektrischen Quantum zusammen. Der Fehler liegt hier darin, daß man in
unrichtigem Verständniß des Stromes die in ihm repräsentirte Größe der Bewegung mit
dem in der Mechanik in diesem Sinne nicht anerkannten Ausdruck
„Stärke“ bezeichnet hat. Das elektrische Quantum eines
Batterie-Stromes bestimmt sich ceteris paribus
aus der Flächengröße der metallischen Elemente der gleichen Zellen, die Spannung aus
der Anzahl der Zellen. Diese so kurz wie möglich gefaßten Begriffsbestimmungen
werden für den vorliegenden Zweck genügen; wir hoffen bald ausführlicher darauf
zurückkommen zu können.
So wenig man nun in der Mechanik der Ponderabilien, wo gleiche Quantitäten der
Bewegung sind, auch allseitig gleiche Wirkungen erwartet, sofern sie bald mehr von
der Masse, bald mehr von der Geschwindigkeit abhängen, eben so wenig genügt in der
Anwendung des Galvanismus zur Erzielung gewisser Effecte die bloße Herstellung
gleicher Quantitäten der Bewegung, oder Stromstärken beliebig, bald durch Vermehrung
der Spannung, bald durch Vermehrung des elektrischen Quantums. Ein solcher Fall ist
der von uns in Nr. 10 gelöste, nämlich die Abgabe derselben Depesche von einer
Station gleichzeitig nach n verschiedenen Richtungen,
oder die bestimmtere Aufgabe für einen in n gleiche
Theile gezweigten Schließungsbogen eine Batterie herzustellen, welche auf allen
Theilen dieselbe Wirkung hervorbringt, wie eine gegebene Batterie für sich auf einem
der Theile. Es wäre aber nicht im Geiste der Nr. 10 gegebenen Lösung, noch der eben
gegebenen Begriffsbestimmungen, noch des Ohm'schen
Gesetzes gehandelt, wenn man zu dem angegebenen Zweck eine unbeholfene Säule von nmaliger Fläche construirte, in der vielleicht obendrein
durch Vergrößerung der Flüssigkeitsstärke ein großer Theil der Kraft verloren ginge.
Wohl aber verführe man in jenem Geiste, wenn man, die für richtige Beförderung der
Depesche auf einer Linie erforderliche Batterie zu m
Zellen von der Fläche 1 angenommen, je die ersten, 2ten ... mten Zellen der
n Batterien in der Quantitäts-Kuppelung verbände
und die so erhaltenen m Zellen von nfacher Fläche zu einer Batterie in der
Intensitäts-Kuppelung vereinigte. Nie aber wird man bei einer solchen
Stromtheilung auf allen Theilen die gleiche Wirkung der einfachen Batterie auf einem
Theile erhalten können durch Erhöhung der Spannung derselben, bei unveränderter
Quantität.
15. Wir wollten hiemit die Erläuterung unserer Begriffsbestimmungen an der Frage (10)
und dieser selbst schließen, als wir am Ende der Eingangs erwähnten Abhandlung die
letztere behandelt fanden. Obgleich wir bedauerlich auch auf diese Lösung nicht so
tief als sie Veranlassung geben könnte, eingehen dürfen und daher des Näheren ihrer
selbst auf den Ort verweisen,Beetz, in der Zeitschrift des
deutsch-österreichischen Telegraphen-Vereins, 1855, Heft 4, S.
79 ff. so bemerken wir doch, daß wenn die dort zugegebenen Auslegungen und
Anwendungen des Ohm'schen Gesetzes zulässig wären, mit
einer für eine beliebige Telegraphen-Linie genügenden Batterie, ja mit jeder
einfachen Zelle eine Kraft gegeben wäre, die, nachdem sie sich zur Ausführung einer
gewissen Arbeit tauglich erwiesen hätte, dann auch das beliebig Tausendfache und
Mehrfache derselben Arbeit mit unveränderter Leichtigkeit und Genauigkeit in
demselben Augenblick verrichten könnte. Die unzweideutige Fassung und Lösung, welche
der Aufgabe so eben gegeben, mit dem in Nro. 10 Bemerkten leisten Alles, was für
jetzt zu leisten möglich ist, indem sie für jede der Linien die arbeitende Kraft
geben, welche ihr auch bei einseitiger und einfacher Telegraphie zugewendet wird.
Sind die concurrirenden Leitungen Vorkommendenfalls nicht von gleicher Länge, so
wird man immer besser thun auf allen gleiche Widerstände herzustellen als durch
Einhängen der kürzeren in Theile der Batterie die Wirkung der ganzen Batterie zu
confundiren. Bei der a. a. O. angenommenen Theilung würde unseres Erachtens der
Hauptsache nach die Leitung schwächeren Widerstandes einen Strom empfangen von dem
Quantum l und der Spannung x, und für die übrigen als gleich angenommenen Leitungen eine Stromsumme in
dem Nr. 1 bestimmten Sinne zu gleichmäßiger Vertheilung kommen, nämlich, wenn das
Quantum der Zelle mit E bezeichnet wird, ein Strom vom
Quantum e und der Spannung 60 und ein zweiter von dem
Quantum E–e und der
Spannung 60–x. Das x
selbst wäre durch die für diese Linie bei einfacher Telegraphie erforderliche
Zellenzahl gegeben, indem wir die Größe derselben, wie am angezogenen Orte
vorausgesetzt, als gleich der aller gewöhnlich daselbst üblichen annehmen.
Sollte es wirklich nach unserer Fassung der Aufgabe und Lösung noch Jemand
räthselhaft erscheinen, daß vielleicht mit einer für die einfache Richtung üblichen
Batterie mitunter nach zweien oder mehreren Richtungen richtig gleichzeitig
Depeschen gegeben sind, so ist zu erinnern, daß die Zellengröße für die einfache
Korrespondenz beträchtlicher als theoretisch geboten obgleich praktisch
gerechtfertigt ist. Im Allgemeinen kann übrigens die Ausführung dieser Telegraphie
mit allseitiger Sicherheit um so weniger erwartet werden, je langer die Linien oder
je größer daher das durchschnittene Terrain ausgedehnt ist, da dann um so weniger
eine unveränderte Beschaffenheit aller Leitungen zu erwarten ist. Wird auf einer der
Linien die Leitung verschlechtert, so kommt dieß allen übrigen zu Gute und stört nur
die Depeschen-Abgabe auf jener. Wird aber auf einer oder mehreren Linien die
Leitung durch Nebenschließungen verbessert, so bringt dieß allen übrigen
Kraftverlust und kann im schlimmsten Fall selbst verderblich für jene werden. Der
Zinkverbrauch ist überall den elektromagnetischen Wirkungen proportional.
16. Alle Apparate, welche bisher zur Ausführung der gleichzeitigen Telegraphie aus
den Endstationen eines Drahtes in entgegengesetzten Richtungen bekannt geworden
sind, bedürfen, welche Stellung der arbeitenden Batterien man auch gewählt haben
mag, einer Ausgleichung der Wirkung des abgehenden Stroms auf das eigene Relais der
Station. Geht ihr Strom ungetheilt zur oberen Leitung, so wird die Aufstellung einer
besonderen Ausgleichungsbatterie und ihrer Leitungen empfohlen, also eines
vollständigen zweiten Apparates, dessen erster Bestandtheil noch eine stete
besondere Aufwartung verlangt, neben derjenigen, welche auch leider denjenigen
Verfahrungsweisen bleibt, bei denen jene Ausgleichung von der Leitungsbatterie
selbst durch eine Stromtheilung bewirkt wird. Der größern Einfachheit des Betriebs
wegen möchten daher diese letzteren vorzuziehen seyn. Jene Ausgleichung geschieht in
beiden Fallen durch einen Strom, dessen Wirkung derjenigen des, zum Telegraphiren
entsendeten Stromes entgegengesetzt ist; da aber dieser wegen nicht zu
beherrschender fremder EinflüsseZur Abwendung der elektrischen Induction scheint es sehr rathsam, die im Jahr
1849 auf der Wien-Lundenburger Telegraphenleitung angewandten
Ableiter der atmospärischen Elektricität in möglich großer Ausdehnung zu
verwenden. Man vergl. Zeitschr. des deutsch-österreichischen
Telegraphen-Vereins, 1855, Heft 5, Seite 99 zweite und dritte
Zeichnung. auf die obere Leitung veränderlich ist, so bedarf es einer weiteren Ausgleichung zwischen
den Stärken der Ströme oder einer Regulirung des Ausgleichungsstromes. Die
Hauptausgleichung wird durch Einschieben eines veränderlichen Widerstandes oder
Rheostaten ermöglicht auf der Zweigleitung oder der Leitung der besonderen
Ausgleichungsbatterie, und nachdem auf diesen der Strom dem telegraphirenden Strom
momentan gleich gemacht ist, werden die Schwankungen in ihren Wirkungen indirect
durch die eigentlich nur zum Abreißen des Ankers bestimmte Feder bei s zum Theil unschädlich gemacht, allein es bleibt eine
Unsicherheit, wonach der schwankende Fehler jede Größe erreichen kann. Dieser Fehler
ist bei den von uns in Nr. 7 und 9 für Theilung des abgehenden Stromes
vorgeschlagenen Relais unter allen Umständen auf die Hälfte reducirt, dadurch daß
der Strom schon vor der Theilung zur Ausführung der halben erforderlichen
Ausgleichung benutzt wird.
So viel die Beschreibung des Hrn. Dr. Brix von dem Halske'schen
Apparat ohne Anschauung eines solchen zu urtheilen gestattet, würde man diesen
Fehler an demselben namentlich bei doppelter Ankerumwickelung in noch größerem Maaße
unschädlich gemacht glauben, wenn nicht zwei Umstände Bedenken erregten. Den
Hauptangelpunkt für die Tüchtigkeit des Apparats scheint zunächst die Drehbarkeit
seines Ankerschenkels zu bilden, die wir in einer horizontalen Welle bei verticalen
Schenkeln ruhend annehmen müssen, und diese scheint bei der Masse des Eisenkerns
sammt seiner Umwickelung nicht mit der Leichtigkeit erreichbar, daß
Unregelmäßigkeiten nicht zu befürchten wären. Je mehr die Drehung des Ankermagneten
Kraft erfordert, desto mehr heben sich die abstoßenden gleichen Kräfte auf und der
Ueberschuß wird als Anziehung wirksam. Daher feste Anker und Regulirung! Der zweite
Punkt ist der, daß so wie der ankommende Strom bei einseitiger Telegraphie, so auch
die Einwirkung jeder dem abgehenden Strom entgegengesetzten atmosphärischen
Induction durch die Einrichtung des Apparates vorzugsweise begünstigt ist, daher wir
nach dem Vorliegenden dem Apparat keine so zuverlässige Function zutrauen können,
als es auf den ersten Blick scheint.
Wir finden endlich im 1sten Augustheft dieses Journals (Bd. CXXXVII S. 166) auch die
Beschreibung der in Nr. 11 berührten genialen Gintl'schen
Erfindungen wieder; wir beharren im Allgemeinen auf der früher ausgesprochenen
Ansicht, so bald die Ausgleichungsbatterie eine solche Stellung hat, daß sie sich
mit der sprechenden zu einer von vermehrter Spannung vereinigen kann und überdieß
mit ihr gleiche Zellengröße hat. Möglich ist, daß die Regulirung beim
elektrochemischen Apparat erleichtert ist, da, wie es scheint, die Polarisation eine
Unterbrechung in der sonst überall statt findenden Stetigkeit von
Widerstandswirkungen hervorbringt, allein die Regulirung bleibt, wie wir hier bemerken
müssen, unentbehrlich; nur wird der Fehler in derselben, so lange er innerhalb der
Gränzen dieser Widerstandsgröße bleibt, ohne Einfluß seyn.
17. Nachdem so eben nachgewiesen, daß alle bekannten Apparate nach geschehener
momentaner Haupt-Ausgleichung der concurrirenden Stromwirkungen mehr oder
weniger einer steten Regulirung bedürfen werden, scheint diese vollständig nur
möglich, wenn die Stromstärken zu einer Selbstregulirung
gezwungen werden könnten. Ein solcher Selbstregulator zweier Ströme würde ein viel
weitergreifendes Interesse, als das der alleinigen Telegraphie befriedigen; es kann
in mannichfachen Fällen darauf ankommen, zwei Ströme während der Dauer einer Arbeit
oder Beobachtung in unveränderlich gleicher Stärke wirken zu lassen, ohne ihnen eine
stete Aufmerksamkeit widmen zu müssen, daß wir uns bei der Andeutung (11) nicht
beruhigen, sondern um für die Sache eine größere Aufmerksamkeit zu erregen, in den
Figuren 4
und 5, Tab.
II, eine Horizontal- und Verticalzeichnung von einer Vorrichtung geben,
welche nur eine Idee veranschaulichen soll, wie die Frage vielleicht gelöst werden
könnte. In Fig.
4 ist AB ein gleicharmiger um C leicht beweglicher Hebel, mit dem die weichen Eisen
A und B fest verbunden
und daher in ihrer Entfernung von den feststehenden gleichen Eisen E und F bei Drehung des
Hebels veränderlich sind. Es sind w', w'' .... Gefäße mit einer Flüssigkeit, die mit den
festen Drahtverbindungen d, d' .... und den durch den
Hebel beweglichen Drähten e, e' .... den punktirten
Linien in den Gefäßen nach, eine einzige zusammenhängende, und bei Drehung des
Hebels sich verkürzende oder verlängernde Leitung bildet, je nachdem die Drehung in
einem oder in dem entgegengesetzten Sinne erfolgt. Die Eisenpaare A und E, B und F werden nun so aufgestellt, daß bei der mittleren Lage
des Hebels die Eisen das ungestörte Spiel des Hebels mit den Drähten in den Gefäßen
gestatten. Jedes Paar erhält im Allgemeinen gleichviel gleichgerichtete
Drahtwindungen, so daß die mit ungleichnamigen Polen sich gegenüberstehenden Eisen
sich einander anziehen. Genauer ist dann die Windungszahl jedes Paares so zu
reguliren, daß wenn derselbe Strom alle vorhandenen Windungen gleichzeitig
durchströmt, der Hebel die mittlere Lage einnimmt. Wie ein solcher Regulator bei der
Telegraphie einzuschalten, ergeben die Bemerkungen an den Figuren, von denen Fig. 5 keiner
weiteren Erklärung bedarf. Wäre der Widerstand der Flüssigkeitssäule bei einem
Querschnitt wie die benetzten Gefäßtheile und einer Länge gleich der aller Gefäße,
etwa dem Widerstand der ganzen oberen Leitung gleich, und dieser Regulator nach der
Stromspaltung auf der Leitung eingeschaltet, so würde er, nachdem sein Hebel durch
den Rheostaten in die mittlere Ruhelage gebracht wäre, mit einem Widerstande, welcher der halben
oberen Leitung gleich ist, sich stärken oder schwächen können. Es kommt bei jedem
Instrumente diesem ähnlich darauf an, daß die Veränderungen in der Stromstärke,
veranlaßt durch die Veränderung in dem Wege durch die Flüssigkeit, sehr bedeutend
sind gegen die Veränderungen, welche die wechselnde Entfernung der Elektromagnete
auf ihre Anziehungskraft ausübt, mithin auf Verwendung vieler Gefäße und einer
schlecht leitenden Flüssigkeit, wozu sich das reine Wasser empfiehlt, wenn es
wirklich 27 Millionenmal schlechter leitet in runder Zahl als Eisen.Buff, Grundzüge der Experimental-Physik S.
350. Winkelhebel, Wassergemische, capilläre Substanzen etc. werden sich bei einem
Regulator sicherlich immer empfehlen; wir müssen mit dieser Anregung schließen, der
wir die erfolgreichste Aufmerksamkeit wünschen.
Geschlossen den 11. October 1855.